Protokoll der Sitzung vom 06.10.2005

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Müssen oder können die Hochschulen?)

Solche Zwischenrufe werden bei Dringlichen Anfragen nicht gemacht. - Die nächste Frage stellt der Abgeordnete Wenzel.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ist es ein Zwangskredit?)

- Herr Klare, das Gleiche gilt für Sie.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Entschuldi- gung!)

Wenn der Minister erst Herrn Klare antworten will, dann kann ich gerne noch warten.

Herr Wenzel, Sie sind aufgerufen worden. Sie haben das Wort.

Herr Minister, da Sie ja versuchen, den Eindruck zu erwecken, Sie hätten an alles gedacht,

(Zuruf von der CDU: Das war ge- mein!)

frage ich Sie: Wie gehen Sie mit der Kritik der Hochschulrektoren in Baden-Württemberg um, die befürchten, dass sie aufgrund der Kapazitätsverordnung keine Besserstellung in den Betreuungszahlen der Studentinnen und Studenten erreichen können, weil sie aufgrund der Kapazitätsverordnung gezwungen wären, gleichzeitig die Zulassungszahlen so zu verändern, dass am Ende wieder dieselbe Betreuungsrelation herauskommt?

Herr Minister Stratmann!

Das kann man gesetzlich regeln. Das werden wir auch gesetzlich regeln.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Wulf aus Oldenburg!

Herr Minister Stratmann, im Entwurf Ihres Zukunftsvertrages steht, dass die Studiengebühren den Hochschulen zweckgebunden zur Verfügung stehen sollen. Haben Sie die Hochschulen eigentlich darüber informiert, dass diese Einnahmen ihnen nicht in diesem Maße zufließen, sondern dass erstens die Ausnahmefälle, die mit 10 % veranschlagt werden, abgezogen werden, dass zweitens die 15 %, die Besten, abzuziehen sind? Dann werden auch noch diejenigen, bei denen eine längere Studienzeit wissenschaftlich begründet ist, ebenfalls abgezogen. Wenn ich richtig rechne, dann sind das schon 25 %. Diese Summen werden sozusagen von den Einnahmen abgezogen. Mit den 6 % Ausfallfonds hat das dann gar nichts mehr zu tun.

Im Übrigen frage ich Sie, wann dieser Zukunftsvertrag hier eingebracht und wann er unterzeichnet wird?

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind doch grundsätzlich dagegen! Entwe- der Sie sind dagegen oder dafür! Bleiben Sie bei einer Meinung! - Karl- Heinz Klare [CDU]: Ich würde die Fra- ge nicht beantworten!)

Herr Minister Stratmann!

Lieber Wolfgang Wulf, ich habe doch - -

Herr Minister, einen Augenblick! - Herr Klare, das ist der Unterschied zwischen einem Minister und Herrn Klare.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ja, das stimmt! Ich würde sie nicht beantwor- ten!)

Gibt es da einen Unterschied?

Oh, einen riesengroßen Unterschied, wie eben gerade!

Die Frage, wann der Zukunftsvertrag unterzeichnet wird, habe ich vorhin doch beantwortet. Ich habe, wenn ich mich richtig erinnere, vorhin gesagt: am nächsten Dienstag - das ist der 10. Oktober - im Produktionstechnischen Zentrum.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das ist aber der 11.!)

- Ach so, ist das der 11.? Okay, ich gebe zu, jetzt haben Sie mich.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir an unseren Hochschulen ausnahmslos Hochschulleitungen haben, die sehr erfahren und klug sind und die auch internationale Erfahrungen haben. All das, was Wolfgang Wulf eben in seiner Frage formuliert hat, ist allen Hochschulleitungen durchaus bewusst. Sie kennen die Situation in Europa und wissen, was es bedeutet, wenn sie für jemanden, der Kinder erzieht, keine Studienbeiträge erhalten und dadurch 500 Euro weniger in der Kasse haben. Sie wissen auch, was es bedeutet, wenn sie Stipendien finanzieren müssen. Das kostet Geld. Das alles wissen die Hochschulleitungen.

Ich möchte mit allem Ernst sagen, dass wir sehr konstruktive Gespräche geführt haben, die in einem Ausmaß von gegenseitiger Verantwortung geprägt waren - die Hochschulleitungen haben anerkannt, dass sich das Land in der schwierigsten Situation der Nachkriegsgeschichte befindet -, dass ich mich noch einmal - quasi öffentlich - bei allen Hochschulpräsidenten für diese wirklich exzellente Zusammenarbeit ganz herzlich bedanken möchte. Ohne dieses konstruktive Zusammenwirken wäre der Zukunftsvertrag nicht zustande gekommen. Er wird am nächsten Dienstag, dem 11. Oktober, von allen Beteiligten unterzeichnet werden. Wir werden uns an diesen Zukunftsvertrag halten, anders, als es beim Innovationspakt I und II der Vorgängerregierung der Fall war, die das Papier nicht wert waren, auf dem sie standen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Möhrmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, wenn ich mich einmal auf Ihr Denkgebäude einlasse und wenn ich Ihren Antworten entnehme - ich gehe dabei auf die Frage des Abgeordneten Wulf ein -, dass es für Hochschulen dadurch Ausfälle geben kann, dass Ausnahmen bei dem Entrichten von Studiengebühren gemacht werden, frage ich Sie, welches Interesse eine Hochschule eigentlich haben sollte, die Anzahl der Personen, für die wegen ihrer guten Begabung oder aus sozialen Gründen keine Studiengebühren erhoben werden, möglichst hoch zu setzen, wenn sie gleichzeitig befürchten muss, dass sie dann weniger Einnahmen hat.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Eine sehr gute Frage!)

