Protokoll der Sitzung vom 23.06.2004

(Karl-Heinz Klare [CDU) : Welche denn?)

Insofern ist es gut, dass, so wie mir heute mitgeteilt worden ist, die Landeseinrichtungen dabei sind, sich derzeit eigenständig auf einen Vertrag zu einigen, den sie mit dem Ministerium abschließen wollen und in dem die Mittelzuweisung an die einzelnen Einrichtungen für einen längeren Zeitraum prozentual festgelegt wird. Das finde ich gut. Damit würde dem Rennen nach Unterrichtsstunden Einhalt geboten, und die Qualität der Bildung würde wieder im Mittelpunkt stehen. Wenn das erreicht werden kann, ist das ein gutes Beispiel, dem auch die Heimvolkshochschulen und die Volkshochschulen folgen sollten. Entsprechend müssten Sie in den Gesetzentwurf auch eine so genannte Vertragsoption hineinnehmen.

Nun zu der Regelung für die kommunalen Einrichtungen. Die Finanzhilfen direkt an die Träger der Volkshochschulen zu geben - das kann man machen. Doch es gibt da ein Problem, und das müssen Sie sehen. Mit der derzeit geltenden Zuweisung der Mittel - z. B. auch durch den Sockelbetrag - an die Kreise bzw. kreisfreien Städte unabhängig von der Zahl der vorhandenen Volkshochschulen haben wir einen Fusionsdruck in den Bereichen erzeugt, die mehrere kommunale Einrichtungen vorhalten. Dies hat zu stärkerem Zusammenarbeiten, auch zu tatsächlichen Fusionen geführt. Das darf nicht in Frage gestellt werden. Doch mit der vorgesehenen Regelung, so wie sie im Augenblick vorliegt, geht das nicht. Sie geben das

auf. Es ist also eine Regelung einzubauen, durch die vermieden wird, dass Landkreise, die mehrere kommunale Einrichtungen vorhalten, wieder - wie vor 1999 - finanzielle Vorteile gegenüber jenen haben, die nur eine zentrale Einrichtung vorhalten. Den Zwang zur Kooperation und zur Fusion müssen wir aufrechterhalten.

Die Förderung des ländlichen Raumes ist auch der SPD-Fraktion ein Anliegen. Doch bei Ihren Regelungen geht es sehr pauschal zu, und die unterschiedlichen Bedingungen im Lande werden nicht berücksichtigt. Wir unterstützen den ursprünglichen Vorschlag der FDP, Modellprogramme beispielsweise mit örtlich spezifischen Ausrichtungen zu entwickeln. Das erscheint uns für die Lösung der Probleme im ländlichen Raum sinnvoller.

Der Katalog der besonders zu fördernden Maßnahmen wird von Ihnen von fünf auf elf umfangreiche Themenbereiche erweitert. Das halten wir, obwohl die Themen sicherlich interessant sind, für eine Verwässerung des Katalogs. Denn die traditionellen Bereiche wie z. B. die politische Bildung oder der zweite Bildungsweg werden gefährdet, weil sie nur noch ein kleiner Bereich der besonders zu fördernden Bildungsmaßnahmen sind. Durch diese grenzenlose Erweiterung des Katalogs wird dieser Katalog absurd.

Meine Damen und Herren, zum Schluss: Wir als SPD-Landtagsfraktion werden nur dann an einer gemeinsamen Novellierung des Gesetzes mitwirken, wenn bei den von mir genannten Regelungspunkten Einigkeit entwickelt werden kann. Zum Kompromiss sind wir allemal bereit. Auch muss gesichert werden, dass es keine tiefgreifenden finanziellen Kürzungen bei der Erwachsenenbildung gibt. Das sind unsere Bedingungen für einen Kompromiss. Wenn wir uns da einigen, ist es gut für die Erwachsenenbildung. Machen Sie da mit!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Dr. Zielke das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Leben verändert sich schneller denn je. Immer neue Herausforderungen an unser Wissen und an unsere soziale Orientierung treten an uns heran,

vom Internet bis zur Migration, vom Umgang mit DVD bis zu den Auswirkungen der Osterweiterung. Zugleich müssen wir konstatieren, dass viele wertvolle Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht mehr so in Familien von Generation zu Generation weitergegeben werden können, wie das noch vor wenigen Jahrzehnten selbstverständlich der Fall war.

Deshalb wird die Erwachsenenbildung sowohl im Sinne eines lebenslangen Lernens als auch im Sinne von Elternund Familienbildung immer wichtiger. Sie ist nicht als Konkurrenz zu Schulen oder Hochschulen zu verstehen, sondern es geht um Angebote der Vermittlung von Wissen und Kulturtechniken, die die Menschen dort abholen, wo sie stehen.

Besonders in Zeiten knapper Kassen ist es wichtig - obgleich es natürlich immer so sein sollte -, dass die Mittel auch in der Erwachsenenbildung möglichst effizient eingesetzt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zunächst einmal wird mit dieser Novelle der Mittelfluss vereinfacht. Vor allem aber haben wir die Förderungsregeln im Grund- und Leistungsanteil neu gestaltet. Wettbewerb soll sich besser als bisher entfalten können; denn Bildungseinrichtungen sind für die Kunden da, sie sind nicht Selbstzweck.

