Protokoll der Sitzung vom 22.04.2005

Wir sollten uns dann auch noch vergegenwärtigen, dass wir 1990 noch eine Menge von 1,9 Millionen t Feinstaub in Deutschland erzeugt haben. Heutzutage sind es noch 180 t, also eine Reduzierung um den Faktor 10.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ein paar Nullen sind schon noch dran, Herr Kollege!)

Die Erzeugung durch den Diesel-Pkw hat sich um 93 % reduziert. Wenn alle Nutzfahrzeuge Euro 4 bzw. Euro 5 einhalten würden, könnten wir eine Reduzierung um 97 % erreichen. Insgesamt trägt der Diesel-Pkw zu 7 % zu der gesamten Feinstaubbelastung bei. Es gibt hier also überhaupt keinen Anlass zur Hysterie.

Meine Damen und Herren, entscheidend ist - das habe ich schon in meinem Beitrag im Januar angesprochen - die Frage der Hintergrundbelastung. Die Studie in Berlin hat deutlich gemacht, dass nur 25 % durch den lokalen Verkehr entstanden sind, aber 75 % durch andere Belastungen aus anderen Teilen der Stadt oder eben überregional erzeugt worden sind.

(Uwe Harden [SPD]: Blütenstaub!)

- In der Tat, Blütenstaub. - In Jork haben wir eine Messstation. Die hat schon an vier Tagen in diesem Jahr die Überschreitung des Grenzwertes gezeigt. Die Messstation ist aber dafür da, um die Hintergrundbelastung zu messen. Das macht deutlich, wie groß die Hintergrundbelastung wirklich ist und dass das das eigentliche Problem ist. Wir müssen uns gemeinsam - das muss auf europäischer Ebene geschehen - für eine Senkung der Hintergrundbelastung stark machen. Das Problem kann also lokal alleine nicht gelöst werden.

Ich möchte dann noch kurz darauf eingehen, dass wir auch biologischen Feinstaub haben. Das sind z. B. die Bioaerosole, bestehend aus Schuppen, feinen Härchen, Algen, Pollen, Sporen. Auch das muss berücksichtigt werden und macht zum Teil mehr als 25 % der Partikelbelastung aus.

Meine Damen und Herren, wenn dann die Grünen in ihrem Antrag Sorge über die wirtschaftlichen Schäden äußern, die entstanden sind, dann muss ich sagen: Das grenzt an Heuchelei. Diese Schäden sind längst eingetreten. Wir haben massive Absatzrückgänge bei den Dieselfahrzeugen. Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, haben maßgeblich dazu beigetragen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die undifferenzierte Diskussion über Feinstaub, die von Ihnen noch angeheizt und emotional befrachtet worden ist, hat dazu geführt, dass die Situation

jetzt so ist, wie sie ist. Sie haben den von Ihnen jetzt beklagten Schaden selber mit angerichtet.

(Zuruf von Dorothea Steiner [GRÜ- NE])

Deswegen finde ich es absolut heuchlerisch, wenn Sie hier Krokodilstränen weinen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dürr das Wort.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Jetzt aber mal eine andere Qualität!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen von den Grünen in der gestrigen Debatte über das Thema Kernenergie etwas zum Thema Symbole und die Gefahr gesagt, die entsteht, wenn man Symbole benutzt, um bei den Menschen ganz bestimmte Emotionen hervorzurufen. Das führt häufig zu Vereinfachungen, die dann kaum noch etwas mit der Realität zu tun haben.

Ganz ähnlich - Herr Kollege Behr hat das eben deutlich gemacht - ist das auch bei dem Dieselrußfilter. Sie erheben ihn zum einzig wahren Instrument beim Kampf gegen den Feinstaub. Das, meine Damen und Herren, ist schlicht und einfach nicht richtig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Anders kann man Ihren Antrag auch gar nicht verstehen, wenn in der Überschrift zwar steht „Gesundheitliche... Schäden durch Feinstaub verhindern!“, der gesamte Antrag sich dann aber ausschließlich mit dem Thema Rußfilter beschäftigt. Richtig ist, dass Feinstaub grundsätzlich gefährlich ist. Richtig ist aber auch - Herr Hagenah, das haben Sie verschwiegen -, dass die Feinstaubbelastung in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Wenn man sich im Kampf gegen den Feinstaub aber einzig und allein auf den Partikelfilter beschränkt, erreicht man für die Menschen in den betroffenen Regionen gar nichts.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein Drittel der Gesamtbelastung ist dem Verkehr zuzurechnen, zwei Drittel sind Hintergrundbelastungen. Das hat der Kollege Behr eben schon ausgeführt. Von dem Drittel aus dem Straßenverkehr kommt nur etwa ein Drittel aus dem Auspuff, der Rest ist schlicht und einfach Straßen- und Bremsabrieb. Wenn man sich hier auf den Verkehr konzentriert, sollte man wenigstens den Hauptursachen Beachtung schenken, nämlich dem Abrieb von Reifen, Bremsen und Kupplungen. Wir als FDP und CDU haben Ihnen immer gesagt, dass eine grüne Welle - jedenfalls in diesem Fall - sinnvoller ist als der Rückbau von Hauptverkehrsstraßen.

