Kuno Winn

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf noch einmal erinnern: Frau Bulmahn hat mit der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 2002 eine glatte Bauchlandung hingelegt. Das Gesetz war, wie wir alle noch wissen, verfassungswidrig. Damit ging der Rundumschlag gegen die Habilitation - damaliger O-Ton des BMBF: „Die Generation der Privatdozenten muss man verschrotten“ - völlig ins Leere. Das war aber auch gut so; denn die Abqualifizierung der Habilitation war durch nichts gerechtfertigt und den Habilitanden gegenüber menschenverachtend.
Ich persönlich habe diese Töne noch gut im Ohr; denn ich bin einer der wenigen, die im Jahr 1968 tatsächlich studiert haben. So etwas kommt mir sehr bekannt vor. Schon in unserem Antrag aus dem Jahr 2002 haben wir die damalige Landesregierung - leider vergeblich - gewarnt. Folgerichtig haben CDU und FDP nach der Regierungsübernahme die Habilitation neben der Juniorprofessur im NHG verankert.
Ich will jetzt aber nicht nachkarten. Die Juniorprofessur - das sage ich hier ganz deutlich - ist eine Riesenchance für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist aber nur dann Erfolg versprechend, wenn sie sich an den Bedürfnissen der wissenschaftlichen Nachwuchskräfte orientiert.
Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, höhere Eigenverantwortung, Gestaltungsfreiraum, größere Unabhängigkeit in Forschung und Lehre sowie gute Berufsaussichten müssen daher im Mittelpunkt stehen. Als neuer Karriereweg bietet die Juniorprofessur dem wissenschaftlichen Nachwuchs so einen weiteren Zugang zur - ich sage einmal - ordentlichen Professur, und sie ermöglicht
bereits im Alter um die 30 ein eigenständiges Forschen und Lehren. Ich füge hinzu: Ich kannte auch damals, zu meiner Zeit, habilitierte Ordinarien, die noch keine 30 Jahre alt waren.
Die Juniorprofessur erhöht das Innovationspotenzial in Forschung und Lehre durch junge und motivierte Leistungsträger und steigert damit gleichzeitig durch Schaffung international vergleichbarer Standards die Internationalität des Wissenschaftsstandortes Niedersachsen und damit auch des Wissenschaftsstandortes Deutschland. Ein wichtiger Nebeneffekt ist auch die Verhinderung der Abwanderung qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler ins Ausland, des sogenannten Braindrain. Gleichzeitig werden für derzeit international Tätige attraktive Arbeitsmöglichkeiten geschaffen.
Die Flexibilisierung der Qualifizierungswege kommt besonders der Berufs- und Lebensplanung von Frauen zugute. Ein wichtiges Ziel unserer Politik war und ist neben der Verjüngung auch die Vergrößerung des Frauenanteils unter den Wissenschaftlern. Dies ist mit der Einführung der Juniorprofessur gelungen. Das möchte ich hier ausdrücklich feststellen. Der Frauenanteil unter den Juniorprofessoren liegt in Niedersachsen bei etwa 40 %. Damit nimmt Niedersachsen neben Berlin eine Spitzenposition in Deutschland ein.
Angesichts dessen ist es auch nicht verwunderlich, dass laut der hier schon zitierten CHE-Studie mehr als die Hälfte der befragten Juniorprofessoren Kinder haben. Die Juniorprofessur lässt sich also hervorragend mit Familie und Beruf vereinbaren. Man könnte auch sagen: Frühe Selbstständigkeit, verbesserte Gleichstellung und Internationalisierung, wissenschaftliche Innovation und eine verbesserte Planbarkeit wissenschaftlicher Karriereverläufe scheinen mit der Juniorprofessur erreicht worden zu sein.
Nun zu den Forderungen in Ihrem Antrag: Neben all den vorher genannten positiven Aspekten darf die Einrichtung von Juniorprofessuren aber auch nicht überstrapaziert werden. Schließlich soll möglichst jeder Juniorprofessor und jede Juniorprofessorin die Möglichkeit haben, auf eine ordentliche Professur berufen zu werden. Aus diesem Grunde und auch auf Grund der Tatsache, dass Niedersachsen in diesem Bereich eine Spitzenposition einnimmt, ist ein weiteres Landesförderprogramm nicht notwendig, zumal bei der DFG mehr als die Hälfte der Forschungsanträge von Juniorprofesso
ren stammt. Die Einwerbung von Drittmitteln ist bekanntlich ein wichtiges und wesentliches Kriterium für die Berufung.
Wir haben die Freiheit der Hochschulen erweitert. In Zielvereinbarungen hat die Schaffung von neuen Stellen für Juniorprofessoren meines Erachtens nichts zu suchen. Das ist in die Beliebigkeit und die Freiheit der einzelnen Hochschule gestellt. Mit der Möglichkeit zur Einrichtung des Tenure Track wird die Karriere für Nachwuchswissenschaftler besser planbar. Das ist richtig. Ich möchte allerdings anmerken, dass manche Juristen den Tenure Track als verfassungsrechtlich bedenklich einstufen, da er mit dem Übergang der befristeten Juniorprofessur in eine Lebenszeitprofessur ohne Ausschreibung nicht mehr den gleichen Zugang für alle geeigneten Bewerber auf ein Amt gewährleistet. Ich würde empfehlen, diese Optionen seitens der Hochschulen nicht inflationär zu gebrauchen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen gehen die Hochschulen in Niedersachsen mit dieser Option aber sehr gewissenhaft um.
Wir verschweigen wirklich nicht: Jede Reform muss sich natürlich in der Praxis bewähren und ist oft zu Beginn Kritik bzw. Anregungen ausgesetzt. Wir haben in dieser Hinsicht bereits einiges getan, auch um Unsicherheiten abzubauen. Uns bleibt es, diese Entwicklung weiterhin genau zu beobachten und natürlich auch positiv zu begleiten.
Da Sie erkennen müssen, dass wir in diesem Bereich vieles getan und auch schon vieles eingeleitet haben, ist Ihr Antrag überflüssig; wir werden ihn deshalb ablehnen und der Ausschussempfehlung zustimmen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Herr Minister, meine Frage schließt im Prinzip nahtlos an die vorherige Frage an. Können Sie bitte noch einmal erläutern, wie die Landesregierung sicherstellt, dass gerade Neuzuwan
derer bessere Chancen zur Integration in Schule und Beruf erhalten?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von den rund 28 000 grundständigen Studienplätzen in Niedersachsen waren im Studienjahr 2006/2007 62 % - das entspricht 17 400 Studienplätzen - zulassungsbeschränkt. Das heißt: Wollen sich in diesen Studiengängen mehr Studienplatzbewerberinnen und -bewerber einschreiben, als entsprechend der Kapazitätsfestsetzung Plätze vorhanden sind, müssen die Hochschulen festlegen, welche Studienplatzbewerberinnen und -bewerber den gewünschten Platz erhalten und welche nicht.
In bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen wie dem Studiengang Medizin entscheidet über die Zulassung nach der Abiturbestenquote und der Wartezeitquote die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen, die ZVS. Die Auswahl kann dabei nur anhand verbindlicher und nachvollziehbarer Kriterien vorgenommen werden, um das in Artikel 12 Abs. 1 des Grundgesetzes verankerte Recht, die Ausbildungsstätte frei wählen zu können, gewährleisten zu können. Daher bedarf das Hochschulauswahlverfahren landesgesetzlicher Regelungen bzw. bedarf das von der ZVS durchgeführte Auswahlverfahren der landesrechtlichen Umsetzung des Staatsvertrages der Länder über die Vergabe von Studienplätzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im vorliegenden Gesetzentwurf wird in Artikel 1 der von den Ministerpräsidenten am 22. Juni 2006 unterzeichnete neue ZVS-Staatsvertrag landesrechtlich umgesetzt. Durch Artikel 2 werden notwendige Änderungen des Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetzes vorgenommen. Es handelt sich dabei weitgehend um redaktionelle Anpassungen. Des Weiteren werden Regelungsbedarfe, die durch den Wegfall von Regelungen im Staatsvertrag entstehen, durch entsprechende Regelungen im Niedersächsischen Hochschulzulassungsgesetz ausgefüllt. Dies gilt insbesondere für die Kapazitätsfeststellung und die Kapazitätsfestsetzung in Studiengängen mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen.
Zu den Änderungen im Einzelnen.
Artikel 1 des neuen ZVS-Staatsvertrages sieht im Wesentlichen folgende Änderungen des derzeit noch gültigen ZVS-Staatsvertrages vor:
Erstens wird eine redaktionelle Anpassung der Vorschriften des Staatsvertrages an das Siebte
Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vorgenommen, wonach die hochschuleigene Auswahlquote in Studiengängen mit bundesweiten Zulassungsbeschränkungen zum Wintersemester 2005/2006 von 24 % auf 60 % erhöht wurde.
Zweitens wird die ZVS ermächtigt, gegen Kostenerstattung durch die Hochschulen sonstige hochschulorientierte Dienstleistungsaufgaben für die Hochschulen erbringen zu können.
Drittens kommt es zu einer Streichung der Vorschriften zur Ermittlung der Kapazität von Studiengängen mit lokalen Zulassungsbeschränkungen.
Viertens wird die Pauschalabgeltung der Sitzlandkosten für die ZVS geregelt.
In Artikel 2 wird das Niedersächsische Hochschulzulassungsgesetz redaktionell angepasst, und notwendige weitere Änderungen werden vorgenommen:
Erstens. Querverweise auf den Staatsvertrag werden aktualisiert. In § 8 wird die Verweisung auf das Hochschulrahmengesetz, das voraussichtlich zum 1. Juli 2008 vom Bund aufgehobenen wird, durch die Verweisung auf den Staatsvertrag ersetzt.
