Worum geht es konkret, und was steckt an bahnbrechenden neuen Erkenntnissen in diesem Entschließungsantrag?
Es geht, wie wir gerade schon gehört haben, um die Integration von Kindern und Jugendlichen aus Migrantenfamilien. Die SPD ist inzwischen auch zu der Erkenntnis gekommen, dass Bildung - und zwar gerade auch vorschulische Bildung - einen wesentlichen Anteil an der erfolgreichen Integration hat. Der Antragsteller fordert von der Landesregierung, ein Integrationskonzept mit ganz be
Man hat aber nicht zur Kenntnis genommen, dass diese Landesregierung bereits am 26. August 2003 das Handlungsprogramm „Integration in Niedersachsen“ beschlossen hat.
Ich nenne die Schwerpunkte aus diesem Handlungsprogramm nur stichwortartig: Erlernen der deutschen Sprache, Einordnung in die hiesige Rechts- und Gesellschaftsordnung, Integration in Arbeit und Ausbildung, Förderung von Frauen und Stärkung der Familien, Förderung der Migrantenselbsthilfeorganisationen usw.
Offensichtlich ist Ihnen seit dem Sommer 2003 etwas entgangen, im Übrigen auch bezüglich der von Ihnen im Einzelnen geforderten Eckpunkte. Bei der SPD hat sich immerhin die Erkenntnis verfestigt, dass die Beherrschung der deutschen Sprache der zentrale Schlüssel zur erfolgreichen Wahrnehmung von Bildungschancen ist. In der Zeit Ihrer Regierung haben Sie diesen Aspekt jahrelang aber nicht erkannt, denn sonst hätten Sie von 1990 bis zum Regierungswechsel nicht ständig Kürzungen bei den Stundentafeln in allen Schulformen vornehmen dürfen - und schon gar nicht in der Grundschule, wie Sie das getan haben.
Immerhin hat die SPD im Jahre 2002 die Sprachförderung für diese Kinder als wichtig erkannt und auf den Weg gebracht, allerdings ohne finanziellen Hintergrund. Zwölf Jahre lang hat die SPD in ihrer Regierungszeit nichts getan. Doch nun fordert sie den Ausbau der von Kultusminister Busemann gerade erst begonnenen Sprachförderung in den Kindertagesstätten. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch erst einmal genauere Erkenntnisse gewinnen und die ersten Erfahrungen mit der bisher durchgeführten Sprachförderung auswerten, bevor wir zu weiteren Veränderungen kommen.
Unter dem zweiten Spiegelstrich, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, fordern Sie die Unterstützung der bestehenden regionalen Beratungsnetzwerke zur Verbesserung der Integration. Einmal abgesehen davon, dass für die Integration
unserer ausländischen Mitbürger nach dem Zuwanderungsgesetz erst einmal der Bund zuständig ist, haben wir schon lange erkannt, dass das Land den Integrationsprozess der hier schon länger lebenden Migranten fördern und weiter begleiten muss. Darum hat das Land schon vor einiger Zeit ein entsprechendes Programm zur Förderung der Integrationsberatung aufgelegt. Für dieses Programm haben wir im Haushalt 2005 Mittel in Höhe von 1,1 Millionen Euro bereitgestellt. Damit finanzieren wir in zehn niedersächsischen Beratungsverbünden über 40 Beraterinnen und Berater. Ihre Forderung ist also längst erfüllt.
Weiter fordern Sie die Einführung von Sprachkursen für Eltern von Migrantenkindern. Zugegeben, das ist eine gute Idee. Aber auch hier kommen Sie etwas zu spät, denn solche Sprachkurse für Eltern gibt es schon. Sie werden von dieser Landesregierung sogar gefördert. Als Beispiel nenne ich hier das Osnabrücker Projekt „Mama lernt Deutsch“.
Das Osnabrücker Modell gibt es natürlich nur in Osnabrück. Es gibt aber auch andere. Ich habe Osnabrück hier nur als ein Beispiel genannt.
