Protokoll der Sitzung vom 25.02.2005

Da überrascht es dann doch, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, mit Ihrem Antrag im Niedersächsischen Landtag fast genau die gleichen Gründe aufzählen wie die SPD im Bundestag, um die EU-Richtlinie Port Package II abzulehnen. Im Grunde genommen ist Ihr Antrag völlig überflüssig. Alle Forderungen sind fast wortwörtlich im Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion enthalten.

Sie fordern in Ihrem Antrag, die Geltungsdauer von Genehmigungen an den Lautzeiten von bereits getätigten Investitionen mit Verlängerungsoption zu orientieren. Im Entschließungsantrag steht, für die Konzessionslaufzeiten aus Eigentumsrechten an einem Seehafen sei eine Geltungsdauer von 46 Jahren vorzusehen. Sie fordern, eine Bestandsgarantie für bereits am Markt aktive Unternehmen für die Vertragslaufzeiten einzuführen. Im Entschließungsantrag steht, es solle für derzeit bestehende Miet- und Pachtverträge eine bestandsschutzsichernde Regelung eingeführt werden. Sie fordern, die obligatorische Genehmigungspflicht durch eine Genehmigungspflicht zu ersetzen, die nur im Falle

einer Begrenzungssituation im Markt greift. Im Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion steht, es sei eine obligatorische Entschädigungsregelung für den Fall vorzusehen, dass der bisherige Anbieter nach Ablauf des Genehmigungszeitraums keine neue Genehmigung erhält. Das ist also fast gleich lautend. Weiter fordern Sie, Sozialdumping zu vermeiden und aus Sicherheitsgründen Selbstabfertigung auf das bordeigene Personal zu begrenzen. Im Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion steht, die Selbstabfertigung sei auf die Schiffsbesatzung zu beschränken.

Eine Forderung, die Sie nicht erwähnt haben, steht noch zusätzlich im Antrag der SPD-Bundestagsfraktion, nämlich die Forderung, das Lotsenwesen als nichtkommerzielle Dienstleistung aus dem Geltungsbereich der EU-Richtlinie herauszunehmen. Diese Forderung haben Sie im Gegensatz zur SPD-Bundestagsfraktion vergessen. Sie ist aber sehr wichtig. Die Möglichkeit des Einsatzes von Reedereilotsen würde nur die Großreederein begünstigen. Die kleinen hingegen müssten durch dann deutlich höhere Lotsengebühren den allgemeinen Lotsendienst aufrechterhalten. Der diskriminierungsfreie Zugang zu den Häfen ohne Wartezeit würde damit in kurzer Zeit zusammenbrechen.

Meine Damen und Herren, der Port Package II enthält aus deutscher Sicht aber auch durchaus positive Ansätze, z. B. die Regelung über die Offenlegung der finanziellen Beziehungen der Mitgliedsstaaten und der Seehafenbetriebe. Wir unterstützen ebenfalls die Pläne zur Schaffung einer gemeinschaftlichen Leitlinie für staatliche Beihilfen für Seehafenunternehmer, die ein Jahr nach InKraft-Treten erlassen werden soll.

Mit der jetzt vorliegenden Fassung der EURichtlinie werden einseitig unangemessene Interessen kapitalstarker asiatischer Terminalbetreiber begünstigt. Sie würden in Ausschreibungsverfahren mit hohen finanziellen Angeboten auf den europäischen Markt drängen. Die Erhöhung der jetzt noch moderaten Umschlagsentgelte wäre eine weitere Folge; denn schließlich muss sich das investierte Kapital rentieren. Sozialdumping und der Verlust von zahlreichen qualifizierten Arbeitsplätzen in den Seehäfen wären weitere, meiner Meinung nach die wichtigsten Auswirkungen dieser EU-Richtlinie. Deshalb muss die Selbstabfertigung auf das bordeigene Personal beschränkt bleiben.

Wir lehnen den Entwurf der EU-Kommission für die Port-Package-II-Richtlinie in Übereinstimmung mit

der rot-grünen Bundesregierung und der SPDFraktion in der vorliegenden Form ab. Die gravierende negative Auswirkung einer ähnlichen EURichtlinie sehen wir bereits heute in der Fleisch verarbeitenden Industrie. Dort werden Schlachtkapazitäten nach Deutschland verlagert, weil ausländische Firmen mit Dienstleistungsverträgen einheimische Arbeitnehmer vom Markt drängen und somit zu Dumpingpreisen Fleischverarbeitung anbieten können. Auf der Strecke bleibt die angestammte Belegschaft, die nicht bereit und auch nicht in der Lage ist, für Stundenlöhne von 3 bis 4 Euro zu arbeiten.