Zweitens. Die Auswahlkriterien im Hinblick auf die Ausländerquote werden in § 5 geregelt, da der neue ZVS-Staatsvertrag insoweit keine Regelungen mehr enthält. Den Hochschulen wird hier erstmals eine Auswahlmöglichkeit im Rahmen dieser Quote eingeräumt. Die Studienplätze, die nach dieser Quote vergeben werden, können somit entweder nur nach der Durchschnittsnote der Zugangsberechtigung oder nach einer Kombination der Note mit mindestens einem weiteren Auswahlkriterium wie z. B. Motivation, Praktikum, Berufserfahrung, Ergebnis eines Tests oder eines Auswahlgespräches vergeben werden. Der bislang im ZVS-Staatsvertrag aufgeführte Katalog der berücksichtigungsfähigen besonderen Umstände kann über den neuen § 5 auch weiterhin von den Hochschulen angewandt werden.
Drittens. Das Verfahren auf Zulassung zum konsekutiven Masterstudium wird an den den Zugang regelnden neuen § 18 angepasst. Danach nehmen auch die Bewerberinnen und Bewerber, die ihr Bachelorstudium nicht innerhalb der Frist zur Bewerbung für das Masterstudium abgeschlossen haben, am Verfahren auf Zulassung zum Masterstudium teil, und zwar mit einer von der Hochschule auf der Basis der bislang vorliegenden
Prüfungsleistungen ermittelten Durchschnittsnote. Hierdurch werden gegebenenfalls aus der verspäteten Ausstellung des BA-Zeugnisses resultierende zeitliche Verzögerungen beim Übergang vom Bachelor- in das Masterstudium vermieden.
Der neue Staatsvertrag enthält keine Regelungen mehr zur Kapazitätsfeststellung und Kapazitätsfestsetzung in Studiengängen mit örtlichen Zulassungsbeschränkungen. Indem in § 9 auch für diese Studiengänge auf die staatsvertragliche Regelung für Studiengänge mit bundesweiten Zulassungsbeschränkungen verwiesen wird, wird die erforderliche landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage für eine Ausführung durch Landesverordnung geschaffen. Hierdurch kann die geltende Kapazitätsverordnung auch für Studiengänge mit Orts-Numerus-clausus weiterhin Anwendung finden.
Die zwischen der Landeshochschulkonferenz und dem MWK erörterten neuen Kapazitätsfeststellungsmodelle, z. B. das CNW- bzw. CurriculaNormwert-Bandbreitenmodell, können hiermit umgesetzt werden, da die in Bezug genommene Vorschrift des Artikels 7 des Staatsvertrages hinreichend flexibel ist. Mit dem CNW-Bandbreitenmodell können bei Vorhandensein eines besonderen Studienprofils der Hochschule unter Beibehaltung der festgesetzten Studienplatzkapazität der gewählten Fächergruppe insgesamt Veränderungen beim CNW durch die Hochschule vorgenommen werden. Im Rahmen der bestehenden Kapazitätsverordnung gewinnt die Hochschule damit an Flexibilität und eine größere Differenzierungsmöglichkeit. Von dem Grundprinzip der Ermittlung von Zulassungszahlen auf der Grundlage des vorhandenen Lehrpotenzials und des unterschiedlichen Aufwands in den Studiengängen soll und kann auch im Sinne einer Qualitätssicherung mittelfristig aber nicht abgewichen werden. Dies wäre vor dem Hintergrund des Hochschulpakts und des doppelten Abiturjahrgangs geradezu fahrlässig. Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung werden notwendige Änderungen umgesetzt, die auf das Auswahlverfahren zum Wintersemester 2007/2008 Anwendung finden sollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen, ich kann nicht verstehen, dass Sie diesen Gesetzentwurf nur wegen einiger Marginalien - z. B. wegen des Inkrafttretens und auch wegen der Nichtnennung des Losverfahrens - ablehnen wollen. Ich mache aber dennoch
den Versuch, Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf der Landesregierung zu bitten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lenz, dass gerade Sie hinter meiner Funktion als Vorsitzender dieses Institutes Korrumpei und Filz vermuten, wundert mich überhaupt nicht. Das als Eingang.
Weiterhin möchte ich Folgendes dazu sagen: Ich bin seit einigen Legislaturperioden Vorsitzender des Gemeinnützigen Vereins, der das WIAD trägt ehrenamtlich. Das heißt, ich sehe die Mitglieder dieses Vereins einmal im Jahr. Von dem operativen Geschäft verstehe ich ohnehin nichts. Beim WIAD handelt es sich um ein hoch qualifiziertes Gesundheitsforschungsinstitut, das sich gerade auf solche Sachen spezialisiert hat. Ähnliche Untersuchungen gibt es schon aus den Jahren 1997 und 2000. Herr Minister Busemann hat es gerade ausgeführt.
Außerdem möchte ich der Vollständigkeit halber noch sagen: Über die Planung einer Fitnesslandkarte Niedersachsen habe ich erst nach der Kontaktaufnahme des Kultusministeriums mit dem Institut erfahren nach dem Motto: Wir machen jetzt auch etwas mit Niedersachsen. - Weiter habe ich damit überhaupt nichts zu tun.
Eines muss ich Ihnen noch sagen, verehrte Grüne: Man kann auch einmal das Internet benutzen und auf die Homepage des Institutes schauen. Dann wird man sehen, dass die Fitnesslandkarte - wie der Minister schon ausgeführt hat - aus Sponsorengeldern finanziert wird. Mit Ausschreibungen hat das aber überhaupt nichts zu tun. Das muss man einfach einmal begreifen. Es nützt überhaupt nichts, die Geschwindigkeit zu erhöhen, wenn man in die falsche Richtung läuft.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Graschtat, was lange währt, wird bekanntlich gut. Deshalb zeigt auch der Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP den richtigen Weg auf. Ihren Antrag haben wir im Mai ausreichend diskutiert. Sie haben hier nichts Neues darstellen können. Von daher gesehen braucht man sich damit überhaupt nicht zu befassen.
Wir haben in der Bundesrepublik leider das Problem, dass eine gewisse Auszehrung an jungen Wissenschaftlern zu verzeichnen ist, die, weil sie bessere Bedingungen finden, ins Ausland, in die Wirtschaft und nicht in die Grundlagenforschung oder, wenn es sich um Ärzte handelt, in die Kliniken gehen; dort ist es eklatant. Wir sprechen mittlerweile vom Ärztemangel. Mittlerweile ergreifen 50 % der Absolventen keinen ärztlichen Beruf. Das, so muss ich sagen, gibt wirklich sehr zu denken.
Die Attraktivität des wissenschaftlichen Berufes muss einfach steigen. Wir wollen unsere jungen Wissenschaftler im Lande halten und international wettbewerbsfähig bleiben oder überhaupt die Wettbewerbsfähigkeit wieder erlangen; denn die Klagen der Hochschulrektorenkonferenz sind groß, dass wir die jungen Wissenschaftler nicht in unserem Lande halten können, weil die Angebote aus dem Ausland teilweise deutlich besser sind.
Es wird schon seit vielen Jahren von verschiedenen Seiten eine Änderung des Tarifrechts gefordert, selbstverständlich auch von der Hochschulrektorenkonferenz, die den Belangen des Wissenschaftsbereiches selbstverständlich Rechnung tragen muss. Das ist eine alte Forderung, die schon viele Jahre zurückliegt. Dem muss man nun endlich Rechnung tragen.
Bei den Hochschulen und Forschungsbereichen handelt es sich nun eben nicht um klassische
Dienststellen, sondern diese wissenschaftlichen Einrichtungen befinden sich in einem ständigen Wandel; denn Forschung bringt das nun einmal mit sich. Dies muss in einem Wissenschaftstarifvertrag abgebildet werden.
Für die Hochschul- und Forschungsbereiche ist gerade im internationalen wissenschaftlichen Wettbewerb eine besondere Flexibilität im Bereich der Vergütungen erforderlich. Es gibt nun einmal Projekte, die sechs Monate dauern. Aber es gibt auch solche, die drei oder fünf Jahre dauern, und sogar solche, die 20 Jahre dauern. Es muss einfach möglich sein, darauf zu reagieren. Deshalb unterliegen diese Forschungsaufgaben gewissen aufgabenorientierten Veränderungen und benötigen daher ein adäquates Vergütungssystem.
Bedauerlicherweise führen die derzeit geltenden unflexiblen Tarifregelungen zu einer unwirtschaftlichen Nutzung der den Einrichtungen bereitgestellten Mittel. Es muss nun einmal gemeinsame Entgelt- und Manteltarifverträge für die Hochschulen, Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen geben. Nur so können die Effektivität und die Effizienz der wissenschaftlichen Einrichtungen erhöht werden. Deshalb braucht dieser Bereich ein eigenständiges Tarifwerk, welches den neuen Anforderungen an die Wissenschaft angemessen ist und angepasst werden kann. Daher ist eine bloße Übernahme des TVöD oder sogar des BAT völlig kontraproduktiv; das kommt für uns nicht in Betracht.
Ein eigenständiger Wissenschaftstarifvertrag muss folgenden drei wesentlichen Besonderheiten Rechnung tragen: erstens aufgabenorientierte Möglichkeiten zu Dauer und Gestaltung von Arbeitsverträgen sowie Arbeitszeiten, zweitens Lockerung beim Kündigungsschutz und drittens flexible Ausgestaltungsmöglichkeiten zum Nebentätigkeitsrecht. Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen benötigen zudem eigene, wissenschaftsadäquate Tarifregelungen, die einheitlich für das gesamte Personal und damit für wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Mitarbeiter Anwendung finden. Nur so können wir der funktionalen Einheit der Organisationseinrichtungen im Wissenschaftsbereich, die eben von Verwaltungseinrichtungen abweichen, und ihrem Personal gerecht werden.
