Protokoll der Sitzung vom 26.05.2004

- Herr Plaue, ich habe Ihnen doch schon einmal gesagt: Seien Sie in Demut dankbar, dass wir so viele Überhangmandate gewonnen haben, sodass Sie hier überhaupt sitzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Gabriel?

Bitte schön!

Herr Kollege Möllring, ich würde hinsichtlich des Ratschlages an Herrn Plaue zum Thema Überhangmandate gerne wissen: Als was reden Sie hier, als Abgeordneter der CDU-Fraktion oder als Mitglied der Regierung?

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Die Regierung, deren Mitglieder bis auf eine Ausnahme alle Abgeordnete sind - -

(Sigmar Gabriel [SPD]: Hat die Regie- rung überhaupt Überhangmandate?)

- Herr Gabriel, Sie haben gefragt. Dann hören Sie sich die Antwort doch an. - Die Regierung ist Teil des Parlamentes, weil wir Abgeordnete dieses Parlamentes sind, und weil Christian Wulff - -

(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie antworten aber als Regierungsmitglied! - Gegen- ruf von der CDU: Hören Sie doch einmal zu!)

Bitte, Herr Minister, fahren Sie fort.

Herr Präsident, ich möchte darum bitten, dass Sie einmal im Ältestenrat oder im Präsidium klären, ob, wenn ein Abgeordneter eine Zwischenfrage stellt, er eine Antwort haben will oder ob er durch ständiges Pöbeln diese Antwort unterbrechen will.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, aus verfassungsrechtlichen Gründen kann ich Ihnen keine Rüge erteilen. - Das müssten Sie, Herr Gabriel, aus Ihrer Regierungszeit noch wissen. - Die Worte „pöbeln“ und „lügen“ sind keine parlamentarischen Worte. Ich bitte Sie, in diesem Raum keinen Gebrauch davon zu machen. Herr Minister, ich darf Sie noch fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Buß gestatten möchten.

Nach den Erfahrungen mit Herrn Gabriel möchte ich sie nicht zulassen. - Das Wort „pöbeln“ nehme ich gern zurück. Wenn Sie mir einen parlamentarischen Ausdruck für sein Verhalten nennen, werde ich ihn dann gern verwenden.

(Beifall und Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Herr Wenzel, da Sie ja die Aktuelle Stunde beantragt haben und wissen, wie man klug spart, statt neue Schulden zu machen, möchte ich Ihnen einmal sagen, wie die rot-grüne Regierung im Nachbarland Nordrhein-Westfalen mit den Steuerausfällen umgeht. Die dortige Landesregierung hat in der letzten Woche eine Presseerklärung herausgegeben. In ihr heißt es wörtlich:

„Steuerausfälle werden durch eine höhere Neuverschuldung kompensiert.“

Ich frage mich, wie man Steuerausfälle durch eine höhere Verschuldung kompensieren kann. Das heißt, unser Nachbarland Nordrhein-Westfalen macht statt 5,2 Milliarden 6,1 Milliarden Euro neue Schulden. Die Landesregierung in NordrheinWestfalen - dort findet nächstes Jahr ein Landtagswahlkampf statt - macht das Gleiche wie Sie. Sie hat nicht den Mut, den Haushalt zu konsolidieren, sondern sattelt stattdessen oben drauf. Deshalb möchte ich Ihnen noch einmal vorhalten: Wir tun es. Wir werden in diesem Jahr bei einer Nettoneuverschuldung in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bleiben, obwohl sich die von uns errechneten Steuerausfälle auf 245 Millionen Euro belaufen. Wir haben sofort einen Haushaltsführungserlass herausgegeben mit dem Ziel einzusparen. Wir werden auch noch weiter einsparen.

Es ist unwahr, wenn behauptet wird, ich hätte öffentlich gesagt, dass diese Landesregierung die globale Minderausgabe nicht erwirtschaften wird. Ich habe immer gesagt, dass ich fest davon ausgehe, dass wir sie erwirtschaften werden; denn wir haben im Gegensatz zu den vorherigen Landesregierungen die Hälfte der globalen Minderausgabe in die Einzelpläne umgesetzt, sodass sie dort erwirtschaftet werden muss. Nur die andere Hälfte steht im Einzelplan 13, die wir dann durch normales Resteeinsammeln erwirtschaften werden.

