Protokoll der Sitzung vom 19.02.2004

Herr Minister Möllring antwortet für die Landesregierung.

Herr Kollege Kaidas, wir bekommen ständig Angebote, entsprechende Beraterleistungen in Anspruch zu nehmen. Diese Angebote gehen meistens an das Finanzministerium. Wir haben auch einen Fall gehabt, dass ein derartiges Angebot an die Staatskanzlei gerichtet worden ist. Der Ministerpräsident hat dieses Angebot dem Finanzministerium zur Prüfung übersandt. Wir haben dem

Ministerpräsidenten davon abgeraten, darauf einzugehen. Deshalb ist auch in keinem Fall ein entsprechender Vertrag abgeschlossen worden.

Zur Transparenz kann ich sagen: Wir werden dem Parlament einmal im Jahr berichten - wie wir das genau machen, müssen wir sehen; das müssen wir mit der Landtagsverwaltung und dem Landtagspräsidenten absprechen -, sodass Sie alle Beraterverträge und Gutachterverträge kennen lernen.

(Heidrun Merk [SPD]: Das hat er gar nicht gefragt, das hat er gar nicht vor- gelesen! - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

- Er hat gefragt, wie wir in Zukunft bei der Vergabe von Gutachten für Transparenz sorgen wollen. Transparent gegenüber dem Parlament kann ich nur sein, wenn ich dem Parlament die entsprechenden Informationen gebe, und das werden wir tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Steiner.

Angesichts dieses Frage- und Antwortspiels frage ich die Landesregierung: Ist die Dringliche Anfrage der CDU-Fraktion und ihre Beantwortung durch den Minister als Beitrag zur Veranstaltungsreihe des Landtagspräsidenten „Landesgeschichte im Landtag“ gedacht,

(Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Das gehört sich aber nicht!)

oder warum sonst lässt sie die gegenwärtige Vergabepraxis vollständig außen vor?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Möllring für die Landesregierung!

Ich finde es besonders geschmacklos, dass Sie das sagen, wo Herr Gansäuer an seinem 60. Geburtstag im Krankenhaus liegt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Oh! bei der SPD - Axel Plaue [SPD]: Das müssen gerade Sie sagen, Herr Möllring!)

Im Übrigen hat die Landesregierung jede Frage, ob sie ihr passt oder nicht, ob sie ihr willkommen ist oder nicht, hier vollständig und nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten. Das haben wir getan.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu der Vergabepraxis dieser Landesregierung habe ich noch nichts gesagt, weil ich danach nicht gefragt worden bin.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Heidemann.

Herr Minister, ich frage die Landesregierung: Ist sie bereit, die Konzepte des Haushaltskonsolidierungskonzeptes, die die alte Landesregierung als „vertraulich“ gekennzeichnet hat, jetzt als „nicht vertraulich“ zu kennzeichnen?

Herr Minister Möllring!

Im Haushaltsausschuss sind bereits Anträge zur Beschlussfassung angekündigt bzw. bereits vorgelegt worden. Wenn diese Anträge vorliegen, werden wir nach Artikel 24 eine Prüfung vornehmen, welche Akten vorgelegt werden müssen, welche vertraulich sind und welche nicht vertraulich sind. Da dieses Berger-Gutachten nicht mehr zum Kernbereich dieser Landesregierung gehört, werde ich dem Kabinett empfehlen, die Vertraulichkeit insoweit aufzuheben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Althusmann.

Herr Minister, gab es eine enge Abstimmung der damaligen Staatskanzlei und des damaligen Finanzministeriums, insbesondere der Hausspitzen, zum Haushaltskonsolidierungsgutachten, und, wenn ja: Wie beurteilen Sie die?

Herr Minister Möllring antwortet für die Landesregierung.

Damals ist über dieses Roland-Berger-Gutachten ja mit der Staatskanzlei verhandelt worden. Mit dem Finanzministerium hat es eine enge Abstimmung meines Erachtens nicht oder nur bedingt gegeben. Ich darf aus einem Angebot von Herrn Roland Berger an die Staatskanzlei vorlesen:

„Anbei der versprochene Angebotsentwurf für ein Masterplan-Konzept für das Land Niedersachsen. Das Papier ist so gestaltet, dass es an das MF weitergegeben werden kann und somit auch Gegenstand Ihres Gespräches mit einem Mitarbeiter des MF sein kann. Dies bedeutet, dass bestimmte Fragen von Diskretion und politischen Risiken, die wir mit dem MP besprochen hatten, teilweise nur sanft angedeutet worden sind.”

