Das Thema Studienbeiträge ist für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunft unserer Hochschulen von so existenzieller Bedeutung - darum sind alle ernst zu nehmenden Experten dafür -, dass wir hier in aller Ruhe und Sorgfalt darüber diskutieren sollten. Das ist wirklich nichts, was ich mal so eben en passant - nebenbei - erledige. Dies ist ein unglaublich wichtiges Projekt, und deshalb versuchen wir, es mit aller Sorgfalt zu betreiben;
denn ich möchte nicht, dass uns irgendjemand juristisch vorwerfen kann, dass wir diese Sorgfalt nicht an den Tag gelegt hätten.
Der Zukunftsvertrag hat vor allem die Funktion, dass wir die Finanzausstattung über einen Zeitraum von fünf Jahren sicherstellen. Ich finde, dass das etwas mit Seriosität zu tun hat. Es wird immer wieder verlangt, dass wir sozusagen für alle Ewigkeit garantieren sollten, dass die staatlichen Zuschüsse nicht gekürzt würden. Das kann kein ernst zu nehmender, seriöser Politiker garantieren. Wir können aber über einen überschaubaren Zeitraum von fünf Jahren sagen: Jawohl, liebe Hochschulen, wir garantieren euch fünf Jahre - und das trotz der dramatischen Haushaltssituation, die wir in Niedersachsen haben - Wiederholungshaushalte, die Perpetuierung des Haushaltes von 2005. - Meine Damen und Herren, es ist ein Riesenerfolg, dass uns das gelungen ist. Bitte nennen Sie mir hier einen Hochschulpräsidenten, der das kritisiert! Sie werden keinen finden, weil sich alle der Situation bewusst sind und alle viel verantwortlicher agieren, als es die Opposition tut, indem sie sagen: Jawohl, auch wir müssen berücksichtigen, dass keine enormen Steigerungen möglich sind, weil es auch darum geht, keine Verschuldung zulasten späterer Generationen zu betreiben.
Ich sage Ihnen ein Weiteres: Jetzt kann man natürlich ausgesprochen spitzfindig mit der Frage umgehen, was zur Verbesserung von Studienbedingungen beiträgt und was dazu nicht beiträgt. Wenn die Hochschulen z. B. ein Stipendiensystem entwickeln, das beinhaltet, dass die Einnahmen insoweit sozial gerecht und sozialverträglich verwendet werden, als Ausfälle bei denjenigen, die wirklich aus sozialen Gründen einen Kredit benötigen und diesen Kredit unter Umständen aus sozialen Gründen nicht zurückzahlen können, aus dem System finanziert werden, dann hat das nach meinem Dafürhalten auch etwas mit der Verbesserung der Studienbedingungen zu tun. Das muss man ehrlich sagen. Darüber kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein. Die Opposition wird vermutlich versuchen, insoweit in eine andere Richtung zu diskutieren. Das ist ihr Recht. Ich weise Sie aber aufgrund der Erfahrungen in anderen
Ländern darauf hin - schauen Sie sich die Hochschulen in den Vereinigten Staaten, in Großbritannien und sonst wo an -: Dort ist gerade das Entwickeln von Stipendienmodellen für Hochbegabte, für Leute, die sich sozial engagieren und dergleichen mehr, ein Charakteristikum der Verbesserung von Studienbedingungen.
Dies wird dazu beitragen, dass die Hochschulen die Chance bekommen, ihre Profile noch besser herauszuarbeiten, als es ohnehin schon der Fall ist.
Meine Damen und Herren, die Rednerliste sieht wie folgt aus: Frau Dr. nger, Frau Polat, Frau Korter, Frau Graschtat, Herr Wenzel, Frau Trost und Herr Dr. Lennartz.
Herr Minister Stratmann, Sie haben den Satz, das Geld käme ausschließlich den Hochschulen zugute, in Ihren Ausführungen eben schon selbst relativiert. Sie haben darauf hingewiesen, dass natürlich auch bei dem niedersächsischen Modell daran gedacht ist, aus den Studiengebühren einen Ausfallfonds zu speisen. Der soll nach Ihrem Modell bei der Landestreuhandstelle geführt werden. Die Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg haben bei ihren Hochschulen ebenfalls Ausfallfonds festgelegt, in Höhe von 23 bzw. 33 %. Sie sagen, Sie wollen den Ausfallfonds mit 6 % der Studiengebühren speisen. Deshalb die erste Frage: Wie erklären Sie diese hohe Differenz? Die zweite Frage: Wer legt denn überhaupt in den zukünftigen Jahren den Prozentsatz für die Speisung dieses Ausfallfonds fest?
