Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

ordnungszielen unabhängiger wird, dass sie stärker auf die Landschaftsentwicklung ausgerichtet wird und dass der Tourismus und die nachhaltige Regionalentwicklung eine deutliche Rolle spielen. Davon dürften längerfristig alle profitieren.

Die Angst der Landwirtschaft vor zusätzlichen Auflagen, Geboten und Verboten ist unbegründet. Wir ändern die Formulierung betreffend den notwendigen Anteil an Schutzgebieten von „überwiegend“ in „großenteils“ und schöpfen damit den Rechtsrahmen aus, den uns das Bundesnaturschutzgesetz setzt. Nichts anderes! Dies schafft mehr Spielraum und weniger Zwang.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Darüber dürfen sich auch die Naturschützer freuen. Denn wenn der neue Spielraum genutzt wird, kann durch die Ausweisung als Naturpark auf freiwilliger Basis Gutes für die Landschaftsentwicklung erreicht werden. Das würde sonst unterbleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei der Regelung der Umwandlung von Ödland bzw. naturnahen Flächen in Acker- und Intensivgrünland setzen wir eine Vorgabe der UVPRichtlinie um. Wir setzen die UVP-Pflicht bei 5 ha an. Andere Bundesländer würden sich freuen, wenn sie so etwas hätten. Wir sind hier wesentlich weiter.

(Zuruf von der SPD: Bayern wahr- scheinlich!)

Naturnahe Flächen sollen nicht leichtfertig umgewandelt werden. Es soll aber auch nicht mit einem übertriebenen Untersuchungs- und Reglementierungsaufwand jegliche Änderung in der Flächennutzung abgewürgt werden.

Meine Damen und Herren, eine flächendeckende Kartierung ist nicht vorgesehen. Die Naturschutzbehörden sollen mit ihrem knappen Zeit- und Finanzbudget Sinnvolleres tun, als neue Kartierungswellen auszulösen. Daher wird Entsprechendes nur befunden, wenn ein Antrag darauf gestellt wird, d. h. wenn der Eigentümer dieser Fläche Kenntnis darüber haben möchte, ob Entsprechendes vorliegt. Man kann ihm schließlich nicht auferlegen, dass er das selbst herausfindet. Das wäre zu aufwändig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch auf die Miesmuschelfischerei und auf das Anlegen von Muschelkulturen eingehen. Hier soll eine entsprechende Änderung herbeigeführt werden, da die Pazifische Auster, eine in die Nordsee eingewanderte Art, Schäden nicht in gravierendem Maße verursacht, allerdings auch nicht standortgerecht ist. Es kann wenig zweckdienlich sein, wenn diese Art wieder zurückgeworfen werden muss, weil sie zufällig im Nationalpark Wattenmeer gefangen worden ist.

Meine Damen und Herren, mit der Aufnahme dieses Punktes in das Gesetz setzen wir ein Zeichen für die Muschelfischerei. Die wartet darauf, weil im August der Muschelfang beginnt. Die Muschelfischerei braucht dieses Zeichen. Verweigern Sie es ihr nicht!

Ich komme zum Schluss. Der Disput, der hier entstanden ist oder zumindest angekündigt wurde, ist im Grunde nicht gerechtfertigt. Er wird der Sache nicht gerecht. Wenn Sie sich allein an formalen Gesichtspunkten festhalten, müssen Sie den Menschen draußen erklären, warum Sie sich in der Sache dagegen wenden.

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Im Grunde sollten wir sehr wohl das aufnehmen, was die Landesjägerschaft Niedersachsen als Hoffnung geäußert hat, nämlich dass dieser Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause vom Niedersächsischen Landtag verabschiedet wird. Enttäuschen Sie diese Hoffnung nicht!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Steiner, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit März 2002 ist das Bundesnaturschutzgesetz in der neuen Fassung in Kraft, die die Rahmenbedingungen für einen zeitgemäßen, modernen Naturschutz festlegt. Auch der Bundesrat als Vertretung der Länder hat diesem Gesetz seinerzeit zugestimmt.

Drei Jahre waren Zeit, die neuen Regelungen in den Ländern umzusetzen. Aber wie sieht es in Niedersachsen aus? Eine kleine Änderung betreffend FFH-Gebiete wurde im Mai 2003 als Einzel

regelung vollzogen. Seitdem warten wir in Niedersachsen auf die große Novelle des Naturschutzgesetzes.

