Protokoll der Sitzung vom 26.01.2005

Meine Damen und Herren, ich erkläre für die CDULandtagsfraktion, dass wir vorbehaltlos den Kurs des Ministerpräsidenten unterstützen. Es gibt vier Punkte, von denen er zu Recht gesprochen hat.

Erstens. Wir wollen die Transparenz bei den NDRFinanzen weiter verbessern. Wir wollen, dass die Landesrechnungshöfe nicht nur die Landesfunkhäuser, sondern auch die Tochtergesellschaften des NDR kontrollieren. Dagegen kann kein Mensch etwas haben. Das ist doch der Anspruch der Gebührenzahler. Es ist auch der Anspruch der Parlamentarier dieses Hauses, dass wir auch wissen wollen, was in den Tochterunternehmen des NDR passiert. Das ist absolut richtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Wir wollen eine Steigerung der Effizienz der Gremien Rundfunkrat und Verwaltungsrat im NDR. Meine Damen und Herren, wir reden über Effizienzsteigerung und Verkleinerung von Landesparlamenten, von Kommunalparlamenten, von der Versammlung der Landesmedienanstalt. Das muss doch auch im NDR einmal ergebnisoffen diskutiert werden. Wo leben wir denn eigentlich, wenn so etwas noch nicht einmal diskutiert werden darf?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens. Der Ministerpräsident hat zu Recht die Überarbeitung des Kulturauftrages und die Präzisierung im NDR gefordert.

Viertens. Es geht uns um die Konkretisierung des Programmauftrages. Wir wollen noch mehr regionale Berichterstattung aus Niedersachsen. Wir haben gute regionale Berichterstattung im NDR 1, Radio Niedersachsen und in „Hallo“ um 19.30 Uhr und um 18 Uhr. Wir wollen, dass auf diesem Weg noch mehr regionale Berichterstattung aus dem Land Niedersachsen und aus den unterschiedlichen Regionen gesendet wird. Darum geht es.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun haben wir bereits am 14. Dezember in der letzten Aktuellen Stunde über dieses Thema diskutiert. Wir als Christdemokraten und Liberale haben diese Aktuelle Stunde, die von der SPD beantragt war, noch in allerbester Erinnerung. Schade, dass Frau Wiegel heute nicht das Wort ergreifen durfte. Das ist ein anderes Thema.

Auf jeden Fall versuchen Sie jetzt zum zweiten Mal wieder im Rahmen einer Kampagne seit letzte Woche Freitag, dem Ministerpräsidenten und uns etwas zu unterstellen, was nicht richtig ist. Soweit ich Ihre Kritik in den Medien nachvollziehen konnte, gibt es zwei Kritikpunkte.

Erstens. Sie sagen, die Forderung nach mehr regionaler Berichterstattung sei provinziell und eine Einflussnahme. Ich darf die Hannoversche Allgemeine Zeitung zitieren. Die sagt: „Der Ministerpräsident äußerte die Erwartung, dass der NDR von sich aus die regionale Berichterstattung verstärkt.“ Ein gutes Zitat! Wissen Sie, wer das gesagt hat? Ministerpräsident Gerhard Schröder gegenüber der HAZ im Juni 1990. Was Schröder gefordert hat, wird ja wohl Christian Wulff zu Recht auch fordern dürfen. So weit kann die Distanz ja wohl noch nicht sein.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ralf Briese [GRÜNE]: Das ist euer Vorbild?)

- Ah ja. Ich mache Ihnen ein Angebot: Beantragen Sie zu jeder Landtagssitzung das Thema NDR. Wir können davon gar nicht genug haben.

(Zuruf von der SPD: Wir auch nicht!)

Sie haben zweitens versucht, das Thema „Staatsferne und vermeintlich politische Einflussnahme“ zu thematisieren. Meine Damen und Herren, Sie sollten als Sozialdemokraten nicht von sich auf andere schließen. Ich darf mal zwei Überschriften aus dem Jahre 1990 zeigen. Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 26. Juli 1990: „Der NDR soll wieder auf SPD-Kurs“. Aus dem August 1990: Gerhard Schröder im Gespräch mit dpa. Ich zitiere nur die Überschrift: „CDU-Ausrichtung des NDR muss abgeschafft werden - Plog soll Intendant werden“.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage Sie, haben Sie ein Mal in den letzten 23 Monaten eine solche Aussage aus dem Munde des Ministerpräsidenten Christian Wulff gehört? - Nein. Das ist nicht unsere Politik. Wir lehnen so etwas in Inhalt und Stil ab. Schließen Sie nicht von sich auf andere! Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns in diesem Hause.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dann haben Sie sich offensichtlich Verbündete gesucht. Ich zitiere aus der Nordsee-Zeitung vom 25. Januar 2005 einen dpa-Bericht. Da heißt es: „Ministerpräsident Ringstorff fühlt sich sogar an DDR-Zeiten erinnert. Als ehemaliger DDR-Bürger weiß ich, was es bedeutet, wenn die Politik voll Zugriff auf den Rundfunk hat.“ - Ich will Ihnen eines sagen. Wer eine menschenverachtende SEDDiktatur nicht von einer freiheitlichen Demokratie in Niedersachsen unterscheiden kann, der hat ein Problem.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Was ist mit Kauder? - Weitere lebhafte Zurufe von der SPD)