Herr Minister, Sie können sich nachher noch einmal melden. Ihre Redezeit ist jetzt aber abgelaufen.

Eines möchte ich Ihnen noch raten. Bevor Sie noch einmal zum Haushalt reden, sollten Sie einmal den Leitartikel von Herrn Mauersberg vom letzten Wochenende nehmen: Warten auf Godot. In diesem Artikel setzt er sich mit der Frage auseinander, was es bedeutet, wenn wir unser heutiges Leben auf Kosten unserer Kinder und deren Nachfolger finanzieren. Ich möchte das jetzt nicht zitieren. Er hat aber 100 % Recht. Sie sollten sich diesen Artikel einmal hinter den Spiegel stecken und vor jeder Haushaltsdiskussion noch einmal durchlesen. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nach § 70 unserer Geschäftsordnung - ich sage das nur noch einmal - ist der jeweilige Präsident gehalten, die Wortmeldungen so zu ordnen, dass eine Diskussion zwischen Opposition und Regierung zustande kommen kann. Normalerweise wäre jetzt der Kollege Rickert dran. Aufgrund des § 70 hat zunächst aber der Kollege Möhrmann das Wort. Wenn Sie, Herr Gabriel, zur Geschäftsordnung sprechen wollen, haben Sie als Erster das Wort. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Zwischenfrage an Herrn Kollegen Möllring hatte schon ihren Grund. Ich habe gefragt, ob er hier als Mitglied des Landtages oder als Regierungsmitglied spricht. Er hat darauf hingewiesen, dass er hier auch als Landtagsabgeordneter spreche, weil er schließlich auch Teil des Landtages sei. Deshalb, Herr Präsident, bitte ich darum, dass im Ältestenrat geklärt wird, ob dann, wenn er hier auch als Landtagsabgeordneter spricht, auch die Regeln für Landtagsabgeordnete gelten. Meine Fraktion hat wenig Interesse daran, permanent miterleben zu müssen, wie Herr Möllring als Abgeordneter seine Rolle als Finanzminister nicht findet und uns permanent beleidigt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Möhrmann, jetzt haben Sie das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eben einen Finanzminister erlebt, wie wir ihn mit seinen Verbalinjurien noch aus seiner Zeit als Abgeordneter kennen. Gleichzeitig - darauf lege ich sehr viel Wert, meine Damen und Herren - haben wir einen Finanzminister erlebt, der in Bezug auf die Haushaltslage des Landes Niedersachsen sehr zurückhaltend argumentiert hat.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Frage, Herr Möllring, lautet: Woran liegt das? - Nach meinem Eindruck rächt sich jetzt, dass Herr Möllring seinerzeit als finanzpolitischer Sprecher seiner Oppositionsfraktion immer zwei Dinge getan hat. Er hat hier immer die von uns vorgenommenen Kürzungen angeprangert. Gleichzeitig hat er aber auch die von uns zusätzlich gemachte Verschuldung angeprangert. In jedem Einzelfall hat seine Fraktion hier kritisiert, wenn es tatsächlich zu Einschränkungen gekommen ist.

Dann, Herr Möllring, gab es die Hanstedter Erklärung. Sie haben nicht widersprochen. Es wurden Wünsche in die Welt gesetzt, die man nur sehr mühsam wieder einfangen konnte. In Ihrem Wahlprogramm sind noch so viele Wünsche enthalten, die Sie jetzt nach und nach zurückziehen müssen.

Meine Damen und Herren, es rächt sich jetzt, dass Sie als Opposition immer so getan haben, als sei finanziell alles möglich. Jetzt kommt aber eine neue Situation hinzu. Sie haben den Eindruck erweckt, dass Sie mit Ihren Kürzungen für den Haushalt 2004 in Höhe von 1,4 Milliarden Euro strukturelle Kürzungen vorgenommen haben. Herr Möllring, in Wirklichkeit war es nur knapp die Hälfte. Das zeigt sich daran, dass Sie bis heute nicht in der Lage sind, ein Konzept vorzulegen, mit dem Sie das neue Loch in Höhe von 1,9 Milliarden Euro auch nur in geringem Umfang stopfen wollen. Wenn Sie hoffen, dass Sie Ihre globale Minderausgabe erwirtschaften können, dann kann ich Ihnen dazu nur sagen: Gucken Sie sich im Lande um. Dann werden Sie feststellen, wo überall schon Auswirkungen zu spüren sind, die nicht auf die globale Minderausgabe zurückzuführen sind, sondern darauf, dass die von Ihnen eingeplanten Einnahmen auch im Jahr 2004 nicht erreicht werden.

