Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin über diese Anfrage aus der SPD-Fraktion doch sehr erstaunt. Aber es macht mir ein besonderes Vergnügen, die Fragen zu beantworten.
Nachdem Sie mit dem im Oktober 2002 gegründeten Niedersachsen-Fonds im Wahlkampf kräftig die Werbetrommel gerührt haben, ohne konkret ein
einziges Projekt zu realisieren, müssen wir nun die Scherben beiseite räumen, die Sie hinterlassen haben.
Bevor ich auf die konkreten Fragen eingehe, möchte ich doch die Entwicklung kurz Revue passieren lassen:
Die vorherige SPD-geführte Landesregierung hatte sich von der Gewerkschaftsseite im Bündnis für Arbeit und Ausbildung zu einer halb garen Lösung drängen lassen. Trotz massiver Bedenken von Fachleuten wurde ein Fonds initiiert, der ursprünglich ausschließlich zur Rettung von Unternehmen in Schwierigkeiten aufgelegt werden sollte. Argumente, dass sich ein Beteiligungskapitalfonds mit diesem Portfolio nicht tragen kann, wurden zur Seite gewischt.
Wichtiger als eine tragfähige Konzeption war Ihnen ein „fliegender Start“. Werbewirksam wurde das Projekt in wöchentlichen Abständen der Öffentlichkeit präsentiert. Das Scheitern haben wir heute auf der Tagesordnung. Damals dachten Sie, mit der gbb-Beteiligungs AG, die als Tochtergesellschaft am Tropf der Deutschen Ausgleichsbank hing, einen geeigneten Partner gefunden zu haben. Willig und bereit sollte die gbb den Fonds umfassend mit Kapital ausstatten. Leichtfertig haben Sie sich auf einen so genannten letter of intent verlassen, mit dem die gbb einen Betrag von bis zu 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt hat. Die weitere Entwicklung hat uns dann eines Besseren belehrt. Die Seifenblase ist zerplatzt. Bereits im Oktober 2002, also vier Monate vor der Landtagswahl, reduzierte die gbb die Zusage auf 15 Millionen Euro. Gleichzeitig war die gbb durch die vom Bund beschlossene Fusion der Deutschen Ausgleichsbank mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau nicht mehr handlungsfähig und auch nicht mehr an konkreten Beteiligungen interessiert.
Meine Damen und Herren, das alles wussten Sie vor der Landtagswahl. Das haben Sie nicht erkannt. Sie haben reihenweise niedersächsische Betriebe in aussichtslose Verhandlungen gehen lassen und Hoffnungen enttäuscht. Das hat wiederholt zu existenzbedrohenden Situationen geführt. Im Ergebnis kam keine einzige reguläre Beteiligung zustande.
Nach einer mehrmonatigen Prüfphase war uns daher Mitte dieses Jahres klar: Der NiedersachsenFonds ist gescheitert. Er fand im Mittelstand keine
Akzeptanz, und die Erfolglosigkeit wurde dann dem Management angelastet. In dieser Situation mussten wir die Notbremse ziehen. Zur Schadensbegrenzung für die niedersächsische Wirtschaft, für das Fonds-Management und nicht zuletzt für das Land haben wir mit der Geschäftsleitung vereinbart, die Geschäftstätigkeit sofort einzustellen. Darüber bestand Einvernehmen. Eines möchte ich dabei allerdings klarstellen: Das Land ist weder als Gesellschafter noch als Mitinvestor beteiligt und war auch nicht in den Entscheidungsgremien vertreten. Die Landesregierung begleitete den Fonds allerdings bei seinen Bemühungen, Tritt zu fassen, und stellte eine befristete Anschubfinanzierung zur Verfügung.
Zu 1: Zur Anschubfinanzierung wurden der Niedersachsen-Fonds Management GmbH vom Land Niedersachsen im Dezember letzten Jahres 1,5 Millionen Euro für Betriebskosten bereitgestellt. Ausgezahlt davon wurden eine erste Rate in Höhe von 150 000 Euro im Dezember 2002 und eine zweite Rate in Höhe von 200 000 Euro im März 2003. Weitere Zahlungen werden nicht mehr erfolgen. Der Fonds hat seine Geschäftstätigkeit eingestellt. Landesgarantien für Beteiligungen des Niedersachsen-Fonds sind nicht gewährt worden.
