Protokoll der Sitzung vom 17.09.2004

(Sigmar Gabriel [SPD]: Das war nicht der Vorwurf!)

Ich will nicht bewerten, ob das ein Vorwurf an den Minister oder den damaligen Staatssekretär war. Aber es handelt sich um Indizien, bei denen ich zu der Meinung kommen könnte, dass da etwas dran sein könnte. Aber es sind gestern auch vonseiten der SPD die Argumente vorgetragen worden - Herr Möhrmann hat es heute auch noch einmal dargestellt -, warum das möglicherweise ganz anders zu bewerten ist.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das wird wegen Nichtigkeit eingestellt, und dann sind sie blamiert!)

Deshalb sage ich in der Sache nichts. Ich stehe hier vorne und gebe diese Erklärung aus folgendem Grund ab: Es geht mir darum, diesen Vorfall von gestern - und vielleicht auch von heute Morgen - zum Anlass zu nehmen, darauf hinzuweisen - ich erlaube mir das einmal als relativ junger Parlamentarier -, dass darüber nachgedacht werden

sollte, ob wir uns im Rahmen unserer politischen Kultur, die wir hier gestalten, immer richtig verhalten.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie haben sich gestern nicht richtig verhalten! Das Richtige wäre eine Sitzung des Äl- testenrates gewesen!)

- Herr Gabriel, ich sage auch gleich dazu etwas. Wir sollten uns hier manchmal nicht so sehr gegenseitig die Köpfe einschlagen und ein Stimmungsbild nach außen erzeugen, dass die Leute - nicht nur diejenigen, die hier zuhören und die sich heute Morgen hier ihre eigenen Gedanken machen - nicht denken: Mein Gott, wie funktioniert Politik heute noch in Niedersachsen oder auch in Deutschland? Meiner Meinung nach müssen wir endlich zusammen daran arbeiten, Vertrauen für die Politik zurückzugewinnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ist der entscheidende Punkt. Dann nützt es nicht, zu sagen, wir bräuchten eine Ältestenratssitzung, wo man etwas hätte aufklären können. Herr Gabriel, da hätten wir gestern gar nichts aufklären können. Da hätten wir uns gestern hingesetzt und gesagt: Das ist eine Sauerei, was da passiert ist. Wie konnte man denn so etwas nur behaupten?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dann wären wir wieder auseinander gegangen, und es wäre in der Sache nichts passiert. Denn dann hätten wir alle uns das einmal gesagt. Wir hätten zwar an diesem Tag Zeit verloren, aber es hätte uns keinen Millimeter weiter nach vorne gebracht. Es wird doch Zeit geben, mit den richtigen Informationen über die Sache zu sprechen. Jetzt wird nach dem Strafantrag ein Strafverfahren eingeleitet, und dann wird alles aufgeklärt. Das ist doch der richtige Weg. Man darf doch aber hier nicht Instrumentarien missbrauchen, um zu sagen: Jetzt sind wir die Richtigen! Jetzt sind wir die Guten! Wir wissen genau, wie es geht! - Das funktioniert meiner Meinung nach nicht. Das führt auch zu der Politikverdrossenheit in Deutschland. Deshalb meine herzliche Bitte - es ist mir wichtig, dass ich das heute Morgen in diesem Plenum loswerde -: Lassen Sie uns doch bei manchen Zwischenrufen, Bemerkungen und persönlichen Anfeindungen überlegen, ob es Sinn macht, sich so zu verhalten und tatsächlich solch ein Bild nach außen zu tragen.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Gilt das auch für die Regierung?)

- Herr Gabriel, das gilt grundsätzlich für alle Politiker, für die Regierung, für die Mitglieder des Landtages und auch für Regierungsmitglieder, die nicht dem Landtag angehören. Das ist doch völlig egal.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Okay!)

Es geht darum, dass wir - wie gesagt - dieses Vertrauen zurückgewinnen. Wir sollten nicht immer Öl ins politische Feuer gießen, sodass man meinen könnte, hier wird hier keine Sachpolitik mehr gemacht. Die Leute sind nur noch da, um sich selbst darzustellen. Davon müssen wir loskommen. Deshalb bin ich dankbar, dass das sachlich aufgeklärt wird. Dann muss sich eben der eine bei dem anderen entschuldigen. Wer das sein wird, werden wir dann sehen.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin jedenfalls zuversichtlich, dass es eine vernünftige Aufklärung geben wird. Ich meine, dass das, was ich eben geäußert habe, genau dem entspricht, was meine Fraktionskolleginnen und -kollegen denken. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die Landesregierung hat sich jetzt Minister Möllring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat mir eben durch ihren Parlamentarischen Geschäftsführer strafbare Handlungen vorgeworfen. Das ist ihr gutes Recht. Sie hat dabei aber leider übersehen, dass wir gestern mehrere Diskussionsbeiträge hatten und ich klargestellt habe, dass ich „mit dem Staatssekretär und seinem Minister“ Herrn Schapper gemeint hatte,

(Sigmar Gabriel [SPD]: Nein, das geht nicht!)

was auch durch entsprechende Vermerke des Innenministeriums belegt werden kann.