Ganz und gar nicht gut im Unterschied zu den vorher genannten Forderungen ist Ihre Forderung nach Konzipierung eines Modells zur besseren Verteilung von Migrantenkindern in Kindergärten. Was Sie sich dabei gedacht haben, ist nun völlig schleierhaft. Zum einen lässt sich diese Forderung aus juristischen Gründen nicht umsetzen. Eltern haben schließlich immer noch den freien Elternwillen bei der Auswahl des Kindergartens für ihr Kind, für den Sie sich an anderer Stelle immer so massiv einsetzen. Dies ist, soweit ich weiß, in § 5 des KJHG verankert. Zum anderen ist diese Forderung aus pädagogischen Gründen völlig abzulehnen, denn die Entfernung zwischen Elternhaus und Kindergarten sollte möglichst gering sein,
denn dadurch kann das Kind immer mehr und besser in der Entwicklung seiner räumlichen Wahrnehmung gefördert werden. Es kann dann die kur
ze Strecke zwischen Elternhaus und Kindergarten in Begleitung von Eltern eher einmal auch zu Fuß oder mit dem Kinderfahrrad bewältigen und muss von den Eltern nicht immer zum Kindergarten gefahren werden. Das ist auch ein wichtiger Grund.
Die räumliche Nähe von Elternhaus und Kindergarten ist außerdem zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Eltern sehr wichtig. Ihre Forderung steht im Widerspruch zu unserem Bemühen, die Kindergärten stärker in ihr soziales Umfeld hinein wirken zu lassen. Das heißt, die Kindergärten sollen sich noch stärker in der Bildungs- und Sozialinfrastruktur des Stadtteils verankern, in dem die Kinder, die sie besuchen, leben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den weiteren Spiegelstrichen kann ich mich angesichts der voranschreitenden Redezeit nicht mehr äußern. Insofern komme ich jetzt zu einer Zusammenfassung.
Dieser Antrag enthält zwar einige gute Ansätze für die Verbesserung der Integration von Kindern und Jugendlichen. Die entsprechenden Maßnahmen sind von der Landesregierung aber schon längst auf den Weg gebracht worden. Der Rest - zum Teil konnte ich es hier ausführen - ist aus unterschiedlichen Gründen gar nicht umsetzbar.
Um auf meinen Eingangssatz zurückzukommen: Diese SPD kann einem nur noch Leid tun. Diesen Antrag hätten Sie spätestens nach den Ausschussberatungen am 21. Januar - also heute vor drei Monaten, verehrter Kollege Voigtlänger - zurückziehen müssen. Spätestens zu jenem Zeitpunkt hätte Ihnen auffallen müssen, dass Sie nicht auf der Höhe der Zeit sind, sondern der Landesregierung und den beiden Regierungsfraktionen mit hängender Zunge hinterher hecheln. Daher müssen wir Ihren Antrag ablehnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Albrecht. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Korter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der SPD-Antrag greift ein wichtiges Thema auf - das brauchen Sie auch gar nicht lächerlich zu machen, Herr Albrecht -, und zwar die mangelnde Förderung von Migrantenkindern in unserer Schule und in der Zeit vor der Schule. Mehr als 20 % dieser Kinder bleiben in Niedersachsen ohne Schulabschluss. Eine Bildungspolitik, die das zulässt, ist verantwortungslos.
Dann nützt in Niedersachsen auch das schönste Integrationskonzept der Landesregierung nichts, wenn Sie es nicht auch konsequent umsetzen.
Meine Damen und Herren, eine frühe sprachliche Förderung ist der Schlüssel dafür, die Bildungschancen aller Kinder und die Integration von Migrantenkindern zu verbessern. Der SPD-Antrag nennt dazu eine Reihe von wichtigen Punkten.
- Ich habe das diskutiert. Lesen Sie einmal im Protokoll nach. Ich habe die meisten Fragen dazu gestellt. Sie aber haben nur die Ministeriumsmeinung vorgelesen, Frau Körtner.
In einem Punkt gehen die Vorschläge des SPDAntrags jedoch in die falsche Richtung. Wir fragen uns wirklich, was unter der Forderung nach einer besseren Verteilung von Migrationskindern in Kindergärten zu verstehen ist. Will Herr Gabriel die unselige Diskussion wieder aufleben lassen, die wir schon in Bezug auf die Schulen geführt hatten, dass nämlich Kinder ausländischer Eltern zwischen den Stadtteilen hin- und hergefahren werden müssen, nur damit man eine gleichmäßige statistische Verteilung hinbekommt? - Diesen Vorschlag sollte die SPD-Fraktion ganz schnell wieder zurückziehen.
Ansonsten bleibt der Antrag leider sehr unkonkret. Das gilt insbesondere für die Forderung, die bestehende Sprachförderung in den Kindertagesstätten auszubauen. Wir haben zu diesem Thema ein Gesamtkonzept vorgelegt, welches wir heute Abend als Entschließungsantrag beraten werden. Darin werden klare Zielmarken vorgegeben. Wir haben ein Sprachförderkonzept für die Kindertagesstätten, das noch von der alten Landesregierung stammt. Das war zwar zu sparsam, aber dennoch ein richtiger Anfang.
