Protokoll der Sitzung vom 23.02.2005

Dabei wird an keiner Stelle - auch das will ich klarstellen, Herr Gabriel - von mir oder einem meiner Mitarbeiter ein Zusammenhang zu dem tödlichen Unfall hergestellt. Ich stimme Ihnen darin völlig zu, dass dieser andere Ursachen hat.

Ich bitte deswegen aber auch, nicht in dieser primitiven Art und Weise in der Öffentlichkeit zu argumentieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Übrigen hilft es manchmal, etwas genauer hinzuschauen. Eine Notdienstvereinbarung hat es gegeben. Aber worüber wir uns in diesem Zusammenhang gestritten haben, ist eine Winterdienstvereinbarung. Die Bedingungen, die uns in der Vergangenheit in dieser Hinsicht angeboten worden sind, waren einfach nicht akzeptabel.

Eines muss aber unumstößlich sein - das halte ich fest -: Auch in einer Streiksituation müssen bei Unfällen die Fahrzeuge der Straßenmeistereien sofort ausrücken können, um Absicherungsmaßnahmen durchzuführen. Und dies ist an einzelnen Stellen verhindert worden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Da hilft es auch nicht, wenn solche Vorfälle von der Landesleitung oder von der Bundesleitung der Gewerkschaft quasi zu wilden Maßnahmen vor Ort erklärt werden, weil man genau weiß, dass man in diesem Zusammenhang auf einer unsicheren Kante ist. Ich bejahe das Streikrecht in vollem Umfang; aber man muss die Kirche im Dorf lassen, wenn unbeteiligte Verkehrsteilnehmer betroffen sind. Meine Damen und Herren, die Sprache von Herrn Denia - das will ich auch sagen - richtet sich selbst.

Im Übrigen finden alle diese Maßnahmen statt, obwohl das erste Verhandlungsgespräch mit ver.di in der kommenden Woche schon lange vereinbart worden ist. Die Länder sind übrigens immer am Verhandlungstisch geblieben, Herr Gabriel. Wer weggegangen ist, ist ver.di. Die Gewerkschaft muss jetzt zurückkommen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es ist bekannt, dass es unterschiedliche Auffassungen gibt. Es gibt Regeln dafür - dazu gehört auch das Streikrecht -, wie diese unterschiedlichen Auffassungen ausgetragen werden müssen. Aber wenn in dieser Situation behauptet wird, die Maßnahmen richteten sich nur gegen das Land, halte ich das für blanken Zynismus.

Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln weiterhin versuchen, die Verkehrssicherheit trotz der Streikmaßnahmen zu gewährleisten. Ich möchte von dieser Stelle aus allen Bediensteten der Straßenbauverwaltung, die in dieser Situation den Dienst aufrechterhalten haben, meinen ausdrücklichen Dank aussprechen. Dies war nicht ganz einfach.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben heute Morgen mit ver.di eine Notdienstvereinbarung abgeschlossen, in der auch der Winterdienst geregelt ist.

(Zurufe von der SPD: Jetzt!)

Ich setze darauf, dass wir damit den Winterdienst ohne große Behinderungen werden durchführen können. Dies ist erst jetzt gelungen, meine Damen und Herren, weil wir als Landesregierung nicht bereit waren, Bedingungen zu akzeptieren, wie sie in anderen Bundesländern zum Teil durchaus akzeptiert worden sind. Wir haben in diesen Gesprächen

erreicht, dass gemeinsam eine Form gefunden wurde, die auch für die Zukunft - davon gehe ich allerdings aus - die Blockade von Straßen- und Autobahnmeistereien in einer solchen Situation unterbindet.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Rahmen dieses Kompromisses können wir jetzt auch Dritte für den Winterdienst einsetzen. Meine Damen und Herren, das will ich festhalten: Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer muss allzeit Vorrang haben. Aber auch im Bereich des Straßenverkehrs müssen wir gewährleisten - darauf hat der Tarifminister völlig zu Recht hingewiesen -, dass wir die Arbeit im Interesse unserer Bürger zu Bedingungen erledigen können, die die Zukunft des Landes nicht unnötig in Gefahr bringen. Diese beiden Aspekte - kurzfristige Sicherheit und langfristige Besserstellung des Landes Niedersachsen - müssen miteinander in Einklang gebracht werden. Dafür bitte ich auch die Öffentlichkeit um Verständnis. Ich würde mir wünschen, dass die Opposition, die ja diese Finanzsituation herbeigeführt hat, zu einer Verbesserung der Situation mit beitragen würde.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Das Wort hat Herr Minister Möllring.

(Zuruf von der SPD: Das ist aber schweres Geschütz - zwei Minister!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß wirklich nicht, aus welchem Grund - außer Muskelspielerei ver.di streikt. Nachdem am 7. und 8. Februar die Tarifkommission der Kommunen und der Gewerkschaft ver.di der Übernahme des Tarifverhandlungsergebnisses zugestimmt hat, hat mich Herr Bsirske am 14. Februar, also am letzten Montag, angerufen und darum gebeten, dass wir die von uns immer angebotenen Tarifverhandlungen wieder aufnehmen. Als Termin dafür hat er den 22., 23. oder 24. Februar angeboten. Ich habe gesagt, gern, wenn meine beiden Kollegen Dr. Stegner und Dr. Metz, die meine Stellvertreter sind, diesen Termin wahrnehmen können. Herr Dr. Stegner aus Schleswig-Holstein hat erklärt, nach der Landtagswahl werde er am 22. und 23. Februar an der konstituierenden

Fraktionssitzung teilnehmen; an diesen Tagen könne er nicht weg. Das habe ich Herrn Bsirske mitgeteilt. Er hat dafür sehr viel Verständnis gehabt. Wir wussten ja nicht, dass dort eine solche Pattex-Regierung regiert.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Am 24. Februar ist Herr Dr. Metz verhindert, weil er seinen Haushalt in den Landtag einbringen muss. Dabei muss ein Finanzminister anwesend sein, sodass das nicht ging. Dann haben wir den 25. bis 28. Februar ausgelotet. In dieser Zeit ist Herr Bsirske in Urlaub auf Guadeloupe, sodass er nicht kann.

