Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

Es hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Veränderung der Lebens- und Berufsbedingungen von Frauen auch eine Mitarbeit der Männer erfordert. Nur wenn Männer bereit sind, sich an Erziehungs- und Hausarbeit zu beteiligen, wird die Sorge für Kinder nicht mehr allein zu Lasten der Lebensund Karrierechancen von Frauen gehen und damit die Wahrscheinlichkeit steigen, dass junge Menschen sich für Kinder entscheiden.

Mit der Entwicklung der Aufgabenstellung müssen sich aber auch die Instrumente der Gleichstellungspolitik verändern. Die Europäische Union hat sich für das Prinzip von Gender Mainstreaming entschieden. Dort, wo Entscheidungen getroffen werden, soll eine Prüfung auf die Auswirkungen auf Frauen und auf Männer stattfinden. Der Blick auf die Geschlechter soll in den Entscheidungsprozess einbezogen und nicht erst von außen herangetragen werden. Gender Mainstreaming darf deswegen gerade nicht in spezielle Gremien für Frauen abgeschoben werden, sondern muss seinen Platz in allen Ministerkonferenzen und Fachgremien haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Infolge dieses veränderten Strategieansatzes sind in allen Bundesländern die eigenständigen Frauenministerien der 90er-Jahre in größere Sachzusammenhänge einbezogen worden. Dies hatte Auswirkungen auf die GFMK, also die Frauenministerkonferenz: Die beteiligten Ministerinnen und Minister sind nicht mehr ausschließlich für Frauenpolitik zuständig, sondern tragen Verantwortung für Jugend-, Sozial-, Bildungs- und Innenpolitik, um nur einige Verknüpfungen zu nennen.

Dies vorangestellt, beantworte ich namens der Landesregierung die einzelnen Fragen wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung hält es für erforderlich, auch weiterhin an der tatsächlichen Gleichstellung und Teilhabe beider Geschlechter an allen gesellschaftlichen Bereichen zu arbeiten. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.

Eine Zusammenlegung der GFMK mit der JMK, also der Jugendministerkonferenz, stünde dem nicht entgegen. Beide Konferenzen haben bereits

jetzt einen großen Bereich gemeinsamer Themen. Eine der wichtigsten Fragestellungen der kommenden Jahre wird sein, inwieweit sich tatsächliche Gleichstellung durch eine bessere Vereinbarkeit von Familien- und Berufsarbeit erreichen lässt und wie die Rahmenbedingungen für Familien verbessert werden können. Diese Aufgabe gewinnt in größerem Sachzusammenhang an politischem Gewicht. Daneben werden aber auch die Gleichstellungsthemen, die nicht unmittelbar mit der Erziehung von Kindern zusammenhängen, ihre Bedeutung behalten und in den Konferenzen bearbeitet.

Mit der Zusammenlegung wird das Ziel der Ministerpräsidentenkonferenz erreicht, eine effektivere und sparsame Abstimmung der Länder und eine Reduzierung der Gremien herbeizuführen.

Zu 2: Im Jahre 2006 werden die GFMK und die JMK zum gleichen Termin, aber als getrennte Konferenzen, in Hamburg tagen. Auf diesen Tagungen werden die näheren Modalitäten der künftigen Zusammenarbeit festgelegt werden. In einer neuen Konferenz sind die Themen aus beiden bisherigen Fachministerkonferenzen einzubringen. Selbstverständlich werden auch die bisherigen GFMK-Themen weiter verfolgt. In der Folge werden Tagungsdauer und -häufigkeit auf den Arbeitsanfall abzustimmen sein.

Zu 3: Entsprechende Überlegungen bestehen zurzeit nicht. Niedersachsen wird aber in allen Gremien auf effektive Arbeitsstrukturen drängen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Frau Helmhold, bitte schön!

