Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

In diesem Sinne freue ich mich, wenn Sie unserem wegweisenden Antrag zustimmen, und danke für die Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Rednerin ist Frau Dr. Heinen-Kljajić.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Bewertung der beiden vorliegen

den Anträge, insbesondere des CDU-Antrags, finde ich es ganz hilfreich, sich einfach noch einmal die Chronologie vor Augen zu halten. Nach massiven Protesten gegen die im HOK enthaltenen Standortschließungen werden in Buxtehude und Nienburg nach Zusagen finanzieller Unterstützung durch die Kommunen und die Wirtschaft Alternativkonzepte aufgelegt. Damit wird der Druck auf die Abgeordneten der Mehrheitsfraktionen so groß, dass ein Antrag eingebracht wird, der eine endgültige Entscheidung bis zu einer abschließenden Bewertung der Alternativen vermeintlich aufschieben soll. Zu diesem Zeitpunkt gibt es schon seit einem Monat den Antrag der SPD-Fraktion, der sich klar gegen die Schließung der Fachschulstandorte Buxtehude und Nienburg ausspricht und den die Koalition im Dezember-Plenum ablehnt.

Werte Kollegen von den Fraktionen von CDU und FDP, wie ernst Ihnen eine Überprüfung der Schließung ist, haben Sie spätestens in der letzten Ausschusssitzung bewiesen und werden Sie heute auch noch einmal mit Ihrem Abstimmungsverhalten belegen. Denn Sie haben trotz der Möglichkeit einer Verschiebung der Abstimmung ausdrücklich betont, dass Sie einen Antrag auf Erhalt der Standorte abschließend negativ bescheiden können, ohne die Pläne aus Buxtehude und Nienburg auch nur zur Kenntnis genommen, geschweige denn beraten zu haben. Ihr Antrag entpuppte sich spätestens in diesem Moment als billiges Täuschungsmanöver.

Während Sie hier noch immer so tun, als sei die ganze Angelegenheit ergebnisoffen, zeigen die Ausführungen des Ministeriums längst klar, wohin die Reise gehen soll. Als staatliche Hochschulen haben beide Standorte keine Chance. Möglich sein soll nur eine zeitlich befristete finanzielle Unterstützung einer privatwirtschaftlichen Lösung.

Für Buxtehude mag es auf dieser Grundlage noch eine Chance geben, wobei man sich fragen kann, ob dies eine sinnvolle oder zukunftsfähige Lösung ist. Aber für Nienburg bedeutet dies das klare Aus. Eine Berufsakademie oder Fachhochschule in privater Rechtsform mag im Einzugsgebiet von Hamburg vielleicht funktionieren. In Nienburg hat man sich sinnvollerweise für einen anderen Weg entschieden. Dabei gibt es keine fachlichen Gründe, das Nienburger Modell im Gegensatz zum Buxtehuder Modell abzulehnen. Es erfüllt alle im HOK festgelegten Kriterien, es erbringt die nötigen Einsparungen an Stellenäquivalenten, es stellt komplett auf Bachelor und Master um, es baut die Ka

pazitäten im Bereich Architektur ab, es stärkt den Bereich Wirtschaft an der Fachhochschule Hannover mit der Einrichtung des Studiengangs Bauwirtschaftsingenieur, und der Standort hat mit der Spezialisierung auf Bauen im Bestand ein klar zukunftsfähiges Profil. Außerdem passt das Modell, wie vom MWK gefordert, in ein schlüssiges Gesamtkonzept der Fachhochschule. In einem Ranking der CHE liegt Nienburg in der Qualität der Ausbildung für Architekten und Bauingenieure auf Platz 1.

Werte Kollegen von den Fraktionen von CDU und FDP, wer sich jetzt, obwohl es das Angebot einer Vertagung gab, gegen eine Aufhebung der Standortschließung für Nienburg und Buxtehude entscheiden kann, mag dafür Gründe haben, aber hochschulpolitische oder haushaltspolitische sind es mit Sicherheit nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen, dass beide Standorte eine Chance erhalten, sich mit ihren alternativen Modellen dem Wettbewerb zu stellen. Deshalb stimmen wir dem SPD-Antrag zu und nicht dem unehrlichen Hinhalte-Antrag von der Fraktionen von CDU und FDP. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Professor Dr. Zielke. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion besteht aus einem einzigen Satz. Dieser ist aber nicht etwa das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung des Pro und Contra der Fachhochschulstandorte Buxtehude und Nienburg, sondern er wird mit einer einseitigen Auswahl von Gedanken und Halbwahrheiten begründet und trägt insofern leider wenig zur Lösung der Probleme bei.

