Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

(David McAllister [CDU]: Wo ist Herr Gabriel?)

Ich will ein paar Bemerkungen zu dem machen, was Sie hier losgelassen haben. Sie haben nach dem Motto „Wir müssten finanziell doch solider sein“ den Nachdenklichen gegeben. Herr Wulff, warum ziehen Sie daraus im Bundesrat keine Konsequenzen und stimmen einmal gegen Subventionen? Das ist doch die Frage!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Da hätten Sie die Möglichkeit gehabt.

Dann haben Sie versucht, hier den Eindruck zu erwecken, Sie seien für eine Kultur der Anerkennung und wir würden das ablehnen. Nein, nein, meine Damen und Herren, auch wir sind für Anerkennung, für Zuwendung, für Lob. Das Problem besteht an einer anderen Stelle. Sie ersetzen die Rahmenbedingungen durch Anerkennung. Sie organisieren eine Politik der Ausbeutung des Ehrenamts. Das weisen wir zurück.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU - David McAllister [CDU]: Ist das Ihre Bewerbungsrede für den Frakti- onsvorsitz?)

- David, das haben wir nicht nötig. - Wir können das an dem Beispiel der Ganztagsschulen dokumentieren. Sie sagen kein Wort dazu, wer das Geld bereitstellt. Draußen im Lande vermitteln Sie

den Eindruck, die Landesregierung hätte das bereitgestellt.

(Hermann Eppers [CDU]: Der Steuer- zahler!)

Dann vermitteln Sie hier den Eindruck, es würde in Zukunft eine sinnvollere Kooperation an Nachmittagen im Ganztagsschulbereich stattfinden, meine Damen und Herren. Auch ich bin nicht dafür, dass der Staat alles macht. An der Stelle dürfen wir uns nicht falsch verstehen. Aber die Art und Weise, wie Sie staatliche Politik zurücknehmen wollen, verhindert einen sozialen Interessenausgleich in dieser Gesellschaft und schafft Bedingungen, die nicht zukunftsfähig sind. Das ist aber, was Jugendliche von uns verlangen können.

Also: Beim Kampf fürs Ehrenamt können wir schnell einer Meinung sein, aber das hat nur eine Chance, wenn dafür auch die Rahmenbedingungen bereitgestellt werden. Da haben Sie in den letzten Monaten kläglich versagt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Beratungen. Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit den Antrag behandeln, die Mitberatung sollen der Kultusausschuss, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie der Ausschuss für Inneres und Sport übernehmen. Wer so verfahren möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Das ist einstimmig so beschlossen worden.

Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein, treffen uns hier um 14.30 Uhr wieder und fangen dann mit Tagesordnungspunkt 25 an.

Unterbrechung: 13.08 Uhr.

Wiederbeginn: 14.30 Uhr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen unsere Tagesordnung fort, und zwar mit

Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung: Zukunft der Gemeinde Butjadingen nicht im Schlick versinken lassen - Zufahrt zum Hafen Fedderwarder Siel sicherstellen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1642

Zur Einbringung erteile ich Herrn Kollegen Janßen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön, Herr Janßen!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Butjadingen lebt vom maritimen Tourismus und von der Fischerei. Der Hafen Fedderwardersiel ist das Herz der Gemeinde. Doch die Hauptschlagader zu diesem Herzen - der Fedderwarder Priel - verstopft immer wieder. Wenn nichts Entscheidendes passiert, wird später auch mit aufwendigen Bypassoperationen nichts mehr zu machen sein.

Meine Damen und Herren, dass wir uns hier erneut mit dem Fedderwarder Priel beschäftigen müssen, hat schlicht damit zu tun, dass die Landesregierung Beschlüsse dieses Hauses nicht ausreichend umsetzt.

Bereits 1997 hat der Landtag einstimmig beschlossen, die Hafenzufahrt freizuhalten. Ich zitiere aus Ducksache 13/3419:

„Es wird durch geeignete Maßnahmen sichergestellt, dass die durch ständige Weservertiefungen eingetretene und zukünftig entstehende Verschlickung der Strände und Hafeneinfahrten in Butjadingen und Land Wursten beseitigt sind, damit ein ungehinderter Badebetrieb und eine uneingeschränkte Hafennutzung möglich bleiben.“

Dieser Beschluss ist völlig eindeutig.

