Protokoll der Sitzung vom 28.10.2004

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viele Menschen erfüllt der Gedanke an das Sterben und an die Endlichkeit menschlichen Lebens mit Unbehagen. Darüber spricht man nicht gern. Diese Haltung hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir den Tod so weit wie möglich aus unserer Gesellschaft verdrängt haben. Es ist bedrückend, dass mittlerweile kaum noch Menschen in ihrer gewohnten Umgebung, im Kreise ihrer Familie, sterben, obwohl sich die meisten gerade das wünschen. Die meisten Menschen sterben im Krankenhaus oder im Pflegeheim. Es muss uns auch nachdenklich stimmen, dass fast die Hälfte der Bevölkerung die Situation sterbender Menschen als anonym und unwürdig empfindet.

Die größte Angst im Zusammenhang mit dem Tod ist die Angst vor unbeherrschbaren Schmerzen. Diese Schmerzen vor dem Tod sind über Jahrhunderte eine Geißel der Menschheit gewesen. Aber inzwischen hat die Schmerztherapie gewaltige Fortschritte gemacht und die Palliativmedizin entwickelt. Diese humane Sterbebegleitung möchte Menschen einen möglichst schmerzfreien und würdigen Abschied ermöglichen. Dies kann in unterschiedlichem Rahmen geschehen: in der weitgehend ehrenamtlich geprägten Hospizbewegung, in einer Palliativstation im Krankenhaus oder mit palliativmedizinischer Betreuung zu Hause.

Das Ziel der Palliativmedizin ist weit mehr als physische Schmerztherapie. Sie umfasst auch die psychische und spirituelle Betreuung der Sterbenden in ihrer letzten Lebensphase, und sie bezieht auch die Angehörigen dieser Menschen in die Betreuung mit ein. Ich bin sicher, dass wir uns über alle Parteigrenzen hinweg einig sind, dass solche Angebote für möglichst viele Patientinnen und Patienten vorgehalten werden sollten.

Ein Punkt ist mir in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Es geht darum, das Sterben in einer humanen Form zu begleiten. Es geht nicht darum, den Tod herbeizuführen.

(Zustimmung bei der CDU)

Aktive Sterbehilfe, in welcher Form auch immer, lehne ich strikt ab. Die Palliativmedizin bejaht das Leben und sieht das Sterben als einen natürlichen Prozess an. Sie will den Tod nicht beschleunigen, aber auch nicht unnötig hinauszögern.

Ich begrüße es sehr, dass sich der Deutsche Ärztetag auf seiner 106. Sitzung vor einem Jahr ebenso geäußert hat und dass er die Forderung erhoben hat, die Palliativmedizin noch stärker in der medizinischen Aus- und Weiterbildung zu verankern. Ich begrüße es ebenso, dass die Ersatzkassenverbände in Niedersachsen in einer Pressemitteilung am 22. Juli ausdrücklich klar gemacht haben, dass sie die häusliche Sterbebegleitung mit einem Volumen von 286 000 Euro unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Niedersachsen gibt es zurzeit 116 Hospizdienste, 12 stationäre Hospize sowie 6 Palliativdienste. Es gibt 9 Palliativstationen. Das ist eine erfreuliche Bilanz. Aber es ist an der Zeit, die vielfältigen Ansätze und Projekte, die in den vergangenen Jahren bereits entstanden sind, im Rahmen einer integrierten - also sektorübergreifenden - Versorgung zusammenzuführen. Mein Haus hat daher bereits im vergangenen Jahr zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung und den Verbänden der Krankenkassen, die sich jeweils zu einem Drittel an den Kosten beteiligt haben, die Medizinische Hochschule Hannover mit der Erstellung eines Gutachtens zur Situation der Palliativmedizin in Niedersachsen beauftragt. Dieses Gutachten liegt inzwischen vor. Es wird dem Sozialausschuss am 1. Dezember zusammen mit der MHH vorgestellt. Das Gutachten wird die Arbeitsgrundlage für eine bessere Vernetzung des bestehenden Angebotes darstellen. Das Ziel ist ehrgeizig. Auf der einen Seite wollen wir eine möglichst flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung, auf der anderen Seite muss angesichts der Finanzlage unseres Landes und der Sozialkassen sichergestellt sein, dass diese wirtschaftlichen Kriterien standhält.

