Ein wenig überrascht bin ich schon, Herr Dr. Lennartz, welche Prioritäten Sie setzen. Natürlich freut es mich, dass Sie der FDP in dieser Fragestellung Vertrauen schenken. Das wundert mich allerdings nicht, wenn ich mir anschaue, was Bündnis 90/Die Grünen ansonsten machen; da kann man das Vertrauen ziemlich schnell verlieren.
Es geht in diesem Zusammenhang um eine organisatorische Frage. Bei dem, was Ihre Parteifreunde dort machen, wo sie Verantwortung tragen,
handelt es sich um inhaltliche Fragen. Da fangen wir bei der langen Liste einmal bei dem Gesetz zur Neuregelung von Beschränkungen des Brief- und Postgeheimnisses, G 10-Gesetz, an. Was haben die Grünen da 2001 gemacht, die SPD übrigens auch? Bei der Übermittlung von Daten, die aus G 10-Maßnahmen stammen, haben Sie Ausnahmen zugelassen, gegen die schwerwiegende datenschutzrechtliche Bedenken bestehen.
Terrorismusbekämpfungsgesetz oder Schily 2, was haben Sie da 2001 gemacht? Bei den biometrischen Merkmalen haben Sie eine zentrale Referenzdatei zugestanden. Sie haben eine Übermittlung von Sozialdaten zugestanden, sie übrigens uneingeschränkt zur Rasterfahndung zugelassen. Einem besonderen Amtsgeheimnis unterliegen diese dann auch nicht mehr. Dabei handelt es sich um hochsensible Daten zur Gesundheit.
Nehmen wir das Nächste: 2002, Finanzmarktförderungsgesetz, da waren Sie wieder dabei. Was haben Sie da gemacht? Sie haben Banken verpflichtet, Dateien einzurichten, in denen alle Konten und Depots von Kunden mit Namen, Geburtsdatum etc. aufgeführt werden. Die Daten müssen aufbereitet und an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mittels automatisiertem Verfahren übertragen werden.
Machen wir weiter: 2003, Gesundheitsmodernisierungsgesetz. Was haben Sie da gemacht? Neue Vergütungssysteme, und auch die Abrechnungen mit den Diagnosen werden übermittelt. 60 Millionen Versicherte müssen ihre intimsten Daten preisgeben. Das ist der Weg zum gläsernen Patienten.
Ich höre jetzt auf, weil die Redezeit zu Ende geht. Ich kann Ihnen aber sagen: Die Liste ist noch viel länger. Herr Dr. Lennartz, Ihr Vertrauen in die FDP ist gerechtfertigt, aber vorher müssen Sie bei den Grünen austreten. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mit Schreiben vom 20. April 2005 die Fraktionsvorsitzenden informiert, damit auch Herrn Fraktionsvorsitzenden Gabriel und Herrn Fraktionsvorsitzenden Wenzel. Unter anderem habe ich geschrieben, dass ich der Landesregierung vorschlagen werde, die Aufgabe des Datenschutzes im nicht öffentlichen Bereich zukünftig in meinem Haus anzusiedeln, wie es in den Ländern vielfach zugeordnet ist. Die Landesregierung hat am 24. Mai 2005 so beschlossen, weil aus keiner Fraktion irgendein Hinweis gekommen ist, dass man mit dieser Regelung nicht einverstanden ist. Insofern wundere ich mich schon über das, was hier jetzt alles so vorgetragen wird. Aber wir haben ja im Gesetzgebungsverfahren noch die Möglichkeit, darüber zu sprechen. Ich finde, wenn man schon frühzeitig informiert wird, kann man der Landesregierung auch entsprechende Hinweise geben. Das haben Sie nicht gemacht, und deshalb scheint es Ihnen nicht ganz so wichtig zu sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im öffentlichen Bereich unterliegt der LfD lediglich einer Dienstaufsicht und damit keinerlei Weisungen. Im nicht öffentlichen Bereich - darum geht es hier - ist dies anders. Hier ist der LfD die so genannte Aufsichtsbehörde und unterliegt seit jeher nach dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz der Fachaufsicht durch das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport. Das Ministerium ist demnach oberste Aufsichtsbehörde im nicht öffentlichen Bereich. Das heißt, eine völlige Kontrollunabhängigkeit des LfD im gewerblichen Bereich im Gegensatz zum öffentlichen Bereich hat es auch bisher nicht gegeben, auch nicht unter der alten Landesregierung, sodass es hier gar keine Änderung gibt.