Um den im Allgemeinen sehr hohen qualitativen Standard der Einrichtungen zu sichern, haben wir die Pflicht zur Fortbildung der Mitarbeiter im Gesetz fixiert.

(Beifall bei der FDP)

Die Anforderungen an die Erwachsenenbildung haben sich gewandelt. Deswegen haben wir den Themenkatalog von besonders förderungswürdiger Bildung, der bisher schon Arbeit in sozialen Brennpunkten einschließt, erweitert, z. B. im Früherziehungsbereich. Wir wollen Bildungsarbeit in Kindertagesstätten und Grundschulen mit Angeboten für Eltern, Lehrer und Erzieher besonders unterstützen.

Ebenso können jetzt alle Träger die Bildungsarbeit im ländlichen Raum zu gleichen Bedingungen anbieten, was im Ergebnis zu einer Stärkung des ländlichen Raumes führen wird. Das ist das Gegenteil von absurd, Herr Wulf.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Übrigen: Wir haben vor der Einbringung mit sehr vielen Beteiligten gesprochen und uns bemüht, ihre Vorschläge einzubeziehen.

Herr Wulf, wir haben in dieser Novelle auch die Option vorgesehen, einen Vertrag zwischen Land und Einrichtungen zu schließen. Die Vertragsoption gibt es also.

Wegen der Einbeziehung aller Einrichtungen hoffen wir auch in diesem Haus auf einen breiten Konsens, Herr Wulf, trotz Ihrer Drohgebärden. Es ist ebenso im Sinne der Einrichtungen vor Ort, dass wir diesen Gesetzentwurf so rechtzeitig einbringen, dass genügend Zeit für die Erarbeitung der Ausführungsverordnung bleibt und keine Unsicherheiten im Gesetzesvollzug entstehen - nicht erst ein halbes Jahr später, wie das beim letzten EBG der Fall war.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein Letztes: Dieses Gesetz ist der Abschied von Klientelpolitik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Es ist gerecht und richtig, weil es die Orientierung an Leistung verstärkt, und es ist fair, weil es den Einrichtungen hinreichend Zeit lässt, sich auf die geänderten Bedingungen einzustellen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Dr. Heinen-Kljajić das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn CDU und FDP ein neues Erwachsenenbildungsgesetz für nötig halten, sind wir grundsätzlich bereit, eine Novellierung mitzutragen, wobei an vielen Punkten des Entwurfs nicht erkennbar ist, wo denn die eigentliche Verbesserung liegen soll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann hier nicht auf jeden Paragrafen eingehen; deshalb möchte ich mich auf die Essentials konzentrieren.

Unsere Hauptkritik setzt bei der Mittelzuweisung an. Hier stehen Anspruch und Wirklichkeit in eklatantem Widerspruch. Sie nennen als zentrales Ziel des Gesetzes die Verbesserung von Qualitätsstandards und einen effizienteren Einsatz der Landesmittel. Tatsächlich bedeuten aber die in § 5 und § 13 festgeschriebenen Verfahren der Mittelverteilung genau das Gegenteil. Denn das, was Sie hier als Formel festlegen, um vermeintliche Leistungsanreize zu schaffen, wird in der Umsetzung zu einem unkalkulierbaren Aufstocken von Teilnehmerstunden führen. Eine hälftige Aufsplittung von Grund- und Leistungsförderung als Wettbewerbselement mag im Prinzip nicht falsch sein. Da aber der Topf der Mittel immer gleich bleibt, während Leistungsumfang an Teilnehmerstunden unendlich wachsen kann, ist mit Aufblähen des Leistungsumfangs bei gleichzeitigem Qualitätsverlust zu rechnen.

Die 10 %-Hürde, die Sie hier eingebaut haben, hilft überhaupt nicht weiter; denn sie bezieht sich nur auf das Verhältnis der Leistungssteigerungen zwischen den einzelnen Einrichtungen, nicht aber auf absolute Zahlen. Was wir brauchen, ist eine Deckelung des abrechenbaren Leistungsumfangs. Wenn Sie diesen Deckel nicht einziehen, werden im Zweifel Programme nicht mehr nach dem Kriterium inhaltlicher, fachlicher und didaktischer Qualität erstellt, sondern nach dem Kriterium „möglichst hohe Stundentonnage“.

Meine Damen und Herren, was immer Sie sich von der Verteilungsformel versprechen mögen: Mit Ihrem Entwurf werden nicht Qualität und effizienter Mitteleinsatz belohnt, sondern Stundenklotzerei, bei der nur die Großen werden mithalten können. Genau das wollen wir nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die jetzt im Entwurf festgeschriebene Formel zur Mittelbemessung ist unter dem Aspekt möglichst effektiver Verwendung von Landesmitteln jedenfalls absolut kontraproduktiv und kann so von uns nicht mitgetragen werden.