Im Wahlkampf haben die Herren Wulff und Hirche hoch und heilig versprochen, sie würden sich des Problems annehmen. Geschehen ist jedoch seitdem wenig: Der Priel verlandet weiter. Die Fahrwassertiefe des Priels ist zwar einigermaßen konstant geblieben, sein Volumen allerdings nimmt deutlich ab.

Herr Ministerpräsident - er ist überhaupt nicht da; gut -,

(Ulf Thiele [CDU]: Aber der Vize- Ministerpräsident!)

die Butjadinger Tourismuswirtschaft glaubt Ihren Treueschwüren aus dem Wahlkampf nicht mehr. Wie Recht sie damit hat, wird aus der Antwort des Wirtschaftsministers auf unsere Anfrage vom vergangenen Oktober deutlich: Die Sicherung der Hafenzufahrt nach Kassenlage ist offenbar die neue Devise, Landtagsbeschlüsse hin oder her. Die Unterhaltungsmaßnahmen würden aus allgemeinen Unterhaltungsmitteln bestritten und stünden damit in Konkurrenz zu anderen Baumaßnahmen der niedersächsischen Hafenwirtschaft. Bloß, meine Damen und Herren, die Kasse ist leer! Den Bauetat für die landeseigenen Häfen haben Sie im laufenden Haushalt um 9 Millionen Euro gekürzt. Für den Fedderwarder Priel kann das nur heißen: Es wird ein bisschen Kosmetik betrieben, und die Hafenzufahrt verschlechtert sich weiter.

(Ulf Thiele [CDU]: Für 30 Millionen Kosmetik ist aber teuer!)

- Im letzten Jahr, oder wie?

(Ulf Thiele [CDU]: Insgesamt!)

- Aber es war eben Kosmetik. Das ist das Problem. - Meine Damen und Herren, so können Sie mit den Menschen vor Ort, deren Existenz an der Fischerei oder am Tourismus und damit am Hafen Fedderwardersiel hängt, nicht umgehen. Die Menschen in Butjadingen sind lange genug hingehalten worden.

Der Vertrauensverlust, zu dem im Übrigen auch die alte Landesregierung beigetragen hat, sitzt tief.

(Werner Buß [SPD]: Na, na, na! - Ulf Thiele [CDU]: Da haben wir es wie- der!)

In der Auseinandersetzung um die Genehmigung des JadeWeserPort ist die Gemeinde zudem entschlossen, ihre Interessen notfalls auf gerichtlichem Wege durchzusetzen. Namhafte Experten befürchten nämlich, dass der Tiefwasserhafen das Verschlickungsproblem erheblich verschärfen wird. Durch vernünftige Lösungen könnten Sie dieses Konfliktpotenzial zumindest entschärfen. Das muss dann ja auch in Ihrem Interesse sein, Herr Thümler.

Meine Damen und Herren, schenken Sie den Menschen vor Ort endlich reinen Wein ein: Entweder Sie stehen zu der Zusage, die Hafenzufahrt aufrechtzuerhalten - dann müssen Sie dafür auch

die notwendigen Finanzmittel bereitstellen -, oder Sie sagen offen und ehrlich, dass Sie das nicht mehr wollen. In Butjadingen weiß man dann jedenfalls, was man von dieser Landesregierung zu erwarten hat. Dann müssen Sie natürlich auch etwaige Probleme bei der Genehmigung des Tiefwasserhafens mitverantworten.

Mit unserem Antrag geben wir Ihnen die Gelegenheit, meine Damen und Herren, klar und eindeutig Farbe zu bekennen. Unsere Position ist klar: Wir haben bereits in den Haushaltsberatungen beantragt, in 2005 ausdrücklich 500 000 Euro für den Fedderwarder Priel bereitzustellen, um den Priel mit wirksamen Maßnahmen tatsächlich freihalten zu können. Dabei kann es nicht um kurzfristige Kosmetik gehen. In Butjadingen werden tragfähige Konzepte und eine klare Umsetzungsperspektive erwartet.

