Protokoll der Sitzung vom 26.05.2004

Ich finde es begrüßenswert, wenn Sie uns einen Solidarpakt ankündigen bzw. wenn Sie beim Sparen mitmachen wollen, um die Landesfinanzen zu sichern. Das ist sehr ehrenwert.

Lieber Kollege Althusmann - -

Ich komme zum Schluss. - Was Sie aber andererseits demaskiert und was wirklich blamabel für die SPD-Fraktion ist, ist das Flugblatt, das ich jetzt hochhalte. Meine Damen und Herren, in diesem Flugblatt wird gesagt, es gebe eine verheerende Bilanz. Nie zuvor seien in Niedersachsen so viele Schulden aufgenommen worden. - Es ist unglaublich, mit welchen Unwahrheiten Sie die Menschen in Niedersachsen verunsichern. - Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Gabriel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Althusmann, ich kann auch nichts dafür, dass Sie in Ihrer Legislaturperiode mehr als 10,6 Milliarden Euro Schulden aufnehmen. Das ist ungefähr 1 Milliarde mehr als in der letzten Legislaturperiode.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Angesichts der Rede von Herrn Wulff, der gesagt hat, die finanzielle Lage des Landes sei katastrophal, und man müsse über gemeinsame Möglichkeiten nachdenken, habe ich gedacht, Sie würden hier nicht noch einmal behaupten, Sie hätten 100 Millionen Euro Nettokreditaufnahme abgebaut. Herr Althusmann, wie erklären Sie eigentlich, dass Ihr Finanzminister zwar öffentlich sagt, er werde das, was im Haushalt steht, umsetzen, nämlich beispielsweise die globale Minderausgabe, die 222 Millionen Euro beträgt, erwirtschaften, er das im Jahr 2004 aber nicht einmal zur Hälfte schafft und im nächsten Jahr gar nicht? Wie wollen Sie dann eigentlich sagen, dass Sie 100 Millionen Euro Schulden abgebaut hätten? Das ist doch eine Luftbuchung.

Ihr Finanzminister hat behauptet, er würde durch Änderungen von Bundesgesetzen über 330 Millionen Euro einsparen. Sie haben die Mehrzahl der angekündigten Gesetzesinitiativen in den deutschen Bundesrat nicht einmal eingebracht, geschweige denn das Geld in der betreffenden Höhe für den Haushalt erwirtschaftet. Dieser Umgang ist doch nicht vernünftig.

Herr Althusmann, übrigens muss Ihr Ministerpräsident einmal erklären, als was er hier eigentlich sitzt. Sitzt er hier als jemand, der sagt: „Ich kümmere mich um die Interessen des Landes und habe große Sorgen um die wegbrechenden Steuereinnahmen.“,

(Bernd Althusmann [CDU]: Das eint uns!)

oder sagt er: „Nein, ich bin stellvertretender CDUVorsitzender. Ich bin für ein Steuerkonzept von Herrn Merz, das das Land Niedersachsen 450 Millionen Euro dadurch kostet, dass der Spitzensteuersatz weiter abgesenkt wird.“? Er muss doch einmal sagen, als was er hier sitzt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie müssen einmal klären, was Sie, Herr Wulff, auf der Bühne des Landtages spielen wollen: Dr. Jekyll oder Mr. Hyde? - Eines von beiden muss es doch sein, meine Damen und Herren.

(Unruhe bei der CDU - Karl-Heinz Kla- re [CDU]: Bei Ihnen ist diese Frage geklärt!)

Ich stelle Folgendes fest:

Erstens. Sie können keines Ihrer Versprechen zur Haushaltskonsolidierung einhalten, weil Ihnen die wegbrechenden Steuereinnahmen den Haushalt kaputt machen. Es gibt kein Argument dagegen. Nicht anders ging es uns 2002. Sie haben keine Möglichkeit, die wegbrechenden Steuereinnahmen des Landes aus eigener Kraft auszugleichen. So erging es uns 2002 und Ihnen jetzt wieder.

Zweitens. Sie vergrößern Ihre Probleme im Haushalt dadurch, dass Sie Wahlversprechen auf Pump finanzieren. 2 500 Lehrerinnen und Lehrer - -

(Zuruf von der CDU)

- Ach, das haben Sie von uns gelernt? Warum waren Sie denn eben dagegen, dass wir in der ersten Legislaturperiode Lehrer einstellen?

(Beifall bei der SPD)

Bei Ihnen sind ja nicht alle lange genug dabei, um zu wissen, wodurch die 10 000 Lehrerstellen entstanden sind. Hätten wir die 2 500 Lehrer damals nicht eingestellt, dann hätten Sie jetzt 5 000 in Ihre Wahlversprechen hineinschreiben müssen. Sie haben sie also nicht finanziert. Wir haben das nicht versprochen. Sie haben das populistisch versprochen und müssen es auf Pump finanzieren.