Der Hochschulbereich hat ganz besondere Erfordernisse. Diesen Erfordernissen kann nur ein eigenständiger Wissenschaftstarifvertrag Rechnung
tragen. Deshalb bitten wir die Landesregierung mit unserem Entschließungsantrag, sich im Rahmen ihrer Einflussmöglichkeiten weiterhin für einen angemessenen Wissenschaftstarifvertrag einzusetzen. Ein solcher Vertrag würde letztlich den Wissenschaftsstandort Deutschland und natürlich insbesondere Niedersachsen nachhaltig fördern. Ob Einzelverträge, wie es der Marburger Bund oder die Unikliniken in Baden-Württemberg gemacht haben und die TdL - ich sage einmal: - außen vor lassen, langfristig tatsächlich erfolgreich sind, wird sich zeigen. Ich bin gespannt, zu welchem Abschluss der Finanzminister, der der Vorsitzende der TdL ist, kommen wird. Ich meine, wir sind auf dem richtigen Weg. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, Herr Albers, wir haben dieses Thema bereits im Jahre 2001 behandelt. Aber auch damals ist der Antrag einstimmig verabschiedet worden. Zur Ehrenrettung der damaligen Opposition, der CDU-Fraktion, muss ich sagen: Erst durch unsere Mitwirkung ist der Antrag ein wenig aufgebohrt worden. Der Ursprungsantrag der SPD liegt hinter der heutigen - ich sage einmal - Kompromissentschließung weit zurück. Das muss man zur Ehrenrettung einfach einmal sagen.
In Deutschland erkranken etwa 4 000 Kinder pro Jahr an Krebs und versterben leider auch daran. Davon entfällt auf Niedersachsen eine Zahl von etwa 50 Kindern, über die wir sprechen. Es ist wirklich alle Anstrengungen wert, dass wir Regelungen treffen, die dem schweren Leid dieser Kinder gerecht werden.
Es gibt übrigens eine ganze Menge Studien über dieses Thema. Eine Studie hat sich bereits 1995 mit dem Thema beschäftigt, wo Kinder mit Krebs sterben. Da ist - dies überrascht uns natürlich nicht - festgestellt worden, dass Kinder und Eltern eine häusliche Versorgung für das Kind in der Lebensendphase bevorzugen.
In erster Linie versorgen die Kinderfachkliniken mit kinderonkologischen Abteilungen die Kinder. Die Hospize, die Sie zu Recht angesprochen haben, sind eine richtige Maßnahme. „Löwenherz“ ist vom Land mit 770 000 Euro und mit Komplementärmitteln des Bundes in Höhe von 400 000 Euro gefördert worden. Es werden dort acht Plätze gefördert. Das ist ein sehr wichtiger Schritt. Es handelt sich zwar um ein Pilotprojekt. Aber wir haben natürlich die Hoffnung, dass das eine oder andere Projekt nachfolgt. Allerdings dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, dass angesichts knapper Ressourcen, die überall - nicht nur bei den Krankenkassen, sondern auch bei den Ländern und bei anderen Trägern - vorhanden sind, dieses nicht bis in extenso gemacht werden kann. Nichtsdestotrotz - ich betone dies noch einmal - ist das jede Anstrengung wert.
Bis zur Regierungsübernahme, Herr Albers, ist leider relativ wenig passiert. Zwar ist die Förderung des Kinderhospizes „Löwenherz“ ausgelobt worden. Der Runde Tisch, den Sie angesprochen haben, hat bis zur Regierungsübernahme siebenmal getagt, aber leider ohne Ergebnis. Es ist dieser Landesregierung zu verdanken, dass einige Dinge auf den Weg gebracht worden sind. So hat die Ministerin mit ihrem Schreiben vom 16. September 2003 die Bundesgesundheitsministerin darauf aufmerksam gemacht, dass die Besonderheiten der häuslichen Krankenpflege für schwerst kranke Kinder berücksichtigt werden müssen. In § 39 a SGB V und in § 71 SGB XI mussten die Dinge neu geregelt werden. Dieses hat - das will ich durchaus würdigen - die Bundesgesundheitsministerin aufgegriffen und am selben Tag - man beachte die Datumsgleichheit den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf diese Problematik aufmerksam gemacht. Das heißt, es ist leider eine ganze Menge Zeit vergangen, bevor man initiativ geworden ist. Man hätte das viel früher tun können.
Darüber hinaus haben diese Ministerin und diese Landesregierung den Runderlass vom 13. Mai 2004 mit der Überschrift „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung, Betreuung und Versorgung schwerst kranker Kinder“ auf den Weg gebracht. Auch das hätte man schon früher machen können; das muss man einfach einmal sagen.
Es ist leider viel Zeit verstrichen. Leid Tragende dabei sind die zu versorgenden schwer kranken Kinder.
Ich gehe noch weiter zurück. Im Jahre 2002 hat es eine Unterrichtung auf unsere gemeinsame Entschließung hin gegeben, in der es unter Punkt 7 hieß - ich zitiere - :
„... eine Bundesratsinitiative in die Wege zu leiten, dass im Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) eine klare Regelung zugunsten der Anspruchsberechtigung von Kindern mit Behinderungen (ganzheitliche Sichtweise) vorangetrieben wird, um die nach dem Gesetz erlassenen unzureichenden Begutachtungskriterien für schwerst kranke Kinder entsprechend spezifisch ergänzen zu können.“
Die Antwort ist leider gewesen - ich zitiere wiederum -:
„Danach erscheint eine solche Initiative wegen der in diesem Zusammenhang notwendigen Ausweitung des Pflegebegriffes oder der Festlegung besonderer Leistungsansprüche für Kinder gegenwärtig nicht mehrheitsfähig.“
Das ist die damalige Antwort. Ich muss sagen, das ist eigentlich traurig; denn ein Jahr später ging es komischerweise. Es ist leider - das betone ich nochmals - viel Zeit vergangen.
Aber ich will nicht zurückblicken, sondern nach vorne. Sie haben alle im rundblick gelesen, dass diese Verträge nun endlich auf den Weg gebracht worden sind. Das ist zu begrüßen, weil die schwerst kranken Kinder davon einen Nutzen haben werden. Die häusliche Kinderkrankenpflege ist ja von den Krankenhäusern Osnabrück und Vechta mit den Krankenkassen abgeschlossen worden. Die drei großen Ersatzkassen verweigern sich leider noch. Ich hoffe, sie schließen sich noch an. Das wäre zu begrüßen.
Des Weiteren wird in Vechta und Papenburg das Case-Management-Programm gefördert. Auch in Bad Salzdetfurth wird die Kurzzeitpflege gefördert. Das alles sind Dinge, die lobenswerterweise auf den Weg gebracht worden sind.
Ein Punkt bedeutet ganz allgemein quasi einen Rückschritt. Durch die Einführung der DRGs - ich will sie gar nicht schelten; wir haben dem ja auch zugestimmt, weil sie durchaus einige richtige Dinge enthalten - ist die stationäre Kinderschmerztherapie leider ungenügend abgebildet. Das heißt, die Honorare sind für die Krankenhäuser überhaupt nicht auskömmlich. Man muss befürchten, dass die Kinder dort nicht entsprechend versorgt werden können, weil das Geld dafür fehlt. Das ist bedauerlich. Ich hoffe, dass im Rahmen der Novellierung der DRGs dies angemessen berücksichtigt wird.
Ein weiterer Punkt bei der Versorgung im stationären Bereich ist die Abschaffung des AiP. Ich begrüße dies zwar vom Grundsatz her. Aber die Auswirkungen sind leider so, dass statt drei AiPs für eine Arztstelle nun nur ein Arzt zur Verfügung steht. Das ist zu bedauern.
Insgesamt begrüße ich, dass wir zu dem gemeinsamen Entschließungsantrag gekommen sind. Wir
müssen dabei im Auge behalten, wem wir damit nutzen und wer davon profitiert. Das sind nämlich unsere wirklich schwerst kranken Kinder. Ich meine, wir sollten alles dafür tun, dass wir auf diesem Weg weiter fortschreiten. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie beurteilen Sie die Beitragsgerechtigkeit zwischen Bürgerversicherung und Gesundheitsprämie?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie weltfremd Ihre Ablehnung der gleichzeitigen Einrichtung der Juniorprofessur und der Habilitation ist, will ich Ihnen an einem kleinen Beispiel klar machen. Ich hoffe, dass Sie mir folgen können.
- Frau Andretta, das befürchte ich schon fast. Betrachten Sie doch einfach einmal meinen Bereich, den der Medizin. Ein junger Mediziner, der sein Staatsexamen abgelegt hat und eine exzellente Promotion abgeliefert hat, wird Juniorprofessor. Jetzt macht er Lehre, hat aber noch gar keinen Facharzt. Wie geht denn das zusammen?
- Ja Menschenskind, dann ist er ja noch später dran, als wenn er habilitiert. Herr Oppermann, Sie kennen ja das ganze Prinzip gar nicht. Wie soll er das denn überhaupt machen? Das ist völliger Unsinn.
