Herr Hagenah, es gibt im Baugewerbe ja so einen Spruch: Wenn ich einen ausländischen Arbeitnehmer einstelle, dann muss der nur ein Wort in Deutsch können, nämlich „17 Euro“. Das muss er auf jede Frage antworten, die ihm gestellt wird.
Gegen kriminelle Energie helfen nur zusätzliche Kontrollen. Die Firma Wilbers hat uns Stein und Bein geschworen, dass Tariflohn gezahlt worden ist. Da habe ich gesagt: Das ist ja toll, aber das ist keine Unterlage, die gerichtsverwertbar ist, und deshalb sollen die mir das schriftlich vorlegen. Das kann sie aber offenkundig nicht, weil ja kein Tariflohn gezahlt worden ist. Deshalb machen wir jetzt in dieser Form vom Landesvergabegesetz Gebrauch.
Wir werden weiterhin anlassbezogen und stichprobenartig Kontrollen in unregelmäßigen Abständen durchführen. Wir werden uns auch nachweisen lassen, dass Tariflohn gezahlt wird.
Wenn aber - wie Sie sagen - alles mafios gefälscht wird, dann wird das etwas schwierig. Aber wir werden es trotzdem aufdecken. Wir sind für jeden dankbar, der uns dabei hilft. Deshalb habe ich vorhin auch ausdrücklich gesagt, ich bin den beiden Gewerkschaftern dankbar, die bei den polnischen Arbeitnehmern offensichtlich Vertrauen hergestellt haben und die das geschafft haben, was der Arbeitsverwaltung, uns und der Bundeszollverwaltung nicht gelungen war, nämlich die polnischen Arbeiter zu Aussagen zu bewegen. Die Folgen haben Sie eben dargestellt. Das erfordert auch einen erheblichen Mut von den polnischen Arbeitnehmern. Davor muss man Respekt haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Möllring, vor dem Hintergrund dessen, was Sie eben gesagt haben, frage ich Sie: Wären Sie bereit, im Falle eines Abschlusses des Verfahrens und einer weiteren Auftragsvergabe, zwar nicht formal, aber in den Gesprächen mit dem neuen Auftragnehmer den Versuch zu unternehmen, darauf hinzuwirken, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Polen, die jetzt arbeitslos geworden sind, weil sie den Mut hatten, das anzuzeigen, wieder eine Beschäftigung bekommen? - Die Frage geht nicht in Richtung formale Auftragsvergabe, sondern es ist eine Bitte, darüber zu reden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich kein ausländischer Arbeitnehmer mehr traut, so etwas anzuzeigen.
(Zuruf von Ernst-August Hoppenbrock [CDU] - David McAllister [CDU]: Kön- nen Sie jetzt einmal zur Frage kom- men!)
Die zweite Frage, die ich an Sie habe, ist, ob Sie bei der Staatsanwaltschaft gegen das Unternehmen Strafantrag wegen Sozialversicherungsbetruges gestellt haben?
Bei der ersten Frage, Herr Kollege Gabriel, sind wir etwas in der Zwickmühle. Wir wollen das gern tun, aber das Landesvergabegesetz hat ausdrücklich zum Ziel, die Beschäftigung von deutschen Arbeitern zu sichern. Wir sind aber gern bereit, mit den Firmen, mit denen wir jetzt verhandeln - also Platz zwei, drei und vier -, zu sprechen und zu fragen, ob sie das mit eigenen deutschen Arbeitnehmern machen. Wenn sie ausländische Arbeitnehmer beschäftigen wollen, dann müssten sie das bei uns beantragen. Dann sind wir gerne bereit zu sagen: Passt auf Leute, die haben schon daran gearbeitet, vielleicht könnt ihr euch mit ihnen einigen.
Ich hatte mir überlegt, Strafantrag zu stellen. Die Staatsanwaltschaft war aber schneller und hatte schon beschlagnahmt.
- Es wird ermittelt. Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass alle Bauarbeiter überprüft worden sind, dass alle sozialversicherungspflichtig gemeldet waren und einen Sozialversicherungsausweis hatten. Das ist überprüft worden, aber trotzdem wird natürlich der Frage nachgegangen werden müssen, ob die korrekten Abgaben gezahlt worden sind. Das wäre ja ein Straftatbestand von erheblichem Umfang.
- Nicht die Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber, ob der ordnungsgemäß an die vier Sozialversicherungskassen - Renten- und Krankenkasse, Pflegeund Arbeitslosenversicherung - gezahlt hat. Das ist doch selbstverständlich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, wir hatten ja dankenswerterweise schon eine Unterrichtung im Haushaltsausschuss. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Welche Rolle spielen das Staatliche Baumanagement, der mit der Bauleitung beauftragte Architekt und die Justizvollzugsbeamten vor der Baustelle in Bezug auf Einhaltung des Tariftreuegesetzes? Im Ausschuss hatten wir den Eindruck, das wurde von denen in keiner Weise mitüberwacht. Heute haben Sie einen anderen Eindruck vermittelt. Welcher ist richtig?
