a) Kahlschlag statt Konzept - Stratmann bei der Kulturförderung orientierungslos! Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1284
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion hat heute für die Aktuelle Stunde das Thema „Kahlschlag statt Konzept Stratmann bei der Kulturförderung orientierungslos!“ beantragt, weil der Minister im Vorfeld der Haushaltsberatungen die Kulturverbände in einer Art und Weise diskreditiert, die wir nicht hinnehmen werden.
Der Minister wirft der freien Kultur zunehmende Verbandsbürokratie und puren Lobbyismus vor und spricht von der Beseitigung krasser Missverhältnisse, obwohl er noch im letzten Jahr genau das Gegenteil gesagt hat. Er nimmt durch die geplanten Einsparungen in Höhe von 8 Millionen Euro offenbar die Zerschlagung der freien Kultur in Niedersachsen in Kauf. Die Presseerklärung des Ministers zu den Einsparungen im Kulturhaushalt macht deutlich, dass Sie, Herr Minister Stratmann, immer noch nicht über ein kulturpolitisches Konzept verfügen, das wir - gerade in diesem Hause von Ihnen immer wieder abgefordert haben. Minister Stratmann ist in der Kulturpolitik offensichtlich noch nicht angekommen und gefährdet durch Unkenntnis die Kulturinitiativen im ländlichen Raum und das ehrenamtliche Engagement vieler
Sehr geehrte Damen und Herren, wir erleben seit Wochen in der gesamten Kulturszene berechtigte Empörung über die von Minister Stratmann angekündigten Einsparungen in Höhe von 8 Millionen Euro, wobei noch weitere 3 Millionen Euro folgen sollen. Wir erleben einen Minister, der, obwohl er immer davon gesprochen hat, mit den Kulturschaffenden in einen Dialog einzutreten, förmlich zu Gesprächen getragen werden muss. Sie erinnern sich an die Debatte um die Museen.
Noch im März 2003 hat der Minister in einem HAZInterview gesagt – ich zitiere: Ich werde mit den Kulturschaffenden in Niedersachsen darüber sprechen, welche Schwerpunkte Kulturpolitik in Niedersachsen haben sollte.
Der Minister hat ebenfalls in diesem Interview auf die Frage nach der freien Kultur geantwortet: Dort, wo man mit wenigen Mitteln viel bewegen kann, soll man keine Einsparungen vornehmen. Wir sollten uns bei den Einsparungen auf das konzentrieren, was auch wirklich etwas bringt.
Am 11. September 2003, also fast genau vor einem Jahr, sagte der Minister - auch hier zitiere ich -: Ich habe mich immer dafür eingesetzt, nicht bei den Mitteln für kleine und freie Theater in der Fläche zu kürzen, wo mit wenig Geld viel ehrenamtliches Engagement gefördert wird.
So weit, so gut. Am 1. September 2004 hat der Minister plötzlich eine andere Sichtweise und sagt in einem Interview mit der NP hinsichtlich der geplanten Kürzungen in der Kultur- und Theaterszene im Jahr 2005:
„Man muss doch aber die Frage stellen, warum das Land weiter Geld für sehr viel Kulturbürokratie und Lobbyismus ausgeben soll statt für Kunst und Kultur selbst. Hier müssen mit den Kürzungen auch krasse Missverhältnisse beseitigt werden.“
Herr Minister, welche Missverhältnisse meinen Sie eigentlich? Wissen Sie eigentlich, worüber Sie reden? Manchmal - wir haben diese Debatte ja schon häufiger geführt - bezweifle ich das. Ich gebe da gerne etwas Nachhilfe, denn das ist ja der zentrale Punkt der Debatte.
Wir reden hier über die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur, Herr Schrader, die als beliehener Unternehmer hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.
Wir reden über den Landesmusikrat, der vehement gegen Ihre geplanten Kürzungen demonstriert. Ich erinnere meine Kolleginnen und Kollegen im Landtag gerne daran, dass der Ministerpräsident vollmundig erklärt hat, das Musikland Niedersachsen zu schaffen. Heute, sehr geehrte Damen und Herren, bangt der Musikrat um seine Projekte und um die Finanzierung der Musikschulen.
über die Freien Theater, über die Kulturelle Jugendbildung, den Literaturrat, den Museumsverband und den Heimatbund.
Sehr geehrter Herr Minister, wie immer darf ich Sie auch heute auffordern, endlich Ihr Konzept für die Kulturförderung in Niedersachsen vorzulegen.