Ein junger Mediziner, der in der Wissenschaft tätig ist, hätte dann noch gar keine Erfahrung in dem Fachgebiet, auf dem er forschen soll, weil er noch gar nicht vorbereitet ist. Der normale Facharzt dauert im Schnitt mindestens sechs Jahre. Es ist doch völlig weltfremd, anzunehmen, dass das funktionieren soll. Sie müssen darüber noch einmal nachdenken. Werden Sie sich doch einmal darüber klar, was Sie eigentlich wollen! Welche Fächer betrifft das denn überhaupt? - Wir bestreiten doch überhaupt nicht, dass es Fächer gibt, in denen die Juniorprofessur sinnvoll ist. Aber es gibt eben auch Fächer, in denen sie Unsinn ist. Dazu gehört nun einmal die Medizin. Deshalb sind die Einrichtung der Juniorprofessur und die Habilitation absolut sinnvoll. Ihre kategorische Ablehnung verstehe ich überhaupt nicht. Sie macht auch gar keinen Sinn. Sie ist völlig daneben.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Finanzierbarkeit unseres Gesundheitswesens ist nicht mehr gegeben. Noch im Jahr 2003 reichten die Einnahmen der GKV nicht aus, um alle Leistungsansprüche zu finanzieren. Durch die Praxisgebühr und die durch Sie beschlossene Rationierung im Medikamentenbereich sind erst einmal Überschüsse erwirtschaftet worden. Alle hilflosen Versuche dieser Bundesregierung, mit gesetzgeberischen Maßnahmen die Kosten zu dämpfen und das System zukunftsfähig zu gestalten, sind absolut fehlgeschlagen. Die bisher ergriffenen Maßnahmen sind letzten Endes zu marginal, als dass sie unser Gesundheitswesen auch nur über ein paar Jahre hinweg stabil halten könnten.
Für das Jahr 2020 wird ein Beitrag zu den Krankenversicherungen in Höhe von etwa 20 % prognostiziert. Wir müssen also umsteuern und eine grundlegende Reform unseres Gesundheitswesens einleiten.
Dazu sind natürlich erhebliche Einschnitte erforderlich. Der Sozialexperte Professor Rürup hat am 15. Juli dieses Jahres ein weiteres Konzept der CDU zur Zukunft des Gesundheitswesens vorgestellt, nämlich die Gesundheitsprämie. Er kommt zu dem Ergebnis, dass eine einheitliche Pauschale in Höhe von 169 Euro für Erwachsene und in Höhe von 78 Euro für Kinder zu zahlen ist. Der Arbeitgeberanteil wird ausgezahlt und ist steuerpflichtig. Die Belastungsgrenze wird bei 12,5 % festgeschrieben. Die PKV bleibt erhalten.
In der Welt am Sonntag vom 24. Oktober dieses Jahres waren zum Thema Gesundheitsprämie vier Wahrheiten zu lesen: Erstens. Die Kopfpauschale ist entwaffnend ehrlich. Zweitens. Die Gesundheitsprämie ist gerecht. Drittens. Die Gesundheitsprämie ist solidarisch. Viertens. Die Gesundheitsprämie ist bezahlbar.
Weiter heißt es in dem Artikel:
„Die Gesundheitsprämie erhöht die Kosten nicht; sie finanziert sie nur intelligenter. Damit durchschneidet sie den tückischen Kreislauf, dass hohe Lohnnebenkosten zu höherer Arbeitslosigkeit und schließlich zu noch höheren Lohnnebenkosten führen.“
Ich kann an dieser Stelle nahtlos an die Zitate aus der gleichen Spiegel-Ausgabe anschließen, aus der auch Herr Schwarz zitiert hat. Dort heißt es, Herr Schwarz:
„Für Geringund Normalverdiener hingegen verändert sich unter dem Strich nur wenig, wie Rürup‘s Modellrechnungen beweisen, etwa für die viel zitierte Verkäuferin. Mit einem Bruttolohn von 1 250 Euro zahlt sie derzeit knapp 90 Euro im Monat an die gesetzliche Krankenkasse, denselben Betrag führt ihr Arbeitgeber an die Kasse ab. Nach Abzug der Aufwendungen für die Gesundheit bleibt ihr derzeit ein Bruttolohn von 1 160 Euro. Im Merkel-Modell hingegen bekommt sie wegen der Gesundheitsprämie erst einmal eine kräftige Lohnerhöhung. Der Arbeitgeber zahlt seinen Anteil von 90 Euro nicht wie bislang an die AOK, sondern überweist das Geld auf das Konto der
Verkäuferin. Deren Brutto erhöht sich somit auf 1 340 Euro. Am Ende all dieser Berechnungen liegt das Monatsbrutto der Verkäuferin nach Abzug aller Gesundheitskosten 17 Euro niedriger als heute.“
Ich zitiere weiter:
„Zwar ist der Nachwuchs nicht länger kostenlos mitversichert, wenn Papa oder Mama Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse sind, doch die für die Kinder erhobene Pro-Kopf-Prämie von 78 Euro im Monat müssen nicht die Eltern zahlen, sondern alle Steuerzahler, einschließlich jener, die selbst keine Kinder haben."
Selbst der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums hat sich gegen die von der Regierung favorisierte Bürgerversicherung und für das CDU-Modell einer Gesundheitsprämie in der Krankenversicherung ausgesprochen.
Eine Finanzierung über Pauschalen sei für den Bereich der medizinischen „Grundversorgung als zukunftsweisend anzusehen“, heißt es im Gutachten des Beirates.
Wenn man sich das eben Gesagte vor Augen führt, versteht man den Antrag der SPD überhaupt nicht mehr. Der erste Punkt ist, wie schon ausgeführt, völlig falsch. Von einer Mehrbelastung kann überhaupt keine Rede sein. Bereits heute werden etwa 40 Milliarden Euro in der GKV umverteilt. Wir ordnen die Finanzströme neu.
Den zweiten Punkt habe ich soeben widerlegt.
Beim dritten und vierten Punkt wird die Verarmung der Gesellschaft in Deutschland herbeigeredet, was jeglicher Grundlage entbehrt und völliger Unsinn ist. Der Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat nämlich nachgewiesen, dass die Prämie zu einem Beschäftigungswachstum führt, während die Bürgerversicherung Arbeitsplätze vernichtet.
Der fünfte Punkt ist wiederum sehr interessant. Beim Thema Zahnersatz muss man sich auf der
Zunge zergehen lassen, was Rot-Grün gerade beschlossen hat. Gegen den Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat die rot-grüne Koalitionsmehrheit Anfang Oktober im Deutschen Bundestag die Neuregelung bei der Finanzierung des Zahnersatzes und des Krankengeldes anstelle der ursprünglich vorgesehenen Zahnersatzpauschale von 7 Euro beschlossen. Ab dem 1. Juli 2005 müssen die gesetzlich Krankenversicherten Zahnersatz und Krankengeld in einem einkommensabhängigen Sonderbeitrag von 0,9 % ganz allein finanzieren. Für Arbeitnehmer hat dies eine Mehrbelastung von ca. 32 Euro im Monat zur Folge. Bei Rentnern wird der Sonderbeitrag zu einer Rentenkürzung führen, da die Erhöhung der Renten zum 1. Juli 2005 nicht ausreichen wird, um deren Mehrbelastung auszugleichen. Das ist unsozial, meine Damen und Herren.
Nun wollen wir uns einmal anschauen, was die SPD zu bieten hat: die Bürgerversicherung. Ich kann jetzt schon sagen: Das Beste daran ist der Name. Der Versichertenkreis wird erweitert, und auch Beamte und Selbständige werden in die GKV gedrängt. Die Entlastung ist geradezu lachhaft. Wenn alle Einwohner Mitglieder in der Bürgerversicherung werden, würde die GKV gerade um 0,2 % entlastet werden. Weiter werden alle Einkommensarten erfasst. Durch die höhere Beitragsbemessungsgrenze könnte der GKV-Höchstbetrag, selbst wenn nur der Lohn herangezogen wird, von jetzt knapp 500 Euro auf 730 Euro steigen. Das ist die Wahrheit.
Die Kosten der Arbeit und die Krankenversicherung bleiben auch bei einer Bürgerversicherung eng miteinander verkoppelt. Ein höherer Beitragssatz würde wie bisher die Kosten der Arbeit verteuern. In diesem Zusammenhang muss ich einmal daran erinnern, weil Sie es vielleicht gar nicht wissen, dass Bismarck, der 1881 die Krankenversicherung der Arbeiter mit der Kaiserlichen Botschaft ins Leben gerufen hat, den Beitrag nur deshalb prozentual an den Lohn gekoppelt hat - es gibt nur einen einzigen Grund, das muss man wissen -, weil erstmalig die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall eingeführt wurde. Das ist natürlich ein prozentualer Anteil vom Lohn, wie jeder einsehen kann. Es gibt sonst überhaupt keinen Grund dafür. Nun ist aber die Entkopplung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von der Krankenversicherung beschlossen worden. Deshalb besteht zurzeit gar
kein Grund mehr, den Beitrag prozentual an den Lohn zu koppeln.
Eine Bürgerversicherung ändert nichts am Grundproblem eines umlagefinanzierten Verfahrens. Wenn durch den medizinischen Fortschritt und die demografische Entwicklung der Beitrag im Jahr 2020 auf 20 % steigen müsste, frage ich Sie: Wer soll denn das bezahlen, und was ist daran sozial und gerecht? Das müssen Sie mir erklären.
Mit ihren Vorstellungen löst die SPD selbst in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht ein Problem.
Ganz im Gegenteil: Selbst der viel zitierte Wettbewerb findet nicht statt. Solange es nämlich einen Risikostrukturausgleich gibt, haben wir eine virtuelle Einheitskasse. Bekanntlich will aber die SPD ihre detaillierten Vorstellungen erst nach der Bundestagswahl 2006 bekannt geben.
Um den notwendigen Paradigmenwechsel herbeizuführen, gibt es deshalb nur eine Alternative: die Gesundheitsprämie.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Janssen-Kucz, wenn Sie solche Verbalinjurien gegen einen Berufsstand erheben, dann ist das eine glatte Unverschämtheit. Sie sollten sich umgehend entschuldigen.