Vielleicht sind wir unterschiedlich informiert. Meine Kenntnisse sind so - wir halten, wie Sie vorhin bereits festgestellt haben, sehr engen Kontakt zu Baden-Württemberg, wie überhaupt die Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg im Hochschulbereich exzellent ist -:
In Baden-Württemberg gibt es einen zentralen Ausfallfonds, in den alle Hochschulen einzuzahlen haben. Es gibt also keine Ausfallfonds pro Hochschule, sondern es gibt einen zentralen Ausfallfonds. Dies macht übrigens auch Sinn. Denn würde jede Hochschule jeweils ihren eigenen Ausfallfonds führen, bestünde natürlich das Risiko, dass sich die Hochschulen, um die Ausfälle sehr gering zu halten, irgendwann nur die Kinder aus besser gestellten Familien aussuchen. Um das zu verhindern, brauchen wir geradezu diesen zentralen Ausfallfonds, der quasi von allen Hochschulen gespeist wird und der entweder beim Land oder, wie bei uns, bei der Landestreuhandstelle geführt wird. In Baden-Württemberg wird er bei der L-Bank geführt - so meine Information -, die quasi das Pendant zur Landestreuhandstelle in Niedersachsen darstellt. Beide Banken arbeiten übrigens exzellent und sehr eng zusammen.
Zu dem Satz von 6 %, habe ich eben ausgeführt, dass dies zurzeit eine Annahme ist. Wir wissen jetzt natürlich noch nicht, wie viele Studierende den Kredit in Anspruch nehmen werden, und wir wissen jetzt natürlich auch noch nicht, bei wie vielen dieser Kredite wir später mit Ausfällen rechnen müssen. Die 6 % sind eine Annahme, die auf Vergleichswerten aus dem Ausland basiert.
Ich habe aber auch gesagt, dass wir den Hochschulen natürlich nicht einen Euro mehr für diesen Ausfallfonds abverlangen, als tatsächlich gebraucht wird. Das heißt, die Landestreuhandstelle wird die Höhe der Ausfälle und die Höhe des abzuführenden Anteils immer im Einzelfall berechnen. Ich gehe heute mit großer Sicherheit davon aus, dass es vermutlich weniger als 6 % sein werden. Dies schon deshalb, weil wir bereits nach relativ kurzer Zeit erhebliche Zinserträge erzielen, die natürlich auch mit verwendet werden, denn wir wollen mit dem Ausfallfonds ja kein Geld verdienen; dann würde ich bzw. die Landestreuhand
stelle vermutlich auch Probleme mit dem Finanzminister bekommen. Also, ich glaube, es werden weniger als diese 6 % werden.
Noch eine Bemerkung: Ich finde, diese Form von Sozialverträglichkeit kann wirklich im besten Sinne des Wortes auch unter „Verbesserung von Studienbedingungen“ subsummiert werden. Mich wundert, dass gerade diejenigen, die uns vorwerfen, wir würden uns künftig nicht mehr sozialverträglich verhalten, diesen Punkt heftig kritisieren.
Seitens der Opposition wird der Vorwurf laut, dass die Diskussion über die Einführung der Studiengebühren zu einem Nachlassen der Studierendenzahlen in Niedersachsen geführt hat. Ich frage Sie, Herr Minister Stratmann, ob dieser Vorwurf zutrifft.
(Unruhe - Glocke des Präsidenten - Dr. Harald Noack [CDU]: Man kann es gar nicht häufig genug sagen!)
Was soll eigentlich das Präsidium sagen? Wir können gar nicht häufig genug sagen, dass das Parlament ein bisschen ruhiger sein möge. - Herr Minister, Sie haben das Wort.
das will ich hier auch einmal sagen. Wenn wir so weitermachen, dann gehen die Besucherinnen und Besucher künftig auch zufriedener nach Hause, als das in der Vergangenheit der Fall war.
Ich sage es heute natürlich gern noch einmal, weil wir uns riesig darüber freuen. Ich sage auch versöhnlich an die Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen: Dazu haben wir beide beigetragen - die ehemalige Regierung und die jetzige Regierung. Unsere niedersächsischen Hochschulen verzeichnen den höchsten Ansturm in ganz Deutschland. Wir führen das darauf zurück, dass wir in Niedersachsen sehr konsequent - mein Vorgänger Thomas Oppermann hat damit begonnen, und ich habe es fortgesetzt - die Bachelor-/MasterStrukturen eingeführt haben und dadurch attraktive Studiengänge anbieten können.
Dass diese attraktiven Studiengänge trotz der beabsichtigten Einführung der Studienbeiträge in einem Land, das bekanntermaßen zu den Vorreitern bei den Studienbeiträgen gehört, so stark nachgefragt werden, finde ich bemerkenswert, weil es - ich sage es noch einmal - Ihr Argument widerlegt, dass die Studienanfängerzahlen zurückgehen werden.