Ich zitiere aus einem Vermerk des niedersächsischen Innenministeriums vom 11. Mai 1999. Das

ist ein Bericht der Spielbankaufsicht für den Aufsichtsrat der Spielbankgesellschaft Niedersachsen. Darin steht:

„Nach dem Ergebnis von Beobachtungen durch ein niederländisches Team sind bewusst fehlerhafte Spielabrechnungen festgestellt worden. Die mögliche Schadenssumme liegt allein hier bei etwa 1 Millionen DM. Sie lässt sich aber nicht genau abschätzen, da die SNG auf eine Strafanzeige verzichtet hat und Ergebnisse einer eventuell internen Untersuchung nicht bekannt geworden sind.“

Ich stelle fest, dass Sie manchmal sehr schnell mit Strafanzeigen sind. Aber dort, wo tatsächlich kriminelle Machenschaften nachgewiesen werden, haben Sie darauf verzichtet, Strafanzeige zu stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Übrigens hätten im Mai 1999 der dann amtierende Innenminister und der dann amtierende Staatssekretär diese Strafanzeige noch nachholen können; denn diese Papiere sind der Hausspitze ja sicherlich bekannt gewesen. Zumindest waren sie Staatssekretär Lichtenberg bekannt, weil er Aufsichtsratsvorsitzender der SNG war. Da dies ja der Bericht für den Aufsichtsrat der SNG war, hat er ihn sicherlich zur Kenntnis genommen.

Ich zitiere weiter:

„Es ist aus Sicht der Gefahrenabwehr zweifelhaft,“

- über Gefahrenabwehr haben wir uns gestern ja gestritten; deshalb hatte ich diese Äußerungen gemacht

„ob die internen Maßnahmen (Ver- pflichtung, das Spiel entsprechend den bestehenden Anweisungen durchzuführen, interne Beobachtung) auf Dauer genügen, um die bereits einmal Beteiligten von Wiederholungen abzuhalten. Zweifel am ordnungsgemäßen Spielablauf bleiben bestehen. Eine effektive, nicht beeinflussbare Kontrolle der Spieltische fehlt. Insbesondere werden entgegen den Spielregeln weiterhin Annoncen angenommen.“

- Das ist Mai 1999.

„Bei den in diesem Zeitraum beim Amroul“

- also dem amerikanischen Roulette

„als Beteiligte festgestellten bzw. vermuteten Personen handelt es sich um die Gleichen, die auch in anderen Zusammenhängen wieder benannt sind.“

(Monika Wörmer-Zimmermann [SPD]: Die Gleichen oder dieselben?)

- Sie haben Recht, Frau Kollegin. Es hätte hier „dieselben“ heißen müssen. Aber mit dieser Kritik müssen Sie sich an Herrn Bartling wenden; denn in seinem Ministerium ist dieser Bericht gefertigt worden. Ich zitiere hier nur wörtlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

„Am 26. Mai 1997 erhielt die Bezirksregierung erste konkrete Hinweise auf Unregelmäßigkeiten,“

- 1997!

„die sich qualitativ von der bis dahin bestehenden diffusen Hinweislage abhoben.“

Ich zitiere weiter:

„Am 9. Oktober 1997 teilte der leitende Finanzaufsichtsbeamte mit, dass zwei Croupiers versucht hätten, einen Pagen zu einer Straftat anzustiften. Dieser sollte eine am Tisch 3 vorhandene Geldcagnotte in das Magazin bringen, sie leeren und den darin befindlichen Geldbetrag anschließend mit ihnen teilen. Strafanzeigen wurden erstattet, ausgesprochene Kündigungen vom Arbeitsgericht wieder aufgehoben. Die Geschäftsführung erstattete hingegen keine Strafanzeige gegen die im vorherigen Ermittlungsverfahren wegen anderer Sachverhalte belasteten Saalchefs.“

Das heißt, gegen den Saalchef, der belastet worden ist, hat man mit Billigung des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden auf eine Strafanzeige verzichtet.

„Dieser Vorfall sowie andere Unstimmigkeiten bei der Abrechnung des Tisch- und Automatenspiels veranlassten die Bezirksregierung, eine Videoüberwachung in Abrechnungsräumen und an den Spieltischen anzuordnen.“

Aus anderen Vermerken geht hervor, dass diese Videoüberwachung untauglich war, weil man zu einem zu billigen Modell gegriffen hatte, das nicht funktionierte. Man hat später, als die richtige Videoüberwachung eingebaut worden ist - darauf habe ich gestern hingewiesen -, zusammen mit Herrn Staatssekretär Lichtenberg und dem Personalrat vereinbart, dass diese Videokameras abgeklebt - Herr Gabriel, nicht zugeklebt - werden. „Ab“ und „zu“ ist ein Unterschied, das kennen auch Sie vom Abnehmen und Zunehmen.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP - Hans-Dieter Haase [SPD]: Er kann es nicht lassen!)

Die Videokameras sind bis ins Jahr 2003 hinein abgeklebt gewesen, bis ich veranlasst habe, dass diese Abklebungen abgemacht werden, sodass nur noch die Tische gefilmt werden konnten und nicht die Spieler und die Croupiers. Die Croupiers legten Wert darauf, dass sie bei ihrer Arbeit nicht beobachtet werden konnten.

„Am 17. Februar 1998 berichtete die Finanzaufsicht von einem geringen Bruttospielertrag am Tisch 4“

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Haben wir jetzt einen ganzen Tagesordnungs- punkt zum Spielbankengesetz? - Ge- genruf von Bernd Althusmann [CDU]: Jetzt müssen Sie es aushalten!)