Protokoll der Sitzung vom 26.01.2005

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Althusmann, Sie mögen das Thema belächeln, aber es ist ernster, als Sie denken.

(Bernd Althusmann [CDU]: Ich habe selbst welche im Haus!)

Wenn man sich mit dem Thema nämlich näher beschäftigt und die Zahlen kennt, dann weiß man, dass so eine kleine Investition in ein kaffeetassengroßes Gerät Leben retten kann. Ich möchte aus der HAZ zitieren: Vier Erwachsene und fünf Kinder konnten sich unverletzt retten, weil sie durch Rauchmelder rechtzeitig geweckt worden waren.

Feuerwehrverbände, Schornsteinfeger, Versicherer und Interessenverbände bekräftigen es seit Jahren: Heimrauchmelder sind Lebensretter. Leider konnten trotz der seit Jahren erfolgten wertvollen Brandschutzaufklärung durch die genannten Verbände und Institutionen Rauchmelder nicht flächendeckend in Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmern eingeführt werden. Diese Aufklärungen laufen bereits seit Jahren. Aber, wie gesagt, auf freiwilliger Basis ist das sehr schwierig. Ich muss gestehen, wir haben zu Hause auch keine Rauchmelder. Deswegen, meine ich, ist eine gesetzliche Verpflichtung zur Installation dieser lebensrettenden Rauchmelder notwendig.

Ich möchte eine Zahl nennen. In Deutschland sind weniger als 10 % der privaten Haushalte mit Rauchmeldern ausgestattet. Dieser Wert ist erschreckend, wenn man sich vor Augen hält, dass mit diesen Geräten Menschenleben gerettet werden kann.

Wir kennen auch die nationalen und internationalen Erfahrungen. Herr Harden hatte des Beispiel Ostfriesland angesprochen. Unsere europäischen Nachbarländer und auch andere Länder in Übersee haben entsprechende gesetzliche Verpflichtungen. Ich möchte ein Beispiel nennen: Großbritannien hat 1992 die Installationspflicht eingeführt. 1987 waren dort nur 7 % der privaten Haushalte mit Rauchmeldern ausgestattet. Mittlerweile sind es bis zu 80 %. Das zeigt, eine gesetzliche Verpflichtung führt zu einer Verbreitung dieser wichtigen Heimrauchmelder. - Die Zahl der Opfer ist in dieser Zeit im Übrigen um 40 % zurückgegangen.

Ähnliche Werte kennen wir auch aus den USA. Dort besteht eine entsprechende gesetzliche Regelung in 40 Bundesstaaten. Norwegen, Irland, die Niederlande, Kanada und auch Teile Australiens haben eine derartige gesetzliche Verpflichtung. In all diesen Ländern kam es nach ihrer Einführung zu einer drastischen Verbreitung der Installation von Heimrauchmeldern und auch zu einem drastischen Rückgang der Zahl der Brandopfer.

Meine Damen und Herren, Herr Harden hat es angesprochen: Andere Bundesländer sind ihrer Verantwortung bewusst geworden und haben das in den Landesbauordnungen verankert. - Herr Böhlke, Sie lachen auch. Das ist ein ernstes Thema.

(Norbert Böhlke [CDU]: Ich lächele Sie an, Frau Kollegin!)

Deswegen unterstützt unsere Fraktion diese Initiative der SPD-Fraktion. Der Einbau von Rauchmeldern wird dadurch nicht nur nachhaltig beschleunigt, sondern dadurch wird sich auch die Zahl der Toten durch Wohnungsbrände in Niedersachsen deutlich reduzieren; Sie hatten vorhin die Zahlen genannt. Für Niedersachsen würde das eine Verminderung der Zahl der Toten um bis zu 26 je Jahr bedeuten. Das muss man ernst nehmen.

Herr Schünemann, auf die zitierte Kleine Anfrage hatten Sie namens Ihres Ministeriums geantwortet, wir könnten noch ein Jahr oder noch zwei oder drei Jahre warten, um von den Erfahrungen aus Rheinland-Pfalz zu profitieren. - Ich denke, in Anbetracht der Dringlichkeit müssen wir uns unserer Verantwortung bewusst werden. Wenn wir durch den Einbau von Brandmeldern die Zahl der toten Brandopfer reduzieren können, dann sollten wir jetzt handeln. Deswegen unterstützen wir diesen Antrag und hoffen auch auf die Unterstützung von FDP und CDU. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Als Nächste hat Frau Gesine Meißner für die FDPFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir in Deutschland pro Jahr 600 bis 700 Tote durch Brände zu verzeichnen haben - der größte Teil dieser Menschen stirbt an Rauchgasvergiftung und nicht am Feuer selbst -, so sind das 600 bis 700 Tote zu viel. Wenn wir in Niedersachsen im Jahr 2002 52 Tote und im Jahr 2001 64 Tote durch Brände hatten, so sind auch das 52 bzw. 64 Tote zu viel.