(Friedhelm Biestmann [CDU]: Was war in dem ersten Jahr?)

Bereits im März 2005 wurde dem Kabinett der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Vertragsnaturschutzes und zur Deregulierung des Naturschutzes aus dem Hause Sander vorgelegt. Eine große Novelle gibt es nicht. Es gibt keine umfassende Anpassung an das Bundesnaturschutzgesetz, sondern nur die überfällige Anpassung des § 60, der Regelung für die anerkannten Naturschutzverbände, garniert mit Änderungen zum Vertragsnaturschutz. So, meine Damen und Herren, war das nicht gedacht.

(Annette Schwarz [CDU]: Von Ihnen nicht!)

Wir Grünen waren durchaus bereit, uns auf einige der vorgeschlagenen Änderungen einzulassen, z. B. bei der Regelung der Fristen, wonach beim Auslaufen des Vertragsnaturschutzes eine erneute landwirtschaftliche Nutzung möglich sein soll. Überzeugt hat uns das Argument, dass das die Bereitschaft bei Landwirten zum Vertragsnaturschutz erhöhen kann. Ich bin aber relativ erschüttert, wenn ich jetzt Frau Schwarz von der „Naturschutzfalle“ reden höre. Ich frage mich: Haben Sie Angst vor dem Naturschutz oder haben Sie Angst vor der Natur? Dieser Begriff „Naturschutzfalle“ ist unglaublich.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nicht gefallen haben uns die Einschränkungen für den Schutz des mesophilen Gründlands. Aber wichtig war uns - deswegen wollten wir diesem Gesetzentwurf ursprünglich auch zustimmen - in § 60 die Anerkennung für die Naturschutz- und Umweltverbände entsprechend dem Bundesnaturschutzgesetz. Wir haben auch beim Verfahren Entgegenkommen gezeigt und uns auf eine verkürzte Beratungsfrist im Ausschuss eingelassen, kurzfristig eingebrachte Änderungsvorschläge der Regierungsfraktionen noch mit abgewogen.

Aber dann kommt zwei Tage vor der Schlussberatung vonseiten der Landesregierung ein Änderungsantrag, weil man anscheinend urplötzlich, gerade gestern festgestellt hat, dass man das Problem des Beifangs von Pazifischen Austern im

Nationalpark Wattenmeer noch schnell im Naturschutzgesetz regeln könnte. Ohne weitere Diskussion und Klärung wollte man dem Ausschuss noch eine problematische Fischereiregelung unterjubeln und sie im Gesetz festschreiben.

Wir konnten als Begleitmusik schon Erörterungen über die Wirtschaftlichkeit des Austernfangs im Wattenmeer hören. Meine Damen und Herren, ich will das anständig diskutiert haben. Das Problem ist klar, und dafür finden wir auch eine Lösung. Aber nicht mit einer verordneten Festlegung, die man uns eben mal hereinreicht und die der GBD noch nicht einmal beurteilen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Dieses Verfahren lässt für uns in der Bewertung wirklich nur zwei Möglichkeiten offen. Entweder ist das Umweltministerium bei der längst fälligen Umsetzung des Bundesnaturschutzgesetzes überfordert, oder es ist der Landesregierung egal, ob ein Gesetzentwurf von ihr im Fachausschuss ordentlich beraten wird oder nicht. Darin käme eine Missachtung des Parlaments zum Ausdruck.

Vor diesem Hintergrund stimmen wir lediglich der Änderung des § 60 zu. Das vorliegende Gesamtkunstwerk werden wir ablehnen, weil wir mit einer scheibchenweisen Novellierung des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes nicht einverstanden sind.

Zum Schluss möchte ich die Landesregierung auffordern, bis zum Frühjahr 2006 eine umfassende Novelle des Naturschutzgesetzes vorzulegen, die den gesamten Änderungsbedarf berücksichtigt. Das soll dann bitte schön auch so erfolgen, dass die Ausschüsse des Parlaments sie seriös beraten können. Dann werden wir unter Umständen auch zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächster hat der Abgeordnete Dürr von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haase! Frau Kollegin Steiner! Frau Steiner hat eben deutlich gemacht, dass sie zwar mit den Inhalten des Gesetzentwurfs

zum großen Teil übereinstimmt, dass sie sich aber trotzdem genötigt sieht, ihm insgesamt nicht zuzustimmen. Das finde ich schade.

