schon längst das Gegenteil bewiesen -, dann ändern Sie daran mit Ihren Studiengebühren nichts, denn Ihre Studiengebühren müssen ja nicht nur die Reichen bezahlen - Ihre Studiengebühren zahlen alle. Wir sind sehr gespannt darauf, wie der Gesetzentwurf aussehen soll. Der Minister erklärt, es wird eine Deckelung geben. Die FDP erklärt, es wird keine geben. Wir sind also sehr gespannt, was da kommen wird.
Gerechter jedenfalls wird es mit Studiengebühren nicht, im Gegenteil: Es wird schlimmer. Während viele der Reichen die Studiengebühren aus Papas Westentasche bezahlen werden, sind es die Kinder der Armen, die Kredite aufnehmen müssen. Die Kinder aus den Familien mit den geringsten Einkommen werden in Zukunft die größten Schuldenberge haben. Und das nennen Sie gerecht?
Nun behaupten Sie, Herr Zielke, die Qualität der Lehre werde durch Studiengebühren besser. Sie wissen doch genauso gut wie wir alle, dass die Studiengebühren noch nicht einmal das Geld in die Kassen der Hochschulen bringen, das Sie und der Finanzminister ihnen dort herausgenommen haben.
Der Finanzminister hat die Studiengebühren schon längst verfrühstückt. Ich frage Sie: Wenn Sie es ernst meinen mit der Qualität, wo waren denn Ihre Proteste, als die Landesregierung die Hochschulen mit dem HOK beglückte? Jahr für Jahr müssen die Hochschulen 50 Millionen Euro abliefern, ihre Berufungstöpfe plündern und Studiengänge schließen, natürlich nicht - Herr Schünemann ist gerade nicht da - in Holzminden.
Fest steht jedenfalls: Das HOK ist ein einziges Qualitätsvernichtungsprogramm. Da wäre es an der Zeit gewesen, Ihre Stimme zu erheben.
Noch dröhnen uns die Worte des Herrn Minister im Ohr, mit dem HOK sei das Ende der Fahnenstange erreicht und man könne nicht mehr Geld aus den Hochschulen herausholen, da droht schon die
nächste Kürzungsrunde. „Zukunftsvertrag“ nennen Sie es diesmal. So bitter sieht die materielle Wirklichkeit an Niedersachsens Hochschulen aus. Wie man Wirklichkeit analysiert, davon hat Marx nun wirklich etwas verstanden. Dazu gehörte bei ihm z. B. auch eine Erkenntnis über die Ansichten der Menschen, die Sie beherzigen sollten. Marx stellte fest, dass der Mensch ein Produkt der bestehenden Verhältnisse ist und dass er sich deshalb immer wieder selbst überprüfen muss, ob er noch genügend Realitätssinn besitzt. Sonst nämlich gilt auch für Politiker - ich zitiere -, „dass ihre ideologischen Prahlereien jeden Tag durch die Praxis Lügen gestraft werden.“
Damit Sie in Zukunft nicht nur Marx zitieren, sondern ihn auch besser verstehen können, werde ich Ihnen den Band 3, die „Feuerbachthesen“, überreichen. Dort wird nämlich erklärt, wie es funktioniert. Vielleicht sehen Sie nach der Lektüre genauso klar wie wir: Die Hochschulpolitik dieser Landesregierung ist eine einzige Bankrotterklärung.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Dr. Heinen-Kljajić das Wort. Ich erteile es ihr.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, die Wahl des Titels für die Aktuelle Stunde macht deutlich, um es einmal vorsichtig zu formulieren, wie sorglos die FDP mit dem Thema Studiengebühren umgeht.
Sie benennen Marx als Kronzeugen Ihrer Bildungspolitik. Nun ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Ihre Aufforderung, Marx zu lesen, das eine. Marx zu verstehen ist schon schwieriger, und an dieser Hürde scheitern Sie dann ja auch gleich.