Durch die beschlossene Wahrnehmung des Datenschutzes im nicht öffentlichen Bereich ab 2006 durch das Ministerium für Inneres und Sport entfällt die Aufsichtsebene beim LfD. Die künftige unmittelbare Bearbeitung der bisher vom LfD wahrgenommenen Aufgaben wie z. B. Kontrolle und Beratung von Unternehmen oder Privatpersonen und die sich daraus ergebenden administrativen und gesetzlichen Konsequenzen werden damit im Ministerium konzentriert. Der mit der jetzigen Aufteilung verbundene, nicht unerhebliche Abstimmungsaufwand in den länderübergreifenden Gremien entfällt somit völlig.
Der Hinweis von Herrn Dr. Lennartz, dass wir bei der Umorganisation gegen die EU-Datenschutzrichtlinie verstießen, weil damit die so genannte völlige Unabhängigkeit der Kontrollstelle nicht mehr gewährleistet sei, ist schlichtweg falsch. Es wird immer so dargestellt, als wenn hier ein Dissens zum Bundesinnenminister hergestellt werden könne. Das ist in diesem Fall ausnahmsweise nicht der Fall.
- Ausnahmsweise, das will ich unterstreichen. Zum einen ist es so, dass andere Länder dies genauso durchführen und insofern auch nicht rechtswidrig handeln. Aber die Innenministerien der Länder und das BMI sind sich zum anderen einig, dass die von der EU-Datenschutzrichtlinie geforderte Unabhängigkeit nur eine funktionale Unabhängigkeit sein kann, wonach die Kontrolleure keinen Weisungen der Unternehmen unterliegen und von diesen unabhängig sind. Dies ist selbstverständlich auch weiterhin gewährleistet.
Im Übrigen ist die Aussage im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht zutreffend, dass die Mehrzahl der Bundesländer ihren Datenschutzbeauftragten sämtliche Kontrollaufgaben übertragen hätten. Das Verhältnis ist zurzeit sechs zu zehn. Insofern sehen Sie, dass wir auf der Mehrheitsseite stehen und nicht umgekehrt.
Mit der Umorganisation sind nicht nur die aufgezeigten Synergieeffekte verbunden, sondern auch haushaltswirksame Einsparungen. Frau Leuschner, wie Sie auf die Idee kommen, dass es teurer werden könnte, ist mir völlig schleierhaft; denn genau das Gegenteil ist der Fall.
(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Die Rechenkünste kennen wir! Der einzi- ge Minister, der mit immer weniger Geld immer mehr macht!)
- Das ist wahr. Das ist nicht nur dieser Minister, sondern diese Landesregierung. Sie ist tatsächlich in der Lage, mit pfiffigen Ideen vernünftige Politik zu machen und sogar noch Geld zu sparen.
Ich möchte Ihnen das vernünftig vorrechnen: Aus dem Wegfall einer B 2-Stelle und durch Herabstufung anderer Stellen wird sich dies ergeben, auch durch die Besoldung des künftigen LfD nach B 4 statt, wie bisher, nach B 6, wie es im Stellenplan ausgewiesen ist; die tatsächliche Bezahlung erfolgt nach B 7. Das wird auf jeden Fall erhebliche Einsparungen bringen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass auch bei den oberen Besoldungsgruppen gespart werden kann.
Sowohl im Antrag als auch im Gesetzentwurf ist die Rede davon, dass es bei einer Datenschutzaufsicht in einer Hand beim LfD bleiben solle, damit die Bürgerinnen und Bürger einen Ansprechpartner für alle Fragen des Datenschutzes hätten. Wie ist aber tatsächlich die Lage? Tatsache ist, dass aufgrund des föderalen Aufbaus die Datenschutzaufsicht in der Bundesrepublik zersplittert ist. Neben dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz, dem z. B. die Zuständigkeit für den gesamten Datenschutz im gesamten Telekommunikationsbereich obliegt, gibt es weitere Datenschutzbeauftragte für Kirchen, daneben solche für Rundfunk- und Medienanstalten, und aufgrund der örtlichen Zuständigkeit kommt es regelmäßig vor, dass der LfD Niedersachsen Beschwerden niedersächsischer Bürger über ein Unternehmen mit Sitz außerhalb Niedersachsens an die zuständige Aufsichtsbehörde eines anderen Bundeslandes weiterleiten muss. Der Petent hat somit gar keinen Vorteil aus der gemeinsamen Wahrnehmung der Datenschutzaufgaben des öffentlichen und nichtöffentlichen Bereichs.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch etwas zur Begründung des Gesetzentwurfes der SPDFraktion sagen, wonach die vorsorgende konstruktive Beratung und Mitgestaltung des LfD bei der Entwicklung von datenschutzgerechten Lösungen im Sinne einer aktiven Dienstleistung auf große Zustimmung in der Wirtschaft gestoßen ist. Selbstverständlich wird auch das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport ab 2006 diese gewünschte Beratung von Personen oder Unternehmen gewährleisten. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass die Eigenverantwortung der Wirtschaft, aber auch der einzelnen Bürgerinnen und Bürger beim Umgang mit ihren eigenen Daten wie z. B. der Kundenkarte mehr im Vordergrund steht.