Meine Damen und Herren, ich empfehle den Fraktionen von CDU und FDP, den vorgelegten Entschließungsantrag zurückzuziehen, da Ihr Antrag von der Realität bereits überholt ist.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist ein Irr- tum, Herr Fleer! Das stimmt nicht!)

Ihr Antrag ist ebenso überflüssig wie die Bundesratsinitiative Ihrer Landesregierung, da die rotgrüne Mehrheit im Bundestag gar nicht vorhat, Port Package II in der vorliegenden Fassung zuzustimmen.

(Björn Thümler [CDU]: Wehret den Anfängen!)

Die in Ihrer Entschließung enthaltene Kritik ist bereits in dem vom Bundestag am 17. Februar 2005 beschlossenen Entschließungsantrag voll enthalten.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächstem erteile ich Herrn Janßen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen ist nicht nur in sich widersprüchlich und in Teilen unverständlich. Herr Thümler, darüber hinaus stellt sich insgesamt die Frage: Wozu soll er eigentlich gut sein?

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Sie können ihm intellektuell nur nicht folgen!)

Zum Verfahrensstand: In der vergangenen Woche, am 17. Februar 2005, hat nicht nur der Bundestag einen Beschluss zu Port Package II gefasst, sondern auch der Bundesrat hat am 18. Februar 2005 Port Package II eindeutig abgelehnt. Die Angelegenheit, meine Damen und Herren, ist damit erledigt. Die Bundesregierung hat gegenüber der Kommission ihre Ablehnung bereits deutlich gemacht. Auch Frankreich lehnt die Richtlinie in der jetzt vorliegenden Form ab. Der Richtlinienentwurf der EU dürfte damit vom Tisch sein.

(Björn Thümler [CDU]: Wehret den Anfängen!)

- Das ist ja schon der zweite Versuch. - Die Kommission hat inzwischen zugesagt, dass zunächst eine Folgenabschätzung des Richtlinienentwurfs vorgenommen werden soll. Diese Forderung ist auch Beschlusslage und zwischen allen Parteien im Bundestag und Bundesrat unstrittig. Und jetzt fordern Sie das noch einmal ein. Das ist zwar nett, aber es ist zu spät und nach meiner Auffassung völlig überflüssig. Zu den Details verweise ich auf die Ausführungen des Kollegen Fleer, der das ja sehr detailliert dargelegt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich kann mir nicht helfen, aber ich möchte doch wissen, in welchem Zustand dieser Antrag verfasst wurde und vor allem mit welcher Zielsetzung. Das müssten Sie uns einmal klar machen.

(Björn Thümler [CDU]: Auf geistiger Höhe!)

- Das war nicht deutlich genug.

Meine Damen und Herren, über die Ablehnung von Port Package II sind wir uns im Übrigen nicht nur hier im Landtag völlig einig. Aus unserer Sicht gibt es folgende Gründe:

Erstens. Für derzeit bestehende Miet- und Pachtverträge mit Hafendienstleistern ist eine bestandsschutzsichernde Regelung vorzusehen.

Zweitens. Für die Konzessionslaufzeiten aus Eigentumsrechten ist eine Geltungsdauer zumindest über den Abschreibungszeitraum vorzusehen.

Drittens. Eine Entschädigungsregelung ist für den Fall vorzusehen, dass die bisherigen Anbieter nach Ablauf des Genehmigungszeitraums keine neue Genehmigung erhalten.

Viertens. Das Lotsenwesen - das ist bereits angesprochen worden - muss herausgenommen werden.

Fünftens sind die Wettbewerber explizit zu verpflichten, die standörtlichen Sicherheits- und Umweltbestimmungen einzuhalten.

Die Selbstabfertigung hingegen, auch wenn sie nur auf bordeigenes Personal beschränkt wird, lehnen wir, anders als die CDU und die FDP im Landtag, grundsätzlich ab. Das bordeigene Personal, d. h. die Besatzung, ist ohnehin schon mit der derzeitigen Arbeit ausgelastet und ermöglicht erst recht Sozialdumping wegen Niedriglöhnen der Besatzung auf Billigflaggenschiffen.

Ein Punkt dieses monströsen Kommissionsentwurfs ist allerdings beachtenswert und sollte strikt auch in Norddeutschland und Niedersachsen weiterverfolgt werden. In Artikel 16 und 17 des Richtlinienentwurfs der Kommission wird Transparenz im Hinblick auf die staatlichen Subventionierungen der Häfen eingefordert, um zu fairen und sachorientierten Wettbewerbsbedingungen zwischen den Häfen zu kommen. Hier sollten Sie von CDU und FDP endlich ehrlich sein: Hafendienstleistungen sind in Deutschland und ganz Europa deshalb so günstig, weil sie nicht kostendeckend sind, sondern mit öffentlichen Mitteln subventioniert werden. Darüber müssen wir in der Tat reden, und dafür müssen wir Lösungen finden.

