Protokoll der Sitzung vom 14.12.2004

Im Rahmen der Anhörung, die bei dem Gesetzgebungsverfahren durchgeführt wurde, und bei den vielen Gesprächen, die mit Landräten, Sparkassenvorständen und weiteren stattgefunden haben, haben sich naturgemäß auch problematische Punkte ergeben. Dazu gehören insbesondere die Themenbereiche Gewinnausschüttung, Vertikalisierung, Umlandproblematik Hamburg/Harburg, Beweislastumkehr in Haftungsfragen beim Vorstand und Verwaltungsrat sowie Größe und Vertreterregelung beim Verwaltungsrat.

Die im Gesetz ermöglichte Erweiterung des Trägerkreises dient dem Zweck, die Erfüllung des öffentlichen Auftrages im Geschäftsgebiet der betreffenden Sparkasse sicherzustellen, wenn diese in Ausnahmefällen in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Der Begriff der Vertikalisierung wird in der Regel mit der Übernahme einer Sparkasse durch die Landesbank verbunden. Diese konkrete Übertragungsmöglichkeit ist Ausdruck der konsequenten Verfolgung des öffentlich-rechtlichen Ansatzes und im Sinne der Stärkung der kommunal verfassten Sparkassen zu verstehen. Sie ist nur als Auffanglösung und Ultima Ratio gedacht und kommt erst nach Anwendung eines im Gesetz speziell geregelten Stufenmodells zum Tragen. Ich habe das in den Gesprächen immer drei- bis vierfachen AirbagSchutz genannt. Erst dann, wenn nicht der eigene Landkreis eintreten kann, wenn keine Zusammenarbeit oder Fusion oder Zweckverbandsregelung mit benachbarten Sparkassen, keine Übernahme durch den Verband erfolgen kann, können andere Träger in die Überlegungen einbezogen werden, für den entsprechenden Bereich eine Versorgung mit Sparkassendienstleistungen sicherzustellen.

Ein weiterer Diskussionspunkt war die Regelung zum Hamburger Umland und die Zusammenarbeit mit der Haspa. Die Regelung sieht vor, dass die grenzüberschreitende nachbarschaftliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sparkassenwesens

auch mit privaten Sparkassen möglich ist, nämlich im Rahmen eines Sparkassenzweckverbandes und wenn beide die Mitglieder eines regionalen Sparkassen- und Giroverbandes sind. Eine weitergehende Öffnung erschien im Hinblick auf die speziellen landespolitischen Belange nicht vertretbar. Eine Beteiligung der Haspa ist grundsätzlich möglich, allerdings nur bis zur Grenze von 50 %.

Im Verfahren ist auch noch die Größe des Verwaltungsrates geändert worden. Da gibt es jetzt eine Differenzierung zwischen 9, 12, 15 und 18 Mitgliedern. Hier wollte man den speziellen örtlichen Belangen Rechnung tragen.

Der Verzicht auf die Doppelspitze im Vorstand ist so geblieben wie ursprünglich vorgesehen.

Zur Möglichkeit der Gewinnausschüttung ist eben schon ausführlich etwas gesagt worden.

Somit sind die Anregungen aus der öffentlichen Anhörung umgesetzt worden, auch hinsichtlich der kommunalen Trägerschaft. Von daher sind diese Anhörung und das Bemühen um eine gemeinsame Lösung heute dadurch zum Abschluss zu bringen, dass wir als Fazit sagen: Wir haben ein modernes Sparkassengesetz.

Herr Rolfes, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich bin beim Schluss.

(Heiterkeit)

Ich danke allen Diskussionspartnern, insbesondere dem Sparkassen- und Giroverband, der von Beginn an sehr engagiert dieses neue Recht mitgestaltet hat.

Nun will Bündnis 90/Die Grünen nicht zustimmen. Lieber Stefan Wenzel, wir verabschieden trotzdem ein hervorragendes Gesetz. Viele Länder diskutieren zurzeit ein neues Sparkassengesetz.

Das ist aber ein langer Schluss, Herr Rolfes!

Ein Blick in unser Sparkassengesetz könnte viele Diskussionen abkürzen und auch in anderen Län

dern zu guten Ergebnissen führen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt hat Herr Brockmann von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich mache es etwas kürzer. Ich will Ihre Geduld nicht so sehr in Anspruch nehmen.

(Beifall bei der CDU - Dr. Philipp Rösler (FDP): So fangen immer ganz lange Reden an!)

Die uns heute vorliegende Beschlussempfehlung zum Entwurf eines Niedersächsischen Sparkassengesetzes hat einen langen Beratungszeitraum und mehrere Anhörungen hinter sich. Im Großen und Ganzen sind die Bedenken und Anregungen des NSGV, der kommunalen Spitzenverbände und auch aus unserer Fraktion in diese Beschlussempfehlung eingeflossen. Der Gesetzentwurf stellt in der vorliegenden Fassung eine Anpassung und Modernisierung des Sparkassenrechts an heutige Bedürfnisse weitgehend sicher.