Ansonsten begrüßen wir, dass der Katalog an Maßnahmen, die bisher unter gemeinwohlorientierter Bildung abgedeckt waren, weiterhin förderfähig bleiben, auch wenn der bisherige GWOKatalog in seiner Abgrenzung klarer war als der jetzt vorliegende Maßnahmenkatalog.

Es stellt sich aber die Frage, ob wirklich alle Maßnahmen, die besonderen gesellschaftlichen Erfordernissen entsprechen, aus dem Topf der Erwachsenenbildung gefördert werden müssen. Müssten nicht z. B. Maßnahmen zur Unterstützung junger Erwachsener bei beruflicher Orientierung aus der Jugendhilfe finanziert werden oder die qualitative Weiterentwicklung von Kindergarten und Schule aus dem Kultusetat? Außerdem wäre noch zu prüfen, ob es wirklich Sinn macht, all diese Maßnahmen mit dem gleichen Faktor zu belegen, zumal es Bereiche gibt, bei denen keine Teilnehmergebühren erhoben werden können - etwa der Bereich zweiter Bildungsweg -, während dies in anderen Bereichen durchaus möglich ist. Zudem würde es aus unserer Sicht reichen, die Faktoren in einer Durchführungsverordnung festzulegen; die müssen nicht im Gesetz stehen.

Meine Damen und Herren, fest steht für uns aber auch, dass die Frage, ob die niedersächsische Erwachsenenbildung den Herausforderungen einer modernen Wissensgesellschaft gewachsen ist, sich nicht primär an der Novellierung eines Gesetzes festmacht, sondern an der Mittelausstattung, die wir bereit sind, für diesen Bildungsbereich zu investieren. Wenn Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, es ernst meinen, wenn Sie der Erwachsenenbildung die Rolle eines gleichberechtigten Teils des Bildungswesens zuweisen, dann gilt auch hier: Bildungsinvestitionen sind Zukunftsinvestitionen, bei denen sich einschneidende Kürzungen verbieten, zumal jeder Euro eingesetzter Landesmittel ein Drei- bis Vierfaches an Drittmitteln einspielt. Dies, meine Damen und Herren, ist die Messlatte, an der Sie Ihr erwachsenenbildungspolitisches Engagement werden messen lassen müssen.

Es gibt noch eine Vielzahl von Fragen, die wir im Beratungsverlauf zu klären haben, auf die ich hier nicht eingehen konnte. Wir hoffen jedenfalls, dass Ihre Zusage, eine einvernehmliche Lösung zu finden, weiterhin gilt, und unsere Kritikpunkte auch wirklich Gehör finden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Katrin Trost [CDU]: Wir bemü- hen uns!)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Stratmann das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Wolfgang Wulf gilt ja als Mitautor des alten, noch geltenden Erwachsenenbildungsgesetzes. Lieber Kollege Wolfgang Wulf, das war jetzt kein Kompliment. Ich sage das nur deshalb, weil ich mir gewünscht hätte, dass Sie in Ihrem Engagement für die Erwachsenenbildung, das wir aus früherer Zeit kennen, nicht nachgelassen hätten. Dann hätten Sie nämlich gewusst - und darauf sind wir stolz -, dass der Entwurf, der Ihnen heute vorgelegt worden ist, in großem Einvernehmen z. B. mit dem Niedersächsischen Bund für freie Erwachsenenbildung, mit den Landesverbänden und Vereinigungen, mit den Trägern der Erwachsenenbildung entstanden ist.

(Beifall bei der CDU - Wolfgang Wulf [SPD]: Aber noch nicht fertig!)

Dafür, meine Damen und Herren, möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten ganz herzlich bedanken.

(Wolfgang Wulf [SPD]: Aber noch nicht unterschrieben!)

Denn - es macht keinen Sinn, das zu bestreiten; die Ausgangssituation ist zurzeit extrem schwierig wir haben im Bereich der Erwachsenenbildung gekürzt. In den letzten Jahren hat es übrigens sieben Kürzungen im Bereich der Erwachsenenbildung gegeben. Für zwei dieser sieben Kürzungen ist die jetzige Landesregierung verantwortlich, für die anderen fünf die alte SPD-geführte Landesregierung; auch das will ich sagen, wenn hier immer von Geld gesprochen wird. Insofern wäre ich da etwas bescheidener in meinem Auftreten. Aber deshalb wird das, was hier von Ihnen gesagt wird, ja auch nicht wirklich ernst genommen: weil man Ihnen nicht abnimmt, dass Sie in der Vergangenheit in der Lage und bereit gewesen wären, mehr Geld für die Erwachsenenbildung zur Verfügung zu stellen. Das gehört zur Wahrheit nun einmal dazu. - Also, Dank an alle diejenigen, die beteiligt waren.

(Beifall bei der CDU)

Ich bedanke mich an dieser Stelle auch - das sage ich ausdrücklich - bei den Gewerkschaften, die ganz wesentlich mitgewirkt haben, obwohl sie nach dem jetzigen Entwurf nicht zu denjenigen gehören, die künftig über mehr Mittel verfügen. Deshalb sage ich noch einmal: Gerade den Gewerkschaf