Vor diesem Hintergrund ist es besonders erfreulich, dass ein erheblicher Teil der palliativmedizinischen Versorgung in Niedersachsen im Rahmen der hospizlichen Versorgung bereits heute geleistet wird. Um Missverständnissen gleich vorzubeugen: Die Hospizgruppen sind alles andere als eine billige Alternative. Ihr bürgerschaftliches Engagement ist vielmehr fest in dem Wissen verwurzelt, dass die humane Sterbebegleitung in einer Gesellschaft, in der die Großfamilie - seit Jahrhunderten der Ort des Sterbens - schwindet, einen neuen Raum und einen neuen Rahmen finden muss. Daher wird die Hospizbewegung im künftigen Konzept der Landesregierung einen hohen Stellenwert erhalten. Bereits heute pflegt das Sozialministerium enge Kontakt zur Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz. Daneben bedarf es der Begleitung durch

palliativmedizinischen Fortschritt, um ein Netz zu schaffen, das eine menschliche Alternative zur aktiven Sterbehilfe bildet. Ich freue mich, dass dieser Antrag in den Ausschussberatungen die Unterstützung aller Fraktionen gefunden hat. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Das sehe ich nicht. Das ist einstimmig so beschlossen worden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 23: Zweite Beratung: DVB-T muss zum ‚Überallfernsehen‘ werden - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/1141 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien - 15/1321

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme in veränderter Fassung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Pörtner von der CDU-Fraktion. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion im zuständigen Landtagsfachausschuss zur Einführung von DVB-T in Niedersachsen hat deutlich werden lassen, dass bei der heutigen parlamentarischen Schlussabstimmung mit einer großen, fraktionsübergreifenden Zustimmung gerechnet werden kann. Die Organisationen, die in diesem Antrag expressis verbis angesprochen werden - das sind sowohl die privaten als auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstalter, die Niedersächsische Landesme

dienanstalt und auch die Landesregierung -, werden mit einem Antrag konfrontiert, der neben einer hohen demokratischen Legitimation gleichzeitig eine möglichst zeitnahe Umsetzung impliziert. Wir von der Union begrüßen deshalb ausdrücklich, dass der Ministerpräsident - dem ich bei dieser Gelegenheit noch einmal sehr herzlich für seinen beispiellosen Einsatz in dieser Angelegenheit danken möchte; das ist auch von dem Vertreter der Staatskanzlei in der letzten Ausschusssitzung dokumentiert worden - schon mehrfach öffentlich seinen Willen kundgetan hat, in der nächsten Zeit mit den privaten Fernsehveranstaltern Gespräche zu führen.

Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist deshalb besonders wichtig, weil die privaten Fernsehveranstalter RTL und SAT 1 am 24. Mai dieses Jahres den analogen terrestrischen Sendebetrieb eingestellt haben. Damit sind diejenigen niedersächsischen Gebiete, in denen DVB-T noch nicht empfangen werden kann - das sind die Räume um Osnabrück, das Emsland, Ostfriesland und große Teile Südniedersachsens -,

(Zurufe von der CDU: Die wichtigsten Teile!)

zurzeit ausschließlich auf die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender angewiesen. Betroffen davon sind zurzeit ca. 7 % der Haushalte. Diese Prozentzahl mag auf den ersten Blick nicht sehr groß erscheinen. Aber wenn man einmal etwas genauer hinschaut, dann muss man leider feststellen, dass ausschließlich Haushalte in ländlich strukturierten Gebieten betroffen sind.

Meine Damen und Herren, es ist das erklärte politische Ziel sowohl der Regierung als auch der sie tragenden Fraktionen, dass es zu möglichst gleichen Chancen sowohl in urbanen Regionen als auch in ländlich strukturierten Regionen unseres Landes kommen soll. Deshalb müssen wir daran gehen, dies auch in Sachen DVB-T in die Tat umzusetzen.