(Björn Thümler [CDU]: Sie sind doch gar nicht günstig!)

Bislang ist der Wettbewerb zwischen unseren eigenen Häfen in erster Linie ein Wettbewerb um die höchsten staatlichen Subventionen. Hierzu verweise ich nur einmal auf das Budget der niedersächsischen Häfen. Das können wir uns finanziell und aus Wettbewerbsgründen tatsächlich nicht mehr leisten. Unser entsprechender Antrag hierzu, der auf die Harmonisierung und Kostendeckung der Hafengebühren abzielt, befindet sich derzeit in der Beratung. Da dies als Bestandteil der EU-Richtlinie in dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP nicht explizit kritisiert wurde, gehe ich davon aus, dass Sie dem möglicherweise sogar zustimmen könnten.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ich sagte eingangs bereits: Ihr Antrag ist überflüssig, und er kommt zu spät. - Das Thema ist indes zu wichtig, um auf diesem Niveau abgehandelt zu werden, wie Sie es hier tun. Einen An

trag zu stellen, nur um auch einmal etwas zu diesem Thema gesagt zu haben, ohne aber klar benennen zu können, was man will, sondern nur diffuse und vergleichsweise unausgereifte Forderungen zu stellen, wird diesem wirklich wichtigen Thema in keiner Weise gerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich kann Sie daher nur auffordern, diesen Antrag gründlich zu überarbeiten. Vielleicht können wir Ihnen ja im Rahmen der Ausschussberatungen dabei behilflich sein. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Hermann von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Aufgrund einer Grippe kann mein Kollege Herr Riese heute leider nicht hier stehen. Sie kennen ihn sonst ja als durchaus kompetenten Redner für alle seefahrts- und hafenbezogenen Themen. Daher ist es nun meine Aufgabe, Ihnen die liberale Sicht zu dem Richtlinienentwurf über den Zugang zum Markt für Hafendienste, kurz Port Package II, darzulegen.

Wir stehen zu den Zielen der Richtlinie, den Wettbewerb in der Hafenwirtschaft zu intensivieren, die Transparenz zu erhöhen und die Kosten für den Güterumschlag zu reduzieren. Doch leider hat es die Kommission versäumt, genau zu prüfen, inwieweit die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen auch der Erfüllung dieser Ziele dienen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, man braucht kein Hafenexperte und nicht einmal ein Wirtschaftsexperte zu sein, um zu verstehen, dass man ein Unternehmen, das vielleicht erst vor kurzem viele Millionen Euro in seinen Betrieb investiert hat, nicht innerhalb weniger Monate zu einer Ausschreibung zwingen darf. Schlimmer noch: Sollte es diese Ausschreibung verlieren, verliert es gleich noch seine gesamten Investitionen dazu ohne Anspruch auf Entschädigung. Die meisten Menschen würden hier wohl von einer Enteignung sprechen.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr richtig!)

Die Kommission ist aber anscheinend überzeugt, dass Wettbewerb so aussieht.

Angesichts der erwarteten Engpässe im weltweiten Containerverkehr brauchen wir Rahmenbedingungen, die Investitionen fördern und nicht abschrecken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Janßen und Herr Fleer, mit diesem Antrag haben wir die Gelegenheit, der Hafenwirtschaft, insbesondere natürlich in Niedersachsen, zu zeigen, dass wir sie nicht mit dieser Gefahr allein lassen, sondern uns in Berlin und Brüssel für eine Verhinderung oder zumindest für eine deutliche Überarbeitung der Richtlinie einsetzen. Da ich bisher von allen Seiten nur Ablehnung zu der Richtlinie gehört habe, hoffe ich, dass wir fraktionsübergreifend mit Ihrer Unterstützung rechnen können. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den vorliegenden Entschließungsantrag der Fraktionen der FDP und der CDU möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Es liegt in unser aller Interesse, den Plänen der EUKommission in Sachen Hafendienste erneut einen Riegel vorzuschieben. Immerhin ist das schon der zweite Versuch der Kommission, nachdem der erste am Europäischen Parlament gescheitert war. Leider hat die Kommission daraus nicht die gebotenen Konsequenzen gezogen. Im Gegenteil: Der neue Richtlinienvorschlag weist weitere Verschärfungen auf, die aus unserer Sicht nicht akzeptabel sind. Ich nenne hier nur zwei Punkte: