Protokoll der Sitzung vom 15.05.2003

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir steuern gegen. Sie kennen das Maßnahmenpaket: Unterstützung bei der Ausschöpfung vorhandener betrieblicher Ausbildungsressourcen, Unterstützung bei der Schaffung zusätzlicher betrieblicher Ausbildungsplätze, Stärkung der Ausbildungsreife durch die allgemein bildenden Schulen, Unterstützung von Ausbildungsverbünden.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Kollegin Dr. Trauernicht?

Aber selbstverständlich, das ist mir ein Vergnügen.

Bitte schön!

Herr Minister Hirche, da Sie gesagt haben, dass sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt seit 1998 ständig verschlimmert habe, frage ich Sie: Wie erklären Sie sich, dass die Quote der arbeitslosen jungen Menschen in den 80er-Jahren viel höher lag und in Niedersachsen in den 80er-Jahren - in absoluten Zahlen gerechnet - doppelt so viele junge Menschen arbeitslos waren wie heute?

(Beifall bei der SPD - Irmgard Vogel- sang [CDU]: Schülerberg!)

Damit haben Sie ja noch nicht meine Aussage bestritten, dass es seit 1998 immer schlechter ge

worden ist. Ich halte Ihren Versuch für bemerkenswert, jetzt nicht nur fünf, sondern - damit Sie aus der Bredouille kommen - sogar zehn Jahre zurückzugehen. Vielleicht fällt Ihnen auch noch eine Statistik darüber ein, wie sich die Situation vor 20 Jahren dargestellt hat. Meine Damen und Herren, wir schreiben heute das Jahr 2003. Wenn die Weichenstellungen der Bundesregierung dazu führen, dass sich die Situation noch weiter verschlechtert - das ist die Aussage -, dann werden die Betriebe noch weniger in der Lage sein, auszubilden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben uns mit allen Beteiligten zusammengesetzt. Ich mache gar kein Hehl daraus, dass auch Sie das getan haben. Es ist schlicht und einfach vernünftig, so etwas zu tun und mit den Akteuren aus der Wirtschaft, den Vertretern der Kommunen und den Zuständigen bei den Arbeitsämtern zu sprechen. Wir wissen, dass sich die Situation in den Regionen unterschiedlich darstellt. Auch Sie, Frau Trauernicht, haben darauf schon hingewiesen. Ich erinnere mich an die 70er-Jahre, als die Situation in Ostfriesland besonders schwierig war. Dort sind seinerzeit besondere Programme aufgelegt worden.

(Heinrich Aller [SPD]: Jetzt gehen Sie sogar bis 1970 zurück!)

In den 80er-Jahren sind solche Programme aufgelegt worden. Jetzt befinden wir uns in der aktuellen Situation, Herr Kollege Aller, dass wir uns auf das Jahr 2003 konzentrieren müssen. Dabei stehen wir allerdings vor der Schwierigkeit, dass wir das von Ihnen verursachte Finanzdesaster im Rücken haben, sodass wir nicht in der Lage sind, noch mehr Finanzmittel einzusetzen, um für die Jugendlichen eine bessere Zukunft zu schaffen. Sie sollten an dieser Stelle ganz ruhig sein!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielleicht aber ist das auch eine ungewollte Unterstützung, die wir insofern gern annehmen können, um deutlich zu machen, dass wir andere Weichenstellungen vornehmen. Mit dem neuen Förderprogramm, z. B. den Pro-Aktiv-Zentren, ergreifen wir die Initiative.

Eine besondere Tatsache ist die, dass der Anteil der arbeitslosen Jugendlichen mit einer abge

schlossenen Berufsausbildung gestiegen ist. Hier besteht ein innerer Zusammenhang mit der konjunkturellen Situation insgesamt.

Wir sind der Auffassung, dass wir alle Anstrengungen unternehmen müssen, um den Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu vermitteln. Dazu werden geeignete Aktionen gestartet. Darauf habe ich schon heute Morgen im Rahmen der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage hingewiesen. Das sind Aktionen, die auch schon in der Vergangenheit gelaufen sind; überhaupt keine Frage. Deshalb haben wir keine Hemmungen, das, was gut gewesen ist, auch weiterhin anzuwenden. Bestimmte Programme werden konzentriert.

Das Wichtigste aber ist, dass wir da unterschiedliche Akzente setzen. Wir wollen nicht, dass der Eindruck erweckt wird, dass das Problem gelöst ist, nur weil Jugendliche an irgendwelchen Förderprogrammen teilnehmen. Die Lösung liegt vielmehr darin, dass erstens Jugendlichen eine Ausbildung ermöglicht wird und dass zweitens die Wirtschaft wieder zu wachsen beginnt, damit wir Dauerarbeitsplätze für ausgebildete Jugendliche bekommen. Wenn wir das schaffen, dann werden wir auch das Problem der nicht qualifizierten, der besonders unterstützungsbedürftigen Jugendlichen lösen können. Ich glaube, dass das unsere gemeinsame Aufgabe ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich glaube nach allem, was ich hier gehört habe und trotz aller Zwischentöne, dass es im Landtag gelingen wird, eine gemeinsame Anstrengung zu unternehmen; denn für die Jugendlichen ist letztendlich nicht von Bedeutung, ob Rot, Grün, Schwarz oder Gelb die Verantwortung trägt. Vielmehr geht es hier um die Zukunftsgestaltung. Daran arbeiten wir.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Schwarz, nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erteile ich Ihnen noch bis zu zwei Minuten Redezeit. Ihre eigentliche Redezeit ist abgelaufen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil hier immer so munter auf der Bundesregierung herumgeklopft wird, will ich Ihnen nur eines sagen: Zuzeiten der CDU/CSU-FDP-Bundesregierung ist das Thema der Jugendarbeitslosigkeit gänzlich ausgeblendet worden. Sie haben dieses Thema ausgesessen und nicht zur Kenntnis genommen.

