Herr Langspecht, Sie haben gesagt, Milchbauern sind die Verlierer der Agrarreform. Ihr Minister sieht es offensichtlich anders. In einem Interview mit der Zevener Zeitung sagte er:
„Ich hoffe, dass es aus der Agrarreform möglich sein wird, die Produktion dem Verbrauch anzupassen. Die Entkoppelung der Prämie bietet eine Alternative. Der derzeitige Milchpreis ist schon etwas freundlicher.“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es erstaunlich, wie sich die Position der SPD im Laufe des Beratungsverfahrens gewandelt hat. Herr Kollege Johannßen, bei der ersten Beratung hier im Plenum haben Sie noch gesagt, wir hätten gute Ideen. Im Ausschuss haben Sie sich dann der Stimme enthalten. Jetzt kündigen Sie an, dass Sie den Antrag ablehnen werden. Das ist eine stringente Politik, meine Damen und Herren!
Sie haben gerade den Minister zu der Frage der Milchpreisentwicklung zitiert. Die ist in der Tat nicht so negativ, wie wir alle befürchtet haben. Das ist, glaube ich, allen klar. Ich merke das auch auf unserem Betrieb. Wir haben mit schlechteren Preisen kalkuliert und sind froh, dass es nicht so schlimm gekommen ist. Trotzdem bleiben strukturelle Probleme im milchwirtschaftlichen Bereich, die auch nicht dadurch besser werden, dass bei „real“ der Liter Milch für 33 Cent angeboten wird. Das ist auch eine gesellschaftspolitische Frage, der wir uns hier stellen müssen, ob so etwas unser Wertschätzungsgefühl für Lebensmittel widerspiegelt oder nicht.
Sie haben auch die Handelbarkeit der Milchquoten angesprochen. Hier gibt es positive Entwicklungen in den Bundesländern. Darüber bin ich froh. Deswegen hat sich der Antrag aber nicht erledigt, sondern gelohnt, wie es der Herr Kollege gerade gesagt hat, weil wir Bewegung in diesem Bereich bekommen werden und weil das insbesondere die leistungsfähigen Betriebe in Niedersachsen im Bereich der Milchwirtschaft unterstützen wird. Solange wir aber die Situation einer Überproduktion im Milchbereich haben, wird sich an dem schlechten Preis im Grunde nichts ändern. Deswegen ist der Ansatz richtig, eine kritische Überprüfung der Milchquotenerhöhung zu fordern, auch wenn es bei den südeuropäischen Ländern und bei den mittel- und osteuropäischen Ländern Vorbehalte dagegen gibt. Trotzdem ist das aus unserer niedersächsischen Sicht eine richtige Forderung.
Beschäftigen muss uns allerdings auch die Frage des Preises und die Frage der Milchquoten insgesamt. Wir haben die Situation, dass wir mit den Reformen auf der europäischen Ebene unten den Sockel wegnehmen. Aus meiner Sicht ist es dringend notwendig, dass die Politik, wenn wir unten den Sockel wegnehmen, auch darüber nachdenkt, oben das Dach aufzumachen, damit landwirtschaftliche Betriebe sich entwickeln können. Deswegen ist es aus meiner Sicht notwendig, dass die Milchquote spätestens 2013 abgeschafft wird. Ich fände es sehr gut, wenn Minister Heiner Ehlen prüfen würde, ob wegen der derzeit schwierigen Situation die Quote schon früher entfallen kann, z. B. 2010. Das fände ich sehr gut.
Sie haben schon gesagt, wir werden mit den Modulationsmitteln einen Schwerpunkt im Bereich der Grünlandnutzung legen. Das heißt natürlich nicht, dass man für jede Kuh zwangsläufig 10 Euro bekommt, sondern das heißt, dass wir in bestimmten Bereichen, zum Bereich im Bereich Tiergesundheit/Eutergesundheit, einen Schwerpunkt legen werden. Das kommt Grünlandbetrieben und Milchviehbetrieben zugute und ist aus meiner Sicht ein richtiges Signal. Deswegen werden wir diesem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir wissen und erkennen an, dass es zu viel Milchquote in der EU gibt. Auch wir wissen, dass eine bundesweite Handelbarkeit vor allem den niedersächsischen Betrieben nutzen würde, da sie zumindest im bundesweiten Vergleich über relativ starke Produktionsstrukturen verfügen, und auch wir wissen und erkennen an, dass die Betriebe in der augenblicklich angespannten Situation Hilfe über die zweite Säule brauchen.
Trotzdem lehnen wir diesen Antrag ab, Herr Kollege, erstens weil er Illusionen verbreitet, statt Lösungen anzubieten, zweitens weil er den Landwirten Beruhigungspillen verabreicht, statt ihnen zu helfen, drittens weil er allgemeine, nichtssagende Ankündigungen macht, statt konkrete Maßnahmen zu verkünden, und viertens, weil er die Verantwortung auf andere abschieben will, Herr Kollege Langspecht, aber die eigenen Hilfsmöglichkeiten des Landes - das ist das Entscheidende -, also Ihre, konsequent verweigert.
