b) Hauptschule schützen und stärken SPD-Bundesbildungsministerin Bulmahn diskriminiert Hauptschülerinnen und Hauptschüler - Antrag der Fraktion der CDU Drs. 15/1551
Aber mit der Aussage, die Hauptschule habe keine Zukunft, hat Frau Bulmahn die Grenzen dessen, was sich eine Bundesministerin leisten darf, mehr als überschritten.
Frau Bulmahn hat in verantwortungsloser Weise die jungen Menschen diffamiert und diskreditiert, obwohl sie es gerade jetzt besonders schwer haben.
Die ausbildende Wirtschaft, also die kleinen Betriebe in Mittelstand und Handwerk, sind durch die verheerende Kahlschlagpolitik der rot-grünen Bundesregierung überproportional betroffen. Sie kämpfen ums Überleben. Das hat natürlich nachteilige Auswirkungen auf die Ausbildungsmöglichkeiten für Schulabgänger.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Hauptschülerinnen und Hauptschüler in Niedersachsen während der 13 Jahre SPD-Landesregierung weniger Chancen hatten, weil diese Schulform auf kaltem Wege ausbluten und zur Restschule gemacht werden sollte. Das war nicht naiv, meine Damen und Herren, sondern das hatte System. Hier sollte der Weg für integrative Systeme, für längst überholte Gesamtschulsysteme bereitet werden. An dieser Schulpolitik von Schröder und Gabriel, meine Damen und Herren, sind Sie letztendlich gescheitert.
Der Vorstoß von Frau Bulmahn zur Abschaffung des gegliederten Schulsystems hat bei den Schülerinnen und Schülern der Hauptschulen in Niedersachsen große Empörung ausgelöst. Wir haben von vielen Schulen Rückmeldungen erhalten, in denen die Äußerungen von Frau Bulmahn durchgehend als imageschädigend und verantwortungslos bezeichnet worden sind.
Empört waren vor allen Dingen die Schülerinnen und Schüler selbst. Die Forderung von Frau Bulmahn, die Hauptschule abzuschaffen, ist auf einhellige Ablehnung gestoßen. Ein Hamelner Schulleiter sagte in der Deister-Weser-Zeitung, dass er
die Zehntklässler regelrecht beruhigen musste, so sehr fühlten sie sich diffamiert und diskreditiert.
- Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt auch noch darüber lachen, dann ist das Ende der Fahnenstange dessen, was man noch „verantwortungsbewusst“ nennen kann, wirklich erreicht. Sie sollten sich schämen!
Überall in Deutschland ist Frau Bulmahns Äußerung abgelehnt worden. Sie ist auf große Ablehnung der ausbildenden Wirtschaft gestoßen. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, der Arbeitgeberpräsident, der BDA-Bildungsexperte, der Handwerkspräsident: Alle warnen vor Panikmache und Einfachrezepten. Alle weisen darauf hin, dass die ideologische Strukturdebatte der Frau Bulmahn nur den Irrtum nährt, man könne damit das Problem schwächerer Schüler lösen. Der Schlüssel zu einer Verbesserung, so die Vertreter der Verbände, liege in der individuellen Förderung der Kinder und vor allem in einem viel stärkeren Bezug der Hauptschule zur Arbeits- und Berufswelt. Meine Damen und Herren, selbst in den Reihen der SPD stößt die Bulmahn‘sche Forderung nach Abschaffung des gegliederten Schulwesens auf heftige Kritik.
Berlins Bildungsminister, Herr Böger - SPD -, betonte, Problemgruppen in den Hauptschulen aus Migrantenfamilien und bildungsfernen Schichten werde nicht geholfen, indem man sie in Gesamtschulsysteme stecke. Der SPD-Fraktionschef im bayrischen Landtag, Herr Maget, machte es noch deutlicher: Die Hauptschule geht, mit Verlaub, Frau Bulmahn einen feuchten Kehricht an. - Wo der Mann Recht hat, hat er Recht.
Alles das, was die ausbildende Wirtschaft zur Verbesserung der Hauptschule vorschlägt, ist von uns mit dem Schulgesetz zum 1. August 2004 auf den Weg gebracht. Wir haben reagiert, wir haben konsequent und richtig gehandelt. Die Hauptschule ist ein Kernstück, ein Herzstück der neuen Schulreform, sie nimmt eine ganz besondere Stellung ein.
