Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Patienten sind Menschen in einer Notlage, und deshalb haben ihre Rechte für uns Liberale einen besonders hohen Stellenwert. Die zunehmende Komplexität des Gesundheitswesens, die Einführung des neuen Abrechnungssystems der Fallpauschalen in den Krankenhäusern und die neueste Bundesgesetzgebung haben zu einer Verunsicherung der Patienten geführt. Viele Patienten fühlen sich allein gelassen und nicht in der Lage, ihre Anliegen mit entsprechendem Nachdruck vorzubringen.
Zwar gibt es eine Vielzahl von Vorgaben hinsichtlich der Aufklärung von Patienten, doch oft sind es gerade die kleinen Fragen und der menschliche Umgang, die zu kurz kommen. Krankenhausaufenthalte sind zudem immer mit einer Einschränkung der persönlichen Freiheit verbunden.
Daher ist eine Stärkung der Patientenrechte durch die Einführung unabhängiger Ansprechpartner sinnvoll. Für das jeweilige Krankenhaus zuständige Patientenfürsprecher könnten diese Rolle im Sinne von Ombudsleuten übernehmen. Patientenfürsprecher sollen Anregungen und Beschwerden der Patienten entgegennehmen, prüfen und gegenüber der Krankenhausleitung vertreten. Zudem könnten sie direkt als Vermittler zwischen Patienten auf der einen Seite und Ärzten, Pflegediensten und Sozialverwaltungen auf der anderen Seite wirken.
Patientenfürsprecher sollen sich mit Einverständnis der betroffenen Patienten auch unmittelbar an den Krankenhausträger oder die zuständigen Aufsichtsbehörden wenden können. Sie sollen Erfahrungsberichte über ihre Tätigkeit und über aufgetretene Beschwerden und Probleme vorlegen, damit ihre Erkenntnisse in das Qualitätsmanagement der Krankenhäuser einbezogen werden können.
Patientenfürsprecher sollten von den kommunalen Gremien im Einvernehmen mit den Krankenhausträgern für das jeweilige Krankenhaus benannt werden, so wie das vielfach ja auch schon geschieht. Es handelt sich dabei um ein typisches Ehrenamt.
Zusätzlicher bürokratischer Aufwand und Personalkosten dürfen damit nicht entstehen. Patientenfürsprecher sollten möglichst aus dem Kreis sozial engagierter Persönlichkeiten geworben werden.
Die Institution des Patientenfürsprechers ist wirklich nicht neu; in Rheinland-Pfalz gibt es sie seit 1973. Die dortigen Erfahrungen haben gezeigt, dass vonseiten der Patienten großes Interesse an der Tätigkeit der Patientenfürsprecher besteht und ihr Wirken als Ansprechpartner und Mittler von allen Seiten geschätzt wird. Andere Länder sind zumindest in Teilbereichen gefolgt; ich nenne zum Beispiel die Ombudsleute in psychiatrischen Kliniken in Nordrhein-Westfalen.
Auch in Niedersachsen sind in vielen Krankenhäusern Fürsprecher und Ombudsleute etabliert worden. Daher sollte jetzt durch eine Initiative der Landesregierung eine möglichst landesweite Einführung angeregt werden. Eine Verankerung im Niedersächsischen Krankenhausgesetz sollte allerdings nicht erfolgen, da vonseiten der Landes
regierung den Kommunen keine zusätzlichen gesetzlichen Verpflichtungen auferlegt werden sollten, insbesondere dann nicht, wenn diese in die Kompetenz der kommunalen Selbstverwaltungsgremien eingreifen würden und mit - wenn auch in diesem Falle relativ geringen - Kosten verbunden wären.
Der Schaffung eines Landespatientenbeauftragten können wir wenig abgewinnen. Wir wollen keine zentralen Strukturen und keine neue Bürokratie, denn die Probleme der Betroffenen sind immer Probleme vor Ort, die vor Ort am besten gelöst werden können.
Sozialdienste im Krankenhaus, meine Damen und Herren von den Grünen, sind eine absolut sinnvolle und bewährte Einrichtung. Allerdings gibt es je nach Ausrichtung einer Klinik sehr unterschiedlichen Bedarf, der ebenfalls vor Ort verantwortet werden sollte und wird. Aber es gibt keinen gesetzlichen Handlungsbedarf. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass das Land Niedersachsen das Prädikat „Gesundheitsland“ noch nicht verdient. Das sage ich auch vor dem Hintergrund meiner persönlichen Erfahrungen mit Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen und Hessen. Ich habe ja skizziert, wie weit die Patientenrechte und auch die Sozialdienste in den Krankenhäusern dort gehen.
Ich finde es positiv, dass es zumindest einen Konsens über die Notwendigkeit von Patientenfürsprechern und von Sozialdiensten in Krankenhäusern gibt. Ich hoffe, dass es während der Beratungen im Ausschuss gelingt, einen Weg zu finden, wie man sie auch gesetzlich verankern kann. Ich möchte, dass jeder Mensch, ganz gleich, in welchem Krankenhaus in Niedersachsen er sich aufhält, die gleichen Rechte hat und Ansprechpartner vor Ort vorfindet.
Ich halte es für selbstverständlich - das steht auch in unserem Antrag, und so ist es auch in den anderen Bundesländern -, dass der Patientenfürsprecher ein Ombudsamt, ein Ehrenamt ist, für das es
allenfalls eine Aufwandsentschädigung gibt. Von daher belastet es auch nicht. Ich habe meine Probleme damit, an dieser Stelle die Selbstverwaltung zu zitieren.