(Heiterkeit bei der CDU)

Deshalb hat Herr Bsirske dann den 3. und 4. März als frühestmöglichen Termin angeboten. Daraufhin haben wir gesagt, dann nehmen wir den 3. März, den allerersten Termin, zu dem wir alle anwesend sein können. Dann werden wir über diesen TV ÖD, um den es hier geht, diskutieren.

Das heißt, im Moment besteht Friedenspflicht. Das, was momentan geschieht, sind rechtswidrige Streiks, wenn für die Übernahme des TV ÖD durch die Länder gestreikt wird, wie es Herr Lennartz beschrieben hat. Denn darüber verhandeln wir. Wir sind in Tarifverhandlungen. Es gibt also gar keinen Streikgrund.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Seit wann be- steht während der Tarifverhandlungen kein Streikrecht?)

Ich möchte ein Weiteres dazu sagen. Es geht hier ja um das Muskelspielen. Es wird alles sehr aufgepumpt. Das Größenverhältnis zwischen den Streiks und den arbeitenden Straßenmeistereien entspricht etwa dem Größenverhältnis zwischen einem Salzstreuer und einem Streuwagen. Während drei Tagen sind 263 Streiktage registriert worden, also im Durchschnitt 80 Streikende pro Tag. Das hat uns 36 000 Euro an Lohnkosten erspart.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Deshalb ist der Straßenverkehr gefährdet! Das ist auch interessant!)

Die Straßenbauverwaltung hat insgesamt 3 600 Mitarbeiter. Das heißt, wir halten das noch eine Zeit lang aus. - Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat noch einmal der Herr Kollege Gabriel.

(Zurufe von der CDU: Geh lieber zu VW! - Machen Sie doch einen Bera- tervertrag!)

Kann ich auch gern machen, kein Problem. Das können Sie bei mir im Internet nachlesen; es steht alles drin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Hirche, ich sage es noch einmal: Sie haben fünf Tage lang das Angebot der Gewerkschaft, über eine Notdienstvereinbarung zu verhandeln, abgelehnt.

(Zurufe von der CDU)

In einem Brief, der am 19. Februar um 11.59 Uhr in Ihrem Haus eingegangen ist, wird das Angebot unterbreitet, über eine Notdienstvereinbarung zu reden. Das haben Sie fünf Tage lang liegen gelassen. Jetzt erklären Sie uns bitte, wie sehr Sie an der Sicherheit im Straßenverkehr interessiert sind. Sagen Sie uns das bitte!

(Beifall bei der SPD)

Sie haben eben wieder den Versuch unternommen, den tödlichen Unfall auf der Autobahn A 2 mit dem Ausrücken der Straßenmeistereien in einen Zusammenhang zu bringen.

(Zurufe von der CDU)

Sie wissen, dass Sie, wenn Sie das Ausrücken aus den Straßenmeisterein ansprechen, von einem Vorfall reden, der sich heute Morgen und nicht an dem Tag des Unfalls ereignet hat; an jenem Tag hatte der Streik noch gar nicht begonnen.

Übrigens, Herr Rolfes: Ich glaube Ihnen inzwischen, dass Sie nichts gegen das Streikrecht haben. Offensichtlich aber haben Sie den rechtlichen Gegenstand noch nicht richtig verstanden: Mit ihrem Eintritt in den Streik sind die Arbeitnehmer nämlich von allen Pflichten gegenüber ihrem Arbeitgeber freigestellt, und deswegen ist im Streik

fall die Sicherheit durch das zuständige Ministerium zu gewährleisten.

Herr Rolfes, Sie haben sich über das Geld gefreut, das Sie sparen. Andere Länder beauftragen mit diesem Geld Private, um den Winterdienst und den Notfalldienst aufrechtzuerhalten. Diese Möglichkeit hat Ihnen ver.di angeboten. Sie aber haben dieses Angebot nicht aufgegriffen. Damit spielen Sie in der Tat mit der Sicherheit auf Niedersachsens Straßen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nun noch kurz zum Inhalt des Potsdamer Tarifergebnisses. So schlimm, Herr Möllring, kann das doch gar nicht sein. Schließlich hat sogar der Arbeitgeberverband Gesamtmetall geschrieben, die Tarifreform für Bund und Kommunen - die Länder sind ja leider weggegangen; Sie und nicht die Gewerkschaften betreiben eine Politik des leeren Stuhls; das, was in Potsdam geschehen ist, hat in Deutschland ja Methode - sei ein richtiger Weg zu einem wettbewerbsfähigen öffentlichen Dienstrecht. So schlimm kann das also nicht sein.

„Wir setzen auf engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Besonderes Engagement werden wir durch Leistungszulagen und Prämien honorieren. Wir lehnen einseitige Kürzungsvorschläge ab. Diese Politik ermöglicht eine leistungsgerechte Bezahlung des jetzt vorhandenen Personals. Diese Politik erfordert Weitblick von Tarifparteien und Betroffenen. Moderate Abschlüsse sind sinnvoll und erforderlich.“

Das sind Zitate aus dem CDU-Regierungsprogramm 2002. Ich frage mich nur: Warum handeln Sie nicht danach? Warum sind Sie eigentlich dagegen? - Sie setzen auf Provokation und Verweigerung.