Die Pleiten-, Pech- und Pannenserie vergangener Jahre darf jedenfalls nicht fortgesetzt werden. Durch Baggerungen an der falschen Stelle und mit den Planungen eines Badepolders in Burhave als Ersatz für das längst verlandete Strandbad wurden reichlich Steuergelder im Schlick versenkt und das auch noch in jüngster Zeit. Ich zitiere aus dem Protokoll eines Gespräches zur Entwicklung des Fedderwarder Priels vom 17. Februar dieses Jahres beim Hafenamt Brake. Natürlich heißt das „Geschäftsstelle Brake der Niedersachsen Ports GmbH“; denn so muss das nach der etwas teuren Scheinprivatisierung ja jetzt wohl heißen. Hier können Sie nachlesen:

„Dort, wo 2003 und im Herbst 2004 tatsächlich gebaggert wurde, befindet sich heute keine Rinne mehr.“

Meine Damen und Herren, präziser kann man das Dilemma um das Fahrwasser Fedderwarder Priel nicht beschreiben, wie es in diesem Satz zum Ausdruck kommt.

Die Forschungsstelle Küste hat im März letzten Jahres die zu erwartende Entwicklung des Priels aufgezeigt. Die Analyse und auch die vorgeschlagenen Maßnahmen werden von den Leuten vor Ort geteilt. Demnach wird der Priel langfristig einen strömungstechnisch günstigeren Verlauf einnehmen, jedoch bis dahin an Volumen deutlich abnehmen. Vor Ort wird vorgeschlagen, der prognostizierten Entwicklung vorzugreifen und den Priel an einer strömungstechnisch günstigeren Lage zu fixieren. Die Kosten werden auf ca. 1,5 Millionen

Euro geschätzt. Es sollte daher zumindest geprüft werden, ob diese Möglichkeit nicht letztendlich kostengünstiger ist als das, was angeführt wurde, nämlich im Laufe der Baggerungen 3 Millionen, 4 Millionen oder noch mehr Millionen auszugeben.

Meine Damen und Herren, sagen wir den Menschen klipp und klar, dass wir nach wie vor zu dem einstimmigen Beschluss des Landtages von 1997 und damit zum Erhalt der Lebensader der Gemeinde Butjadingen stehen. Lassen wir die Zukunft der Gemeinde Butjadingen nicht im Schlick versinken, stellen Sie, Herr Hirche, einen Kostenvergleich zwischen den Baggerungen und der Sicherung der so genannten Wega-Rinne einerseits und den bisherigen Maßnahmen andererseits an, und nehmen Sie das Ergebnis als Grundlage für die zukünftigen Planungen! - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat sich der Kollege Buß gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fahrwasserverhältnisse im Fedderwarder Priel sind und bleiben auch in Zukunft schwierig. Ständige Veränderungen im Wattenmeer durch Stürme und Strömungen verursachen Veränderungen und Verschlickungen des Fahrwassers zum Hafen Fedderwardersiel. Den Hafenpolitikern im Landtag ist sehr bewusst, dass der Hafen Fedderwardersiel in der Gemeinde Butjadingen nicht nur für die dort beheimateten Fischer und das Ausflugsschiff „Wega“ auch eine hohe touristische Bedeutung hat. In der Vergangenheit gab es mehrere, auch sich widersprechende Gutachten über Ursachen und Wirkungen der ständigen Versandungen und Veränderungen des dortigen Fahrwassers.

Dieser Landtag hat sich in den vergangenen Jahren ständig mit den schwierigen Verhältnissen befasst. Herr Möhrmann hat mir gerade eben gesagt: Butjadingen die Zwölfte. - Es gab auch etliche Petitionen mit Lösungsvorschlägen. Auch haben wir uns vor Ort immer informiert und mit den Betroffenen und der dortigen Bürgerinitiative sehr offene Gespräche über Lösungsmöglichkeiten gesucht. Vor Ort gab es immer wieder Forderungen, das Fahrwasser zu verlegen und die so genannte

Hüttenmeister-Variante umzusetzen. Gerade eben ist von der Wega-Variante gesprochen worden. Diese Maßnahme hätte aber nur eine nachhaltige Wirkung für die Schiffbarkeit, wenn größere Wasserbauwerke zur Absicherung dieser Variante durchgeführt worden wären. Die Verfolgung dieser Variante stand für die ehemalige Landesregierung finanziell in keinem Verhältnis, und eine Genehmigung im Nationalpark Wattenmeer wäre schwierig gewesen.

(Zustimmung von Hans-Dieter Haase [SPD])