Ich will auch noch ein zweites Mal auf das Beispiel Österreich hinweisen. Sie wissen, dass die Österreicher 2001 Studienbeiträge eingeführt haben. Heute, fünf Jahre nach Einführung der Studienbeiträge, gibt es in Österreich mehr Studierende und vor allem mehr Hochschulabsolventen als vor der Einführung. Auch dies zeigt: Es gibt keinen Zusammenhang. Ihr Argument ist widerlegt, Ihr Vorwurf trifft nicht zu.
Herr Präsident! Herr Minister, die Landesregierung plant die Befreiung bei Härtefällen. Sie sprachen von Annahmen. Meine Frage ist: Mit wie viel Härtefällen rechnen Sie? Diese Befreiung bedeutet für die jeweilige Hochschule ja einen Ausfall. Aus welchem Topf wollen Sie das finanzieren? - Vielen Dank.
Auch hier muss ich sagen: Ich wäre sehr froh, wenn ich prophetische Begabungen hätte. Die habe ich aber leider nicht. Die Zahlen können allenfalls Annahmen sein, die aber durch nichts belegt sind.
Ich sage noch einmal: Wir werden Studierende, die Kinder betreuen, befreien, ebenso natürlich die Studierenden, die aufgrund eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes pflegebedürftige nahe Angehörige pflegen müssen, die Studierenden, die ihre Studienzeit im Ausland absolvieren - es kann ja nicht sein, dass sie, während sie im Ausland sind, zu Hause zahlen müssen -, die Studierenden, die ein praktisches Studiensemester absolvieren, oder das Praktische Jahr für Ärzte, und im Übrigen die Studierenden, die von den Verwaltungskostenbeiträgen ausgenommen sind, denn auch da gibt es ja Ausnahmetatbestände.
Wir gehen davon aus, dass etwa 10 % der Studierenden von der Studienbeitragspflicht befreit sein werden. Diese werden nicht aus dem Ausfallfonds finanziert, sondern sie zahlen, eben wegen dieser Ausnahmetatbestände, keine Gebühren.
Das ist auch im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Verfahren von Bedeutung. Wenn ich das Verfahren schildere, muss ich immer einschränkend sagen: Das ist mein Vorschlag und der Vorschlag der LTS, den ich der Landesregierung und dem Landtag noch unterbreiten muss.
Also, unter dem Vorbehalt, dass Sie diesen Vorschlag so akzeptieren, wird das Verfahren folgendermaßen ablaufen: Die Studierenden bewerben sich, werden angenommen und bekommen ihre Immatrikulationsbescheinigung. Mit der Immatrikulationsbescheinigung wird ihnen ein Antragsformular zugeschickt, mit dem sie den Kredit beantragen können. Kreditgeber, also Vertragspartner, ist aber nicht die Hochschule, sondern die Landestreuhandstelle. Dieses Verfahren ist deshalb wichtig, weil die Hochschule erst nach Ausstellung der Immatrikulationsbescheinigung wissen kann, wer einen Kredit für die Studienbeiträge in Anspruch nimmt. Dadurch soll verhindert werden, dass die Hochschulen sich unter Umständen nur die Studierenden auswählen, die keinen Kredit in
Anspruch nehmen, um die Ausfälle möglichst gering zu halten. Weil wir den zentralen Fonds haben, würde das für die Hochschule zwar nicht wirklich Sinn machen; wir haben damit aber eine zweite Sicherheitsstufe eingebaut. Dann kommt es zu einem Vertragsverhältnis zwischen der Studentin bzw. dem Studenten und der Landestreuhandstelle. Die Landestreuhandstelle überweist den Betrag direkt an die Hochschule. Das heißt, die Studentin bzw. der Student hat überhaupt kein Problem mehr damit und wird erstmalig nach Abschluss des Studiums und den weiteren zwei Jahren, die zwischen dem Abschluss des Studiums und dem Beginn der Kreditrückzahlungspflicht liegen sollen, wieder von der LTS hören.
Herr Minister Stratmann, seit ungefähr einem Jahr versuchen Sie, ein Modell für die Finanzierung von Studiengebühren mit den einzelnen Modalitäten vorzulegen. Ich finde, die Studierenden und Studierwilligen haben ein Recht darauf, bald zu wissen, auf was sie sich einlassen, auch um Planungssicherheit zu haben und um eine Standortentscheidung treffen zu können. Ich frage Sie: Schaffen Sie es noch in diesem Jahr, ein Modell mit einzelnen Konditionen vorzulegen? Ich habe das Gefühl, dass Sie bei der Finanzierung bei vielen Sachen noch am Schwimmen sind.