Wenn man sehen will, wie katastrophal schlecht Verkehrspolitik in einer Kommune gemacht werden kann, Herr Hagenah, dann braucht man sich nur die Landeshauptstadt Hannover anzugucken. Da haben Sie auch schon mal im Stadtrat gesessen, wenn ich mich richtig erinnere.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Statt auf intelligente Verkehrslenkung und einen möglichst reibungslosen Ablauf im Straßenverkehr zu setzen, fordern einige von den Grünen jetzt auch noch eine City-Maut nach dem Motto: Erst machen wir eine schlechte Verkehrspolitik, und dann sollen die Bürgerinnen und Bürger auch noch dafür bezahlen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn sich Ihr grüner Parteifreund Herr Mönninghoff, seines Zeichens Erster Stadtrat für Wirtschaft und Umwelt in Hannover, über Maßnahmen wie die Sperrung der Göttinger Straße für den LkwVerkehr beschwert, dann müsste er seinen Ärger eigentlich bei Herrn Trittin in Berlin abladen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Macht der den Feinstaub auf den Straßen?)

Denn der Bundesumweltminister hatte versäumt, bei der EU-Luftqualitätsrichtlinie die Revisionsklausel zu ziehen, damit wir zu einer Änderung der Richtlinie kommen, wie es der Niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander richtigerweise immer gefordert hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich finde es sehr bemerkenswert, dass der Kollege Hagenah heute zu diesem Thema gesprochen hat.

Es ist schon interessant, dass bei den Grünen das Thema Feinstaub schon gar kein Umweltthema mehr ist. Sie machen es zu einem reinen Verkehrsthema, um dann mit dem Finger auf die böse Automobilindustrie zu zeigen. Das ist wirklich billige Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir müssen dieses Thema - das ist schon vorhin dargestellt worden - als sehr komplexes umweltpolitisches Thema begreifen, um in dieser Sache nachhaltig etwas ändern zu können. Wir müssen auch darüber nachdenken, ob das, was aus Brüssel kommt, immer richtig ist. Ich sage ganz deutlich: Als junger Mensch bin ich glühender Europäer

(Zurufe von der SPD: Oh!)

- das darf man an der Stelle mal sagen -, aber wir brauchen nicht immer alles, was die EUKommission verzapft, unkritisch hinzunehmen. Man sieht wohl ganz deutlich, dass das mit mangelnder demokratischer Legitimation der Entscheidungen in Brüssel zu tun hat. Vielleicht sollten wir daran irgend etwas ändern. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Sander das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser gemeinsames Ziel ist es - Herr Haase, Sie haben das am Anfang Ihres Beitrages sehr deutlich zum Ausdruck gebracht -, dafür einzutreten, die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Feinstäuben zu verringern. Daher müssen wir das, was wir als Land tun können, mit den Kommunen gemeinsam besprechen und möglichst auch umsetzen.

Herr Hagenah, Sie sind manchmal schlecht informiert. Wir haben erst heute Morgen die Auswertungen bekommen, die die Maßnahmen betreffen, welche versuchsweise für die Göttinger Straße umgesetzt worden sind. Daran zeigt sich klar und deutlich, dass unsere Vorschläge, die wir im Luftreinhalteplan der Stadt Hannover vorgeschlagen haben, nämlich die Geschwindigkeit zu reduzieren, die grüne Welle zu schalten und den Lkw-Verkehr im Bereich der Göttinger Straße zu reduzieren, zu

- das gebe ich ja zu - geringfügigen Reduzierungen geführt haben. Daher haben wir dem Umweltdezernenten der von Rot-Grün geführten Landeshauptstadt vorgeschlagen, diesen Versuch noch weiterzuführen; denn er hat unter besonderen Rahmenbedingungen stattgefunden, also Messe - ein erheblich größerer Personenverkehr hat in der Zeit stattgefunden - und bei einer Hochdruckwetterlage, was zu erhöhten Feinstaubwerten geführt hat.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Hagenah, was in Düsseldorf, in Berlin oder in München zur Reduzierung von Feinstaubemissionen führt, muss doch wohl auch in Hannover dazu führen. Oder hat Ihr Umweltdezernent die Weisheit für sich allein gepachtet?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Daher kann ich nur sagen: Wir müssen nicht mehr messen - das ist ja Ihre Ansage: Gutachten, messen, Theorie machen -, sondern wir müssen die Feinstäube reduzieren, und zwar europaweit. Diesen Ansatz haben wir Ihrem Umweltminister in Berlin immer wieder vorgeschlagen, damit er dies auch wirklich tut.

Herr Kollege Haase, ich hätte gedacht, Sie hätten sich bei Ihren Fraktionskollegen in RheinlandPfalz, in Mecklenburg-Vorpommern oder in Bremen erkundigt. Denn wir haben in den letzten Konferenzen gemeinsam versucht, den Bundesumweltminister davon zu überzeugen, von der Revisionsklausel, die uns die EU-Kommission vorgeschlagen und angeboten hat, Gebrauch zu machen.

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Das Ergebnis ist schon interessant: Von 16 Bundesländern haben das 14 gefordert - auch die unter Beteiligung der Grünen regierten Länder. Die Zahl hat sich ja schon reduziert und wird sich ab dem 27. April noch weiter reduzieren. Dann gibt es nur noch eine rot-grüne Landesregierung, und auch das ist am 22. Mai vorüber.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dann wird es sogar ein einstimmiges Ergebnis geben, nämlich dass ihn dann alle Bundesländer auffordern. Insofern hätten Sie, Herr Haase, das mit anerkennen müssen.

Im Hinblick auf die Ergebnisse haben Sie von Bösel gesprochen. Es tut mir eigentlich Leid; denn ich schätze Sie sehr. Aber Ihre Sachkenntnis ist so gering. Zumindest darüber hätten Sie einmal nachdenken können.

(Ursula Körtner [CDU]: Das war aber gemein!)