Wer hat es denn mit seinem Konzept geschafft, dass noch nie so wenig die Hauptschule angewählt wurde wie in diesem Sommer? Das ist doch das Ergebnis Ihrer Schulpolitik! Wer hat denn den Rettungsanker für die Kooperativen Haupt- und Realschulen aus dem Gesetz gestrichen? - Das waren doch Sie! Damit übernehmen Sie auch die Verantwortung für diese schlechte Anwahl.
Nein, nicht Frau Bulmahn diskriminiert die Hauptschülerinnen und Hauptschüler, Ihr Schulsystem diskriminiert diese Kinder, weil es sie schon mit zehn Jahren aussortiert und von den Bildungschancen der anderen Schulformen abschneidet.
Sie schicken diese Kinder nach der vierten Klasse in eine abgetrennte Schulform mit reduziertem Bildungsauftrag. Sie enthalten diesen Kindern die Förderung vor, die denen anderer Schulformen zugute kommt. Wer wirklich etwas für Hauptschülerinnen und Hauptschüler tun will, der muss die Hauptschule als abgetrennte eigene Schulform zugunsten integrativer Systeme abschaffen. Das fordert nicht nur Frau Bulmahn, das ist auch der Vorschlag der über 50 Bildungsexperten, die im Auftrag der bayrischen Wirtschaft die Studie „Bildung neu denken“ geschrieben und verfasst ha
ben. Vielleicht sollten Sie sie einmal lesen und denken, bevor Sie reden, meine Damen und Herren von CDU und FDP.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Bildungsministerin Bulmahn hat die Hauptschule schlechtgeredet. Sie hat die Einheitsschule gefordert. Das ist bekanntlich auch eine Forderung der Grünen.
und deswegen einige Punkte aus der PISA-Studie noch einmal ins Gedächtnis rufen, weil der eine oder der andere sie vielleicht nicht 100-prozentig gelesen hat.
In PISA 2003 gibt es keine einzige Zahl und kein Argument gegen das gegliederte Schulsystem und für die Einheitsschule, die bzw. das nicht schon genau so in PISA 2000 gestanden hätte. Das heißt, die Aufregung, dass plötzlich ein Handlungsbedarf bestehe, ist pure Show.
Frau Korter, Sie haben gesagt, es hätte praktisch keine Verbesserung stattgefunden. Faktum ist: Die deutschen Schüler haben sich bei PISA 2003 in allen Bereichen gegenüber PISA 2000 verbessert, in einigen Bereichen durchaus signifikant.
- Moment! Das genau ist das, was Herr Jüttner gesagt hat: Viel mehr war in der kurzen Zeit gar nicht zu erwarten. Wie gesagt, ich will zur Versachlichung beitragen.
Auch dazu, ob wir ein gegliedertes Schulsystem oder ein Einheitsschulsystem haben wollen, sagt die PISA-Studie einiges aus. Es gibt dazu nämlich
eine Tabelle, die man nur richtig lesen muss. In dieser Tabelle werden die Länder mit stark gegliederten Schulsystemen - insgesamt neun an der Zahl - und auch die Länder mit einem Einheitsschulsystem - elf an der Zahl - aufgeführt. Sieben von neun Ländern mit einem stark gegliederten Schulsystem haben überdurchschnittlich abgeschnitten, bei den Ländern mit einem Einheitsschulsystem waren es acht von elf. Hier ist wirklich kein Unterschied zu erkennen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einen zweiten Punkt relativieren. Dabei geht es mir um den so genannten sozioökonomischen Index in PISA 2003, der besagt, dass es Schulen für Arme und Schulen für Reiche gebe; in Deutschland sei die Kluft zwischen den Schulen, die auf Unterschiede beim sozioökonomischen Index zurückzuführen ist, besonders groß. Schaut man sich die entsprechende Tabelle an, dann wird man feststellen, dass von den neun Ländern der Studie, bei denen der Index relativ am höchsten ist, die also angeblich ein besonders stark diskrepantes Schulsystem haben, sechs zu den Siegerländern gehören. Von den neun Ländern mit einem einheitlichen Schulsystem, wo also am wenigsten Unterschiede zwischen den Schulen bestehen, gehören nur fünf zu den Siegerländern. Auch hier ist das gegliederte Schulsystem mit seiner großen Varianz am Ende insgesamt im Vorteil. Darauf kommt es doch an, meine Damen und Herren, wenn wir Deutschland voranbringen wollen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Titel des vorliegenden Antrags lautet: „Hauptschule schützen und stärken - SPD-Bundesbildungsministerin Bulmahn diskriminiert Hauptschülerinnen und Hauptschüler“. Allein an dieser Gegenüberstellung kann man erkennen, worum es geht: Die CDU hat nur Interesse daran, Schulformen zu stärken.