Herr Minister Stratmann!

Ich glaube, es gibt für eine Hochschule nichts Profilbildenderes, nichts, was mehr zu ihrem Ansehen und zu ihrer Reputation beiträgt, als die Tatsache,

über die besten Studierenden zu verfügen, die man finden kann. Deshalb legen Harvard und alle weltweit berühmten Universitäten, aber etwa auch die Internationale Universität von Bremen einen derart gesteigerten Wert darauf, dass sie trotz sehr hoher Studienbeiträge diejenigen, die durch Leistung überzeugen, von Studienbeiträgen freistellen. In Bremen werden beispielsweise 35 000 Euro Studienbeitrag verlangt. Aber diese 35 000 Euro müssen nur von 30 % der Studierenden tatsächlich gezahlt werden, weil es der Internationalen Universität Bremen unglaublich wichtig ist, die künftige Nobelpreiskaderschmiede der Welt zu werden. Deshalb ist es ihr das wert, dies aus ihren Einnahmen, aus Sponsorgeldern etc. zu finanzieren.

Ich bin davon überzeugt, dass insbesondere unsere Spitzenuniversitäten in Niedersachsen - wenn ich Frau Dr. Andretta, Harald Noack, Fritz Güntzler und andere hier im Raum sehe, denke ich immer an Göttingen - mit einer solchen Tradition, die ja auch immer leistungsorientiert war, ein existenzielles Interesse daran haben, solche Stipendien herauszubilden und zu finanzieren, ohne dass der Staat ihnen sagt, dass sie es machen müssen. Deshalb bin ich sehr optimistisch, dass es sich ganz in unserem Sinne entwickeln wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine zweite Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Steiner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Stratmann hat für die Landesregierung mehrfach in Anspruch genommen, dass sie eine sozialverträgliche Regelung für die Erhebung der Studiengebühren einleiten und dann möglicherweise per Gesetz anordnen wird. Auch wenn vielleicht zu befürchten ist, dass der Fragestellerin gleich wieder Beschränktheit unterstellt wird, frage ich Sie: Was ist das für ein Staatsverständnis? Was für ein Staatsverständnis steckt dahinter, wenn die Landesregierung diese Sozialverträglichkeit einerseits festlegt und wenn sie die Sozialverträglichkeit andererseits im Endeffekt von den Hochschulen bezahlt lässt, nämlich durch Einnahmen, auf die sie von der Landesregierung verwiesen werden, die dann aber nicht kommen können?

(Dr. Harald Noack [CDU]: Was ist das denn für ein Staatsverständnis?)

Herr Minister Stratmann!

Zunächst einmal lege ich gesteigerten Wert darauf, dass ich Ihnen keine Beschränktheit unterstelle. Sonst hätte ich zu Recht einen Ordnungsruf bekommen. Ich habe mich vorhin nur darüber gewundert, dass Dinge, die ich immer und immer wiederholt habe, offensichtlich nicht angekommen sind.

Ich sage es noch einmal: Es ist, wenn Sie so wollen, natürlich auch eine Art Solidarsystem, das wir herausbilden. Das ist etwas völlig Normales. An jeder Hochschule der Welt, an der Studienbeiträge erhoben werden, werden Sie dieses System finden. Sie können jetzt zehnmal fragen - ich kann Ihnen immer nur dieselbe Antwort geben: Das macht man so, das kann man auch so machen, und deshalb ist es auch für Niedersachsen der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Klein.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Na, Herr Klein?)

Im Rahmen der Diskussion über den demografischen Wandel beklagen wir die sehr hohe und nach wie vor steigende Kinderlosigkeit von Akademikerinnen. Meine Frage 1 lautet: Ist angesichts der zusätzlichen Kreditverpflichtungen, die sich durch dieses Modell ergeben, nicht damit zu rechnen, dass sich diese Tendenz noch verstärken wird?

Frage 2: Mich interessiert, welche Risiken Sie für Ihre Zeitplanung sehen. Sie haben gesagt, dass wir in den nächsten Wochen informiert werden. Welche Risiken sehen Sie für Ihre Zeitplanung angesichts der Tatsache, dass im Parlament deutlich geworden ist, dass die FDP-Fraktion ganz

andere Vorstellungen zu diesem System bzw. Modell hat als Sie?

Herr Minister Stratmann!

Das Problem bei diesen Fragestunden besteht immer darin - ich kenne es ja aus alten Oppositionszeiten -, dass vorher Fragenkataloge verteilt werden. Herr Klein, man muss dann aber die Fragen, die schon beantwortet sind, abhaken oder durchstreichen und sollte sie nicht noch einmal stellen.