Zu 2: Der Niedersachsen-Fonds hat in keinem Fall Finanzierungszusagen gemacht. Deshalb gab es auch nichts zu widerrufen. Alle Anbahnungen für interessierte Unternehmen standen unter dem Zustimmungsvorbehalt der gbb und sind daran gescheitert.
Zu 3: Der Niedersachsen-Fonds hat seine Geschäftstätigkeit eingestellt und wird zu gegebener Zeit durch den jetzigen Hauptgesellschafter tgb still liquidiert. Allerdings sieht die neue Landesregierung die Stärkung der Eigenkapitalausstattung des Mittelstandes als eine wichtige Aufgabe ihrer Wirtschaftspolitik.
Vor dem Hintergrund der künftigen Kreditvergabebestimmungen durch Basel II hat dieses Thema hohe Priorität. Gemeinsam mit der NBank, der KfW und privaten Investoren entwickeln wir Angebote für Wachstumsfinanzierungen, aber auch für Finanzierungen in Krisensituationen.
So blauäugig wie Sie, indem Sie glauben, dass man mit einer Maßnahme in einem Fonds auf Krisensituationen von Unternehmen reagieren kann, werden wir die Aufgabe nicht angehen. Wir werden für eine solide Konstruktion sorgen.
Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt beendet. Die Antworten der Landesregierung zu den Anfragen, die jetzt nicht mehr aufgerufen werden konnten, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben.
Tagesordnungspunkt 10 Zweite Beratung: Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit durch eine zukunftsfähige Gewerbesteuer - Antrag der Fraktion der SPD – Drs. 15/143 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/529 Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/577
Tagesordnungspunkt 11: Einzige (abschließende) Beratung: Gemeindefinanzreform: Kommunen schnell und dauerhaft entlasten, Gewerbesteuer als Gemeindewirtschaftsteuer ausbauen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/373 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/536 - Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/577
Sowohl die Beschlussempfehlung in der Drucksache 529 als auch die Beschlussempfehlung in der Drucksache 536 lauten auf Ablehnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Beschlussempfehlung in der Drucksache 529 empfiehlt Ihnen der Ausschuss für Inneres und Sport mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, den Antrag abzulehnen. Alle anderen damit befassten Ausschüsse haben sich diesem Votum angeschlossen.
Im Ausschuss ergab sich zu dem Entschließungsantrag in der 5. Sitzung am 21. Mai 2003 nur eine kurze Aussprache, da die Vertreter der antragstellenden SPD-Fraktion auf ihre Ausführungen zur Einbringung des Antrages in der 7. Plenarsitzung am 15. Mai 2003 verwiesen.
In der 20. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport am 5. November 2003 brachten die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen noch einen gemeinsamen Änderungsvorschlag zu dem vorliegenden Antrag und einen weiteren Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu diesem Thema ein. Dieser Änderungsvorschlag wurde von der Ausschussmehrheit von CDU und FDP abgelehnt.
Vertreter der CDU-Fraktion verwiesen darauf, dass die Gewerbesteuer nicht der einzige Weg sein könne, um den Kommunen finanziell zu helfen. Vielmehr sei ein Bündel von Maßnahmen erforderlich, wozu auch Verbesserungen auf der Kostenseite zählten. Darüber hinaus sei darauf zu verweisen, dass die Bundesregierung eine Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen eingesetzt habe, über deren Vorschläge man sich zu gegebener Zeit zu unterhalten habe. Aus diesem Grunde könne man sich nicht schon zum jetzigen Zeitpunkt auf einen bestimmten Weg zur Verbesserung der finanziellen Situation der Kommunen festlegen.
Der Vertreter der FDP-Fraktion sprach sich für eine Abschaffung der Gewerbesteuer aus. Demgegenüber wolle man den Kommunen ein Instrument an die Hand geben, das gesicherte Einnahmen ermögliche. Dazu seien ein Heberecht auf die Einkommensteuer und eine Beteiligung an dem Aufkommen aus der Umsatzsteuer zu nennen.