Das sage ich mit Sicherheit nicht nur im Namen der 106 Koalitionsabgeordneten von CDU und FDP: Wer mit PDS-Kommunisten in Schwerin regiert, ist ein denkbar schlechter Ratgeber, wenn es um das Thema DDR geht. Auch das muss hier gesagt werden.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir als CDU-Landtagsfraktion und die Landesregierung sind für die Staatsferne. Wir lassen den NDR in Ruhe.

(Zurufe von der SPD)

- Sie sollen doch nicht immer von sich auf andere schließen. Wir wollen einen objektiv berichtenden NDR. Wir kommen auch mit dem Intendanten Professor Jobst Plog gut klar. Für uns ist es gar kein Problem, dass er SPD-Mitglied ist. Offensichtlich war das bei Ihrem Ministerpräsidenten Gerhard Schröder 1992 anders. Damals hat er Schiwy und andere deutlich kritisiert, weil sie nicht seiner politischen Couleur waren.

(Zurufe von der SPD - Gegenrufe von der FDP)

- Ja, wir haben ein gutes Archiv. - Parteien wirken an der staatlichen Willensbildung mit, so sieht es das Grundgesetz. Natürlich wollen wir die Staatsferne des NDR. Aber eine komplette Staatsfreiheit, dass überhaupt keine Partei- und Regierungsvertreter mitmachen wollen, ist der falsche Weg. Auch Parteien haben einen wichtigen gesellschaftspolitischen Auftrag in diesem Land. Das sollte auch für SPD und Grüne ein Thema sein.

Übrigens, Herr Briese, Sie reden von Staatsferne und sagen für die Grünen, man dürfe keine Politiker in die NDR-Gremien schicken, sondern vermeintlich Unabhängige. Ich darf Sie daran erinnern, dass Rebecca Harms seit Jahren für Bündnis 90/Die Grünen in den Gremien des NDR sitzt. Gelegentlich sollten Sie sich auch an die eigene Nase fassen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr McAllister, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, ich bin mir ganz sicher, dass unser Ministerpräsident in den nächsten Monaten klug mit den anderen Vertragsländern verhandeln wird. Für uns als CDU-Landtagsfraktion steht fest: Der NDR gehört Gott sei Dank weder der SPD noch der CDU. Der NDR gehört einzig und allein den Gebührenzahlern. Wir wollen den Norddeutschen Rundfunk als Vier-Länder-Anstalt mit noch

mehr Programm aus Niedersachsen stärken. Herzlichen Dank.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt erteile ich Herrn Ministerpräsidenten Wulff das Wort.

(Bernd Althusmann [CDU]: Das war schon der erste Blattschuss! Jetzt kommt der zweite!)

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist nach der Rede von Herrn McAllister fast nicht mehr nötig, die Argumente zu wiederholen; denn der Landtag wird sich der Diskussion um den Norddeutschen Rundfunk und die Medienpolitik nicht entziehen. Dafür ist die Diskussion viel zu wichtig. Ich kann Ihnen sagen, dass es am Ende ein gutes Ergebnis zur Stärkung der Vierländeranstalt Norddeutscher Rundfunk geben wird. Davon bin ich fest überzeugt.

Wir sollten - auch wenn Sie dem heute nicht zustimmen wollen - insbesondere dem Wunsch der Kollegin Frau Simonis nachkommen, die erklärt hat - und dafür muss man Verständnis haben -, im Dezember, Januar oder Februar sei eine Festlegung der Landesregierung Schleswig-Holsteins nicht zu erwarten, weil in Schleswig-Holstein eine Landtagswahl stattfinde. - Ich vermeide jede Polemik nach dem Motto: Es wäre ja auch komisch, wenn man die nächste Regierung schon festlegen wollte. - Ich halte diese Erklärung von Frau Simonis für angemessen. Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf zum Staatsvertrag kommen wir diesem Wunsch nach: Wir nehmen uns die Zeit bis März, April oder Mai.