(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Blödsinn!)

Es ist die sozialdemokratische Bundesregierung gewesen, die das JUMP-Programm aufgelegt hat. Auf diese Weise wurden 500 000 Jugendliche in Arbeit gebracht. Wenn es nach Ihnen und Herzog geht, schaffen Sie das wieder ab. Das ist die Konsequenz, die Sie hier vorbringen.

Es ist doch überhaupt keine Frage, dass von Ihnen heute hier ein Programm vorgelegt wird, das - bis auf eine einzige Stelle - eigentlich wortgleich das nachvollzieht, was die sozialdemokratische Landesregierung bisher getan hat.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Abge- schrieben von Osnabrück und Ems- land!)

Ich finde es ja in Ordnung, wenn Sie im Nachhinein unsere Programm anerkennen, weil Ihnen offensichtlich auch nichts anderes einfällt. Es gibt nur einen Unterschied: Sie machen aus Jugendbüros Pro-Aktiv-Center. Ansonsten fällt Ihnen überhaupt nichts Neues ein. Neu ist allenfalls noch der Hinweis, die Wirtschaft sei gefordert, und sie werde schon alles richten.

Was die Wirtschaft angeht, so habe ich den Eindruck, dass vonseiten der Wirtschaft zwar ständig qualifizierte Arbeitskräfte gefordert werden, sie selber aber nicht bereit ist, entsprechend auszubilden und somit auch die entsprechenden Arbeitsplätze zu schaffen. Der Staat muss pausenlos subventionieren. Das kann in der Tat nicht der richtige Weg sein. Dieser Weg wird aber erzwungen, weil die von Herrn Hermann genannten Zahlen nun einmal so sind, wie sie sich darstellen.

Ich finde, dass die Landesregierung, die vor der jetzigen Regierung im Amt war, Erhebliches geleistet hat.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen das einmal verdeutlichen. Wir haben 13 000 Jugendliche durch die Jugendbüros in einen Job gebracht. Das müssen Sie erst einmal nachmachen.

(Beifall bei der SPD - Irmgard Vogel- sang [CDU]: Wodurch denn?)

Wir haben 3 500 benachteiligte Jugendliche über die Werkstätten in Arbeit gebracht. Auch das müssen Sie erst einmal nachmachen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben im Bereich LOVE-IT 2 000 Jugendliche auf einen Ausbildungsplatz gebracht. Wenn wir all dies nicht getan und uns auf die Wirtschaft verlassen hätten, hätten wir Jugendliche in einer Größenordnung von 20 000 zusätzlich auf dem Ausbildungsmarkt. Ich bin schon der Auffassung, dass man sich hier hinstellen kann und sagen kann - Sie tun ja auch nichts anderes -: Was die alte Regierung getan hat, ist in Ordnung.

(Irmgard Vogelsang [CDU]: Das ist es nicht!)

Wir erkennen an, dass wir auf diesem Wege weitermachen. Wir wollen die Zusammenarbeit. Wir suchen nach gemeinsamen Lösungen.

Das Einzige, was Sie bisher wirklich konkret vorgetragen haben, Herr Hirche, ist, titelscharf im Kapitel 05 03 3,2 Millionen Euro zu streichen. Sie werden unsere Unterstützung haben, wenn Sie dies korrigieren. Ich wünsche Ihnen viel Spaß. Die frühere Opposition hat nämlich immer Entsprechendes gefordert. Wenn Sie die Korrektur durchkriegen, haben Sie unsere Unterstützung. Ich zweifle aber daran, denn bisher sind die Reden von Ihnen zwar immer ganz blumig gewesen, die Inhalte sind aber genau in die andere Richtung gegangen.

(Beifall bei der SPD - Irmgard Vogel- sang [CDU]: Herr Kollege, Sie leben auf einem anderen Stern!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir haben jetzt das Problem, dass von der CDUFraktion der Antrag gestellt worden ist, den Überweisungsvorschlag für die Vorlagen zu ändern. Der Ältestenrat hat empfohlen, dass sich der Aus

schuss für Soziales federführend und die Ausschüsse für Kultus, Haushalt, Wirtschaft und Inneres mitberatend mit den Vorlagen befassen. Die CDU-Fraktion hat nun beantragt, dass der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr federführend und alle anderen von mir eben genannten Ausschüsse mitberatend tätig werden. Gibt es Probleme hinsichtlich dieses Wunsches? - Herr Möhrmann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind dafür, dass es bei der vom Ältestenrat beschlossenen Ausschusszuordnung bleibt. Es gibt gute Gründe dafür, die Vorlagen federführend im Ausschuss für Soziales zu behandeln.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Mundlos, ich werde jetzt darüber abstimmen lassen, wenn Sie damit einverstanden sind.

Die CDU-Fraktion hat, wie soeben dargelegt, beantragt, den Ausschuss für Wirtschaft federführend und die anderen zuvor genannten Ausschüsse mitberatend zu befassen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist es so beschlossen.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 35: Erste Beratung: Vorlage eines Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/141

Zur Einbringung des Antrages hat Frau Groskurt das Wort.