Dies ist auch mit ein entscheidender Grund dafür gewesen, den letzten Abschnitt des uns vorliegenden Antragstextes neu in die Beschlussempfehlung aufzunehmen. Darin wird darauf hingewiesen, dass der Niedersächsische Landtag von den öffentlich-rechtlichen Fernsehveranstaltern und der Niedersächsischen Landesmedienanstalt erwartet, durch Verhandlungen mit den Ländern Hessen und Nordrhein-Westfalen eine länderübergreifende

DVB-T-Versorgung auch in den noch nicht versorgten Randzonen Niedersachsens zu erreichen, da sowohl in Hessen als auch in NordrheinWestfalen in Kürze mit der Einführung dieser Technik gerechnet werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotz der vorhandenen angesprochenen Probleme können wir, wenn wir die Einführung der DVB-T-Technik in Niedersachsen thematisieren, zu Recht von einer Erfolgsgeschichte sprechen. Nach Informationen, die ich Anfang dieser Woche bei einem erfahrenen und anerkannten TV-Experten eingeholt habe, sind von Ende Mai bis in die jetzige Zeit hinein in Niedersachsen 350 000 Decoder verkauft worden, obwohl die Technik - das zu sagen gebietet die Objektivität und die Fairness; Frau Wiegel, vielleicht werden Sie mir zustimmen - noch nicht so optimal ist. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass wir im nächsten Jahr eine optimale Situation mit akzeptablen Lösungen erreichen werden.

Mit der Einführung des digitalen Antennenfernsehens wird aus der Sicht der Zuschauer eine echte Alternative zu Kabel und Satellit geboten. Neben den sofort sichtbaren Vorzügen wie Programmvermehrung und bald erreichter hochwertiger Empfangsqualität wird sich in Zukunft mit Sicherheit auch der spezifische Mehrwert dieses Verbreitungsweges, nämlich die Mobilität und die Portabilität, als besonders attraktiv am Markt erweisen und seinen Siegeszug, so meinen wir, antreten.

Das heißt mit anderen Worten: Die digitalen Signale sind auch in Autos und mit tragbaren Computern zu empfangen. Da hierzu eine kleine Antenne ausreicht, sind die Geräte, falls ein Decoder vorhanden ist, überall einsatzbereit. Professor Ulrich Reimers von der TU Braunschweig, der Nestor und Pionier dieser neuen technischen Entwicklung, der noch einmal ausdrücklich genannt werden sollte, weil er für seine technischen Innovationen weltweit anerkannt und gefeiert wird, prophezeite bei der Startveranstaltung am 24. Mai in Hannover, dass man in drei Jahren an Mobiltelefonen mit der Technik des „Überallfernsehens“ nicht mehr vorbeikommen würde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte abschließend noch einmal betonen, dass es das erklärte Ziel der Landesregierung, der CDU und auch der FDP ist, möglichst überall gleiche und gerechte Lebenschancen in Niedersachsen zu schaffen. Und weil er den Menschen und dem Land dient,

können wir diesen Antrag mit gutem Gewissen unterstützen.

Ich darf mich für Ihre freundliche Aufmerksamkeit bei diesem relativ trockenen Thema bedanken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Von der SPD-Fraktion hat sich die Frau Kollegin Wiegel zu Wort gemeldet. Frau Wiegel, bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schon bei der Einbringung des Antrages von CDU und FDP wurde klar, dass wir in dem Wunsch, digitales terrestrisches Fernsehen in Niedersachsen zu installieren, nicht weit auseinander sind. Ich denke, wir sind uns auch heute darüber einig, dass uns die Installation sehr zufrieden stellen kann. Herr Pörtner, ich würde dasselbe Wort benutzen wie Sie: Da kann man schon von einer Erfolgsgeschichte sprechen.

(Friedrich Pörtner [CDU]: Danke!)

- Was heißt „danke“? Wir können uns gegenseitig oder der Landesmedienanstalt gratulieren.

Es ist schon richtig, und das kann man ruhig noch einmal sagen: Niedersachsen war nach Berlin das erste Bundesland, das richtig an die Sache herangegangen ist. Wir haben die Nase vorn. Insofern fand ich es schon ganz interessant: In der vergangenen Woche fanden die Medientage in München statt. DVB-T war dort Thema, aber kein Mensch in Bayern nahm in den Mund, dass Niedersachsen dies schon längst installiert hat. Man hat zwar Nordrhein-Westfalen zitiert, wo es bald so weit ist, aber den Bayern fiel es schwer, Niedersachsen zu nennen, weil sie noch ein wenig darauf warten müssen, bis sie mit ihren Modellregionen München und Nürnberg ins DVB-T gehen.

