Ich will, damit es dann wirklich jeder verstanden hat, noch einmal sagen: Natürlich ist das etwas, was die Hochschulen dann auch zu bezahlen haben. Das ist klar, aber das ist in allen anderen Hochschulsystemen völlig normal. Erlauben Sie mir - das hat natürlich damit zu tun, dass ich immer noch unter dem Einfluss meines Besuchs dort stehe -, auf das Beispiel Harvard einzugehen. Das ist sicherlich ein Extrembeispiel, damit wollen wir uns überhaupt nicht vergleichen, aber das macht sehr deutlich, worum es geht.
In Harvard zahlen Sie mittlerweile rund 40 000 Dollar Studienbeiträge. Das wollen wir in Europa überhaupt nicht; damit das klar ist. Der Durchschnittsbeitrag, der dort gezahlt wird, liegt jedoch bei 22 000 Dollar. Das heißt, die Hälfte der Studenten, die dort studieren, zahlt sehr wenig oder überhaupt nichts. Das wird aus den Gesamteinnahmen der Hochschule finanziert, weil die Hochschule sagt: „Wir wollen ganz bewusst an die und die Gruppen herankommen, weil sie unserer Hochschule gut tun und auch dazu beitragen, dass wir international und national besser aufgestellt sind als andere.“
Ich möchte, dass auch unsere Hochschulen in Niedersachsen diesen Weg gehen. Das können sie nur dann, wenn sie auch insofern autonom sind, das können sie nur dann, wenn sich der Staat endlich zwingt, sich aus all diesen Detailfragen herauszuhalten.
Herr Minister, wenn ich Sie gerade richtig verstanden habe, sehen Sie ja vor, dass Langzeitstudierende zukünftig zwar studiengebührenpflichtig, aber eben nicht mehr kreditwürdig sind; so habe ich jedenfalls Ihre Aussagen interpretiert. Nun stellt sich a) die Frage: Wieso ist es sozialverträglich, wenn Leute zukünftig nicht mehr kreditwürdig sind, daher nebenbei arbeiten müssen, wodurch sich ihr Studium verlängert und weshalb sie wahrscheinlich ihr Studium abbrechen müssen? So lautete implizit Ihre Antwort.
Meine Frage ist also: Weshalb ist das a) sozialverträglich? Ist es b) nicht völlig kontraproduktiv, weil wir doch eigentlich die Abbrecherquote von Studierenden senken und nicht steigern wollen?
Ich sage jetzt einmal ganz selbstkritisch: Ich bin offensichtlich intellektuell nicht in der Lage, die Sachverhalte hier so zu schildern, dass sie verstanden werden.
Ich habe offensichtlich nicht lange genug studiert. Ich habe mein Jura-Examen nämlich nach zehn Semestern gemacht. Es hätte auch nach acht Semestern sein können; aber zehn Semester waren in Ordnung.
Ich sage es noch einmal: In einem veränderten System mit Modulen - Bachelor und Master -, in dem man Zeiten, Herr Briese, die Sie an den Hochschulen erlebt haben und die auch ich dort erlebt habe, vergessen kann - es wird zukünftig kleinere Gruppen geben und auch disziplinierter zugehen; der Druck wird größer sein -, zehn Semester Regelstudienzeit plus vier, ich sage einmal, Karenzsemester zu kreditieren, ist, wie ich finde, ein absolut großzügiges und anständiges Angebot.
Wenn Sie hier den Eindruck erwecken - das haben Sie eben getan; da wir uns mittlerweile ein bisschen kennen, unterstelle ich bei Ihnen, dass das nicht Vorsatz war, sondern aus Unwissenheit geschehen ist -, Langzeitstudentinnen und -studenten würden jetzt bei uns quasi einen Kredit für ihre Langzeitstudiengebühren bekommen, so ist das falsch. Sie bekommen auch jetzt keinen Kredit dafür. Das ist auch richtig so. Das hat übrigens dazu geführt, dass wir in einigen Bereichen starke
Gesetzlich verankert worden ist das übrigens zu Zeiten der Vorgängerregierung, die, wie jeder weiß, von der SPD gestellt wurde. Die SPD hat in diesem Landtag beschlossen, Langzeitstudiengebühren einzuführen. Ich sage noch einmal: Es war richtig, dass sie das getan hat. Dazu stehe ich.
