Protokoll der Sitzung vom 18.11.2004

(Zuruf von Wolfgang Jüttner [SPD])

Für mich war schon auffällig, Herr Jüttner, dass Ihre erste Sorge dem Regierungsvizepräsidenten gilt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Wenn wir sagen, die Mitarbeiter der Bezirksregierung sind inzwischen darüber informiert, was sie

demnächst machen werden - dabei liegt unser Fokus allerdings nun wirklich nicht auf den Leitungsfiguren wie z. B. den Regierungsvizepräsidenten - -

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie haben gesagt, alle wüssten es! Und an ei- nem ersten Beispiel habe ich Sie wi- derlegt!)

- Die Mitarbeiter der Bezirksregierungen wissen es! Die Einschränkung, dass der Regierungsvizepräsident von Hannover mit uns derzeit in Verhandlungen steht, was er demnächst machen könnte, habe ich gemacht. Wir haben auch mit den anderen Vizepräsidenten noch nicht alle Probleme gelöst.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das sind dann also die Nächsten!)

Ich will jetzt nicht aus dem Nähkästchen plaudern. Aber es gibt Leute - das glauben Sie gar nicht -, die von sich aus etwas anderes vorhaben als das, was wir mit ihnen vorhaben.

(Unruhe bei der SPD)

Das ist übrigens der normale Konflikt zwischen Dienstherrn und Beamtinnen und Beamten.

(Zuruf von der SPD: Es sind Men- schen!)

Wenn allerdings alle Beamten immer das machen würden, was sie machen wollen, und der Dienstherr generell darauf verzichtet, dass das gemacht wird, was gemacht werden muss, dann hätten wir die Zustände in diesem Land, die wir unter Ihrer Regierung des Öfteren zu beklagen hatten.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Genau so ist es!)

Die nächste Zusatzfrage Herr Kollege Harden, bitte!

Ich möchte noch einmal auf den Zusammenhang zwischen Jobbörse und Verwaltungsreform eingehen. Ist die Landesregierung nicht der Ansicht, dass man die Jobbörse auch so verstehen kann, dass die Leute dort in der Warteschleife stehen und darauf warten, dass die Löcher gestopft wer

den sollen, die durch die überstürzte Verwaltungsreform gerissen werden?

(Bernd Althusmann [CDU]: „Über- stürzte Verwaltungsreform“? Dass ich nicht lache! Seit elf Jahren reden wir darüber!)

Danke schön. - Für die Landesregierung Herr Ministerpräsident Wulff!

Also, die Verwaltungsreform war nun in jeder Hinsicht überfällig, und es kann gar nicht schnell genug gehen, diese Sache zu Ende zu bringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die entscheidende Evaluation von außen ist ja von Professor Hesse vorgenommen worden. Ich denke doch, dass seine Begutachtung, dass seine Ausführungen, die er im Ausschuss gemacht hat, sehr eindrucksvoll waren. Er hat nämlich sinngemäß gesagt: Diese Verwaltungsreform ist vorbildlich, ist modellhaft für Deutschland; andere Länder werden dem nachfolgen. Niedersachsen geht voran: mutig, richtig, super.

Diese Einlassungen von Professor Hesse sollten uns doch ermutigen zu sagen: Der Weg ist richtig, jetzt gehen wir ihn weiter, und jetzt gehen wir ihn zu Ende!

(Zuruf von Prof. Dr. Hans-Albert Len- nartz [GRÜNE])

Nun gibt es auf diesem Weg aber auch die Erfahrung, dass viele Mitarbeiter die Aufgabe, die sie bisher gemacht haben, nicht weitermachen können, weil sie nämlich nicht mehr gemacht werden muss. Und da finde ich es beachtlich, was sich auf dem Feld tut.

Ich denke dabei z. B. an das Europäische Informationszentrum im Bereich der Staatskanzlei. Dafür haben sich aus der Jobbörse Mitarbeiter gemeldet, die bisher für das Beschneiden von Bäumen an Landesstraßen zuständig waren. Diese Aufgabe ist rationalisiert worden; das wird heute von weniger Leuten gemacht. Wir mussten ja einmal darüber nachdenken, ob nach wie vor jeder Baum einzeln behandelt werden soll - je nach dem, ob er an einer Kreisstraße liegt, an einer Landesstraße oder an einer Bundesstraße, ob in einer Ortschaft, wo

es dann eine Kreisstraße sein kann, oder außerhalb der Ortschaft, wo es wieder eine Landesstraße sein kann - oder ob wir das effektuieren können, wie wir es jetzt auch tun.