Neben zahlreichen Datenschutzorganisationen haben sich inzwischen auch Kammern und Verbände datenschutzrechtlicher Themen angenommen. Außerdem haben viele Betriebe Datenschutzbeauftragte zu bestellen, die sich vorrangig den Datenschutzproblemen annehmen werden. Deshalb wird sich unsere Aufsicht in diesem Bereich künftig wieder stärker am Aufgabenkatalog des Bundesdatenschutzgesetzes orientieren.
Meine Damen und Herren, ich fasse abschließend zusammen: Es handelt sich nicht um eine inhaltliche Korrektur, sondern um eine organisatorische Korrektur, wie es der Kollege Bode dargestellt hat. Meine Damen und Herren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden zum großen Teil genau die gleiche Aufgabe im Innenministerium machen.
Wir können es effektiver organisieren. In dem Sinne können Sie sicher sein, dass auch die Belange des Datenschutzes im nicht öffentlichen Bereich in jedem Fall auch noch gewährleistet sind; im Gegenteil: Es wird wahrscheinlich sogar noch effektiver.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Zu Tagesordnungspunkt 15 wird empfohlen, ihn zur federführenden Beratung dem Ausschuss für Inneres und Sport zuzuleiten, mitberatend soll der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen tätig sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 16. Hier soll ebenfalls der Ausschuss für Inneres uns Sport federführend tätig werden, mitberatend der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstim
Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur modellhaften Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume (Modellkommunen-Gesetz - ModKG -) - Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/2011
Zur Einbringung erteile ich dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Herrn McAllister, das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die Notwendigkeit, bürokratische Hemmnisse abzubauen, besteht auf allen politischen Ebenen hoffentlich Einigkeit. Das gilt auch für dieses Haus und im Grundsatz auch für alle vier Fraktionen. Nur, wir wissen natürlich alle, dass es im Detail immer besonders schwierig ist, wenn es konkret wird, einzelne Vorschriften zu flexibilisieren oder gar ganz abzuschaffen.
Die neue CDU/FDP-Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen gehen diesen Weg im Rahmen ihrer Politik der letzten zweieinhalb Jahre: konsequenter Bürokratieabbau, konsequente Deregulierung und konsequente Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben.
Die größten Bausteine waren bisher sicherlich die erste Phase der Verwaltungsreform mit der Abschaffung von insgesamt 109 Behörden, vornehmlich in der staatlichen Mittelinstanz, oder auch die beeindruckende Bilanz der Landesregierung, wenn es um die Deregulierung geht: Bis zum heutigen Tag hat diese Landesregierung und diese beiden sie tragenden Fraktionen 65 Gesetze und Verordnungen und über 1 700 Verwaltungsvorschriften ersatzlos gestrichen.
Heute legen CDU und FDP einen weiteren Baustein zur Politik des Bürokratieabbaus und der Deregulierung vor.
Es handelt sich dabei - so haben wir es genannt um das Gesetz zur modellhaften Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume.
Darüber, dass kommunale Standards flexibilisiert werden sollen, besteht seit vielen Jahren Einigkeit. Die kommunalen Spitzenverbände haben immer wieder an uns appelliert: Wenn das Land schon nicht in der Lage ist, den Kommunen mehr Geld zu geben, dann soll es wenigstens bestimmte Vorschriften, bestimmte Standards abbauen, um den Kommunen mehr Handlungsspielräume zu geben.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, sich diesem Ziel zu nähern. Eine Variante ist: Man schafft ein Gesetz mit einem kompletten Standardabbau, mit einer Standardflexibilisierung für das ganze Land mit der Folge, dass man dann von Emden bis Hannoversch Münden natürlich auf Protest stößt, aber auch den einen oder anderen unvermeidbaren Fehler machen wird; denn bestimmt gibt es auch einige Vorschriften, die auch wir jetzt zur Disposition stellen, bei denen die Praxis dann zeigen wird, dass doch eine staatliche Regelung notwendig ist.