Sie wissen doch, wie das in dem Land Bundesrepublik ist. Wenn wir lediglich oben eine Patientenbeauftragte haben, ohne Patientenbeauftragte auf Landesebene, dann kann das nicht funktionieren. Wir reden doch immer über Kooperation und Vernetzung. Eine einzelne Person kann diese Aufgabe überhaupt nicht bewerkstelligen. Das sollten wir im Ausschuss noch einmal erörtern.
Ich hoffe auf eine positive Beratung, damit wir wirklich etwas im Sinne der Stärkung der Patientenrechte auf den Weg bringen. - Danke schön.
Herr Dr. Winn von der CDU-Fraktion hat nach § 76 der Geschäftsordnung um Redezeit für eine persönliche Bemerkung gebeten. Herr Winn, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie in einer persönlichen Bemerkung nur Angriffe zurückweisen dürfen, die in der Aussprache gegen Sie gerichtet wurden, oder eigene Ausführungen berichtigen dürfen. Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Janssen-Kucz hat in ihrer Eingangsrede - ohne meinen Namen ausdrücklich zu nennen - von einem Frontalangriff auf die Patientenversorgung und von der Drohung einer kollektiven Rückgabe der Kassenzulassung gesprochen. Dieses weise ich entschieden zurück.
Frau Janssen-Kucz, es ist ein guter Ratschlag, dass man sich zunächst einmal informieren sollte, bevor man einen anderen Menschen, sei es ein Kollege aus dem Landtag oder irgendjemand anderes, verunglimpft.
Richtig ist, dass ich am Rande einer Pressekonferenz gefragt worden bin, ob ich mir im Hinblick auf die Kieferorthopäden vorstellen könne, dass auch die Ärzte unter Umständen ihre Kassenzulassung zurückgeben. Daraufhin habe ich gesagt: Wenn sich die Rahmenbedingungen weiter verschlechtern und die Ärzte nicht mehr ein und aus wissen,
dann könnte ich mir das sehr wohl vorstellen. Ich habe hinzugefügt: Zurzeit sehe ich dafür keinen Anlass.
Man darf jemandem nicht etwas unterstellen, was er nicht gesagt hat. Die Information kommt also an erster Stelle.
Wir kommen jetzt zur Ausschussüberweisung. Beide Anträge sollen im Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit beraten werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der Mittagspause setzen wir unsere Tagesordnung fort, und zwar mit
Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung: Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Transplantationsgesetzes - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/1011
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 1999 haben wir zum ersten Mal einen solchen Antrag beraten, und zwar nicht strittig, denn wir waren uns in der Sache ja eigentlich immer einig. Aber leider ist es damals nicht dazu gekommen, dass die Regierung ein Transplantati
onsausführungsgesetz vorgelegt hat, sondern es wurde lediglich das Heilkammergesetz mit der Maßgabe geändert, dass eine Lebendspendekommission eingerichtet wurde.
Organtransplantationen haben sich in den vergangenen 30 Jahren zu einem wichtigen Bestandteil der medizinischen Behandlung in Deutschland entwickelt. Nach dem im Dezember 1997 auf Bundesebene in Kraft getretenen Transplantationsgesetz sind derzeit die Deutsche Stiftung Organtransplantation mit der Koordinierung der Organspende post mortem, die Eurotransplant mit der Organverteilung und bundesweit ca. 40 Transplantationszentren mit der Organübertragung beauftragt worden.
Bereits vor In-Kraft-Treten des Transplantationsgesetzes sind in Niedersachsen durch intensive Kooperationen maßgeblicher Organisationen wie der Ärztekammer Niedersachsen, der Stiftung Organtransplantation sowie der weitere Institutionen einbindenden „Niedersächsischen Gemeinschaftsinitiative für Organspende“ beispielgebende Strukturen entstanden, die das Organspendeaufkommen im Einzugsbereich des Transplantationsprogrammes Niedersachsen/Ostwestfalen auf beeindruckende Weise gesteigert haben.
Leider reichen all diese Bemühungen nicht aus. Gegenwärtig warten in Deutschland etwa 14 000 schwer kranke Menschen, darunter etwa 10 000 Nierenpatienten, auf ein lebensrettendes Organ. Die Nachfrage nach humanen Organen wird schätzungsweise um jährlich 15 % wachsen.
Die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zur Organspende, entweder nach dem Tod oder auch zu Lebzeiten, ist im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Ländern jedoch gering. Obwohl nach einer forsa-Umfrage mehr als 80 % der Bevölkerung die Organspende für sinnvoll halten, verfügen nur etwa 12 % der Deutschen über einen Organspendeausweis.
Im Jahr 2003 gab es nur 1 140 Organspender. Es konnten lediglich 3 482 Organe entnommen und insgesamt nur 3 657 Transplantationen durchgeführt werden. Die Differenz - das sage ich für die, die schnell mitgerechnet haben - erklärt sich durch die Organe, die aus dem Ausland dazugekommen
sind. Die durchschnittliche Wartezeit beträgt etwa fünf Jahre. Ein Drittel der Patienten stirbt bereits auf der Warteliste.
Die Organspende ist eine verdienstvolle Tat, der als Ausdruck großherziger Solidarität mehr gesellschaftliche Anerkennung geschenkt werden sollte.