Es hat sich also eine Mitarbeiterin für das Europäische Informationszentrum gemeldet. Sie ist dort eine viel beachtete, vorbildliche Mitarbeiterin, total neu motiviert. Sie sagt: Dass ich diese Chance in meinem Leben noch einmal bekommen habe, eine ganz andere Aufgabe zu übernehmen, junge Leute, Senioren über die Osterweiterung zu informieren, ist für mich eine Riesen-Bereicherung.

So sitzen wir jetzt in Runden. Dass wir viele haben, die klagen, die lästern, die mosern über die Reform, ist klar; Veränderung ist immer schwierig. Aber neulich saß da eine und sagte: Ich dachte, ich würde die Reformverliererin sein. Nein, ich bin die Reformgewinnerin. Das, was ich jetzt mache, eröffnet mir eine riesige neue Perspektive.

Sprechen Sie einmal mit den Forstleuten, mit den Forstbeamten, die jetzt Biologielehrer, Naturkundelehrer oder Heimatkundelehrer an Grundschulen werden! Ich kann Ihnen nur sagen: Die Grundschulkinder, die in Zukunft von diesen ehemaligen Förstern mit Lebenserfahrung unterrichtet werden, beneide ich heute schon.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie werden sich noch wundern! Diese Kinder können mit einem Mal wieder Lieder singen, sie können mit einem Mal wieder Tier- und Pflanzenarten unterscheiden.

(Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Heute können die Kinder besser Pkw-Arten als Pflanzen- und Tierarten unterscheiden. Das wieder einmal ein wenig zurechtzurücken, wird eine super Erfahrung werden in diesem Land. Wir werden alle glücklich sein, dass wir diesen Versuch mit dieser Umgestaltung gemacht haben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Modder, Sie stellen die nächste Zusatzfrage. Bitte schön!

Frau Ministerin, Sie haben vorhin mehrfach den Landkreis Leer genannt und gesagt, dass dort ein Antrag zur Übernahme von fünf Landesbediensteten vorliege.

(Zuruf von der SPD: Sechs!)

- Von sechs. Noch schlimmer!

Ich habe gerade mit dem Landrat gesprochen. Deshalb frage ich Sie: Ist es nicht eher so gewesen, dass sich fünf oder sechs Landesbedienstete beim Landkreis Leer beworben haben und daraufhin der Landkreis angefragt hat, zu welchen Bedingungen sie übernommen werden könnten? Jetzt konzentriert sich das auf zwei Landesbedienstete.

Ich sage einmal, Herr Ministerpräsident: Es geht nicht darum, dass diese Landesbediensteten nicht wissen, wo sie denn ab dem 1. Januar 2005 arbeiten sollen, sondern darum, dass sie keine Perspektive mehr sehen. Deshalb haben sie sich auf die Ausschreibung des Landkreises im Zusammenhang mit Hartz IV beworben. Aber diese Option ist zeitlich begrenzt. Herr Ministerpräsident, sind das die Perspektiven der Landesbediensteten, von denen Sie gesprochen haben?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung Herr Ministerpräsident Wulff, bitte schön!

Frau Präsidentin! Es ist doch einfach super, wenn Beamte des Landes, für die wir derzeit keine Aufgaben haben und an denen wir sparen könnten - wenn sie von anderen übernommen werden, werden die Kosten zwischen Land und Kommune geteilt -, beim Landkreis Leer, der sich um die Option nach Hartz IV beworben hat, demnächst im Bereich der Arbeitsvermittlung in den ersten Arbeitsmarkt und der Umsetzung von Hartz IV eingesetzt werden und dort den Sachverstand aus ihrer bisherigen Tätigkeit einbringen können.

Es ist der Wunsch der Landesregierung, dass wir mit dem Landkreis Leer eine Vereinbarung erzielen. Jetzt kann man uns vorwerfen, dass wir diese

Vereinbarung hier und heute noch nicht unterschrieben vorlegen können. Nun gut.

(Zuruf von der SPD)

Aber wenn wir sie Ihnen in zwei Monaten unterschrieben vorlegen und zwei, drei oder gar sechs Beamte unter Kostenteilung zwischen Land und Landkreis Leer beim Landkreis Leer arbeiten, dann liegt das im Interesse des Landkreises Leer, weil er keine zusätzlichen Mitarbeiter von außen einstellen musste, und dann liegt das im Landesinteresse, weil wir diese Beamten nicht mehr zu 100 % bezahlen müssen.

Deshalb müssten Sie es doch begrüßen, dass eine solche Vereinbarung zustande kommt. Aber wenn Sie eben sagten, sechs statt fünf, das sei ja noch schlimmer - das ist Ihnen so herausgerutscht -, dann zeigt das: Sie wollen den Erfolg der Verwaltungsreform nicht!

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Uns aber müssen Sie zubilligen, dass wir ihn wollen und dass wir ihn bekommen werden in der Verwaltungsreform, die Sie über Jahre hin unterlassen haben.