Protokoll der Sitzung vom 21.01.2004

Daraus resultieren nicht nur 100 Millionen, die fehlen. Nach Aussagen der Bauwirtschaft stehen dahinter in Niedersachsen direkt und indirekt 3 000 Arbeitsplätze und die fehlende Infrastruktur.

Ich unterhalte mich gern an anderer Stelle mit Herrn Stolpe darüber, wie man technisch anders verfahren könnte. Ich meine, dass ich persönlich dazu aufgrund der vier Jahre, die ich mit Herrn Stolpe an anderer Stelle zusammengearbeitet habe, die besten Voraussetzungen habe. Aber, meine Damen und Herren, es geht einfach nicht, dass der Kollege Bodewig damals einen Vertrag ausgehandelt hat, der jetzt diese Ausfälle für Niedersachsen bewirkt. Mir ist völlig gleich, ob ein Paragraf so oder so aussieht. Faktum ist, dass auf diese Weise unseren Bürgern in Niedersachsen die Mittel für Arbeitsplätze und für Investitionen in Straße und Schiene und die Voraussetzungen für Investitionen in die Infrastruktur fehlen.

Herr Kollege Hagenah, ich finde das, was Sie in diesem Zusammenhang zur Zwischenfinanzierung gesagt haben, gar nicht falsch. Trotzdem meine ich, dass wir als Landtagsabgeordnete bzw. als Landesregierung hier nicht so tun sollten, als könnten und wollten wir die Probleme der Bundesregierung lösen. Verdammt noch einmal: Wir haben den Anspruch darauf, dass das Geld zur Verfügung gestellt wird. Das muss im Interesse von Arbeitsplätzen und Infrastruktur für Niedersachsen erreicht werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Oppermann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was Wirtschaftsminister Hirche hier soeben vorgetragen hat, ist eine ganz billige populistische Stimmungsmache.

(Beifall bei der SPD - Lebhafter Wi- derspruch bei der CDU und bei der FDP)

Herr Hirche, Sie waren doch gestern bei der Eröffnung des Wesertunnels dabei, und Sie haben doch auch gehört, was Herr Stolpe gesagt hat. Vor dem Hintergrund ist mir völlig unverständlich, wie Sie hier behaupten können, dass Niedersachsen im Bundesstraßenbau 100 Millionen Euro fehlen. Herr Hirche hat dort feststellen können, dass Herr Stolpe erklärt hat, dass der Bundestag die Mittel, die für den Bundesfernstraßenbau ausfallen werden, beschaffen wird. Notfalls wird er sie, was sicherlich immer der schlechteste Weg ist, durch Kreditaufnahme beschaffen, sodass sich Straßenbaumaßnahmen in Niedersachsen nicht verzögern werden.

Herr Hirche, ich kann verstehen, wovon Sie ablenken wollen. Sie wollen von der Tatsache ablenken, dass wir hier im Dezember einen Landeshaushalt mit der niedrigsten Investitionsquote in der Geschichte des Landes beschlossen haben.

(Beifall bei der SPD - Axel Plaue [SPD]: So ist es! - Bernd Althusmann [CDU]: Das ist natürlich Unsinn! Aber das wissen Sie doch!)

Vor diesem Hintergrund erklären Sie, dass die 100 Millionen, die aufgrund der Verzögerungen bei der Einführung der Maut fehlen werden, das eigentliche Problem seien. Sie haben mit diesem Haushalt und dieser niedrigen Investitionsquote dafür gesorgt, dass der Landesstraßenbau, der von kleinen und mittleren Unternehmen betrieben wird, fast zum Erliegen kommt. Fassen Sie sich an die eigene Nase, bevor Sie mit dem Finger auf den Bundesverkehrsminister zeigen!

(Beifall bei der SPD - Ursula Körtner [CDU]: Sie sollten sich schämen!)

Herr Minister Hirche hat noch einmal das Wort. Bitte schön!

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nur noch zwei Bemerkungen anfügen.

(Ursula Körtner [CDU]: Das reicht auch!)

Herr Oppermann, wenn man beim Skatspiel verliert, sagt man, dass es besser wäre, wenn man Doppelkopf spielen würde. So viel zu Ihren Ausführungen.

Es geht um die Bundesmittel und das fehlende Geld in diesem Bereich. Das sind 100 Millionen und 3 000 Arbeitsplätze in Niedersachsen. Darüber wird in der ganzen Bundesrepublik diskutiert. Mein SPD-Kollege Horstmann aus NordrheinWestfalen sagt genau das Gleiche wie ich: Die Verantwortung liegt in diesem Zusammenhang beim Bund. - Deswegen die zweite Bemerkung.

Herr Minister, könnten Sie vorher noch eine Zwischenfrage des Kollegen Biel beantworten?

Aber mit Vergnügen.

Bitte sehr, Herr Biel!