Wir sind ganz sicher: Wenn sich die Verunsicherung durch die Veränderungen der Schulstrukturreform gelegt hat, wenn sich die Hauptschule der Zukunft, unsere Hauptschule, in den Köpfen und in den Herzen der Eltern und der Öffentlichkeit positioniert hat - das geht natürlich nicht in einem Vierteljahr; dazu braucht man schon etwas Zeit -, dann werden noch mehr Schülerinnen und Schüler die Hauptschule der Zukunft besuchen, weil sie feststellen werden, dass diese Schulform, dass diese Hauptschülerinnen und Hauptschüler eine Zukunft haben.
Meine Damen und Herren, Sie sollten sich sehr schnell von Ihrer Bundesbildungsministerin distanzieren. Sie sollten diese Dame darauf hinweisen, dass man sich gerade in ihrer Funktion erst einmal der Anstrengung des Denkens unterziehen sollte, bevor man so herumplappert und junge Menschen diffamiert und diskreditiert. Sie sollten Ihre ideologischen Scheuklappen absetzen - analog zu dem, was Ihre eigenen Parteifreunde gesagt haben und sich deutlich - auch hier und heute - von den Bulmahn‘schen Äußerungen distanzieren. Wir erwarten das nicht von Ihnen. Wir erwarten eigentlich überhaupt nichts von Ihnen. Aber Sie sind das verdammt noch einmal den niedersächsischen Hauptschülerinnen und Hauptschülern, die für ihre Zukunftschancen kämpfen, schuldig, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da kommt die CDU und will die Hauptschule schützen - sagt sie. Vor wem, frage ich mich.
Hauptschule für ihre Kinder nicht mehr. Nicht einmal 20 % der Eltern haben im Sommer ihr Kind für den Besuch der fünften Klasse der Hauptschule angemeldet.
Das ist auch verständlich. Natürlich ist das verständlich, weil der Hauptschulabschluss die geringsten Berufsperspektiven eröffnet. Schülerinnen und Schüler wurden erst gar nicht gefragt.
Aber aus den Schulen hören wir, dass nirgendwo eine so große Demotivierung zu spüren ist wie in den neu gebildeten fünften und sechsten Hauptschulklassen. Den Kindern ist offensichtlich bewusst, dass sie schon mit zehn Jahren zu den Verlierern unseres Bildungssystems gehören sollen.
Der PISA-Bericht 2003 hat uns gezeigt, dass alle Bemühungen, die Leistungsergebnisse der Schulen zu steigern, an den Hauptschulen vorbeigegangen sind.
Minimal besser sind die Ergebnisse an den Gymnasien und an den Gesamtschulen. Aber an den Hauptschulen sind sie seit der Untersuchung im Jahre 2000 eher noch schlechter geworden.
Meine Damen und Herren, in der PISA-Studie 2000 spricht man von differenziellen Lernmilieus in den verschiedenen Schulformen. Wenn die schwächsten Schülerinnen und Schüler, die meistens schon von Haus aus benachteiligt sind, in einer Schulform zusammengefasst werden und unter sich bleiben, können sie eben nicht besonders begabungsgerecht gefördert werden, wie Sie immer meinen. Nein, sie werden demotiviert, es fehlen ihnen Anregungen und Ansporn durch leistungsstärkere Mitschülerinnen und Mitschüler. Aber Sie, meine Damen und Herren von der CDU, erklären noch immer, wenn schwächere Schüler unter sich blieben, würden sie davon profitieren und besser
werden. Glauben Sie das eigentlich wirklich? Oder steckt dahinter das, was der Journalist Christian Füller - sehr provokant, muss ich sagen - in seinem taz-Artikel „Die Hauptschulversteher“ behauptet? Ich zitiere:
„Die Befürworter der Hauptschule haben nur eins im Sinn: Ihr geliebtes Gymnasium soll unangetastet bleiben.“
Heute stellen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, und Sie, Frau Körtner, sich hier hin und klagen mit heuchlerischen Krokodilstränen: Frau Bulmahn diskriminiert die Hauptschülerinnen und Hauptschüler.
(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Heuchlerische Kroko- dilstränen! Das kann doch nicht wahr sein!)
Wer hat es denn mit seinem Konzept geschafft, dass noch nie so wenig die Hauptschule angewählt wurde wie in diesem Sommer? Das ist doch das Ergebnis Ihrer Schulpolitik! Wer hat denn den Rettungsanker für die Kooperativen Haupt- und Realschulen aus dem Gesetz gestrichen? - Das waren doch Sie! Damit übernehmen Sie auch die Verantwortung für diese schlechte Anwahl.