Wir werden dieses System beibehalten. Wer meint, sich den Luxus erlauben zu sollen, länger als die Regelstudienzeit plus vier Semester zu studieren, der muss dafür in vollem Umfang bezahlen und kriegt dafür keinen Kredit. Ich stehe dazu. Ich halte das für richtig.
Herr Minister, Sie haben die Forderung nach Studiengebühren immer mit der Ansage verbunden, dass ein angemessenes Stipendiensystem aufgebaut wird. Sie haben sich darauf gerade selbst wieder bezogen. Vor dem Hintergrund, dass derzeit nur 2 % der Studierenden ihr Studium ganz oder anteilig über Stipendien finanzieren können und Sie - wie Sie gerade gesagt haben - den Aufbau eines Stipendiensystems den Hochschulen übertragen werden, frage ich die Landesregierung: Wie wollen Sie sicherstellen, dass ein entsprechendes Stipendiensystem aufgebaut wird, und wie viele Mittel und Ressourcen der Hochschulen werden nach Ihrer Einschätzung voraussichtlich dadurch gebunden?
Herr Briese, Sie hatten sich auch gemeldet. Sie haben vorhin aber gesagt: Ich frage a), und ich frage b). - Somit hat sich das erledigt.
Ich kann das nicht entscheiden, sonst würde ich sagen, dass er noch eine Zusatzfrage stellen darf. Aber das entscheidet der Präsident.
Ich meine - lassen Sie mich das neutral formulieren -, hinter der letzten Frage verbirgt sich wiederum ein Staatsverständnis, das nicht unseres ist.
Ich gebe ganz offen zu: Wir haben darüber nachgedacht, ob man die Hochschulen über eine gesetzliche Regelung ein wenig in diese Richtung bewegen sollte. Aber im Prinzip ist das falsch.
Mittlerweile kenne ich alle Hochschulpräsidenten ganz gut. Wir haben es mit einer neuen Generation von Hochschulpräsidentinnen und -präsidenten zu tun, die inzwischen gottlob ein anderes Staatsverständnis haben, als das in vergangenen Zeiten der Fall war. Ich bin davon überzeugt, dass diese sehr genau erkannt haben, welche Chance besteht, wenn eine Hochschule ein auskömmliches Stipendiensystem für hoch Begabte, sozial Engagierte usw. entwickelt. Deshalb ist meine Überzeugung, dass der Staat dies nicht noch ausdrücklich in komplizierten Regelungen kodifizieren muss. Ich vertraue dagegen auf die Leistungskraft, auf die Wettbewerbsbereitschaft, auf die Innovationskraft unserer Hochschulen - insbesondere unserer Hochschulleitungen. Das, was ich so hier und dort höre, gibt mir in diesem Vertrauen auch Recht. Ich bin davon überzeugt, dass die Hochschulen - ohne dass der Staat das wieder einmal regeln muss selber klug genug sind, an einem solchen System zu arbeiten und dass das ihre Wettbewerbssituation verbessern wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Stratmann, Sie sagten schon einiges über die Kreditwürdigkeit. Sie haben die Langzeitstudenten ausgeschlossen. Ich frage: Wer hat Anspruch auf die Kredite? - Sie haben auch schon einiges zu Einkommensgrenzen gesagt. Wie sieht
Selbstverständlich haben alle EU-Bürger Anspruch auf die Kredite. Im Sinne des Hochschulrechts sind das Inländer, wenn man so will. Unser Vorschlag ist, eine Altersgrenze von 35 Jahren festzulegen. Wir sind der Meinung, dass man bis zum 35. Lebensjahr zumindest sein Erststudium absolviert haben sollte.