Bei Ihnen von der SPD, muss ich Ihnen sagen, zieht sich das Feindbild Zahnarzt durch die ganze Partei.
Ich kenne das schon so lange, wie ich im Landtag bin, und das sind ja schon zehn Jahre. Es ist wie ein roter Faden. Das Unwort des Jahres ist bei Ihnen einfach „Zahnarzt“. Das ist bei Ihnen ein Brett vor dem Kopf, der nichts anderes zulässt. Sie sind an einer sachlichen Aufklärung des Sachverhaltes nicht interessiert.
- Herr Plaue, beim besten Willen, durch Gebrüll erreichen Sie beim nächsten Mal auch keinen besseren Listenplatz. Nun hören Sie doch auf!
Weshalb ist denn die Situation so, wie sie ist? RotGrün hat das im Bund zu verantworten. Seit Jahren, seit den letzten Gesundheitsreformen sind dem gesamten Stand Nullrunden verordnet worden.
Das können Sie mal nachlesen. Lesen werden Sie doch schon können. Ich meine, selbst PISA müsste Ihnen das zugestanden haben.
Es ist die Bundespolitik, die im Grunde genommen darüber steht und die den Sachverhalt so hingeschustert hat, wie er jetzt ist. Diese Verordnung der Nullrunden ist ein Bestandteil der Gesetzgebung der letzten Gesundheitsreform, seit Fischer & Co. Daran haben Sie ganz heftig mit herumgestrickt.
- Nein, die Nullrunden sind erst in der letzten Zeit. Ganz genau seit 1998 stehen sie im Gesetz. Das ist das Problem. Deshalb ist es an der Zeit für eine Kehrtwendung und einen Paradigmenwechsel in der Politik. Das Modell, das in der HerzogKommission vorgestellt worden ist, müssen wir bis spätestens 2006 umsetzen. Nur so erreichen wir, dass das System zukunftsfähig gemacht wird. Schauen Sie sich doch einmal an, wie häufig Gesetze verabschiedet werden. Das geht immer schneller. Da kommt man ja gar nicht mehr hinterher. Da wird ein solcher Murks gemacht, handwerklich schlecht.
Man muss sich das einmal vorstellen: Das letzte Gesetz hat 483 Seiten. Und wie lange hat es gehalten? - Keine fünf Monate. Es ist doch Murks, was Sie da verbrochen haben.
Dann stellen Sie sich hier hin und beanstanden die Auswirkungen eines Verfahrens, das durchaus im Rahmen der Demokratie liegt. Sie sollten das SGB V einmal lesen. § 95 b regelt den kollektiven Verzicht auf die Zulassung und wie dann zu verfahren ist. § 72 regelt die Sicherstellung der Versorgung. Natürlich sind das alles auf Rechtsgrundlagen gestützte Verfahren. Da ist doch nichts Unrechtes dabei. Jeder Einzelne agiert auf der Grundlage des Gesetzes.
- Herr Schwarz, beim besten Willen: Die Ministerin hat die Rechtsaufsicht. Das wissen Sie doch genauso wie ich. Sie kann niemanden anweisen. Sie kann die Zahnärzte nicht dazu zwingen, dieses oder jenes zu machen.
Außerdem muss ich sagen: An nicht regulierten Zähnen ist bei mir noch niemand gestorben.
Meines Erachtens müssten die Kieferorthopäden bei der Neuordnung des GKV-Systems eventuell ganz außerhalb dieses Systems gesetzt werden. So wird ein Schuh daraus.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Janssen-Kucz hat in ihrer Eingangsrede - ohne meinen Namen ausdrücklich zu nennen - von einem Frontalangriff auf die Patientenversorgung und von der Drohung einer kollektiven Rückgabe der Kassenzulassung gesprochen. Dieses weise ich entschieden zurück.
Frau Janssen-Kucz, es ist ein guter Ratschlag, dass man sich zunächst einmal informieren sollte, bevor man einen anderen Menschen, sei es ein Kollege aus dem Landtag oder irgendjemand anderes, verunglimpft.
Richtig ist, dass ich am Rande einer Pressekonferenz gefragt worden bin, ob ich mir im Hinblick auf die Kieferorthopäden vorstellen könne, dass auch die Ärzte unter Umständen ihre Kassenzulassung zurückgeben. Daraufhin habe ich gesagt: Wenn sich die Rahmenbedingungen weiter verschlechtern und die Ärzte nicht mehr ein und aus wissen,
dann könnte ich mir das sehr wohl vorstellen. Ich habe hinzugefügt: Zurzeit sehe ich dafür keinen Anlass.
Frau Janssen-Kucz, es macht überhaupt keinen Sinn, dieses Thema weiter aufzuwärmen.
Man darf jemandem nicht etwas unterstellen, was er nicht gesagt hat. Die Information kommt also an erster Stelle.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 1999 haben wir zum ersten Mal einen solchen Antrag beraten, und zwar nicht strittig, denn wir waren uns in der Sache ja eigentlich immer einig. Aber leider ist es damals nicht dazu gekommen, dass die Regierung ein Transplantati
onsausführungsgesetz vorgelegt hat, sondern es wurde lediglich das Heilkammergesetz mit der Maßgabe geändert, dass eine Lebendspendekommission eingerichtet wurde.
Organtransplantationen haben sich in den vergangenen 30 Jahren zu einem wichtigen Bestandteil der medizinischen Behandlung in Deutschland entwickelt. Nach dem im Dezember 1997 auf Bundesebene in Kraft getretenen Transplantationsgesetz sind derzeit die Deutsche Stiftung Organtransplantation mit der Koordinierung der Organspende post mortem, die Eurotransplant mit der Organverteilung und bundesweit ca. 40 Transplantationszentren mit der Organübertragung beauftragt worden.
Bereits vor In-Kraft-Treten des Transplantationsgesetzes sind in Niedersachsen durch intensive Kooperationen maßgeblicher Organisationen wie der Ärztekammer Niedersachsen, der Stiftung Organtransplantation sowie der weitere Institutionen einbindenden „Niedersächsischen Gemeinschaftsinitiative für Organspende“ beispielgebende Strukturen entstanden, die das Organspendeaufkommen im Einzugsbereich des Transplantationsprogrammes Niedersachsen/Ostwestfalen auf beeindruckende Weise gesteigert haben.
Leider reichen all diese Bemühungen nicht aus. Gegenwärtig warten in Deutschland etwa 14 000 schwer kranke Menschen, darunter etwa 10 000 Nierenpatienten, auf ein lebensrettendes Organ. Die Nachfrage nach humanen Organen wird schätzungsweise um jährlich 15 % wachsen.
Die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zur Organspende, entweder nach dem Tod oder auch zu Lebzeiten, ist im Vergleich zu den meisten anderen europäischen Ländern jedoch gering. Obwohl nach einer forsa-Umfrage mehr als 80 % der Bevölkerung die Organspende für sinnvoll halten, verfügen nur etwa 12 % der Deutschen über einen Organspendeausweis.
- Ich weiß.
Im Jahr 2003 gab es nur 1 140 Organspender. Es konnten lediglich 3 482 Organe entnommen und insgesamt nur 3 657 Transplantationen durchgeführt werden. Die Differenz - das sage ich für die, die schnell mitgerechnet haben - erklärt sich durch die Organe, die aus dem Ausland dazugekommen
sind. Die durchschnittliche Wartezeit beträgt etwa fünf Jahre. Ein Drittel der Patienten stirbt bereits auf der Warteliste.
Die Organspende ist eine verdienstvolle Tat, der als Ausdruck großherziger Solidarität mehr gesellschaftliche Anerkennung geschenkt werden sollte.
Durch Organtransplantationen können Lebensdauer und Lebensqualität vieler Schwerkranker weitgehend verbessert werden. Für diese Gemeinschaftsaufgabe muss sich auch die Politik intensiver einsetzen.
Im Vordergrund unseres Antrags stehen zwei wichtige Punkte: zum einen die Steigerung der Organgewinnung - z. B. durch Förderung der Spendenbereitschaft - und zum anderen mehr Transparenz in Gewinnung, Verteilung und Übertragung von Organen.
Mit der Einsetzung von Transplantationsfürsprechern in allen Krankenhäusern soll diese Situation verbessert werden. Bisher haben allerdings nur zwei Drittel der Krankenhäuser in Niedersachsen einen Transplantationsfürsprecher. Diese Zahl müssen wir auf 100 % bringen; denn Experten sehen das Problem nicht allein in der geringen Spendenbereitschaft der Bevölkerung, sondern auch bei den Kliniken. Nicht einmal jeder zweite potenzielle Spender wird nach Auskunft der Deutschen Stiftung Organtransplantation in den Krankenhäusern erfasst. Wären es alle, gäbe es vermutlich keinen Organmangel.
Noch ein Wort zur Lebendspende. Sie führt zu deutlich besseren Ergebnissen als die postmortale Spende, zumindest bei der Nierentransplantation. So werden die Organe seltener abgestoßen, weil die Organe keine Vorschädigungen aufweisen, wie sie etwa infolge einer Schocksituation bei Hirntod auftreten können. Hinzu kommt bei Spenden durch nahe Verwandte die besonders große immunologische Übereinstimmung. Allgemein gilt: Je kürzer die Zeitspanne zwischen der Entnahme des Organs und dem Wiedereinpflanzen ist, desto besser sind die langfristigen Ergebnisse.