Frau Ministerin, nun lautete ja der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz, unnötige Gremien abzubauen und nicht gleich sozusagen die Konferenzen selbst aufzulösen. Wie erklärt die Landesregierung, dass sich, obwohl die Gleichstellungsund Frauenministerkonferenz nur vier Gremien für unabdingbar hält, die Innenministerkonferenz dagegen 57, im Bereich der Gleichstellung die Konferenz selbst komplett auflösen muss, und warum ist es so, dass z. B. die auch sehr umfangreiche Sozialministerkonferenz nur sieben Gremien hat, sich aber trotzdem nicht auflöst?

Vielen Dank, Frau Kollegin. Das waren jetzt zwei Fragen. - Frau Ministerin, bitte schön!

Ich betrachte dies nicht als eine Auflösung der Frauenministerkonferenz - genauso wenig wie ich die Jugendministerkonferenz dadurch als aufgelöst betrachte -, sondern als eine Zusammenlegung. Das ist auch Frage der Effizienz; denn - wenn ich es überblicke - ich habe allein in meinem Ressort fünf verschiedene Fachministerkonferenzen. Oft sind die Anreisezeiten zum Tagungsort länger als die Tagungszeiten selbst. Insofern ist es auch eine Frage des Zeitmanagements, zwei Konferenzen zusammenzulegen, bei denen die Themen sehr nahe beieinander liegen und bei denen oft dieselbe Person für beide Ressorts oder Themen zuständig ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Frau Kollegin Merk, bitte sehr!

Frau Ministerin, es ist vielleicht heute zu viel verlangt, wenn ich Sie frage, wie oft Sie die Themen Gleichstellung von Frauen und Männern, Chancengleichheit, auch Chancengleichheit in der Familie und im Beruf, in den letzten zwei Jahren behandelt haben. Wenn das heute nicht geht, wäre ich dankbar, wenn Sie uns das schriftlich geben könnten, damit wir sehen, was in diesem Bereich überhaupt noch geleistet wird.

(Astrid Vockert [CDU]: Das ist eine Frechheit!)

Frau Ministerin, Sie möchten darauf antworten. Bitte schön!

Allein die Tatsache, dass es uns gelungen ist, bei der Gewaltprävention gegen Frauen die BISSStellen zu erhalten, auszubauen und bis zum Ende der Legislaturperiode ein flächendeckendes Netz

aufzubauen, zeigt, dass wir ein höchst frauenspezifisches Thema unabhängig von der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr Ernst nehmen und sehr zukunftsweisend behandelt haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das zweite Thema, das klassischerweise nicht im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht, also keinen familienpolitischen Schwerpunkt hat, ist das Thema Zwangsheirat, zu dem wir gerade in einer Arbeitsgruppe der Ressorts, aber auch innerhalb der Fraktionen einen guten gemeinsamen Beschluss gefasst haben.

Aber auch auf anderen Gebieten, die ich für wichtig halte, habe ich maßgebliche Schritte unternommen, z. B. mit den Unternehmerverbänden Niedersachsen die Offensive „Familienfreundliche Arbeitswelt“. Das halte ich für wichtig; denn ich bin der Überzeugung: Wenn es nicht gelingt, das Thema Erziehung von Kindern in die Arbeitswelt hineinzubringen, dann wird es uns auch nicht möglich sein, gerade bei Männern eine Gleichstellung zu erreichen, dass sie nämlich die Chance haben, ihre Rolle als Väter wahrzunehmen. Entsprechend müssen auch Mütter ihre Chancen in der Umsetzung ihrer Fähigkeiten im Beruf durchsetzen können.

Das ist nur ein kleiner Abriss der Dinge. Ich kann Ihnen gerne noch eine umfangreichere Liste zukommen lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Frau Kollegin Merk, Sie haben noch eine Zusatzfrage. Bitte schön!