Heute werden - das ist ein wichtiger Punkt, das will ich erwähnen, der künftig immer wichtiger werden wird - bereits für Weiterbildungsstudiengänge Studiengebühren erhoben. Das hat auch die alte, SPD-geführte Landesregierung in ihr Hochschulgesetz geschrieben. In diesem Bereich waren Studienbeiträge kein Tabu.
Dann haben Sie nach dem Einkommen gefragt. Das ist eine wichtige Frage. Wir haben von Anfang an gesagt: Der Kredit wird einkommensunabhängig gewährt. Der Kredit wird den Studierenden gewährt, nicht den Eltern - wie etwa beim BAföG. Beim BAföG kommt es auf das Elterneinkommen an. Bei unserem Studienkredit kommt es nicht auf das Einkommen der Eltern an. Es kommt auch nicht auf mögliche Einnahmequellen der Studierenden an. Wir haben ganz bewusst gesagt: Wir wollen, dass jeder, der diesen Anspruch aus welchen Motiven auch immer für sich geltend macht, einen Kredit bekommt. Wir wollen nicht einen weiteren Tatbestand schaffen, der es insbesondere den Familien schwer macht, die mit ihrem Familieneinkommen gerade über der BAföG-Grenze liegen, die sich quälen müssen, um ihren Kindern das Studium zu finanzieren. Diese sollen nicht noch Gebühren zahlen müssten, ohne einen Kredit zu erhalten. Das kann nicht sein, und das wäre eine weitere Benachteiligung insbesondere von Familien mit normalem Einkommen. Das wollen wir nicht, deshalb wird der Kredit einkommensunabhängig gewährt. So werden das alle Länder in Deutschland machen.
Herr Minister, ich frage: In welcher Höhe werden die Studiengebühren festgelegt, und wer legt sie fest?
Wenn man so will, hat uns das Bundesverfassungsgericht dazu schon einiges ins Stammbuch geschrieben. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Die Einführung von Studienbeiträgen ist erstens Ländersache. Zweitens muss die Einführung von Studienbeiträgen voraussetzen, dass niemand daran gehindert wird, einem Studium nachzugehen. Die Antragsteller - in diesem Fall die Länder - haben in ihrem Antrag immer von beabsichtigten 500 Euro gesprochen. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht gesagt: Diese von den Antragstellern genannten 500 Euro werden nicht dazu führen, dass Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen von einem Studium abgehalten werden. Dazu wird der Betrag von 500 Euro schon deshalb nicht führen, weil es bereits heute bei den Lebenshaltungskosten in Deutschland große Unterschiede gibt - z. B. zwischen München und einer Stadt in den neuen Ländern -, die mehr ausmachen als diese 500 Euro und die schon heute niemanden davon abhalten, z. B. in München zu studieren.
Es ist ja sogar im Gegenteil so, dass die neuen Länder - unabhängig von den jeweiligen Regierungen - darüber nachdenken, keine Studienbeiträge einzuführen. Das überlegen sie nicht aus politischen Gründen, sondern weil ihnen die Hochschulen „leer laufen“. Obwohl ihre Hochschulen besser ausgestattet sind, in einem besseren Zustand sind und das Verhältnis Lehrende/Studierende besser ist, studieren junge Leute wohl lieber in München und in Hamburg und sind bereit, dort höhere Lebenshaltungskosten zu zahlen, als sie sie etwa in Dresden und Leipzig zahlen müssten. Das hat uns das Bundesverfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben. Deshalb: 500 Euro.
Ich bin aber auch aus politischen Gründen der Meinung, dass der Betrag von 500 Euro richtig ist. Wir werden das auf der einen Seite im Zukunftsvertrag festschreiben, auf der anderen Seite werden diese 500 Euro aber auch in den gesetzlichen Regelungen verankert werden.
(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Sind es die Hochschulen, oder soll es eine landeseinheitliche Regelung geben?)
- Es gibt eines landeseinheitliche Regelung und, wenn Sie so wollen, sogar eine bundeseinheitliche. Entsprechende Äußerungen finden sich auch im Eckpunktepapier. Wenn Sie so wollen, wird der Beitrag von Baden-Württemberg bis SchleswigHolstein 500 Euro betragen.