Der Landesrechnungshof schreibt Ihnen auf, dass Sie eine chaotische Verwaltungsreform machen, ohne dass irgendjemand im Land weiß, wie viel das eigentlich am Ende kosten wird. Das steht darin.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich muss Ihnen leider auch sagen, dass Reden und Handeln bei Ihnen, Herr Althusmann, und bei Herrn Wulff nicht übereinstimmen. Im Land gibt er den landesväterlichen Ministerpräsidenten, fordert zur Zusammenarbeit auf, sagt, wir wollen gemein

sam über Verschuldensgrenzen reden, und im Bundesrat blockiert er als Parteitaktiker alle Reformmaßnahmen, die zur finanziellen Entlastung des Landes Niedersachsen beitragen können. Das werfen wir Ihnen vor.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Angebote zur Zusammenarbeit haben wir schon im letzten Jahr gehört. Damals haben wir Ihnen gesagt: Herr Wulff, richten Sie das ein, was Sie als Oppositionsführer immer gefordert haben, nämlich eine Haushaltsstrukturkommission mit allen im Landtag vertretenen Parteien. Dann reden wir über Ausgaben und Einnahmen. - Sie aber tun das Gegenteil: Sie bügeln selbst die Vorschläge ab, bei denen eine Oppositionsfraktion die schwierige Aufgabe übernimmt und sagt: Lasst das mit den Riesenkürzungen bei den Hochschulen. Wir sagen euch, wie man an anderer Stelle kürzen kann. Dafür bekommen wir in unseren Landkreisen ja auch Ärger. Aber anstatt das zu machen, was dieses Land wirklich nach vorne bringt, nämlich Wissenschaft, Forschung und Technologie auszubauen, kürzen Sie daran, und der Fraktionsvorsitzende hat nichts Besseren zu bieten, als in der Schlusserklärung zum Haushalt sozusagen den Abbau von Radwegefinanzierungen zum Untergang des Abendlandes im Land Niedersachsen zu erklären. Das ist Ihre Haushaltspolitik.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren: Wir sind dann zur Zusammenarbeit bereit, wenn Sie erstens wirklich bereit sind, über Ausgaben und Einnahmen zu reden, und wenn Sie zweitens bereit sind, Ihre Klientel nicht mehr im Bundesrat vor Subventionsabbau zu schützen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Es geht nicht um Klientel, sondern es geht um die Menschen in diesem Land!)

Dann können wir die Verschuldung in diesem Land deutlich absenken. Wir werden trotzdem noch die Grenze für die Nettokreditaufnahme laut Verfassung überschreiten, aber längst nicht so hoch, wie Sie das tun wollen. Wenn Sie nur über Ihren Ministerpräsidenten einen Blankoscheck für einen richtigen Schluck aus der Pulle beim Schuldenmachen bekommen werden, dann haben Sie uns nicht an Ihrer Seite.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Herr Finanzminister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wenzel hat hier sehr richtig ausgeführt: Wir wollen den Machtwechsel in Berlin, weil nur das die Chance ist, dieses Land wieder voranzubringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben ja keine wegbrechenden Steuereinnahmen, obwohl sie im nächsten Jahr wieder unter den Einnahmen von 1998 liegen, sondern wir haben das ständige Wegbrechen von Steuererwartungen, weil jetzt die Bundesregierung wieder davon ausgeht, dass das Wirtschaftswachstum in zwei Jahren auf 3,5 % ansteigen wird. Das ist völlig illusorisch. Wer sich so etwas ständig vormacht, ohne die Basis dafür zu legen, dass die Wirtschaft wachsen kann, sondern die Wirtschaft am Wachstum hindert, der ist eben falsch in der Regierung. Deshalb werden wir im Jahr 2006 den Wechsel herbeiführen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich hätte viel Spaß daran, auf das eine oder andere einzugehen. Herr Wenzel, es macht Spaß, hier solche Wortspiele zu machen wie: Je nackter die Tatsachen, umso abstrakter die Lüge.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das war nicht von mir! Das war von Ihrem Kollegen Wulff!)

Sie haben gleich zwei Lügen gebracht. Natürlich haben wir die Pensionslasten im Haushalt 2004 abgebildet, wir werden sie im Haushaltsplan 2005 abbilden, und wir werden sie auch in Zukunft abbilden. Was aber Sie meinen, ist, dass wir sozusagen versicherungsmathematisch vorausrechnen. Das Gleiche müssten Sie aber auch bei den Sozialausgaben für die Angestellten machen. Denn auch die Angestellten erhalten ihre Rente später dadurch, dass andere Angestellte entsprechende Sozialversicherungsbeiträge zahlen, die anteilig dann wieder vom Arbeitgeber getragen werden müssen, also auch vom Land. Sie müssten also

auch das hochrechnen. Das machen wir aber nicht. Deshalb lassen Sie das doch.

Herr Wenzel, es nützt nichts, zu sagen: klug sparen und kluge neue Strukturen. Das sind doch Worthülsen. Das hört sich an, wie früher die Grünen gesagt haben, wir brauchen intelligente Deponien,

(Bernd Althusmann [CDU]: CASTOR- Transport!)

aber nie deutlich gemacht haben, wie das gehen soll. Das ist doch das Problem.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir stehen vor einer Situation, in der um uns herum Schuldenmacherei für ein Ziel des Staates erklärt wird. Das ist bei Herrn Eichel so, der mit 25 Milliarden Euro in diesem Jahr aus der Kurve kommen wollte. Jetzt sind die Steuerschätzungen schlechter ausgefallen als erwartet. Wir haben es schon negativ gesehen, sie sind aber noch schlechter ausgefallen. Was macht er? - Nur die Nettokreditaufnahme hoch, und zwar ohne jede Konsolidierungsanstrengung. Das bringt unseren Staat doch in den Ruin.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unser Nachbarland - auch von Rot-Grün regiert - -

(Axel Plaue [SPD]: Sprechen Sie doch einmal über Ihren eigenen Haushalt und Ihr eigenes Versagen, Herr Mi- nister! - Beifall bei der SPD)

- Herr Plaue, ich habe Ihnen doch schon einmal gesagt: Seien Sie in Demut dankbar, dass wir so viele Überhangmandate gewonnen haben, sodass Sie hier überhaupt sitzen.