So ist es sehr zu begrüßen, dass der öffentliche Auftrag der Sparkassen voll erhalten bleibt und sie vor allem ihre besonderen Stärken, nämlich die kommunale Bindung, die Kundennähe und die Verankerung in der Region, zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger einsetzen können. Weiterhin ist zu begrüßen, dass sich in § 3 das klare Bekenntnis zur öffentlichen Rechtsform und in § 1 die Unveräußerbarkeit von Sparkassen wiederfinden. Diese Regelungen stärken den Verbund und verhindern das Herausbrechen einzelner Häuser aus der Sparkassenorganisation. Ich erinnere da nur an die Stralsund-Diskussion. Somit ist sichergestellt, dass die Sparkassen ihren Auftrag langfristig erfüllen können und ihre Identität behalten.

Die kommunale Trägerschaft bleibt der gesetzliche Regelfall. Allerdings ist im neuen Gesetz die so genannte Vertikalisierungsoption enthalten; wir haben eben davon gehört. Diese Regelung ist aber auch nach Meinung des NSGV überflüssig. Sie würde nur in Fällen einer allgemeinen Krise des Sparkassenwesens greifen. In dieser theoretischen Situation, die nach einhelliger Meinung nicht zu

erwarten ist, wären ohnehin grundlegende gesetzgeberische Maßnahmen notwendig. Die anderweitig zur Verfügung stehenden Optionen, die da sind Fusion, Übertragung der Trägerschaft auf Kommunen oder kommunale Einrichtungen und Stützungsfonds des NSGV, Haftungsverbund der Sparkassen-Finanzgruppe, reichen auch nach Meinung von Experten für alle realistischen Fälle völlig aus. Trotz alledem kann die jetzige Regelung akzeptiert werden, da sie das Tatbestandsmerkmal des Gesamtinteresses der kommunal verfassten Sparkassen beinhaltet.

Positiv ist die grundsätzliche Beibehaltung und Weiterentwicklung des Regionalprinzips in § 4 zu sehen. Unsere Sparkassen können und müssen sich mit ihrer Geschäftstätigkeit auf ihre Region konzentrieren, was sich nur vorteilhaft auf ihre Gemeinwohlorientierung auswirken kann. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die Sparkassen wichtigster Kapitalgeber für den Mittelstand sind.

Meine Damen und Herren, im Entwurf des Niedersächsischen Sparkassengesetzes wurden die durch das Regionsgesetz für die Sparkasse Hannover eingeführten besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst nicht angetastet. Von dieser Linie wich der Änderungsvorschlag der Regierungskoalition mit der Begründung ab, es müssten aufgrund veränderter Rahmenbedingungen künftig einheitliche Vorschriften für alle niedersächsischen Sparkassen gelten. Hiergegen äußerten in einem gesonderten Anhörungsverfahren die Vertreter des NSGV, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Stadt und Region Hannover erhebliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken. Während der Fusionsverhandlungen waren sich Region und Landeshauptstadt Hannover einig, dass sowohl die Stadtsparkasse als auch die Kreissparkasse Hannover als gleichberechtigte Partner zu einem gemeinsamen Institut für die Region Hannover zusammengeschlossen werden sollen. Man einigte sich auf eine Regionssparkasse, in der sowohl Region als auch Landeshauptstadt gleichberechtigt sein sollten. Das Gesetzgebungsverfahren mündete somit in fusionsbegleitende Sonderregelungen für die Sparkasse Hannover, mit denen ein ausgewogener und gerechter Interessenausgleich zwischen beiden Partnern zustande kam. Die Planungen der Fraktionen der CDU und der FDP hätten hier zu erheblichen Problemen für Stadt und Region geführt.

(Zustimmung bei der SPD)

Glücklicherweise hat die von der SPD-Fraktion beantragte Anhörung im Ausschuss für Haushalt und Finanzen dafür gesorgt, dass die Regierungskoalitionen sehr schnell zur Vernunft kamen und ihr ursprüngliches Ansinnen zurückgenommen haben;

(Beifall bei der SPD)

denn diese gesetzlichen Sonderregelungen für die Sparkasse Hannover haben die Fusion ja erst möglich gemacht. Es war sehr interessant, im Ausschuss zu beobachten, wie der CDU-Achter mit dem Steuermann Althusmann die Weltmeisterschaft im Rückwärtsrudern gewonnen hat.

(Beifall bei der SPD)

Es bestand zu keiner Zeit ein sachlicher Grund, die Sonderregelungen abzuschaffen, hätte dies doch die verfassungsrechtlich gebotene Rechtssicherheit beeinträchtigt und das Vertrauen sowohl der Landeshauptstadt als auch der Region Hannover in den Fortbestand gesetzlicher Regelungen verletzt.