(Heiterkeit bei der CDU)

Das heißt offensichtlich - so habe ich das verstanden -, dass das, was zwischen dem MP und Roland Berger besprochen worden ist, das MF nicht wissen durfte.

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Herr Schönecke.

Herr Minister, Sie haben dargelegt, dass die alte Landesregierung durch Stückelung der Aufträge unter die Vergabegrenze gekommen ist. Können Sie das dem Parlament noch einmal deutlich machen, und werden wir davon in Kenntnis gesetzt, in welcher Form hier gearbeitet worden ist?

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Möllring.

Ich hatte schon gestern, als über die Verstrickung zwischen Roland Berger und den Ministerien gesprochen worden ist, darauf aufmerksam gemacht, dass Roland Berger zum Teil auch darauf hingewiesen hat, wie eine Finanzierung möglich sei.

Das Angebot vom 8. Mai 2002, das mir vorliegt, enthält einen Bezug auf § 5 Abs. 2 b der VOF - Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen -:

„... würde somit eine Vergabeoption über die gesamten 600 000 Euro ermöglichen und auch noch Spielraum für mögliche Komplementärfinanzierungen durch andere Ressorts ermöglichen. Bei einer nach meinem Kenntnisstand vorhandenen Rückendeckung für das Projekt durch den Rechnungshof handelt es sich hier um einen gangbaren Weg. Bei einer möglichen politischen Zuspitzung müsste Roland Berger gegebenenfalls einen rechtlichen Schutz von ConSolid beantragen.“

Als Alternative wurde aufgeführt:

„Ein Verzicht auf eine Vergabebekanntmachung bis 200 000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer kommt aufgrund des im Vorhinein schwer beschreibbaren Charakters des Projektes und der damit verbundenen Dienstleistung in Betracht, da es ja gerade Ziel des Projektes ist, mögliche im Vorhinein noch nicht feststehende Konsolidierungspotenziale zu identifizieren und zu plausibilisieren. Dies würde die Option eröffnen, das Projekt anhand der einzelnen Handlungsfelder in drei Einzelprojekten durchzuführen.“

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Aha!)

„Hierfür bieten sich an: ‚Privatisierungspotenziale‘ mit 230 000 Euro inklusive Mehrwertsteuer,“

- wenn Sie die herausrechnen, kommen Sie auf 199 000 Euro

„‘Querschnittsthemen‘ mit 210 000 Euro inklusive Mehrwertsteuer und ‚Förderprogramm‘ mit 160 000 Euro inklusive Mehrwertsteuer.“

(Reinhold Coenen [CDU]: Das ist ja abenteuerlich!)

„Somit können die drei inhaltlich klar abgrenzbaren Bereiche in Form von drei einzelnen Projekten bearbeitet werden, die jeweils einzeln aufgrund ihrer nicht exakten Definierbarkeit direkt vergeben werden könnten.“

Ich muss allerdings sagen: Dieses Angebot hat die alte Landesregierung nicht angenommen, sondern sie hat es komplett vergeben. Nur damit das klar ist.

Sie hatten weiterhin zur Komplementärfinanzierung gefragt. Hier heißt es weiter:

„Eine eventuelle Komplementärfinanzierung durch andere Ressorts müsste bei diesem Weg wieder über ein weiteres Einzelprojekt erfolgen.“

Ich hatte Ihnen ja gestern schon gesagt, dass Berger auch der auftraggebenden Verwaltung aufgezeigt hat, in welchen Bereichen noch anderes Geld zu finden wäre. Das ist diese berühmte Komplementärfinanzierung. Ich darf hier zitieren:

„Am heutigen Vormittag hatte ich Gelegenheit, mit Frau... und Herrn... aus der Staatskanzlei über eine mögliche Komplementärfinanzierung zu sprechen. Beide haben deutlich gemacht, dass wohl noch Mittel aus der Abteilung 3 für das Projekt verfügbar sein sollten. Sie haben darauf hingewiesen, dass es am besten wäre, wenn das MF direkt auf Herrn.. bzw. Frau... zugehen würde, um eine mögliche finanzielle Unterstützung durch die Staatskanzlei oder gegebenenfalls auch das MI abzusprechen.“

Darauf bezieht sich dann dieser Hinweis, dass bei einer Komplementärfinanzierung noch ein viertes Projekt gemacht werden müsste.