Die neue Landesregierung hat dieses Konzept noch einmal zusammengestrichen. Eine besondere Sprachförderung gibt es nur noch für Kindergärten, in denen mehr als 52 % der Kinder Probleme mit der Sprachentwicklung haben. Davon werden die meisten Migrantenkinder nicht erfasst. Wir hingegen wollen, dass eine besondere Sprachförderung in allen Kindergärten angeboten wird, in denen mindestens 20 % der Kinder einer solchen Förderung bedürfen. Dafür muss natürlich Geld aufgebracht werden. Aber dieses Geld lohnt sich; denn schon beim späteren Schulbesuch dieser Kinder, auf ihrem späteren Schulweg werden Fördermaßnahmen entbehrlich. Vor allem aber werden diese Kinder einmal wesentlich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.
Auch die Sprachförderung ein halbes Jahr vor der Einschulung halten wir für unzureichend. Ein halbes Jahr ist für eine nachhaltige Förderung zu kurz. Zudem fallen in dieser Zeit in den Grundschulen Förderangebote aus. Wir wollen, dass die Sprachförderung vor der Einschulung auf ein ganzes Jahr ausgedehnt und auch von den besonders geschulten Erzieherinnen übernommen wird. So kann im Kindergarten ein Sprachförderangebot aus einem Guss entwickelt werden.
Zum Thema Sprachkurse kann ich jetzt aus zeitlichen Gründen nichts mehr sagen. Sprachkurse laufen, zum Teil vom Bund mitfinanziert. Diese Sprachkurse müssen an allen Kindergärten mit Migrantenkindern ausgebaut werden. Das muss das Kultusministerium unterstützen.
Meine Damen und Herren, der SPD-Antrag geht in den meisten Punkten - bis auf den einen Punkt, den ich genannt habe - tendenziell in die richtige Richtung. Deshalb werden wir der Ausschussempfehlung auf Ablehnung nicht folgen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag hat ja seine eigene Geschichte. Auch die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag wüsste - könnte sie sich im Haushalt freier bewegen, als dies aufgrund der uns allen bekannten Vorgeschichte möglich ist sicherlich noch vieles, was im Bereich der Integration und der Sprachförderung noch zu tun wäre. Es muss allerdings finanzierbar sein.
Zu der Entwicklungsgeschichte dieses Antrages, verehrter Kollege Voigtländer, gehört, dass wir im Dezember 2004, als der Antrag auf den Markt kam, auch die zweite Lesung des Haushaltsplanentwurfs 2005 durchgeführt haben. Wer sich noch daran erinnern kann, in welcher Form sich die SPD in der Presse geäußert hat, der weiß, dass jemand, der sich jetzt nicht hier im Saal befindet - nämlich Sigmar Gabriel, der Fraktionsvorsitzende der SPD -, öffentlich darauf hingewiesen hatte, dass diese oder jene Maßnahme noch zu ergreifen wäre.
Allerdings ist Herr Gabriel seinerzeit nicht darauf eingegangen - Herr Voigtländer ist es heute auch nicht -, dass die jetzige zu lobende und kluge Landesregierung nicht beim Stande Null angefangen hat. Vielmehr hat sie dort, wo sie Gutes vorgefunden hat, dieses auch fortgesetzt. So kann man sich bis zum heutigen Tag auf der Homepage des Kultusministers davon überzeugen, dass Niedersachsen die Bürger, die aus anderen Ländern und Sprachgebieten zu uns gekommen sind, in besonderer Weise dazu auffordert, ihre Kinder unsere Kindergärten besuchen zu lassen, weil diese Einrichtungen ein Ort sind, an dem Sprachförderung stattfindet.
Wir haben die Zahlen gehört. Dort, wo es in besonderem Maße ausländische Kinder oder Kinder mit ausländischem Hintergrund gibt, wird auch in besonderer Weise dazu eingeladen. Ich halte das betreffende Flugblatt einmal hoch. - Weil unsere Landesregierung so sparsam ist, ist auf diesem Flugblatt immer noch eine Dame abgebildet, die der Landesregierung, soviel ich weiß, nicht mehr angehört, nämlich Gitta Trauernicht. Aber weil das Flugblatt damals gut war, ist es auch heute noch gut. Deshalb ist es auch gut, dass auch heute im
mer noch damit geworben wird. Wenn die Bestände aufgebraucht sind, wird es sicherlich ein neue Auflage mit einem aktuellen Portrait geben.