Auch zu der Verkleinerung der Verwaltungsräte und zu der Abschaffung der Stellvertreter, zu den Haftungsregelungen usw. gäbe es noch eine Menge zu sagen, worauf ich jedoch heute aus Zeitgründen verzichten möchte. Kritisch zu sehen sind diese Änderungen allemal.

In der Gesamtschau fällt auf, dass die wichtigsten Strukturmerkmale der Sparkassen gesichert sowie Deregulierung und Bürokratieabbau eingeleitet werden. Das sind Aspekte, die zu begrüßen sind. Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Die Rede war tatsächlich etwas kürzer. - Jetzt hat Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Bitte eine ganz kurze Rede!)

Ganz kurz. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden diesem Entwurf des Sparkassengesetzes nicht zustimmen.

(David McAllister [CDU]: Was? - Wil- helm Heidemann [CDU]: Das bedau- ern wir sehr!)

Er geht uns in einem wichtigen Punkt nicht weit genug, und in einem weiteren Punkt bleibt er hinter den Möglichkeiten zurück.

Zu den Gemeinsamkeiten. Wir sind uns darüber einig, dass wir starke öffentliche Sparkassen brauchen, um die klein- und mittelständische Wirtschaft und die Privatkunden in Niedersachsen mit optimalen Finanzdienstleistungen versorgen zu können. Hier spielen die Sparkassen eine außerordentlich wichtige Rolle. Hier stärken sie den Wettbewerb und wirken preisdämpfend bei Kreditdienstleistungen aller Art. Sie verhindern die Austrocknung des ländlichen Raumes und den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen. Die Sparkassen können auf eine Tradition von mehr als 200 Jahren zurückblicken, und sie haben manchen Sturm überlebt. Wir dürfen aber nicht übersehen, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren radikal verändert haben. Der Wegfall der Gewährträgerhaftung unterwirft auch die Sparkassen einem Marktgeschehen, das schwer kalkulierbare Kräfte freisetzt. Zurzeit erleben wir einen beispiellosen Angriff auf die Landesbanken. Die neuen Forderungen der Wettbewerbskommissarin kommen in einer Zeit, in der sensible Verhandlungen mit den Ratingagenturen geführt werden. Dabei steht auch für die Sparkassen sehr viel auf dem Spiel.

(Bernd Althusmann [CDU]: Die Spar- kassen haben ein gutes Rating be- kommen!)

- Das war das Rating für die Sparkassengruppe. Für die Landesbanken steht aber noch einiges aus.

Die Ratingagenturen bestimmen heute über das Wohl und Wehe von Banken, Unternehmen, Konzernen und Staaten. Sie werden durch keinerlei demokratisch legitimierte Institutionen kontrolliert,

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Das ist wahr!)

und drei von ihnen beherrschen den Weltmarkt für Ratingdienstleistungen. Die Kriterien, die hier angelegt werden, sind wenig transparent, und die notwendigen Korrekturen bei der Aufsicht über die Ratingagenturen werden wir nicht von heute auf

morgen durchsetzen können. Diese Diskussion hat gerade erst begonnen.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Da muss mal Joschka mit ran!)

Sparkassen und Landesbanken müssen sich künftig in diesem Rahmen bewegen, und sie müssen hier bestehen. Hier setzen unsere Bedenken an. In § 3 des Gesetzentwurfes ist vorgesehen, dass Sparkassen rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts bleiben sollen. Wir haben Zweifel, ob dieser Schwur den künftigen Anforderungen gerecht wird. Wir hätten uns gewünscht, dass die Mehrheitsfraktionen auch andere Optionen zugelassen hätten. Dabei hätten wir gern die Möglichkeit zur Bildung von Stiftungssparkassen vorgesehen. Die Kommunen sollten die Möglichkeit haben, ihre Sparkassen in Stiftungen einzubringen, die den öffentlichen Auftrag im wirtschaftlichen, regionalpolitischen, sozialen und kulturellen Bereich garantieren. Im Gegenzug sollten die Stiftungssparkassen mehr Freiheitsgrade bei der Wahl ihrer Rechtsform bekommen. Dadurch könnten beispielsweise auch Fusionen mit Genossenschaftsbanken ermöglicht werden. Stiftungssparkassen gibt es u. a. in Spanien, wo diese Sparkassen eine sehr starke Rolle spielen.

Meine Damen und Herren, wir sind uns im Ziel einig, aber wir haben einen Dissens bei dem Weg, den es einzuschlagen gilt. Die Veränderungen, die sich in nächster Zeit abzeichnen, werden uns noch sehr stark beschäftigen. Der öffentliche Bankensektor hat nicht nur Freunde, ganz im Gegenteil. Ihre Theorie ist: Wer sich zuerst bewegt, ist in Gefahr. - Unsere Theorie ist: Wer zu lange verharrt, hat eine schwere Zukunft. - Nicht der Erhalt des Status quo macht die Sparkassen fit für die Zukunft, sondern nur die notwendige Reaktion auf radikal veränderte Rahmenbedingungen schafft Sicherheit für einen leistungsfähigen öffentlichen Bankensektor.