Keinen objektiven Vorteil scheint dagegen die Lebendspende zu bringen, wenn es um die Lebertransplantation, besonders bei Kindern, geht. Die Eltern werden nur zur Lebendspende motiviert, wenn eine besondere Gefährdung des Kindes vor
liegt. Hier reichen die postmortal entnommenen Organe meist aus, weil die Leber eines Erwachsenen geteilt werden kann.
Bisher ist die Lebendspende nur zwischen Verwandten und Personen gestattet, die sich „in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahe stehen“. Das soll u. a. auch einem Handel mit Organen vorbeugen.
Grundsätzlich gilt aber das Subsidiaritätsprinzip, d. h. erlaubt ist eine Lebendspende nur dann, wenn zum Zeitpunkt der Transplantation kein passendes, postmortal entnommenes Organ vorliegt. Ob der Organmangel durch zusätzliche anonyme Spenden aufgefangen werden kann, ist zumindest fraglich und wirft zudem auch eine ganze Menge rechtlicher Probleme auf.
Mit dem Ausführungsgesetz würden wir mehr Rechtssicherheit schaffen. Das, meine Damen und Herren, ist das Ziel unseres Antrages. - Ich danke Ihnen.
Herr Minister, ich habe das Gefühl, dass Ihnen einige bei Ihren Antworten nicht zuhören.
Könnten Sie vielleicht noch einmal - besonders für die Fraktion der Grünen, die übrigens damals durch vorzeitige Pressekampagnen einen erheblichen Anteil am Misslingen der Berufungsverhandlungen hatte - darlegen, welche Chancen und welchen Nutzen Sie bei einer Nutzung der Räumlichkeiten und der Einrichtungen im INI sehen?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemäß einer Verlautbarung des Robert-Koch-Institutes sieht dieses angesichts der epidemologischen Entwicklung der HIV-Infektionen und der Krankheit Aids Anlass zur Sorge, und zwar
obwohl man weiß, dass diese Zahlen in den letzten Jahren stagnieren. Wir hatten im Jahr 2003 etwa 1 700 Neuinfektionen, 2002 waren es 2 000 Neuinfektionen. Auch die Zahlen der Vorjahre bewegen sich in diesem Bereich.
Alarmierend ist aber - deshalb sind wir darüber auch so betroffen - die Bewusstseinslage in der Bevölkerung für diese Infektion. Seit 1987 werden halbjährlich Umfragen gestartet, um zu klären, wie das Bewusstsein in der Bevölkerung ist und wie die Bevölkerung damit umgeht. Das sind Zahlen, die relativ erschreckend sind, weil man vor allen Dingen in den letzten Jahren merkt, dass diese Krankheit doch sehr verharmlost wird. Sie ist jedenfalls vor allem bei jüngeren Menschen nicht mehr so stark im Bewusstsein. Das sieht man auch an gewissen Indices, z. B. der rückläufigen Zahl der verbrauchten Kondome, die in etwa um 9 % zurückgegangen ist. Man muss also alles unternehmen, um diese Bewusstseinslage wieder zu verändern.
Sie alle wissen - ich nehme an, ich renne da offene Türen ein -, dass diese Erkrankung eine besondere ist, dass der Erreger nicht vergleichbar mit einem Grippevirus oder Ähnlichem ist. Dieses Virus befällt eine bestimmte Zellart, die so genannten T-Helferzellen in unserem Blut. Sie macht etwas, das keine andere Virusinfektion macht. Das Virus schreibt die genetische Information in dieser Zelle in die eigene, die virusgenetische Information um. Das heißt, die Viren zerstören alle diese Zellen. Damit ist unser Immunsystem im Grunde genommen lahm gelegt. Das ist auch das Tückische an dieser Krankheit. An dieser Krankheit selbst stirbt ja niemand, sondern an den Infekten, die der Körper nicht mehr auffangen, denen er nicht mehr begegnen kann. Er kann keine Antikörper mehr gegen solche Infektionen bilden. Daran versterben leider diese Menschen.
Die Übertragungswege sind Ihnen natürlich bekannt. Das sind in erster Linie Blut, Sperma und Scheidensekret. Das sind die drei Punkte, bei denen es absolut nachgewiesen worden ist. Wenn ich noch einmal die Zahl herbeiführen darf. 1984 sind in Deutschland die ersten HIV-Infektionen gemeldet worden. Wir haben seit dieser Zeit 65 000 Infizierte, und bei etwa 27 000 ist die Krankheit Aids ausgebrochen.
Zurzeit haben wir etwa 45 000 Infizierte. In der Therapie haben wir keine allzu großen Erfolge. Bei vielen wird es zu einer gewissen chronischen
Krankheit. Bei der Inkubation, d. h. bis zum Ausbrechen dieser Erkrankung, bis zum ersten Nachweis, haben wir bis zu drei Monate, bis die HIVInfektion über den Antikörper nachweisbar ist. Die Aids-Erkrankung kann danach, nach sechs Monaten oder sogar 15 Jahren, ausbrechen, d. h. es prolongiert sich doch sehr weit nach hinten. Aber deshalb ist die Krankheit nicht ungefährlicher.
Die Prognose bei dieser Krankheit ist: Die HIVInfektion führt zu Aids, und Aids, also die Krankheit, führt zum Tode, selbst wenn therapeutische Versuche, die Krankheit so weit prolongieren, dass sie fast zu einem chronischen Leiden werden kann. Das kann also durchaus lange sein, hängt aber von vielen Umständen ab. Es gibt keinen eindeutigen Therapieweg. Seit 1984 haben wir in Deutschland immerhin 22 000 Tote zu beklagen. Von daher gesehen ist es wirklich den Schweiß der Edlen wert, dass wir uns vermehrt darum kümmern.
Ich bin ausgesprochen froh darüber, dass wir im Ausschuss eine gemeinsam getragene Beschlussempfehlung hinbekommen haben, obwohl wir uns - das gebe ich gerne zu - auf einen gewissen minimalen Konsens haben verständigen können. Das ist so auch in Ordnung. Wir haben aber von den früheren Regierungsfraktionen die desolate Haushaltslage übernommen. Wir können den Hahn leider nicht aufdrehen. Wir können keine Euros drucken. Von daher gesehen müssen wir im Rahmen des Möglichen mit solch einem appellatorischen Wortlaut, wie er in der Beschlussempfehlung vorliegt, diejenigen, die sich schon jetzt um Aufklärung bemühen, in ihrem Bestreben noch verstärken, indem wir sie ermuntern, alles dafür zu tun, dass junge Menschen Vorsichtsmaßnahmen nicht vernachlässigen, um einer Infektion zu entgehen.
Korrekterweise hätten wir natürlich bei dem Präventionsgedanken von Prävention gegen HIV sprechen müssen und nicht gegen Aids; denn wer infiziert ist, bekommt ja auch irgendwann einmal Aids. So gesehen ist das eine gewisse Unschärfe. Im Sprachgebrauch draußen ist es aber durchaus so, dass man nur von Aids und weniger von HIV spricht.
Nichtsdestotrotz geht dieser Antrag alle an; denn wir alle sind aufgefordert, in unserem Umfeld, in den Bereichen, in denen wir unsere Wirkungsstätten haben, alle noch einmal darauf anzusprechen, damit tatsächlich das Bewusstsein wieder verstärkt wird und die Neuinfektionsrate möglichst sinkt. Wir
sollten uns nicht nur vor Auslandsreisen in gefährdete Gebiete daran erinnern, sondern ganz bewusst hier und heute in unserem Land. Ich meine, wir sollten alles unternehmen, damit wir für unsere jungen Menschen diese Infektionsrate möglichst niedrig halten; denn derjenige, der infiziert ist, kann diese Infektion auch jederzeit weitergeben. Deshalb sollte man alles tun, um das zu verhindern. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ersten historisch erwähnten Bleivergiftungen stammen sogar schon aus der Römerzeit. Damals wurde das Blei als ein Material entdeckt, das gut zu verarbeiten und zu erhitzen war. Durch das Einatmen von Bleidämpfen kam es zu den ersten Bleivergiftungen. Auch Beethoven sagt man eine Bleivergiftung nach. Nach neuesten Erkenntnissen wurde in seinem Haar eine gegenüber dem Normalwert etwa hundertfache Erhöhung der Bleikonzentration festgestellt.
Lassen Sie mich noch einige gesundheitspolitische Ausführungen machen; ich nehme an, die erwarten Sie auch von mir. Zur Sachlage: In der normalen Atemluft liegt die Bleikonzentration bei etwa 1 Mikrogramm pro Kubikmeter. In der festen Nahrung - man höre und staune - hingegen liegen die Konzentrationen zwischen 200 und 300 Mikrogramm pro Deziliter und im Trinkwasser durchschnittlich unter 20 Mikrogramm. Herr Harden, es sind keine Milligramm - das wäre das Tausendfache -, sondern es sind Mikrogramm. Darauf muss man in der Terminologie achten, sonst kommt tatsächlich alles durcheinander.
Bei beruflichen Expositionen sind heutzutage im Zusammenhang mit Arbeitsschutzmaßnahmen eigentlich keine Bleivergiftungen mehr zu sehen. Kinder - darauf wurde richtigerweise hingewiesen haben natürlich ein erhöhtes Risiko gegenüber Bleiexpositionen. Zum einen liegt das natürlich an einer höheren Resorption bei Kindern, die man bis heute medizinisch noch nicht ausreichend erklären kann. Zum anderen nehmen gerade Kleinkinder kontaminierte Erde, in der die Bleibelastung häufig sehr hoch ist, in den Mund. Unter anderem ist dadurch eine höhere Bleibelastung bei Kindern zu erklären.