Es kann nicht sein, dass Sie von der einen Seite zur anderen Seite gehen, permanent einer Gruppe versprechen, es werde nicht gekürzt, und dann doch kürzen. Wir müssen davon wegkommen, dass überall im Land der Eindruck entsteht, in Niedersachsen gibt es keine Kulturpolitik mehr, in Niedersachsen wird nur noch gespart. Dieser Eindruck entsteht, weil der Minister offensichtlich nicht in der Lage ist, sich zur Kulturpolitik richtig zu verhalten und vor allen Dingen den Kulturschaffenden zu vermitteln, womit sie rechnen können und dass sie mit Ihnen in einen substanziellen Dialog treten können.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einmal auf das hinweisen, was ich, als ich Tagesordnungspunkt 3 aufgerufen habe, gesagt habe, nämlich dass Erklärungen und Reden in der Aktuellen Stunde nicht verlesen werden dürfen. Zitieren ist durchaus erlaubt. - Ich wollte Ihnen diesen Hinweis vor dem Hintergrund des eben geführten Beitrages noch einmal gegeben haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon dreist, wie die SPDFraktion in dieser Aktuellen Stunde dieses Thema mitbesetzt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie dem Kulturminister heute Kahlschlagpolitik und Orientierungslosigkeit vorwerfen, sage ich Ihnen nur Folgendes: Es war doch Ihre Politik nach dem Gießkannenprinzip, Ihre Politik der Verantwortungslosigkeit gegenüber nachfolgenden Generationen und Ihre Politik des Machterhalts um jeden Preis, die uns in diese finanzielle Katastrophe geführt hat.
Meine Damen und Herren, ich habe großes Verständnis für die vielen Briefe, die uns jetzt erreichen, für die Proteste und die Demonstrationen gegen die Kürzungen im Kulturbereich. Nur, diese Proteste richten sich gegen die Falschen; denn wir haben das, was wir jetzt zu vertreten haben, nicht zu verantworten.
Nicht dieser Kulturminister und diese Landesregierung haben diesen finanziellen Trümmerhaufen hinterlassen. Das waren Sie gemeinsam mit den Grünen, Anfang der 90er-Jahre, mit Ihrer katastrophalen Personalpolitik.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dieter Möhrmann [SPD]: Frau Kolle- gin, die Weichen stellen aber Sie!)
Ich sage ganz deutlich auch in Richtung der Protestierenden: Dieser Scherbenhaufen ist auf die Tätigkeit der SPD und der Grünen zurückzuführen, aber nicht auf unsere Tätigkeit.
Meine Damen und Herren, genauso unverschämt ist es, heute zu beklagen, dass wir kein Geld für die Kulturpolitik haben, vor allem wenn ich sehe, dass Ex-Minister Oppermann damals den Vertrag mit Hannover geschlossen hat. Das waren 50 Millionen Euro für das Staatstheater, ohne kommunale Beteiligung.
Bei den anderen Staatstheatern gibt es eine kommunale Beteiligung. Die Stadt Hannover aber zahlt nichts. Nein, sie stellt dem Land sogar noch Rechnungen zu, nach denen es noch etwas für den Brandschutz einbringen soll. Wenn sich Hannover beteiligt hätte, hätten wir heute 20 Millionen Euro mehr und bräuchten über diese Kürzungen, die wir jetzt notwendigerweise vornehmen müssen, nicht diskutieren.
Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben uns im Bereich Kultur schon einige Anträge und im September letzten Jahres die Aktuelle Stunde mit dem Thema „Theatersparkurs - Abschied von Ambitionen“ beschert. Frau Bührmann, Sie wissen ganz genau, wie der Stand der Diskussionen ist. Sie wissen ganz genau, dass wir am 10. Juni noch eine Unterrichtung zur Kulturförderung hatten. Sie wissen auch ganz genau, dass das Ganze im Fluss ist und dass wir warten müssen, bis die titelscharfen Haushaltsdaten vorliegen und wir gemeinsam dort hineingehen können.
Wir wollen - und das werden wir auch - möglichst allen Menschen in Niedersachsen den Zugang zur Kultur ermöglichen. Wir werden die Kultur fördern und nicht die Verwaltung innerhalb der Kulturträger.
Meine Damen und Herren, haben Sie Geduld! Sie werden sehen, dass wir in dem Rahmen, den Sie zu verantworten haben, Kultur nach besten Mög
lichkeiten fördern werden: gezielt, qualitätsbewusst und für die Menschen in Niedersachsen. - Danke.
Herzlichen Dank. - Zum gleichen Tagesordnungspunkt spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Dr. Heinen-Kljajić. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was wir im Moment erleben, ist nicht mehr und nicht weniger als die Verabschiedung dieser Landesregierung aus der Verantwortung für den nichtstaatlichen Kultursektor.