Sie, Herr Gabriel, hingegen fordern, dass wir das nicht beschließen sollten. Diese Alternative mag man auch durchaus durchdenken: Wenn wir das nicht beschließen, dann kündigen wir den Vertrag und haben zwei Jahre Zeit, neu zu verhandeln. Einem solchen Wunsch Ihrerseits würde ich mich im Prinzip auch nicht verschließen, weil ich, wie Sie aus anderen Zusammenhängen wissen, keine Angst vor der Kündigung eines Vertrages habe. Ich halte es aber für besser, dass wir den Vertrag nicht kündigen. Wir werden den NDR auch weiterentwickeln können, ohne den Staatsvertrag kündi

gen zu müssen, weil wir uns zur Vierländeranstalt Norddeutscher Rundfunk bekennen.

Die Verhandlungen dieser vier Länder sind sehr konstruktiv und sehr konzentriert. Am Ende wird es zu mehr Berichterstattungen aus Niedersachsen und zu mehr Sendungen, die in Niedersachsen produziert werden, kommen. Das ist wichtig für den Medienstandort Niedersachsen, das ist aber auch wichtig für das Image unseres Landes. Wenn ich bedenke, wie vielfältig die regionale Berichterstattung des Hessischen Rundfunks, des Westdeutschen Rundfunks oder des Bayerischen Rundfunks ist, dann ist es für Niedersachsen als dem flächenmäßig zweitgrößten und dem bevölkerungsmäßig viertgrößten Land der Bundesrepublik Deutschland einfach wichtig, dass wir Hannover und Niedersachsen im bundesweit ausgestrahlten Regionalprogramm N3 häufiger positiv besetzen. Schließlich haben wir viel zu bieten, und das soll im NDR-Programm auch zum Ausdruck kommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist sehr interessant, wie sich die technischen Möglichkeiten nachhaltig verbessert haben. Radio Bremen beispielsweise produziert mit sehr viel weniger Personen und mit sehr viel weniger Technik sehr viel mehr Fernsehen, als der Norddeutsche Rundfunk bisher in Niedersachsen produzieren und in das Programm des NDR einspeisen darf. Das heißt, wir stellen uns vor allem an die Seite derer, die das Landesfunkhaus Hannover und die NDR-Studios in Oldenburg, in Göttingen und in Braunschweig vermehrt im Programm des NDR wiederfinden wollen. Das ist das zentrale Anliegen. Das kann auch unsere Kenntnisse über SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern erweitern.

In den Verhandlungen herrscht Übereinstimmung beim Jugendschutz, bei den Online-Beschränkungen und bei der Definition des Kulturauftrags; da sind wir weit vorangekommen. Über die Prüfungskompetenz der Rechnungshöfe gibt es noch Streit. Konsens herrscht aber bereits über die Verkleinerung des Rundfunkrates und weitgehend auch über die Auflagen des Landesrechnungshofes bezüglich der Vergütung seiner Mitglieder.

Da die Verhandlungen noch laufen, kann ich nur einen Zwischenstand geben. Jedenfalls wollen wir im Februar bzw. im März mit dem Medienausschuss des Landtages darüber reden, welche Wünsche der Landtag einbringen möchte.

(Zuruf von Heidrun Merk [SPD])

- Die Verhandlungen laufen noch, Frau Merk. Frau Simonis sagt, man wolle sich jetzt noch nicht festlegen. Deshalb haben wir im Februar bzw. im März noch Zeit, darüber zu sprechen. Denn wir wollen nicht nach dem Motto handeln, nach dem in Deutschland leider viel zu oft gehandelt wird: jede Veränderung bekämpfen, immer den Status quo sichern und damit auch jede Verbesserung ausschließen. Das wollen wir nicht, sondern wir wollen darüber eine Debatte führen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Das ist das, was den Leuten total auf den Keks geht: nicht zu begreifen, dass man immer wieder überlegen muss, was man besser machen kann.

Die Aufregung der letzten Tage ist durch einen Artikel in der Zeit entstanden, in dem Herr Professor Plog - er wird wissen, warum er das getan hat Herrn Steinbrück und andere Ministerpräsidenten wegen der Diskussion über die Gebührenerhöhung scharf angreift. Darüber werden wir noch sprechen müssen. Ich höre jetzt nämlich von einigen, dass sie der Gebührenerhöhung nicht zustimmen könnten, weil nicht zugelassen werden dürfe, dass in diesem Zusammenhang von einem Raubzug gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesprochen wird.

(Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU])

Die Mittel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollen von 6,6 Milliarden Euro auf 7 Milliarden Euro angehoben werden. Damit steht ihm quasi ein Landeshaushalt zur Verfügung. Da muss man sich schon fragen: Wo lebt der Mann eigentlich, wenn er angesichts dessen von einem Raubzug gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk spricht?