Protokoll der Sitzung vom 26.01.2005

(Beifall und Heiterkeit bei der FDP und bei der CDU)

Von einem Raubzug spricht der Obergenosse des Systems NDR

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

und fürchtet wieder einmal um seine Pfründe - war er doch noch im Oktober von den Ministerpräsidenten gehindert worden, den Fernsehzuschauern noch schamloser in den Geldbeutel zu greifen. Herr Plog scheint gefrustet und stellt jegliche Änderung am Status quo als Angriff auf die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dar.

(Widerspruch bei der SPD - Sigmar Gabriel [SPD]: Herr Ministerpräsident, das wird ja schön! Da haben Sie wohl keinen Rat erteilt!)

- Hören Sie doch einmal zu! Dann können Sie auch besser argumentieren! - Ihm zur Seite springt der Genosse Ringstorff, der sich vor Christian Wulff fürchtet und ihn gar in eine Reihe mit dem DDR-Regime stellt. Lieber wolle er sich an die südlichen Nachbarn Berlin und Brandenburg wenden, als Mitglied in einer Anstalt zu sein, in der Herr Wulff bestimme, was gesendet werde, sagt Herr Ringstorff,

(Beifall bei der SPD)

noch bevor die Änderungsvorschläge überhaupt auf dem Tisch liegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Simonis hat Wahlkampf - in diesen Zeiten geht der Blick für das Faktische schon einmal verloren. Dabei sind die Fakten so einfach. Ich nenne sie Ihnen noch einmal: Erstens. Der NDRStaatsvertrag von 1992 verlängert sich automatisch, wenn er nicht bis zum 28. Februar 2005 gekündigt wird. Zweitens. Die Niedersächsische Landesregierung und die sie tragenden Parteien sehen Veränderungsbedarf an mehreren Stellen des Vertrages. - Dieses Thema haben wir bereits im Dezember-Plenum angerissen. Fakt 3. Sie will mit dem NDR und den drei beteiligten Staatskanzleien über ihre Änderungswünsche verhandeln und Einvernehmen erzielen, denn sie möchte die VierLänder-Anstalt erhalten. Fakt 4. Mit dem vorlie

genden Gesetzentwurf wird die Kündigungsfrist um fünf Monate auf den 31. Juli verschoben, sodass dann ausreichend Zeit für Verhandlungen vorhanden ist. Fakt 5. Diesem Gesetzentwurf haben alle vier Staatskanzleien bereits zugestimmt. Fakt 6. Der Intendant des NDR hat dieses Vorgehen als gut und vernünftig gelobt.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Hört, hört!)

Das sind die Fakten. Deshalb sollte man dem heute vorliegenden Gesetzentwurf auch dann zustimmen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wenn man den im Übrigen noch gar nicht konkret vorliegenden Änderungswünschen der Niedersächsischen Landesregierung meint nicht zustimmen zu können.

(Zuruf von Heidrun Merk [SPD])

Mit den Inhalten werden wir uns selbstverständlich - Frau Vorsitzende, Sie haben das im Ausschuss auch in der Hand - ausführlich und intensiv auseinandersetzen; denn dazu werden wir Dank des vorliegenden Entwurfes dann, wenn Sie ihm heute zustimmen, genügend Zeit haben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Axel Plaue [SPD]: Sie haben das doch abgelehnt! Das ist doch unver- schämt!)

Nächster Redner ist Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Hat der ü- berhaupt einen Fernseher? - David McAllister [CDU]: Herr Briese hört nur Radio Emden!)

Deutschlandfunk, Herr McAllister. Den sollten auch Sie einmal hören. Ehrlich, das hilft weiter. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir könnten es in dieser Debatte eigentlich kurz machen. Schließlich geht es nur um eine Formalie. Es geht um eine Vertragsverlängerung. Das ist, für sich betrachtet, nicht so dramatisch. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, was steckt dahinter, warum will man diese Vertragsverlängerung? - Darüber sollten wir einmal diskutieren.

Das erste Ziel hat der Ministerpräsident schon sehr gut erreicht. Es geht um die harte Währung der Aufmerksamkeit in der Mediendemokratie. Man macht einen Aufschlag, es wird breit berichtet, man hat sich in die Debatte gebracht, und dann ändert man vielleicht ein bisschen etwas nach dem Motto: Na ja, so haben wir das nicht gemeint; wir haben nur ein paar Vorschläge unterbreitet. - Also, das erste Ziel hat er vorbildlich erreicht. Das ist so wie bei dem Vorstoß gegen die KMK und bei der Rechtschreibreform: Man lässt einen kleinen Testballon starten, dann wird breit berichtet, und schließlich nimmt man die Vorschläge wieder zurück.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der erste Grund, den uns der Regierungsfunk hier präsentiert, lautet: Wir wollen mehr Jugendmedienschutz! - Dagegen kann man eigentlich nichts haben, denn das ist schließlich eine sehr honorige Forderung. Wer hat schon etwas gegen mehr Jugendmedienschutz? - Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat der NDR wirklich ein Problem mit Jugendmedienschutz? - Man muss schon sehr lange NDR-Berichte schauen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man dort einmal einen Menschen sehen will, so wie Gott ihn schuf.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Es muss angepasst werden!)

Das Problem von Krawallfernsehen, Quotenfetischismus und Ekel-TV ist wahrlich nicht das Problem des NDR.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vor diesem Hintergrund kann ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, nur raten: Schauen Sie doch einmal genau nach, was im NDR-Staatsvertrag in Bezug auf den Jugendmedienschutz steht! Die Regelungen sind ganz vorzüglich. Damit gibt es überhaupt keine Probleme.