Wir lehnen auch das Prozedere ab, mit dem Sie dafür gesorgt haben, dass der CDU/FDP-Antrag heute abschließend beraten wird, während der früher eingebrachte Antrag der Grünen zur Grünlandförderung weiter im Ausschuss schmort. Wenn hier beide Anträge gemeinsam beraten würden - was sachgerecht wäre -, dann würde schnell klar werden, dass Sie gar nicht daran denken, den Milchbauern mit den Möglichkeiten zu helfen, die das Land hat, sondern dass Sie sie mit Wolkenkuckucksheimen abspeisen wollen. Ich kann deshalb
sehr gut verstehen, dass Ihnen eine Gegenüberstellung in diesem Falle peinlich wäre. Die feine parlamentarische Art ist das aber nun wirklich nicht.
Herr Langspecht, damit Ihnen das Lachen vielleicht im Halse stecken bleibt: Reden wir doch einmal Klartext! Eine Kürzung der EU-Milchquote, wie Sie sie fordern, ist in naher Zukunft so unwahrscheinlich wie die Aussicht, dass Weihnachten und Ostern demnächst auf einen Tag fallen. Dafür gibt es in der EU keine Mehrheit, und dazu gibt es eindeutige ablehnende Stellungnahmen aus der Kommission und den anderen Mitgliedsländern.
Nun zum Stichwort der bundesweiten Handelbarkeit der Milchquote. Im selben Maße, wie diese Niedersachsen nützen würde, würde sie den anderen Ländern schaden, ganz besonders denen, die die Milchwirtschaft zur Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Landwirtschaft auf Grenzertragsböden und insbesondere für den Tourismus brauchen. Es gibt dafür keine ausreichende Zustimmung in Deutschland. Sie erwecken hier nur Illusionen.
Ihr Antrag - dies ist der dritte Punkt - beschränkt sich auf eine unverbindliche, vage Bitte an die Landesregierung - Forderungen darf man an diese Landesregierung aus Ihrer Sicht ja sowieso nicht stellen -, ab 2006 Modulationsmittel für Milchvieh haltende Betriebe bereitzustellen. Unsere konkreten Vorschläge lehnen Sie ab. Das gilt für die Grünlandoption, über die die Landesregierung entscheiden kann, die sie keinen Cent kostet, aber der Milchwirtschaft eine Erhöhung der Grünlandprämie von 102 auf 138 Euro/ha bringen würde. Das gilt auch für die konkreten Förderprogramme für die Sommerweidehaltung von Rindern und für die extensive Weidenutzung, für die sich Länder entscheiden können, nachdem der PLANAK dafür grünes Licht gegeben hat.
Mein Fazit ist: Sie wollen gar nicht helfen. Sie wollen nur so tun, als ob Sie helfen wollten. Sie setzen wie bei der angeblichen Senkung der Schulden in diesem Land oder bei der angeblichen Verbesserung der Unterrichtsversorgung leider immer noch relativ erfolgreich auf gefühlte Werte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir alle sind uns darüber einig, dass die Situation der Milchwirtschaft in Niedersachsen sehr, sehr schlecht ist. Ich glaube auch, dass wir gut daran tun, gerade den Milchbauern unsere Unterstützung anzubieten und ihnen dort, wo wir es können, auch wirklich zu helfen.
Wir haben hier nun einiges über das gehört, was wir auf den Weg bringen können bzw. schon auf den Weg gebracht haben. Herr Kollege Klein, es ist leider so, dass sich unsere Bundesministerin für die Milchbauern auf europäischer Ebene überhaupt nicht einsetzt. Das müssen wir hier vorweg einmal ganz klar sagen.
Der Versuch, dieses Versäumnis gewissermaßen noch herunterzubrechen und zu sagen, die Landesregierung tue nichts oder könne nichts tun, ist, wie ich glaube, an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffen.
Wir haben die Möglichkeit, über die Saldierung die Menge der Milch zurückzuführen. Die Landesregierung unterstützt auch das Vorhaben des Deutschen Bauernverbandes, die Möglichkeit der Saldierung auf 10 % zu beschränken. Wir haben weiterhin die Möglichkeit, bei der 1,5-prozentigen Erhöhung der EU-Quote Hand anzulegen. Wir werden die Gesamtabstimmung wahrscheinlich nicht vom Tisch bekommen. Die Möglichkeit der Hinausschiebung hat uns aber auch die neue Agrarkommissarin, Frau Fischer Boel, in Aussicht gestellt. Deshalb sollten wir ruhig daran arbeiten, hier auch Zeit zu gewinnen, um die Möglichkeit zu eröffnen, EU-Agrarreformen letztlich auch wirken zu lassen.