Wie gesagt, Niedersachsen ist vorne und zusammen mit Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg und Nordhrein-Westfalen auf einem guten Weg. Erst im nächsten Jahr folgen Hessen und - im Mai - Bayern.

Wir haben erlebt - auch das haben Sie, Herr Pörtner, gesagt -, dass es eine hohe Akzeptanz von DVB-T gibt, und zwar nicht nur als Alternative, sondern auch als Ergänzung zu Satellit und Kabel.

Ich denke, das ist die Zukunft, und so wird es auch unter Fachleuten diskutiert. DVB-T ist eine, wie man so schön sagt, Sonderplattform, die zusätzlich zu Kabel und Satellit nutzbar wird und somit seinen Siegeszug antreten wird.

Wir sind uns auch in dem Wunsch einig, DVB-T möglichst flächendeckend anzubieten. In diesem Zusammenhang haben wir aber schon bei der Einbringung Fragen aufgeworfen, die noch nicht geklärt sind. Ich denke, die Beratung im Ausschuss hat dazu beigetragen, dass hier ein wenig mehr Klarheit herrscht.

Klar ist: Wir als Landtag haben keine direkte Einwirkungsmöglichkeit auf die Betreiber, ihr DVB-TAngebot auszuweiten. Der Landtag kann nur appellieren, und das sollten wir auch tun. Unser Ministerpräsident hat uns schon bei der Einbringung berichtet, dass er Gespräche führen will, um Verbesserungen hinzubekommen. Das ist allerdings schon ein Vierteljahr her. Ich kann diese Bitte nur wiederholen, denn wir haben seitdem noch keine Bewegung festgestellt. Das heißt, hier ist noch etwas zu tun, Herr Ministerpräsident.

Klar ist auch, dass die Sender - und hier insbesondere die Privaten - derzeit keine große Bereitschaft zeigen, noch etwas auszuweiten. Dabei muss man allerdings auch sehen, dass es auch noch technische Probleme gibt. Die Fachleute - z. B. von T-Systems, die für das Zweite Deutsche Fernsehen und für die Privaten DVB-T installieren - sagen, eine 100-prozentige Abdeckung zu erreichen, sei technisch schwierig.

Es ist aber auch - das muss man klar sagen, gerade weil Sie von der CDU und von der FDP immer wieder den Kostenrahmen ansprechen - ein finanzielles Problem. Wir haben uns sagen lassen, dass die letzten an der 100-prozentigen Abdeckung fehlenden 10 bis 15 % die Kosten um 50 % steigen lassen. Da wünsche ich mir schon eine ehrliche Auskunft von der CDU, wie Sie sich dazu verhalten, denn Sie haben von „vertretbaren Kosten“ gesprochen. In diesem Rahmen sollte es bleiben. Auch die FDP hat hierzu Aussagen gemacht, zu denen ich gerne Genaueres hören möchte.

Durch die Problematik, die ich genannt habe, werden unsere Wünsche ein wenig gestutzt. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Gleichwohl sollten wir nicht von dem Wunsch nach einer Weiterentwicklung abgehen. Wir sollten die Ausdehnungsmöglichkeiten ausloten. Deswegen kam aus unse

rer Fraktion der Vorschlag, ein wenig konkreter zu werden. Zurzeit sehen wir Ausdehnungs- und Entwicklungsmöglichkeiten nur in der landesgrenzenübergreifenden Kooperation, also, wie wir dies gemeinsam formuliert haben, in der Kooperation mit Hessen und Nordrhein-Westfalen. Wir sehen darin eine gute Konkretisierung Ihres Antrages und werden der Beschlussempfehlung zustimmen.

Wir erwarten von der CDU-Fraktion, dass sie den Ministerpräsidenten weiterhin anspornt, sich dafür einzusetzen, die Bereitschaft bei den Privaten etwas zu erweitern und zu besseren Ergebnissen zu gelangen. Lassen Sie uns inzwischen den gemeinsamen Appell verabschieden und uns gemeinsam die, wie ich meine, erfolgreiche Entwicklung von DVB-T beobachten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich das Wort dem Kollegen Briese.

(Bernd Althusmann [CDU]: Erst ein- mal einen Schluck Wasser!)

Das ist nett. Ich bedanke mich für die Fürsorge, Herr Althusmann.