Sie als Opposition machen es sich einfach - zu einfach, meine ich. Aber die Wähler in Niedersachsen und nicht nur die in einigen Regionen haben uns bei der Wahl die Verantwortung für dieses Land übertragen,

(Björn Thümler [CDU]: Und das ist auch gut so!)

und diese Verantwortung nehmen wir wahr.

(Beifall bei der FDP)

Dazu gehört es auch, dass wir uns unangenehmen Problemen stellen und sie einer vernünftigen Lösung zuführen, und zwar unter Abwägung aller Tatsachen und Interessen. Und genau mitten in diesem Prozess befinden wir uns, was die beiden Hochschul-Teilstandorte Buxtehude und Nienburg betrifft.

Zum SPD-Antrag erlaube ich mir, aus meiner Rede vor diesem hohen Hause am 21. November zu zitieren:

„Angesichts der drohenden Schließung sind viele Dinge in Bewegung gekommen, die vorher niemand für möglich gehalten hätte. Viele sind daran beteiligt, sind auf der Suche nach alternativen Lösungen, die aber - auch das ist ganz klar - auf ihre Tragfähigkeit hin sorgfältig geprüft werden müssen. Wenn wir Ihren Antrag beschlössen, würden diese Prozesse sofort zum Stillstand kommen. Ihr Antrag ist ehrenwert. Wenn Sie es aber genau überlegen, dann ist er letztlich kontraproduktiv."

Zu unserem eigenen Antrag ist durchaus noch aktuell, was ich am 11. Dezember vor diesem hohen Haus gesagt habe:

„Durch unseren Antrag... wollen wir den jetzt neu in Gang gekommenen regionalen Initiativen die nötige Zeit geben, aber auch den nötigen Druck aufrecht erhalten, ihre Konzepte so zu untermauern, dass eine Schließung nicht zu erfolgen braucht.“

Wir wollen, Frau Wörmer-Zimmermann, weder Begräbnisse erster noch zweiter Klasse.

Herr Minister Stratmann hat parallel zu den Anträgen der Fraktionen von CDU und FDP den beiden Fachhochschulstandorten eine Frist zur Entwicklung neuer Konzepte bis zum 31. Januar eingeräumt und für diese Zeit von unserem Gedanken Abstand genommen, die Einreichung der Konzepte mit der Aussetzung der Aufnahme neuer Studenten zu koppeln.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das war auch richtig!)

Ich sage ausdrücklich, dass das richtig war, denn über die Aufnahme oder Nichtaufnahme neuer Studenten zum Sommersemester 2004 musste zwingend bis zum 15. Januar entschieden werden. Aber diese Frist wäre dann doch sehr knapp bemessen gewesen, um bis dahin tragfähige Konzepte für die Zukunft von Buxtehude und/oder Nienburg zu erarbeiten.

Das ist für uns aber kein Grund, auch nur einen Deut von unserem vorliegenden Antrag abzuweichen. Bis zum Aufnahmetermin für das Wintersemester 2004, also bis zum 15. Juli, muss Klarheit für alle Beteiligten herrschen, müssen Lösungen gefunden, sorgfältig geprüft und Entscheidungen getroffen sein. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Kollegin Hemme, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob die Wählerinnen und Wähler, wie eben gesagt wurde, wirklich meinen Vorredner am Wahltag gemeint haben. Die Nienburger und Nienburgerinnen mit ihrer Wahlentscheidung mit Sicherheit nicht.

Wie Sie sehen, trage ich immer noch den Anstecker „150 Jahre Architektur- und Bauingenieurwesen am Standort Nienburg“. Ich trage ihn, weil ich die Erwartung an den Weiterbestand der Fachhochschule noch nicht aufgegeben habe.

Mit der Ankündigung der Schließung der Fachbereiche und damit auch der Außenstelle haben Sie, Herr Minister, viel arbeitsintensive Aufregung in die Region getragen. Aber weder die Beteiligten der Fachhochschule noch die Akteure vor Ort haben sich in allgemeine Jammerei geflüchtet, sondern sie haben alle angepackt, eine jede und ein jeder an ihrem oder seinem Ort. Die Fachhochschule hat in gemeinsamer Anstrengung die Einsparung gebracht - wie gefordert. Die Fachbereiche der Außenstelle Nienburg sind innovativ weiterentwickelt worden - wie gefordert. Die Region hat neben der Stiftungsprofessur und der Bereitstellung kostenloser Lehrbeauftragter jetzt auch noch die Erstellung

eines Präsentationsraumes möglich gemacht, die Finanzierung ist realisiert, Herr Minister - wie gefordert.

Fazit: Die Fachhochschule und die Region haben alles Geforderte und Mögliche getan. Jetzt, Herr Minister, ist es an Ihnen, das Ihrem Haus bereits vorliegende Konzept, das Nienburger Modell, unter die von Ihnen aufgestellten Anforderungen zu subsumieren. Meine Erwartung an Sie ist - das sage ich mit Nachdruck; Sie werden wissen, warum -, dass bei dieser Bewertung realistische Forderungen als Grundlage genommen werden.