Ich will Sie jetzt nicht mit einer Textexegese langweilen; der Kollege Zielke kann Sie in Zukunft in
formieren. Ich glaube, bisher kannten Sie wirklich nur das besagte Zitat. Ich möchte Sie aber doch noch einmal auf einen Widerspruch aufmerksam machen. Karl Marx wollte seinerzeit - das war im Jahr 1875 - die Überwindung gesellschaftlicher Verhältnisse, in denen ein Bildungsaufstieg für das einfache Volk unmöglich war und der Hochschulzugang lediglich einer kleinen Elite der Oberschicht möglich war.
Nun könnte man sagen, es ist auch in der heutigen Zeit noch sinnvoll, den Anteil an Studierenden aus sozial schwachen Verhältnissen zu steigern. Aber genau das wollen Sie nicht, denn Ihr Studiengebührenmodell wird, um mit Marx zu sprechen, die gesellschaftlichen Verhältnisse an den Hochschulen zementieren, aber bestimmt nicht reformieren. Sie verabschieden sich mit Ihrem Modell von dem Thema Zugangsgerechtigkeit in Sachen Bildung, denn nach Ihrem Modell wird es in Zukunft ab dem ersten Semester zwei Gruppen von Studierenden geben. Die einen werden bereits bei Aufnahme des Studiums ein hohes finanzielles Verschuldungsrisiko auf sich nehmen müssen, weil sie sowohl den Lebensunterhalt als auch in Zukunft die Studiengebühren über Kredite finanzieren müssen. Sie werden sich daher tendenziell eher für ein „billiges“ Studium entscheiden. Das gilt für die Einkommensschwachen. Die anderen werden ohne dieses finanzielle Risiko studieren und haben die freie Wahl des Studienorts und des Studienfachs. Das sind die Einkommensstarken.
Wenn dann davon die Rede ist, dass die Hochschulen in Zukunft auch noch Gebühreneinnahmen für Studiengebühren, die die Banken gar nicht mehr eintreiben können, in einem Ausfallfonds anlegen sollen, und wenn Herr Kollege Zielke dann auch noch die Differenzierung von Studiengebühren nach Studienort und Studienfach fordert und sogar die Begrenzung der Gebühren auf 500 Euro ablehnt, dann wird das zu einem Wettbewerb der Hochschulen um die finanziell stärksten Studierenden führen, aber bestimmt nicht zu einem Wettbewerb um die klügsten Köpfe. Was Sie wollen, werte Kollegen von der FDP, das ist das Privatkassenmodell für Studierende aus reichen Familien, die sich gute und teure Unis leisten können. Mit sozialer Gerechtigkeit hat das nichts zu tun.
nate, denn die Schuldengrenze beim BAföG ist schon heute auf 10 000 Euro begrenzt. Jeder, der innerhalb der Regelstudienzeit studiert - Bachelor und Master -, wird über Gebühren von 5 000 Euro nicht hinauskommen.
Wo sind denn die von Ihnen, Herr Zielke, geforderten Modelle für Stipendien - ich zitiere -, die das Land Niedersachsen zeitgleich mit den Regeln für Studiengebühren auflegen soll? So äußern Sie sich in einer Pressemitteilung vom 26. Januar 2005. Davon ist heute nichts mehr zu hören. Im Gegenteil: Jetzt sollen es die Hochschulen sein, die in eigener Regie Stipendien auflegen sollen.
Wenn die Hochschulen jetzt auch noch das Ausfallrisiko tragen sollen, dann verkommt doch die Aussage, das Geld, das sie über Gebühren einnehmen, solle ausschließlich den Hochschulen zukommen, vollends zu einem schlechten Witz. Abgesehen davon finde ich es, ehrlich gesagt, sensationell, dass Sie ein Modell abfeiern, zu dem Sie bisher jedenfalls noch überhaupt nichts Konkretes vorgelegt haben. Machen Sie doch erst einmal Ihre Hausaufgaben, und wenn Sie dann das nächste Mal eine Aktuelle Stunde zum Thema Studiengebühren beantragen, dann schlage ich folgenden Titel vor: „FDP verabschiedet sich von der sozialpolitischen Verantwortung in der Hochschulpolitik“.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Andretta, ich habe Thomas Oppermann gesehen, während Sie geredet haben. Er ist ganz unruhig auf dem Stuhl hinund hergerutscht.