Ich finde es schade - das sage ich in Richtung der SPD-Fraktion -, dass Sie nicht in der Lage sind, sich im Plenum mit Umweltpolitik inhaltlich auseinander zu setzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Was wir heute beraten, zeigt, dass das, was von einigen Ideologen immer bestritten wird, doch möglich ist: Man kann eine Menge für Umwelt und Natur erreichen und gleichzeitig den Betroffenen im ländlichen Raum, insbesondere den betroffenen Landwirten, bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen Erleichterung verschaffen. Das gilt insbesondere für den Vertragsnaturschutz.

Herr Kollege Dehde, ich will für Sie als Ausschussvorsitzender noch einmal kurz aufzeigen, wo in der Vergangenheit das Problem lag. Bisher mussten die Landwirte befürchten, dass die Bewirtschaftungsauflagen, die sie beim Vertragsnaturschutz eingehen, dazu führten, dass auf ihren Flächen Biotope entstehen, die eine spätere landwirtschaftliche Nutzung ausschließen. Deshalb ist die Änderung des § 28 Naturschutzgesetz so wichtig. In Zukunft gelten die Verbote dieses Paragrafen nicht mehr für Flächen, die für den Vertragsnaturschutz zur Verfügung gestellt wurden. Der Landwirt muss nicht mehr befürchten, dass er Flächen, die ihm schließlich selbst gehören, dann nicht mehr nutzen kann. Es freut mich, dass wir uns im Umweltausschuss - jedenfalls mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - in diesem Punkt sogar noch auf eine Erweiterung des Gesetzentwurfs der Landesregierung einigen konnten. Wir haben erreicht, dass das Bewirtschaftungsverbot nicht nur nicht für solche Biotope gilt, die während des Vertragsnaturschutzes entstanden sind, sondern auch nicht für die Biotope, die innerhalb von 15 Jahren nach Auslaufen des Vertrages entstehen. Damit wird verhindert, dass der Landwirt die Fläche frühzeitig umbricht, quasi aus Selbstschutz, um die Entstehung eines Biotops zu verhindern und um eine spätere Nutzung nicht auszuschließen; ich kann durchaus nachvollziehen, was die Landwirte manchmal leider machen müssen. Das bedeutet Sicherheit für den unternehmerischen Landwirt. Gleichzeitig wird verhindert, dass Biotope unnötigerweise frühzeitig zerstört werden. Frau Kollegin Schwarz hat das vorhin dargelegt. Ich halte das für einen Erfolg für alle Seiten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Da uns die Grünen in dieser Frage im Ausschuss unterstützt haben, möchte ich an dieser Stelle dafür auch einmal ein Lob aussprechen, was bei mir bekanntermaßen nicht so oft vorkommt.

Ich halte auch eine weitere Änderung des Naturschutzgesetzes, nämlich die Streichung des bereits erwähnten artenreichen mesophilen Grünlands, für sehr wichtig. Das Problem vor Ort war nämlich oftmals, dass eigentlich keiner so recht wusste, was artenreiches mesophiles Grünland ist. Das hat zum einen dazu geführt, dass sich Kommunen genötigt sahen, zahlreiche Flächen zu kartieren. Das hat sehr viel Geld gekostet. Zum anderen sahen sich nicht wenige Landwirte in ihrer Existenz bedroht.

Wir haben mit der Änderung dieses Problem beseitigt. Ich finde das in der Sache auch richtig. Damit haben wir Natur und Landschaft keineswegs geschadet.

Ich möchte noch auf den letzten Punkt eingehen, nämlich die Änderung des § 34. Dabei geht es um die Naturparke. Bisher mussten mindestens 50 % Naturund Landschaftsschutzgebiet sein. Das haben wir auch geändert. Jetzt ist es so: Wenn beispielsweise 48 % vor Ort Natur- und Landschaftsschutzgebiet sind und man sich vor Ort in der Sache im Kreistag mit den betroffenen Landwirten einig ist, dass man einen solchen Naturpark ausweisen will, dann wird das in Zukunft möglich sein. Das sind sachliche Änderungen, die inhaltlich richtig sind.

Lieber Herr Haase, beschäftigen Sie sich beim nächsten Mal mit den Inhalten! Dann macht es auch mehr Spaß, mit Ihnen zu diskutieren. - Danke.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Herr Umweltminister Sander das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stärken wir zum einen den Vertragsnaturschutz und haben wir zum anderen das Ziel vor Augen, das Naturschutzrecht in Niedersachsen zu vereinfachen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dehde?