Wir sind uns sicherlich alle einig, dass wir Leben retten wollen und dass die Rauchwarnmelder dazu einen entscheidenden Beitrag leisten können. So weit sind wir völlig d’accord.

Die Bauministerkonferenz hat gesagt, die Länder sollen selbst entscheiden, ob sie den Einbau von Rauchwarnmeldern per Verordnung verpflichtend vorschreiben wollen oder nicht. Aber da geht es nun los.

Heute steht zur Debatte - Herr Harden, Sie haben es vorgestellt -, die Niedersächsische Bauordnung

um einen Passus bezüglich des verpflichtenden Einbaus von Rauchwarnmeldern zu erweitern, wie es der Landesfeuerwehrverband in unserer Anhörung in der letzten Woche gefordert hat. Auch die Altbestände sollen nachgerüstet werden müssen.

Sie haben aber auch angemerkt - auch das wurde vom Landesfeuerwehrverband gesagt -, dass eine Kontrolle nicht möglich ist. Das ist auch klar. Wie sollen wir flächendeckend kontrollieren, ob die Wohnungen von den Eigentümern mit Rauchwarnmeldern ausgestattet worden sind?

Und genau das ist der springende Punkt. Wir wollen nicht sehen, ob alle Leute ihre Schularbeiten streng nach der Niedersächsischen Bauordnung gemacht und ihre Wohnungen mit Rauchwarnmeldern ausgestattet haben, sondern wir wollen die Menschen mit ins Boot holen, damit in Zukunft Brandtote und Langzeitschäden verhindert werden können; es gibt in Deutschland pro Jahr 6 000 Menschen, die von einem Brand Langzeitschäden davon tragen.

Die Frage ist nur, wie das verhindert werden kann. Frau Helmhold hat vorhin ganz richtig gesagt, dass sich der Mensch eben nicht an all das hält, was auf dem Papier steht. So ist es! Wenn Überprüfungen vorgenommen werden, mag sich der Mensch vielleicht noch an das halten, was auf dem Papier steht. Wenn keine Überprüfungen vorgenommen werden, wird er das kaum noch tun. Deshalb ist Einsicht immer der beste Weg, wenn es darum geht, etwas umzusetzen.

Frau Polat, Sie haben darauf hingewiesen, dass in Ostfriesland alle Haushalte auf freiwilliger Basis mit Brandschutzmeldern ausgestattet worden sind mit der Folge, dass die Zahl der Toten dort um 40 % zurückgegangen ist. Warum soll das in Niedersachsen nicht flächendeckend funktionieren? Was die Ostfriesen können - das mag ja ein sehr helles und aufgewecktes Volk sein -, können die Menschen in anderen Landstrichen in Niedersachsen sicherlich auch.

Frau Meißner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bachmann?

Wenn es eine ganz kurze ist, Herr Bachmann, ja.

Frau Meißner, Sie haben gesagt, das Problem sei die Überprüfung. Deshalb möchte ich Sie fragen: Können Sie sich vorstellen, dass bei Neubauten, die ja von vornherein mit Rauchwarnmeldern ausgestattet werden sollen, bei der Schlussabnahme überprüft wird, ob sie tatsächlich vorhanden sind? Außerdem wird doch jedes Wohngebäude in diesem Land einmal im Jahr vom Bezirksschornsteinfegermeister überprüft.

Theoretisch kann man das natürlich auf diesem Wege überprüfen.

(Zurufe von der SPD)

- Nein, man kann es nicht schaffen. Die Bezirksschornsteinfeger haben den Schornstein zu kehren und nicht zu überprüfen, ob in sämtlichen Räumen Rauchwarnmelder vorhanden sind.

Es sind sich alle darin einig - auch der Feuerwehrverband -, dass man das nicht überprüfen kann, sondern dass man an die Eigenverantwortlichkeit der Bürger appellieren muss. Und genau das ist der Punkt! Jede einzelne Familie muss einsehen, dass solche Melder zum Schutz der Kinder und der alten Menschen, die sich in ihrem Haus befinden, notwendig sind. Das muss auf freiwilliger Basis geschehen. Wenn man den Einbau solcher Melder vorschreibt, wird überhaupt nichts passieren.

Auch die Überprüfung der Batterien von batteriebetriebenen Rauchwarnmeldern müsste von dem jeweiligen Bewohner auf freiwilliger Basis vorgenommen werden. Also muss er wissen, dass so etwas nötig ist. Das weiß er aber nur, wenn er darüber aufgeklärt worden ist.

(Beifall bei der FDP - Widerspruch bei der SPD - Zuruf von der SPD: Keine Ahnung!)

- Ich glaube, ich habe schon Ahnung.

Auch wenn es schon viele Aufklärungskampagnen gab, so bin ich dennoch davon überzeugt, dass nicht alle Menschen wissen - Frau Polat hat ja auch gesagt, dass sie solch einen Melder noch nicht zu Hause hat; auch ich muss sagen, dass wir solch einen Melder noch nicht haben -, dass durch solche Melder, die man für ein paar Euro kaufen kann, die Familien geschützt werden.