Gott sei Dank ist in vielen Bereichen, z. B. bei der Verwendung von Blei in Farben, die Bleiverwendung seit den 70er-Jahren deutlich zurückgegangen. Die Nutzung von Blei in Bleipigmenten ist ebenfalls nahezu ausgeschlossen. Gerade in den USA ist ein deutlicher Rückgang der Bleivergiftungen dadurch erklärbar. Die schweren Schädigungen vor allen Dingen der Leber, der Nieren und auch des zentralen Nervensystems bei einer akuten Vergiftung durch einen hohen Bleigehalt sind gar nicht so häufig, wie man glaubt. Ich hatte in meiner 30-jährigen ärztlichen Tätigkeit bisher nicht einen einzigen Fall von Bleivergiftung. Ich will das Problem damit aber nicht herunterspielen, sondern nur sagen: Gott sei Dank kommen Bleivergiftungen heute selten vor.
Das aufgenommene Blei wird tatsächlich nur bis zu etwa 10 % resorbiert, also vom Körper aufgenommen. Nicht die jeweilige aufgenommene Menge, sondern das tatsächlich resorbierte Blei ist entscheidend. Merkwürdigerweise haben gerade Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren eine weitaus höhere Resorptionsrate; sie liegt zwischen 40 und 50 %. Warum das so ist, ist bis heute nicht klar.
Eine Krebs erzeugende Wirkung von Blei ist bis heute in epidemologischen Studien nicht nachgewiesen worden. - So weit meine gesundheitlichen Anmerkungen.
Nun zu den Bleirohren, mit denen wir uns jetzt ausschließlich zu beschäftigen haben. Destilliertes und luftfreies Wasser greift Blei in den Rohren überhaupt nicht an. Dagegen wird Blei natürlich in Gegenwart von Sauerstoff langsam in Bleiverbindungen überführt. Hier geht es im Wesentlichen um die Verbindungen mit Kalzium und mit Sulfat. Die Einwirkung von Luft und Wasser ist deshalb von Bedeutung, weil natürlich gerade in den älteren Häusern häufig Bleirohre in den Zuleitungen verwandt wurden. Dort ist durch Sanierungsarbeiten und dergleichen mehr, bei denen das Blei noch einmal bewegt oder abgeschnitten worden ist, eine neue Welle von erhöhtem Bleigehalt im Trinkwasser an der Entnahmestelle zu verzeichnen. Die eigentliche Schwierigkeit besteht immer darin, dass eine einmal erfolgte Auskleidung dieser Rohre kaum noch lösbar ist. Es kann allerhöchstens sein, dass dieses Blei wieder gelöst wird. Das ist aber nur dann der Fall, wenn z. B. Kohlensäure in dieses Trinkwasser gelangt, was in Deutschland nur selten bzw. gar nicht vorkommt. Kohlensäure ist also nur eine hypothetische Annahme.
Die Weltgesundheitsorganisation hat sich einmal mit einer duldbaren wöchentlichen Aufnahme von Blei beschäftigt und für Erwachsene und Kinder einen Wert von 0,025 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Woche ermittelt. Ein solcher Wert hört sich ganz toll an, er ist aber weitaus höher als der Wert, den die EU jetzt fordert. Rechnet man diesen Wert um auf einen Erwachsenen mit einem Gewicht von 70 Kilogramm, wären das 0,25 Milligramm pro Tag. Das ist ein riesiger Wert, den wir heute nicht mehr wollen. Deshalb ist die Anpassung an die EU-Richtlinien eine sinnvolle Maßnahme.
Wir wollen erreichen, dass die Sanierung in den nächsten zehn Jahren durchgeführt wird. Wie es in der Beschlussempfehlung steht, sollen vor allen Dingen die örtlichen Handwerksbetriebe, natürlich in Verbindung mit den Kommunen und den Hausbesitzern, die Informationen sammeln und die Bleirohre in dieser Zeit beseitigen. Auf Landesebene bilden wir eine Arbeitsgemeinschaft Bleisanierung, und die Öffentlichkeit wird natürlich über die Notwendigkeit informiert werden. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben spielt selbstverständlich das Landesgesundheitsamt eine wichtige Rolle. Diese
Maßnahmen sind einvernehmlich im Ausschuss besprochen und verabschiedet worden. Da sind wir auf einem guten Weg. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Debatte merke ich nun sehr gut, dass die Gesundheitspolitik doch wohl ein etwas schweres Brot ist für diejenigen, die daran sehr
lange zu kauen haben und es auch immer wiederkäuen, aber es nicht verstanden haben, worum es eigentlich geht. Ihnen muss doch mittlerweile klar geworden sein, dass dieses System, so wie es jetzt besteht, im Sachleistungsbereich nicht mehr finanzierbar ist. Das ist doch etwas, was klar ist. Welche Antwort haben Sie gehabt? - Vier Gesetze, seit Sie in Berlin regieren. Das Letzte ist das Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz mit 483 Seiten. Das modernste daran ist der Name und nichts anderes. Welche Antwort haben Sie denn darauf? - Gar keine! Das ist doch ein Problem, dem Sie überhaupt nicht gerecht werden können.
Das Problem ist, dass wir zwei Dinge nicht beeinflussen können, und zwar den medizinischen Fortschritt und die Demografie. Wenn Sie sagen, dass man die demografische Entwicklung kennt, kann ich sagen, dass Sie es gar nicht verstanden haben. Denn es gibt einen riesigen Bauch der Älterwerdenden, die jetzt um die 40 sind, die dann zu Empfängern werden. Dann ist das System endgültig nicht mehr finanzierbar.
Die gesetzliche Krankenkasse hat jetzt ein Defizit von etwa 10 Milliarden Euro aufgehäuft. Dieses Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz soll ungefähr 20 bis 23 Milliarden Euro umschichten. Das heißt, im nächsten Jahr haben wir in etwa ein ähnliches Defizit - das ist schon aufgebraucht. Fünf Jahre soll das Gesetz halten. Das ist doch geradezu ein Witz.
Ja, bitte schön!
Ja, selbstverständlich. Das ist die alte Retourkutsche, d. h. die negativen Dinge haben wir in der Opposition gemacht und die guten Sie. Das kenne
ich schon aus Lahnstein I, das ist also eine alte Kiste. Das ist auch keine Antwort darauf.
Mit Ihrem System der Bürgerversicherung machen Sie nichts weiter, als dieses System fortzuschreiben. Wenn Sie alle Beamten und Selbständigen einbeziehen, dann wird die Krankenversicherung das haben die Versicherungsmathematiker ausgerechnet - um 0,1 % billiger werden können. 0,1 % - das ist doch keine Antwort auf die Probleme des heutigen Systems!
Wir müssen endlich einen Paradigmenwechsel in der Gesundheitspolitik vornehmen. Das erreichen wir nur, wenn tatsächlich ein Systemwechsel erfolgt. Die Fortschreibung dieses System zeigt, dass Sie keine Antwort haben und zeigt damit auch, dass Sie die ewig Gestrigen sind.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Notwendigkeit der Neufassung dieses Kammergesetzes hat die Ministerin ausführlich Stellung genommen. Daher möchte ich nur auf einzelne Punkte eingehen. 1996 haben wir das
Kammergesetz beraten und ohne große Diskussion einstimmig verabschiedet. Mittlerweile hat sich die Lage geändert. Wir müssen nicht nur eine Anpassung an die EU-Norm, sondern sicherlich auch an das verabschiedete GesundheitssystemModernisierungsgesetz vornehmen. Das heißt in aller Deutlichkeit, dass wir bereit sein werden, noch einmal über einige Punkte nachzudenken. Das hat aber mit der jetzt anstehenden Verabschiedung der Gesetzesvorlage nichts zu tun. Wir werden also den Gesetzentwurf so, wie er Ihnen zur Beschlussfassung vorgelegt worden ist, verabschieden.
1996 - daran darf ich noch einmal erinnern - sind wir im Ausschuss den Beschlüssen des Deutschen Ärztetages gefolgt. Der 106. Deutsche Ärztetag, der in diesem Jahr stattgefunden hat, hat die Bezeichnung „Facharzt“ oder „Fachärztin für Innere und Allgemeinmedizin“ zur einzigen künftigen Berufsbezeichnung bestimmt. Diesem Ansinnen des Deutschen Ärztetages ist die Bundesregierung nicht gefolgt. Vielmehr hat sie im Zusammenhang mit der Notifizierung gegenüber der EU für die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin als Einziges die Bezeichnung „Facharzt“ oder „Fachärztin für Allgemeinmedizin“ genannt.
Im Hinblick darauf, dass die Bundesregierung die Möglichkeit eingeräumt hat, Körperschaften öffentlichen Rechts zu gründen, und ihnen einen gewissen Gestaltungsrahmen vorgibt, ist die Frage zu stellen, inwieweit die Bundesregierung das Selbstverwaltungsrecht der Kammern achtet, wenn sie diesem Beschluss nicht folgt. Das hat die Bundesregierung getan, indem sie von dem Beschluss erheblich abgewichen ist.
Was die Tierärzte angeht, so haben wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt ganz bewusst darauf verzichtet, auch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Rechtsform einer niedergelassenen Praxis mit aufzunehmen; denn wir wollten derzeit - das betone ich noch einmal - in Bezug auf die Regelung keine Differenzierung vornehmen. Grund dafür ist, dass das GMG eine Regelung zu den Gesundheitszentren enthält. Diese müssen auch in GmbH-Form geführt werden können. Das heißt, wir werden dieses Thema zwangsläufig noch einmal auf der Tagesordnung haben und darüber debattieren.
Interessant ist, dass immer darauf hingewiesen wird, diese Rechtsform gebe es bereits in anderen Ländergesetzen. Das ist nicht richtig. Richtig ist
vielmehr, dass in anderen Ländern eine GmbH, sofern sie auftritt, toleriert wird. Aber in den Ländergesetzen steht dies nicht drin. In Bayern ist es sogar ausdrücklich verboten.