Die zweite Frage. Es geht bei diesem Bauvorhaben ja auch darum, ob der Weg, den Sie jetzt beginnen einzuschlagen - nämlich zunehmend etwas vom Staatlichen Baumanagement wegzunehmen und in private Hände zu geben -, möglicherweise
dahin führt, dass solche Vorfälle noch leichter auftreten. Wie ist es denn nun wirklich? In der Ausschusssitzung ist einmal gesagt worden, die Projektsteuerung macht das Staatliche Baumanagement, und an anderer Stelle ist gesagt worden, das mache der Architekt.
Herr Möhrmann, die Projektsteuerung macht das Staatliche Baumanagement, und die Bauleitung macht der Architekt Obermeyer. Das hatte ich Ihnen auch gesagt. Die Justizvollzugsbediensteten haben nicht den Auftrag, das Tariftreuegesetz und das Landesvergabegesetz zu überwachen. Dafür haben wir andere. Ich hatte vorhin aber gesagt, dass uns inzwischen bekannt geworden ist, wie das Verhältnis von Justizvollzugsbeamten zu polnischen Arbeitern war. Die Justizvollzugsbediensteten schlagen ja nicht die Hacken zusammen, wenn der Arbeiter seinen Ausweis zeigt und sagt „Durchgehen!“, sondern - wie es so ist, wenn man sich jeden Tag begegnet - es entstehen ja auch mal Unterhaltungen. Die Justizvollzugsbeamten, die nicht so lange arbeiten müssen, sondern eine Acht-Stunden-Schicht haben, haben gesagt: Mensch, ihr klotzt hier aber richtig rein! - Und dann haben die gesagt: Wir sind hier ja auch nicht in der Sommerfrische, sondern wir wollen richtig Knete machen und nicht abends, wenn es noch hell ist, schon in der Baubude sitzen. - Das ist ja auch klar: Zu viert in solch einem Container zu sitzen, ist ja nun wirklich nicht das Beste. Also, die wollten hier Geld verdienen und dann möglichst schnell wieder nach Hause.
Aber man kann jetzt nicht dem Justizvollzugsbeamten vorwerfen, dass er nicht gleich das Landesvergabegesetz angewandt hat. Nein, ich halte es für einen ganz normalen menschlichen, kumpelhaften Umgang miteinander, dass man sich, wenn man zusammen an der Baustelle steht, darüber unterhält.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit ist Tagesordnungspunkt 12 erledigt.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 13 aufrufe, hat sich der Kollege Althusmann zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm nach § 77 der Geschäftsordnung für drei Minuten das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gabriel, Sie enttäuschen uns in Niedersachsen von Tag zu Tag mehr. Wir müssten eigentlich davon ausgehen können, dass Sie 18 Monate nach der Wahl inzwischen dazu übergegangen sind, vielleicht einmal selber einige Dinge nachzulesen.
(Sigmar Gabriel [SPD]: Was ist das denn für eine persönliche Erklärung? - Zuruf von Heidrun Merk [SPD])
Eine Sekunde! - Frau Kollegin Merk, Sie dürfen davon ausgehen, dass das Präsidium die Geschäftsordnung im Griff hat.
Herr Kollege Althusmann hat sich nicht zu einer persönlichen Erklärung gemeldet, sondern er hat sich zu einer Erklärung nach § 77 gemeldet: Erklärungen außerhalb der Tagesordnung. - Sind Sie jetzt zufrieden? - Das freut mich.
Meine Damen und Herren, mir liegt inzwischen das Stenografische Protokoll über die Plenarsitzung vom 10. März vor. Ich stelle fest: Die Aussagen der Ministerin sind korrekt. Ich stelle fest, Herr Gabriel, Sie haben hier eindeutig die Unwahrheit gesagt. Und ich stelle auch fest, dass man in Ihrer Fraktion den Namen Ursula offenbar sofort mit Ursula von der Leyen in Verbindung bringt. Das muss ja nicht zwingend immer richtig sein. Wir finden es toll, dass Sie immer gleich an uns denken.
Aber, lieber Herr Gabriel, es kann nicht angehen, dass Sie bei jeder Plenarsitzung hier mal eben so reinschweben, unrichtige Behauptungen aufstellen und dann wieder rausschweben, um sich dann überhaupt nicht mehr hier blicken zu lassen.
Wir von der CDU-Fraktion empfehlen Ihnen - wobei zugegebenermaßen immer einmal Fehler passieren können - Gründlichkeit vor Schnelligkeit, Herr Gabriel. Das ist eine alte Kritik an Ihnen ganz persönlich, die schon in der Vergangenheit immer geäußert wurde.
Ich fordere Sie nachdrücklich auf, sich hier und heute für Ihre vorhin fälschlicherweise geäußerten Behauptungen bei der Ministerin, und zwar am besten sofort, zu entschuldigen. - Vielen Dank.
Ich will nicht in die Debatte eingreifen, aber ich muss um der Wahrheit willen sagen, dass sich der Kollege Gabriel schon vor etwa 15 Minuten gemeldet hat. Er bekommt jetzt nach § 76 - darum hatte er gebeten - das Wort zu einer persönlichen Erklärung. Bitte schön, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss jetzt zu zwei Dingen etwas sagen, und zwar erst zu dem persönlichen Angriff von Herrn Althusmann und danach zu dem Vorfall.