Abschließend stimmte der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Entschließungsantrag in der Sache zu.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass die Mehrheit im Ausschuss empfohlen hat, die Anträge von SPD und Grünen sowie den gemeinsamen Änderungsantrag abzulehnen, ist aus der Sicht der Kommunen und aus der Sicht von SPD und Grünen überhaupt nicht verständlich.
Dies ist ein Schlag gegen die Interessen der Kommunen in Niedersachsen. Das ist aber auch eine sehr schofelige Angelegenheit,
wenn man sich vor Augen führt, was der jetzige Innenminister und damalige innenpolitische Sprecher der CDU noch wenige Tage vor der Landtagswahl, also vor wenigen Monaten, hier alles aufgezählt hat, was man machen müsse, um die Situation der niedersächsischen Kommunen zu verbessern.
Vieles von dem, was er damals gefordert hat, ist in dem Antrag von SPD und Grünen enthalten. Wenn Sie dem nicht zustimmen, geben Sie der Landesregierung einen Freibrief dafür, eine vernünftige Kompromisslösung zu boykottieren, die im Bund erreicht worden ist und die ausdrücklich die Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände gefunden hat.
Ich sage das deshalb, Herr Kollege, weil Herr Schünemann zehn Tage vor der Landtagswahl ein Vetorecht der Kommunen in Bezug auf Entscheidungen gefordert hat, die gegen die Interessen der Kommunen gerichtet sind. Hier haben die Kommunen gesagt, wohin die Reise gehen soll. Sie aber nehmen das Vetorecht in Anspruch, um die Erfül
lung der Forderung der Kommunen zu verhindern. Das ist der eigentliche Skandal, was die vorliegende Beschlussempfehlung angeht.
Worum geht es? Seit Einbringung des Antrages der SPD-Fraktion ist der von Bundesfinanzminister Eichel vorgelegte Gesetzentwurf aufgrund intensiver Diskussionen mit der SPD-Bundestagsfraktion, aber auch aus den Landesbereichen und den Kommunen so verändert worden, dass nunmehr ein Vorschlag zur Abstimmung steht, dessen Verwirklichung den Kommunen innerhalb kürzester Frist 3 Milliarden Euro in die Kassen bringen würde. Nimmt man die Lösung in Bezug auf die Sozialhilfe und die Arbeitslosenhilfe hinzu, dann stehen den Kommunen rund 5 Milliarden Euro ins Haus. Sie jedoch würden durch Ihre Blockadehaltung im Bundesrat verhindern, dass dieses Geld fließt. Das muss verhindert werden. Deshalb appelliere ich insbesondere an die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in der CDU-Fraktion, dem heute vorliegenden Antrag zuzustimmen.
Tun Sie das nicht, dann werden Sie ertragen müssen, dass man Sie überall im Land fragt, warum sich andere CDU-Kommunalpolitikerinnen und -Kommunalpolitiker in Deutschland massiv hinter die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände gestellt haben, insbesondere die Oberbürgermeisterin von Frankfurt, Frau Roth, die immer wieder sagt: CDU, blockiere bitte dieses Gesetz nicht. Wir brauchen dringend die Milliarden, die mit der Gemeindefinanzreform auf den Weg gebracht werden.
Die Gemeindefinanzreform entwickelt die Gewerbesteuer weiter zu einer Gemeindewirtschaftsteuer, und das ist richtig so. Die Freiberufler werden einbezogen. Das ist eine vernünftige Regelung, durch die dafür gesorgt wird, dass die Basis für die Steuererhebung verbreitert wird. Gleichzeitig aber werden die mittelständische Wirtschaft und die Freiberufler nicht übermäßig belastet, weil bis zu einem Grenzwert von 400 Punkten beim Hebesatz eine Verrechnung mit der Einkommensteuer stattfindet. Gleichwohl - das ist das Ziel der Veranstaltung - wird das Gemeindewirtschaftsteueraufkommen bei den Kommunen verbleiben, wo es anfällt.