Herr Minister, ich gehe davon aus, dass Sie gestern aufgrund Ihrer Termine nicht die Gelegenheit hatten, die Nachricht zur Kenntnis zu nehmen, dass der Bundesverkehrsminister im NDR der Öffentlichkeit berichtet hat, dass die fehlenden Mittel entweder durch Kreditaufnahme oder aus dem Haushalt finanziert werden. Deshalb finde ich das, was Sie hier sagen, nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Schöne Frage!)

Meine Damen und Herren, ich wollte ja noch eine zweite Bemerkung anfügen. Es gibt eine Fülle von Aussagen vonseiten des Bundesverkehrsministeriums und des Bundesverkehrsministers, wonach das alles geregelt werde. Das hat er im Übrigen in einem Gespräch mit mir im November letzten Jahres auch schon einmal gesagt. Dazwischen liegen drei Monate. Wenn Sie heute in die Zeitungen schauen, dann stellen Sie fest, dass der Haushaltssprecher der SPD-Bundestagsfraktion gesagt hat, dass das so nicht laufen wird.

Meine Damen und Herren, ich höre gerne Aussagen, aber ich verlasse mich in dem Zusammenhang nur auf Fakten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn der Bundesfinanzminister ankündigt, er werde zu nichts die Hand reichen, was die MaastrichtDiskussion zusätzlich belaste, dann zählt dazu auch dieser Punkt.

Nun wollen wir einmal sehen, wie die Dinge ablaufen. Ich jedenfalls lasse eine Ablenkung auf andere Themen nicht zu. Wir haben hier über das Thema Maut gesprochen und darüber, dass das notwendige Geld nicht zur Verfügung steht. Das ist der Punkt. Dabei geht es um ein Organisationsversagen der Bundesregierung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 1 a) liegen mir nicht vor.

Ich rufe jetzt auf

b) Tatort Haushalt - Deregulierung statt Kriminalisierung! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 15/731

Ich erteile dazu dem Kollegen Rösler das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gabriel ist leider nicht mehr

im Hause; er ist schon wieder auf dem Weg nach Berlin.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nach Goslar!)

Aber ich sage: Sie werden ihn dort gar nicht brauchen; sie können auch ganz ohne ihn - heute so und morgen so.

Zuerst haben wir gehört, Haushaltshilfen, die schwarz arbeiten, sollten womöglich unter Strafe gestellt werden. Dann, nachdem man die Bevölkerung dadurch verschreckt hat, ist man wieder zurückgerudert. Gestern wiederum war zu lesen - ich darf zitieren aus einer dpa-Meldung -:

„Nun wieder alles anders - schwarz putzen könnte doch strafbar werden.“

Ich darf weiter zitieren:

„Selbst in der Koalition herrscht mittlerweile Unmut über die Information aus dem Hause von Hans Eichel: ‚Das läuft alles andere als optimal‘, sagte ein SPD-Fraktionsmitglied. Den bisherigen Referentenentwurf zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung sehen Experten der Koalition in den entscheidenden Punkten als äußerst dünn an.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber unabhängig von der handwerklichen Unfähigkeit der Bundesregierung, die uns und die Öffentlichkeit wirklich nicht mehr überrascht, ist auch der grundsätzliche Ansatz falsch. Denn natürlich kennt niemand von Ihnen jemanden, der schwarz arbeitet, und womöglich beschäftigt auch niemand von Ihnen Schwarzarbeiter. Aber ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis:

(Heinrich Aller [SPD]: Ach! Dann ist es ja keines mehr!)

Die Tatsache, dass die Schattenwirtschaft in Deutschland der einzige boomende Wirtschaftszweig mit einem Wachstum von fast 6 % jährlich ist, liegt nicht daran, dass die Bereitschaft innerhalb der Bevölkerung zur Illegalität gewachsen wä

re, sondern schlicht und einfach daran, dass in den Augen vieler Menschen die Vorteile von Schwarzarbeit die Nachteile überwiegen. Oder anders formuliert: Die Schere zwischen Brutto- und Nettoeinkommen ist den Menschen schlichtweg zu weit auseinander. Deshalb werden Sie nichts erreichen, wenn Sie versuchen, diese Menschen zu kriminalisieren und zu bestrafen.

Dass das nicht gelingen kann, hat, glaube ich, schon der Gesetzentwurf aus dem Jahre 2002 gezeigt, den die rot-grüne Bundesregierung damals wohl zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit eingebracht hat. Hier hat sich nichts gebessert. Sie haben nur Bürokratie und Kosten verursacht, anstatt das Übel an der Wurzel zu packen.

(Beifall bei der FDP)

Dass es auch anders gehen kann, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeigt auch der Erfolg der Minijobs. Hier sieht man ganz deutlich, wo der richtige Weg wäre. Wir fordern Sie auf, auf diesem Wege vernünftig weiterzugehen. Schaffen Sie ein klares, einfaches, transparentes Steuersystem - die FDP hat dazu als Erste gute Vorschläge gemacht -,

(Beifall bei der FDP)

sorgen Sie dafür, dass die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt werden, und kümmern Sie sich um eine Entbürokratisierung auch in unserem Arbeitsrecht!