(Beifall bei der SPD)

Dann kommt der Ministerpräsident und äußert sich als Staatsmann. Niedersachsen befindet sich in der Tat in einer ganz schwierigen finanziellen Lage. Er sagt: Weil das so ist, muss die Opposition bitte schön mit ins Boot. - Was aber macht er gleichzeitig? - Ich habe mir das vom Bundesfinanzministerium einmal ausrechnen lassen.

(Zurufe von der CDU)

Aufgrund seines Verhaltens im Bundesrat werden das Land Niedersachsen und die niedersächsischen Kommunen im Jahr 2005 auf Einnahmen in Höhe von 1 Milliarde DM bzw. 580 Millionen Euro verzichten müssen. Meine Damen und Herren, das ist ein Betrag, mit dem man im Lande so einiges tun könnte. Vor allem könnte man damit die Nettokreditaufnahme zurückführen, die Sie, Herr Finanzminister, jetzt so aufblähen wie noch kein anderer Finanzminister in einer der vorangegangenen Legislaturperioden. Herr Albrecht hat die Schulden in seinen 14 Jahren vervierfacht. Herr Gabriel und wir haben die Schulden während unserer Regierungszeit verdoppelt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU)

Sie machen in einer Legislaturperiode so viele Schulden wie kein anderer Finanzminister vor Ihnen. Gleichzeitig ist der Ministerpräsident - das ist das, was wir ihm vorwerfen - als stellvertretender CDU-Vorsitzender im Bundesrat und auch in seiner Partei tätig und macht Versprechungen in Sachen Kopfpauschale und in Sachen „Steuererklärung auf einem Bierdeckel“. Herr Möllring musste dann im letzten Plenum zugeben, dass allein die erste Stufe des Merz-Konzeptes, nämlich die Aufhebung der Steuervergünstigungen, für das Land ein Minus in Höhe von 450 Millionen Euro bedeuten wird.

Meine Damen und Herren, in dieser Situation kommen Sie und verlangen von der Opposition, dass sie Ihnen beim Überwinden des Haushaltsloches in Höhe von 1,9 Milliarden Euro behilflich ist. Was sollen wir und vor allem aber die Öffentlichkeit davon halten?

Gleichzeitig machen Sie eine Sache, zu der der Landesrechnungshof sagt: Möglicherweise ist die Verwaltungsreform teurer und führt nicht zu Einsparungen. - Der Landtagsdirektor hat Ihnen dazu am Anfang dieser Woche gesagt: Sie machen

Scheinprivatisierungen. - Viele Fachleute sagen Ihnen: Wenn man so etwas macht, muss man von oben nach unter vorgehen und darf nicht nur ein politisches Ziel verfolgen, wie Sie es tun, und hoffen, dass am Ende eine Einsparung herauskommt. Ich könnte Ihnen vorlesen, was Sie in den Begründungen Ihrer Gesetzentwürfe zur Reform der Verwaltung aufgeschrieben haben.

Meine Damen und Herren, von der Polizeireform wissen wir schon heute, dass sie am Anfang teurer wird, und - ich sage Ihnen, was passieren wird die neu eingestellten Polizeibeamten werden das, weil Sie auf die zweigeteilte Laufbahn verzichten werden, mit ihren zukünftig niedrigeren Gehältern bezahlen müssen. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Möhrmann, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Meine Damen und Herren, unterm Strich kann ich nur noch einmal sagen, was von uns immer wieder gesagt worden ist: Wir sind bereit, in dieser Lage dabei mitzumachen, und zwar nicht, Herr Wenzel, um die Schulden zu erhöhen, sondern um sie zu minimieren, damit wir auch im Jahre 2008 und im Jahre 2014 in Niedersachsen noch vorankommen und uns finanziell noch bewegen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt ist der Kollege Rickert dran. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Haushaltslage des Landes Niedersachsen ist ernst. Um das festzustellen, hätte es keiner Aktuellen Stunde im Landtag bedurft, sondern aufmerksamen Zuhörens bei den Ausführungen des Finanzministers,

(Walter Meinhold [SPD]: Wie bitte?)

der hier seit fast einem Jahr gebetsmühlenartig die Situation schildert und bei der Ursachenforschung