Ich stehe auch voll hinter dem Interview mit der Zevener Zeitung. Wenn es gelingt, dass Landwirte, Milchproduzenten aus der Milchproduktion aussteigen, haben wir auch die Möglichkeit - das ist das Wichtigste, was wir mittel- und langfristig schaffen müssen -, die Produktion der Milch an den Verbrauch anzupassen. Solange wir mit 115 % Eigenversorgung noch im Überschussbereich sind, wird es für den Lebensmittelhandel einfach sein, unsere Molkereien, unsere Verarbeitungsbetriebe gegeneinander auszuspielen und unter Druck zu setzen. Von daher ist es auch wichtig, dass wir auf der Ebene des Angebotes eine Bündelung bekommen. Das heißt, dass wir Marktpartner haben müssen, die dem Lebensmitteleinzelhandel von Größe und Menge her Paroli bieten können. Deshalb hege ich auch noch große Hoffnungen im Hinblick auf einen neuen Versuch, Nordmilch und Humana letztendlich zu fusionieren.
Die Handelbarkeit der Quote wurde hier ein paarmal angesprochen. Ich glaube, dass wir noch einen Quotenhandelstermin erleben müssen, um feststellen zu können, dass Landwirte auch auf die Werthaltigkeit der Quote reagiert haben. Wenn dies auf Bundesebene nicht sofort möglich ist - Herr Kollege Johannßen, Sie haben ja darauf abgehoben -, müssen wir eben versuchen, mit Niedersachsen und Bremen, mit Schleswig-Holstein und Hamburg, mit Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland den Anfang zu machen, diese Quotengrenzen aufzubrechen.
Nun noch eine Anmerkung zur Agrarreform. Ich glaube, dass wir das Segment der Modulation intelligent einsetzen müssen. Wir müssen natürlich aufpassen, dass wir dabei nicht in Visionen oder in Träumen leben. Wenn wir versuchen wollen, hier etwas Ordentliches auf die Beine zu stellen, müssen wir darauf abzielen, unsere Milchwirtschaft zukunftsfähiger zu machen. Das heißt, dass wir auf der Ebene der Gesunderhaltung der Kühe sicherlich einen richtigeren Weg gehen als dann, wenn wir uns letztendlich in zig verschiedenen Kleinstprogrammen verlieren. Ich meine, dass darüber auch Einigkeit gerade mit den melkenden Betrieben besteht.
Ich kann hier als zuständiger Minister versprechen, dass ich die Anregungen und die Forderungen, die der vorliegende Antrag beinhaltet, voll unterstütze. Ich fordere dieses Plenum gleichzeitig auf, auch mich zu unterstützen. - Danke schön.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.
Tagesordnungspunkt 13: Einzige (abschließende) Beratung: Mädchen in „Männerberufe“, Jungen in „Frauenberufe“ - den „Girl’s Day“ zeitgemäß fortentwickeln - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/943 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 15/1777
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit lautet auf Annahme in veränderter Fassung.
Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Frau Abgeordnete Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Monat findet der „Girls‘ Day“ zum fünften Mal statt. Die Ursprungsidee dieses Tages war, dass Mädchen technische und techniknahe Berufe kennen lernen sollen, um ihr Berufswahlspektrum zu erweitern und auch eher als frauenuntypisch geltende Berufe in ihre Berufswahl einzubeziehen. Noch immer konzentrieren sich 55 % der weiblichen Auszubildenden auf nur zehn von etwa 380 Ausbildungsberufen, in denen der Verdienst in der Regel unter dem Durchschnitt liegt und die zudem auch nur geringe Aufstiegschancen bieten. Leider hat der „Girls‘ Day“ in der Praxis diesen Anspruch nie wirklich eingelöst.
Eine bundesweite Evaluation im Jahre 2002 ergab, dass nur in knapp der Hälfte der Fälle die Mädchen diesen Tag tatsächlich in einem Betrieb verbrachten. Die Mehrheit orientierte sich in Behörden und
Bildungseinrichtungen. Auch in den Schulen stieß der „Girls‘ Day“ auf Kritik. Nur eine Minderheit der Lehrerinnen und Lehrer war mit dem Tag zufrieden. In vielen Schulen erfolgte keine ausreichende Vorbereitung. Der Tag war auch nicht in eine Gesamtkonzeption eingebunden. Hinzu kommt, dass es aus unserer Sicht nicht reicht, die Geschlechtertrennung und die Zuweisung von Rollen nur einseitig aufseiten der Mädchen zu hinterfragen; denn auch 35 % der Jungen beschränken sich auf nur zehn bevorzugte Berufe im handwerklichen und technischen Bereich. Soziale Berufe ziehen sie häufig nicht in Betracht. Deswegen sind Grundschulen, Pflegeheime und Kindergärten im Wesentlichen reine Frauendomänen. Auch eine Lebensplanung, in der sie selbst für Kindererziehung und Pflegearbeit zuständig sein könnten, ziehen Jungen häufig nicht in Betracht.
Deshalb haben wir im vergangenen Jahr einen Antrag zur Weiterentwicklung des „Girls‘ Day“ vorgelegt. Nach langen Debatten konnten sich die Fraktionen nun auf einen gemeinsamen Beschluss einigen. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den beteiligten Kolleginnen für die angenehme und konstruktive Zusammenarbeit.