- Eben saß er noch da; jetzt ist er dorthin gegangen. - Er hat eine völlig andere Auslegung. Er hat vor zweieinhalb Jahren nämlich genau das Ge
Bei allen Ängsten, die jetzt geschürt worden sind, bleibt es dabei, wie Herr Minister Stratmann gesagt hat: Wir werden Studienbeiträge unter folgenden drei Voraussetzungen einführen. Erstens muss die Sozialverträglichkeit gewährleistet sein. Zweitens werden die Mittel zur Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen verwendet. Drittens wird es eine Garantie für eine gleichbleibende Höhe von staatlichen Zuwendungen geben. Das sind die Grundlagen, auf denen wir die Entscheidung treffen und der Gesetzentwurf auch vorgelegt wird.
Zu dem Zukunftsvertrag haben Sie eine völlig andere Auslegung. Wir haben mit dem Zukunftsvertrag über fünf Jahre 7 % des gesamten Landeshaushaltes für die Hochschulen garantiert zur Verfügung gestellt. Dies ist angesichts einer katastrophalen Haushaltsentwicklung, die wir überall haben, einmalig in Deutschland. Kein anderes Bundesland außer Niedersachsen gibt seinen Hochschulen in Zeiten sinkender Steuereinnahmen und der hohen Staatsverschuldung über einen so langen Zeitraum finanzielle Garantien und Planungssicherheit.
Ich möchte mich hier ganz besonders bei unserem Minister und bei dem Ministerium für diese großartige Leistung bedanken, die auch bei den Hochschulen anerkannt wird.
Zweitens. Die Mehreinnahmen durch Studienbeiträge müssen natürlich und werden natürlich unmittelbar zur Verbesserung der Lehre und der Ausbildung eingesetzt werden. Das wird gesetzlich geregelt. Es ist doch nichts anderes als eine Selbstverständlichkeit, dass dies geschieht. Warum wird so etwas angezweifelt?
Drittens. Die Sozialverträglichkeit wird auch gesetzlich abgesichert. Um diese Frage zu beantworten, muss man nicht Marx lesen und verstehen, sondern einfach den gesunden Menschenverstand einsetzen. Meine Damen und Herren, ist es denn sozial gerecht, dass heute die Krankenschwester das Studium ihres zukünftigen Chefarztes über ihre Steuern mitfinanziert?
Das kann doch nicht sein. Es ist doch sozial gerechter, dass der zukünftige Chef seinen eigenen Beitrag zu seinem Studium leistet, diesen aber erst dann aufbringen muss, wenn er tatsächlich vom Studium profitiert, also wenn er einen Beruf und ein entsprechendes Einkommen hat. Dann gibt er das Geld zurück, wenn er das auf diese Weise organisieren will.
Ich sage Ihnen im Übrigen heute voraus. In ganz wenigen Jahren werden Sie genau auf der Linie sein, auf der wir jetzt schon sind. Auch andere, SPD-geführte, Landesregierungen werden selbstverständlich auf Studienbeiträge in der niedersächsischen Form umsteigen.
Der Grund ist relativ einfach zu erklären. Die Einführung von Studienbeiträgen bringt nicht weniger, sondern mehr an sozialer Gerechtigkeit. Das ist die Wahrheit; und Sie wissen das im Grunde auch ganz genau.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Im Ergebnis wird die Einführung zu einer größeren sozialen Gerechtigkeit in der Bildungsfinanzierung führen. Im Ergebnis belasten wir die reicheren Schichten unserer Gesellschaft zugunsten der ärmeren mehr. Das ist einfach die Wahrheit, meine Damen und Herren.
Wenn Sie bei Ihrer Haltung zu den Studienbeiträgen bleiben, die Sie heute und in den letzten Wochen an den Tag gelegt haben