Die Harke zitiert Sie heute aus einem Brief, in dem Sie zum Ausdruck bringen, dass das Wunschziel die private Trägerschaft sei. Nur, Herr Minister, unrealistische Wünsche - die Privatisierung ist ein unrealistischer Wunsch für die Region - gestatten wir unseren Kindern beim Aufstellen des Wunschzettels zu Weihnachten. Aber in der politischen Bearbeitung konkreter Projekte müssen Wünsche an den Realitäten und an dem Machbaren ausgerichtet sein.

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, haben die Standortentscheidung dem Minister übertragen und haben damit Entscheidungsmöglichkeiten aus der Hand gegeben. Die Entscheidung lastet jetzt also allein auf Ihren Schultern, Herr Stratmann. Jetzt kommt es auf Sie an.

(Katrin Trost [CDU]: Aber wir stützen ihn!)

Entscheiden Sie nicht nach dem Bild: Der Dompteur hält dem Hund die Wurst hoch, und wenn der Hund das Kunststück kann, isst der Dompteur die Wurst selber. - Lassen Sie die Hoffnung, die Sie geweckt haben, nicht wie Seifenblasen zerplatzen.

Herr Minister, morgen wird Ihnen persönlich das Gesamtkonzept und - darin enthalten - auch das Nienburger Modell vorgestellt werden. Fügen Sie Ihren Teil hinzu, damit Niedersachsen als zukunftsfähiger Standort im Bereich Bauen mit der Fachhochschule Hannover und der Außenstelle Nienburg auch weiterhin zukunftsweisend sein wird. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dammann-Tamke, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hier steht heute, bezogen auf unseren Antrag, der Vorwurf der Unehrlichkeit im Raum. Von daher möchte ich die Gelegenheit nutzen, am Beispiel des Fachhochschulstandortes Buxtehude einmal darzulegen, wie konkret die Planungen schon gediehen sind.

Seit dem Jahresbeginn arbeitet eine Lenkungsgruppe „Aufbau einer Fachhochschule Buxtehude in privater Trägerschaft“. Neben den regionalen Mitgliedern ist diese Lenkungsgruppe mit Vertretern des MWK sowie Herrn Dr. Hogeforster, dem gerade in den Ruhestand verabschiedeten Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Hamburg, besetzt. Die Planungen sind weit fortgeschritten, und man ist sich in der Konzeption einig:

Die Fachhochschule wird in privater Trägerschaft fortgeführt. Starttermin: Wintersemester 2005/06. Es wird eine Hybridlösung nach Diepholz/Vechteraner Vorbild mit integrierter Berufsakademie realisiert. Die angebotene Studiengänge umfassen das Bauingenieurwesen dual, Bauen im Bestand dual, Bauen und Immobilienwirtschaft - ebenfalls angedacht als dualer Studiengang - sowie die Ausbildung zum technischen Betriebswirt: dreieinhalbjähriges Studium für hoch qualifizierte Handwerker mit Perspektive auf Betriebsübernahme bzw. anschließendes Master-Studium. Dieser vierte, in Hamburg bereits angelaufene Studiengang wird in Buxtehude qualitativ angehoben, da er in Zukunft mit dem Bachelor abschließen wird.

(Glocke der Präsidentin - Silva Seeler [SPD]: Redezeit!)

Der Ansatz ist innovativ und hilft dem Handwerk, Problemen in Bezug auf den dramatischen Mangel an Betriebsnachfolgern entgegenzuwirken. Zurzeit befinden sich in Hamburg 200 Schüler bzw. Studenten - wie immer man sie im Moment definieren mag - in dieser Ausbildung. 85 % der Absolventen verbleiben in den Betrieben des Handwerks.

Verblieben - Entschuldigung, Herr DammannTamke - ist Ihnen keine Redezeit mehr. Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Ich werde mich beeilen. - Die Abbrecherquote beträgt 1 %. 50 % der Studenten kommen nicht aus Hamburg. Für 2006 kalkuliert man bereits mit 300 Studenten. Es ist der ausdrückliche Wunsch der Handwerkskammern Hamburg sowie Stade/Lüneburg, diese Ausbildung innerhalb der Fachhochschule Buxtehude zu integrieren. Es ergeben sich Synergieeffekte u. a. aufgrund der alten klassischen Bauausrichtung.

Der eingeschlagene Weg zeigt nicht nur in Bezug auf die Ausbildung qualifizierter Handwerker hervorragende Perspektiven auf, sondern er ist auch ein sehr gutes Beispiel für länderübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Metropolregion Hamburg.