Frau Ministerin, ich glaube, ich bin von Ihnen falsch verstanden worden. Nachdem die Kollegin die Frage nach der Zusammenlegung von Ministerkonferenzen gestellt hat, wollte ich Sie fragen, wie viele Themen Sie in den letzten zwei Jahren in den Bereichen, die ich vorher genannt hatte, auf den Konferenzen behandelt haben. Ich hatte hinzugefügt: Wenn das heute zu viel verlangt ist - wofür ich Verständnis hätte -, dann bitte ich darum, uns das schriftlich zu geben.

Vielen Dank. - Frau Ministerin, bitte sehr!

Dies detailliert aufzuführen, ist in der Tat zu viel. Dazu müssten wir detailliert die Tagesordnungen der verschiedenen Konferenzen durchgehen. Beim letzten Mal wurden 20 Beschlüsse gefasst. Aber alleine - Frau Helmhold, Sie hatten es ja aufgeführt - 20 % davon waren Beschlüsse wie Fortsetzung der Arbeitsgruppe „Frauenförderung im Bereich der Wissenschaft“, Fortsetzung der Arbeitsgruppe „Arbeitsmarkt für Frauen“, Fortsetzung der Arbeitsgruppe „soziale Sicherung von Frauen“, Fortsetzung der Arbeitsgruppe „Familienrecht und Familienpolitik“. Man muss also auch die Relation zwischen der Anzahl der Beschlüsse und ihrer der Inhaltsschwere sehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen zu dieser Frage liegen nicht vor. Sie ist damit erledigt.

Zu Frage 3 - Steuerprivilegien in der Landwirtschaft erhalten - Blindengeld streichen - Gerechtigkeit à la Christian Wulff - hat uns Herr Kollege Möhrmann mitgeteilt, dass er auf eine mündliche Antwort verzichtet und darum bittet, dass diese Antwort schriftlich gegeben wird.

(Jörg Bode [FDP]: Das ist ja feige! - Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich habe Verständnis dafür, dass Sie sich unterhalten möchten. Ich habe aber kein Verständnis dafür, dass das im Plenarsaal geschehen muss. Verlassen Sie bitte den Plenarsaal, wenn Sie sich unterhalten möchten! Der Lärmpegel ist latent hoch, und das ist für eine Fragestunde völlig inakzeptabel. Gehen Sie einfach hinaus, und unterhalten Sie sich draußen! So einfach ist das.

Zu Frage 4 - Hochspannungsleitung in Osnabrück - Freileitung im Siedlungsgebiet? - hat uns Frau Steiner gerade mitgeteilt, dass sie ebenfalls auf eine mündliche Antwort verzichtet und darum bittet, dass ihre Frage schriftlich beantwortet wird.

Wir kommen nun zu

Frage 5: CDU-Wahlkampfbroschüre wirbt mit nicht vorhandenem Erfolg: Arbeitslosigkeit in Niedersachsen sinkt nicht, sondern steigt und das doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt

Diese Frage stellt Herr Kollege Hagenah. Bitte sehr!

(Hermann Eppers [CDU]: Ihr habt Probleme! Das ist nicht zu glauben!)

Die Arbeitslosigkeit ist ein Problem, entschuldigen Sie mal!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor wenigen Tagen veröffentlichte die CDU ihre Wahlkampfbroschüre für die Bundestagwahl im September 2005. In dem Heft beschreiben die Christdemokraten die vermeintlichen Erfolge der einzelnen CDU-Ministerpräsidenten und ihrer Landesregierungen.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Sie sind doch ahnungslos!)

So betont Christian Wulff auf der Seite über Niedersachsen das im Vergleich zu anderen Ländern erfolgreichere Bemühen beim Abbau der Arbeitslosigkeit.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das stimmt auch!)

Dort heißt es:

„Auch beim Ranking der Bundesländer in Sachen Arbeitslosigkeit hat sich das Land von Platz 9 auf Platz 6 nach vorne gearbeitet.“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Sehr richtig!)

„So kann es weitergehen!“