Wenn wir es schaffen würden, so wie die Landesfeuerwehr Schleswig-Holstein eine Kampagne unter der Überschrift „Schenken Sie zu Weihnachten einen Lebensretter“ zu veranstalten und dadurch Rauchwarnmelder weiter zu verbreiten als bisher, dann würden - da bin ich mir sicher - viele Menschen solche Melder einbauen. Mit einer Verordnung lässt sich dieses Ziel hingegen nicht erreichen, weil sich viele dagegen wehren, und das kann man noch nicht einmal überprüfen. Darum sind wir gegen die Ergänzung der NBauO.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat der Kollege Beckmann von der CDUFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle wollen mehr Brandsicherheit in unseren Wohnungen. In diesem Wunsch sind wir uns eins mit weiten Teilen unserer Bevölkerung, wenn nicht gar mit der gesamten Bevölkerung. Darum beschäftigen wir uns im Niedersächsischen Landtag heute auch nicht das erste Mal mit Rauchmeldern.

Schon in der vergangenen Legislaturperiode haben wir uns mit diesem Thema sehr ernsthaft auseinander gesetzt. Wir waren der Meinung, alle Aktionen, die diesem Ziel dienen, landesseitig tatkräftig unterstützen zu sollen. Landesweit wurden Initiativen sowie Informations- und Verkaufsveranstaltungen - ausgehend von den Feuerwehren, Brandkassen, Versicherungen, Haus- und Grundeigentümervereinen in Zusammenarbeit mit Herstellern von Rauchmeldern - durchgeführt. Auf den Pressekonferenzen des Zentralverbandes Elektrotechnik und Elektroindustrie sind Rauchmelder stets das zentrale Thema, flankiert von Werbekampagnen. Haus und Grund Hannover hat in dieser Region vor zwei Jahren eine Kampagne durchgeführt, bei der sie in der City innerhalb von 14 Tagen mehr als 40 000 Rauchmelder verkauft hat.

Mit der vorliegenden Drucksache zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung möchte die SPD per Gesetz die Brandsicherheit von Wohnräumen erhöhen. Nur, so einfach, wie der Gesetzentwurf es darstellt, ist das Problem nicht zu handhaben. Ich möchte einmal den Versuch unternehmen, Ihnen zu erklären, warum es das von Ihnen vorge

schlagene Gesetz bisher nicht gegeben hat und warum es das in dieser Form auch nicht geben wird.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht zwei verschiedene Systeme von Rauchmeldern vor: die mit Batterien und die mit Strom betriebenen. Die mit Batterien betriebenen Rauchmelder funktionieren naturgemäß nur so lange, wie sie von Batterien versorgt werden. Sind die Batterien leer, müssen sie ausgewechselt werden. Nur, das funktioniert in den seltensten Fällen, obwohl das System dies mit Alarm meldet. Aus einer uns vorliegenden Statistik aus Großbritannien aus dem Jahr 2000 wird deutlich, dass weniger als 33 % aller Rauchwarnmelder bei einem Brand angesprochen haben.

Herr Kollege Beckmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Polat?

Aber gern.

Frau Polat, bitte!

Herr Beckmann, eine Frage an Sie: Wie erklären Sie sich dann die Tatsache, dass in Großbritannien durch die Einführung von Rauchmeldern die Zahl der Toten dennoch um 40 % zurückgegangen ist?

Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass auf freiwilliger Ebene einiges veranstaltet worden ist.

Ich möchte einmal ganz deutlich sagen: Dieses gibt es ja auch in Niedersachsen. Ich habe vorhin ja davon gesprochen, dass es uns gelungen ist, in Hannover auf diesem Wege innerhalb ganz kurzer Zeit Wesentliches zu bewerkstelligen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, um sicherzustellen, dass alle Batterie betriebenen Rauchmelder ihre Funktionen erfüllen, müsste eine Überprüfung durchgeführt werden. Eine solche Überprüfung könnte aber nur unter einem ganz hohen bürokratischen Aufwand erledigt werden, und das, meine

Damen und Herren, in einer Zeit, in der wir sagen: Wir wollen weniger Bürokratie, und wir wollen die Bürger in mehr Verantwortung wissen.

Als Alternative zu diesen Batterie betriebenen Rauchmeldern gibt es auch die Netz gespeisten Rauchmelder, welche das erforderliche Sicherheitsniveau erreichen können. Diese Rauchmelder müssen bei Stromausfall allerdings mit einem Akku oder mit Batterien versorgt werden, um alarmieren zu können. Besonders wirkungsvoll sind auch diese Rauchmelder nur dann, wenn sie untereinander vernetzt sind. Meine Damen und Herren, wenn in irgendeinem Raum Rauch auftritt und man sich auf der anderen Seite des betreffenden Gebäudes befindet, muss man die Rauchmelder nicht unbedingt hören. Insoweit ist hier eine besondere Installation der Melder erforderlich, wenn sie denn Wirkung erzielen sollen.