(David McAllister [CDU]: Das muss angepasst werden!)

Sie haben in dieser Aktuellen Stunde zweitens die Forderung nach mehr regionaler Berichterstattung erhoben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu kann ich Ihnen nur Folgendes sagen: Es ist ein starkes Stück, wenn sich der Chef der Exekutive, der Niedersächsischen Landesregierung,

zum obersten Programmlenker aufschwingt. Das geht so nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist etwas ganz anderes, wenn ein Zuschauer sagt, dass ihm das Programm des NDR nicht passe, weil darin zu wenig regional Bericht erstattet werde etc. Ich finde, dass es ein ganz klarer Eingriff in die Programmfreiheit ist, wenn ein Regierungschef sagt, dass ihm die Berichterstattung nicht passe und sich daran einiges ändern müsse. Von Staatsferne und Unabhängigkeit kann vor diesem Hintergrund keine Rede mehr sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich wende mich dem dritten Grund zu, den Sie genannt haben. Sie sagen: Wir wollen die Kompetenz der Landesrechnungshöfe steigern, wir wollen stärke Kontrollbefugnisse gegenüber dem NDR! Dagegen kann niemand etwas haben. Insoweit gebe ich Ihnen völlig Recht.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Eigentlich haben Sie gegen nichts etwas!)

Ich möchte aber zu bedenken gegen, welches unabhängige, fachlich sehr integere Gremium die Ministerpräsidenten in ihrer exekutiven Selbstgefälligkeit gerade erst beschädigt haben. Sie, alle Ministerpräsidenten der Länder, haben die KEF beschädigt. Das erst hat Brüssel auf den Plan gerufen. Insofern ist es zwar schön und gut, wenn Sie das Ziel verfolgen, ein unabhängiges Gremium weiter zu stärken. Nur leider halten Sie sich nicht an die Beschlüsse, die hierzu vorgelegt worden sind. Meine Damen und Herren, das ist doch sehr durchsichtig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist sonnenklar, worum es hier eigentlich geht; Herr Gabriel hat das auch schon gesagt: Sie wollen die Räte, Sie wollen den Rundfunkrat und den Verwaltungsrat zu Ihren Gunsten majorisieren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, erstens ist daran verwerflich, dass damit die staatliche Unabhängigkeit der Rundfunkpolitik nicht mehr gewährleistet sein wird.

(Bernd Althusmann [CDU]: Völliger Unsinn, Herr Kollege!)

Das zweite Verwerfliche daran ist Folgendes, meine Damen und Herren: Eine wirklich souveräne Regierung hätte das gar nicht nötig. Sie würde sagen: Unser Regierungsstil ist so gut, dass wir keine Medienpolitik zu unseren eigenen Gunsten betreiben müssen. Das scheint bei der Niedersächsischen Landesregierung nicht der Fall zu sein. Man möchte eben doch ein bisschen medienpolitischen Einfluss haben. Wir werden ganz genau hinschauen, wie Sie die Gremien zu Ihren Gunsten umfunktionalisieren wollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Staatsfunk und Regierungsferne sind demokratieschädlich, und Radio Eriwan brauchen wir in Niedersachsen nicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt erteile ich Herrn McAllister von der CDUFraktion das Wort.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Herr Jüttner, was Sie dazu sagen, das würde uns wirklich interessieren! - Bernd Althus- mann [CDU]: Ja, etwas zur Staatsfer- ne!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Zurufe: Frau Präsidentin!)

- Frau Präsidentin!

I beg your pardon. - Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gabriel, Herr Kollege Briese, ich sage es einmal mit Shakespeare: Im Ergebnis viel Lärm um nichts. - Worum geht es bei dieser Änderung des Rundfunkstaatsvertrages? Niedersachsen hat sich mit den anderen drei NDR-Vertragsländern darauf verständigt, die förmliche Dauer des Staatsvertrages bis zum 31. Juli 2007 zu verlängern, sodass unter Wahrung einer zweijährigen Frist eine Kündigung des Vertrages zum 31. Juli dieses Jahres möglich ist. Darüber unterhalten wir uns heute.

Der jetzige Staatsvertrag gilt seit 1992. Herr Kollege Briese, ich muss Sie korrigieren. Es gibt in jedem Fall Änderungsbedarf. Zum einen geht es um die Konkretisierung der Online-Ermächtigung. Zum anderen müssen neue Bestimmungen der Regelungen zum Jugendmedienschutz zwingend in den Staatsvertrag übernommen werden. Es gibt also in jedem Fall Änderungs- und Verhandlungsbedarf.

Aber unser Ministerpräsident hat neben vielen anderen sehr guten Angewohnheiten auch die Angewohnheit, in bestehende Staatsverträge einen Blick zu werfen. Er liest sie, er lotet anschließend Möglichkeiten aus, wie man diese Verträge zugunsten der Menschen im Land noch weiter verbessern kann. Dann setzt er diese um.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD - Un- ruhe bei der SPD)

Das hat die Debatte um die Kultusministerkonferenz bereits gezeigt. Das stört einige Wenige im Land, weil da auch mal ein frischer Wind weht. Deshalb ist der Ministerpräsident genau richtig mit seiner Politik.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich erkläre für die CDULandtagsfraktion, dass wir vorbehaltlos den Kurs des Ministerpräsidenten unterstützen. Es gibt vier Punkte, von denen er zu Recht gesprochen hat.