Dies war auch der Ansatz Ihrer so genannten Schulreform, die keine war, weil sie einen Schritt zurück in die 50er- und 60er-Jahre darstellte.
Der Ministerin aber - zumindest dies wird in der Überschrift des Antrags richtig dargestellt - geht es um die Schülerinnen und Schüler.
Da hier über eine Aussage der Ministerin gesprochen wird, ohne dass sie von einem meiner Vorredner oder einer meiner Vorrednerinnen wörtlich zitiert worden ist, möchte ich Ihnen den Wortlaut vortragen. Nach SPIEGEL ONLINE wurde sie gefragt:
„Gehört die Abschaffung von Gymnasien, Real- und Hauptschulen zu den jetzt anstehenden Reformprojekten?“
„Ich glaube nicht, dass die Hauptschule auf Dauer ein erfolgreiches Modell ist. Aber wir haben wichtige Reformschritte bereits begonnen. Sie müssen nun vor allem zügig weitergeführt werden. Dazu gehört die frühkindliche Bildung...“
Frau Körtner, die Art und Weise, in der Sie eben über die Bundesbildungsministerin geredet haben, hat aus meiner Sicht jede Form von Anstand und Höflichkeit verletzt.
In seiner Rede sagte der Minister vorhin, er habe mehr Ganztagsschulen eingerichtet, als wir es vor ihm getan hätten. Ja, warum denn wohl? - Weil die Bundesbildungsministerin, die eben in so unangemessener Form angesprochen wurde,
dem Land Niedersachsen ca. 400 Millionen Euro zur Verfügung stellt, damit diese Ganztagsschulen eingerichtet werden können.
Nun aber zu Ihrer Behauptung, Sie wollten die Hauptschule schützen und stärken - ich wende mich hier besonders an den Minister -: Warum haben Sie die Mittel im Hauptschulprofilierungsprogramm zweimal gesenkt? Insgesamt haben Sie sie von 5,2 Millionen Euro - das war der Ansatz zu unserer Zeit - auf 4,788 Millionen Euro gesenkt.
Sie wissen genau, dass die SPD in der Debatte, die wir im Oktober letzten Jahres über Sozialarbeiter an den Hauptschulen geführt haben, unsere Forderungen so massiv vorgetragen hat, dass Ihre Fraktion hier im Parlament Mittel in Höhe von 5 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt hat.
Herr Minister, Sie haben den Praxistag vollmundig angekündigt und darauf verwiesen, dass Sie eine Zielvereinbarung in Papenburg abgeschlossen hätten, die besage, dass es für Hauptschülerinnen und Hauptschüler einmal pro Woche einen Praxistag geben werde.
Der Praxistag ist in Ihrem Erlass nun aber komplett zurückgenommen worden. Was Sie fordern und in den Erlass geschrieben haben, entspricht dem, was wir an Hauptschulen schon lange machen: eine klare berufliche Orientierung mit einem Stundeneinsatz, der völlig richtig ist. Herr Minister, können Sie uns eine weitere Zielvereinbarung nennen, die der von Papenburg ähnlich ist? Ihre vollmundige Ankündigung, einen Praxistag zur Stärkung der Hauptschule einzuführen, ist leider folgenlos geblieben.
Dann haben Sie die Hauptschulen gestärkt, Herr Minister, indem Sie die Klassenfrequenzen bei den Hauptschulen von 28 auf 26 gesenkt haben. Das ist allerdings eine tolle Nummer, weil noch nicht
einmal 10 % aller Hauptschulklassen von dieser Maßnahme betroffen sind. Der Preis dafür war, dass Sie die Klassenfrequenzen an den Realschulen und Gymnasien eindeutig erhöht haben. Diese Rechnung geht nun beim besten Willen nicht auf.