Auch ist interessant, was 1996 die Berichterstatterin Frau Elsner-Solar hier darlegte. Sie hat damals für die SPD Folgendes ausgeführt:
„Zudem soll ausgeschlossen werden, dass Angehörige der Heilberufe eine Praxis z. B. durch eine juristische Person betreiben. So soll es etwa ausgeschlossen sein, eine Arztpraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu führen.“
Damals war man also strikt dagegen. Heute ist zwar eine andere Situation eingetreten. Gleichwohl ist ein deutlicher Sinneswandel zu verzeichnen.
Die Verkleinerung der Kammerversammlung ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Diese Änderung ist auf Wunsch der Ärztekammer vorgenommen worden. Die Arbeitsfähigkeit wird dadurch ebenso sichergestellt wie die Effizienz. Am Rande sei noch erwähnt, dass es etwas kostengünstiger ist. Das schadet ja auch nichts.
Für große Unruhe hat die Wahlordnung gesorgt. Der Minderheitenschutz sollte gewahrt bleiben. Ich darf daran erinnern, dass wir 1996 - das war die Regierungszeit der SPD - das Verfahren nach Hare-Niemeyer eingeführt haben. Das ist auf ausdrücklichen Wunsch der Grünen hin geschehen, war aber auch ein Anliegen der SPD.
Was die Pluralität angeht, so möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir bundesweit mittlerweile 42 Facharztgruppen haben. Es gibt etwa 200 Nuklearmediziner, 10 % davon, also 20, in Niedersachsen. Wenn wir jede einzelne Berufsgruppe abbilden wollten, dann hätten wir allein dadurch 42 Mitglieder. Insofern muss man schon einmal darüber nachdenken, ob durch einen solchen Minderheitenschutz tatsächlich das erreicht wird, was eigentlich gewollt ist, nämlich dass Gruppen, die sonst überhaupt nicht zum Zuge kommen, weil sie keine anderen Listenverbindungen eingehen können, tatsächlich repräsentativ vertreten werden.
Darüber hinaus besteht in Bezug auf die Wahlkreise die Möglichkeit, in nur einem Wahlkreis zu wählen; das sieht das Gesetz ausdrücklich vor, indem es sagt: Gewählt wird in einem oder mehreren Wahlkreisen. - Zumindest die Öffnung als solche
ist also da. Allerdings ist ein entsprechender Beschluss der Kammerversammlung dafür notwendig.
Bei der Festlegung auf nur einen Wahlkreis - dies sei noch angemerkt - würde die Zahl möglicher Überhangmandate beschränkt werden. Das ist mit ein wesentlicher Grund dafür, dass wir dies im Moment nicht direkt im Gesetz vorschreiben wollen.
Wir werden dieses Kammergesetz heute verabschieden. Aber ich sage für die CDU-Fraktion - wahrscheinlich auch für die FDP-Fraktion - sehr deutlich: Wir sind durchaus bereit, eine Anpassung an das GMG vorzunehmen und über notwendige Änderungen nachzudenken. Wir sind also bereit, über Anträge im Sozialausschuss sachlich zu beraten. Dann werden wir zu einem vernünftigen Ergebnis kommen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben im Jahr 2001 schon relativ ausführlich, fast in Form von Grundsatzerklärungen, über dieses Thema diskutiert. Es würde sich durchaus lohnen, diese Reden einmal nachzulesen.
Wir haben in den letzten Jahren den hohen Wert des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Bewältigung von Krisensituationen kennen gelernt. Ich habe bei den Anträgen immer den Eindruck gehabt, als ob er heutzutage nicht mehr funktionieren würde. Aber er funktioniert gerade bei der Organisation der Vorbereitung zur Abwehr bioterroristischer Attacken - ich denke dabei an diese Panikmeldungen über Milzbrand und Pocken - sowie bei den Maßnahmen zur Ausbruchvermeidung der neuen Infektionskrankheit SARS oder bei dem Management von umweltbedingten Gefahrensituationen, wie bei Unfällen von Gefahrguttransporten auf Straße oder Schiene, oder bei der Untersuchung von tatsächlichen oder vermeintlichen Krebshäufungen.
Neben diesen Feuerwehrfunktionen im Dienste der Gesundheit arbeitet der Öffentliche Gesundheitsdienst jedoch auf vielen weiteren Feldern, die wir im täglichen Leben oft gar nicht wahrnehmen. Wenn wir Wasser aus der Wasserleitung trinken, bedenken wir nicht, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst durch seine regelmäßigen Kontrollen dafür sorgt, das dies hygienisch unbedenklich ist. Wenn wir in Binnenseen, Flüssen oder sogar im Meer baden, garantiert der Öffentliche Gesundheitsdienst durch regelmäßige Untersuchungen die Unbedenklichkeit dieser Badestellen.
In vielen umweltmedizinischen und sozialpolitischen Fragen arbeitet der Öffentliche Gesundheitsdienst präventiv so erfolgreich, dass die Probleme häufig bereits im Vorfeld gelöst werden können. So werden vor allem im Rahmen der Präventivund Sozialmedizin Angebote gemacht, die speziell auf Randgruppen zugeschnitten sind.
Das heißt, neben dem notwendigen akuten Eingreifen bei einer gesundheitlichen Notsituation der Bevölkerung arbeitet der Öffentliche Gesundheits
dienst in Niedersachsen auf vielen anderen Feldern des Gesundheitsschutzes. Aber - das ist auch schon mehrfach gesagt worden - er arbeitet auf einer gesetzlichen Grundlage, die noch aus den 30erJahren stammt, also aus dem Beginn der Nazizeit, die aber natürlich inzwischen durch viele andere Gesetze verändert und ergänzt worden ist.
In den 70er-, 80er- und 90er-Jahren, zuletzt in der Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün, war dieses Ziel schon abgesteckt, der Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes eine zeitgemäße und funktionelle gesetzliche Grundlage zu geben; aber die Versuche der einzelnen Landesregierungen sind gescheitert.
Dies soll nun mit dem neuen Gesetz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Niedersachsen endlich erreicht werden. Ich meine, darüber ist Konsens vorhanden. Das haben wir auch schon im Jahr 2001 im Ausschuss einvernehmlich erklärt.
Den niedersächsischen Kommunen sollen mit diesem Gesetz keine neuen finanziellen Bürden aufgeladen werden. Aber das, was in den letzten Jahren trotz vieler widriger Umstände im Öffentlichen Gesundheitsdienst erreicht wurde, darf natürlich auch nicht zunichte gemacht werden, vor allem dann, wenn es langfristig hohen gesundheitspolitischen Wert und auch gesundheitlich-ökonomischen Nutzen hat.
Natürlich. - Ich darf Ihnen ein Beispiel hierfür anführen. Die Gesundheitsberichterstattung ist die wesentliche Grundlage für die Festlegung von Gesundheitszielen sowie für deren Evaluation. Das ist das besonders Wichtige. Wir alle wollen klare und erreichbare Gesundheitsziele, damit die knappen Mittel dort gezielt eingesetzt werden können, wo sie am dringendsten benötigt werden. Eine Gesundheitsberichterstattung ist aber mehr als eine Datensammlung durch das Statistische Landesamt. Sie kann nur durch eine konsequente Erfassung der Daten bestimmter Altersgruppen, z. B. auch aus dem Sozialbereich, erfolgreich sein.
Die Schuleingangsuntersuchungen, die in der Mehrzahl der Städte und Landkreise in Niedersachsen noch immer durchgeführt werden, sind eine optimale Erfassung des Gesundheitszustandes einer wichtigen Bevölkerungsgruppe, nämlich unserer Kinder, die gleich zwei Vorteile hat, wie die Veröffentlichung des ersten Kinder- und Jugendgesundheitsberichtes in Niedersachsen im vergangenen Jahr gezeigt hat.
Zum einen: Die kleinräumigen Erfassungen lassen kleinräumige Aussagen über den Gesundheitszustand der Kinder zu, z. B. über den erhöhten Bedarf an Sprachförderung in Stadtteilen mit Migrantenkindern. Die hierbei durchgeführten Erhebungen kommen insbesondere sozial Schwachen und deren Kindern zugute, da diese die seitens der Krankenkassen angebotenen Maßnahmen in erhöhtem Maße nicht wahrnehmen bzw. öffentlicher Förderung bedürfen.
Zum anderen können durch die individuelle Beratung der Schulanfänger auch individuelle Probleme erkannt und angegangen werden. Dies bedeutet, dass diese Beratung gerade im Hinblick auf die Schulfähigkeit der Kinder einen hohen Stellenwert hat.
Ohne gute und valide Daten von der Kommunalebene können daher durch die kommunalen Politiker weder gezielte Maßnahmen ökonomisch sinnvoll durchgeführt werden noch kann deren Erfolg bewertet werden. Ohne gute und valide Daten von der Kommunalebene kann es aber auch keine validen Daten auf der Landesebene und keine daraus abzuleitenden Optionen hinsichtlich von Förderschwerpunkten durch das Land geben.
Wesentlich bei der Diskussion über die Gesundheitsberichterstattung ist, dass es bereits ein funktionierendes System der Gesundheitsberichterstattung sowohl auf Landesebene als auch auf kommunaler Ebene gibt. Die Aufrechterhaltung dieses Systems muss keine zusätzlichen Kosten verursachen. Es ermöglicht langfristig sogar Einsparungen, da es politische Entscheidungen fördert, die auf validen Daten beruhen. Vorhandene Mittel können effizienter eingesetzt werden. Neue Schwerpunktsetzungen von Zuwendungen werden durch sie erst ermöglicht.