Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Monaten sind die Medien bundesweit voll von Kommentaren und Meldungen zum Themenkomplex VW. Fast immer spielt auch Ministerpräsident Wulff dabei eine zentrale Rolle. Das ist angesichts der Landesbeteiligung bei VW nur zum Teil verständlich. Verwunderlich ist jedoch, dass Sie, Herr Wulff, es dann ablehnen, jetzt auch im Landtag eine Erklärung zu VW vorzutragen.
Das halten wir für nicht akzeptabel angesichts Ihrer eigenen Akzentsetzung und medialen Umtriebigkeit in der Sache. Egal, ob Personalaffären, Einstieg von Porsche oder Verhandlungen mit Daimler-Chrysler, immer wieder kommentiert der Ministerpräsident aus seiner persönlichen Sicht durchaus auch Aufsichtsratsinterna.
So gab er z. B. am 8. Oktober für die Neue Presse ein Interview zum gesamten VW-Komplex. Da wurden Fragen zum Verdacht auf Untreue genauso bereitwillig beantwortet, wie er Einschätzungen über den Aufsichtsratschef und die Beteiligung von Porsche gab. In der Nordwest-Zeitung war am 30. September in einer Kolumne sogar zu lesen, dass sich der Regierungssprecher von Herrn Wulff zeitweise als Pressesprecher des VW-Konzerns wähnt, weil er mehrfach Journalistenfragen zur Aufsichtsratsitzung des Konzerns beantwortete.
Herr Wulff, wir halten fest, Ihre Erklärung, dass Sie sich erst zu dem Thema VW äußern wollen, wenn alle Ermittlungen abgeschlossen sind, gilt für Sie
Herr Ministerpräsident, müssen wir Sie wirklich daran erinnern, dass Sie vom Parlament gewählt worden sind und diesem auch rechenschaftspflichtig sind? Sie sollten das korrigieren, wenn Sie nicht den Verdacht erhärten wollen, Ihr Agieren sei von parteipolitischen Interessen beinflusst
Die Zurückhaltung der anderen Fraktionen dazu hat jeweils eigene Gründe. Die SPD scheint in dieser Frage paralysiert wegen der Verdächtigungen und Verwicklungen einiger Kollegen. Die FDP hat sich im Koalitionsvertrag selbst einen Maulkorb zum Thema verpassen lassen, und die CDU hält wie immer still, damit der Ministerpräsident freie Hand hat und nicht mit lästigen Fragen im Parlament strapaziert wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, wir erkennen zwar, dass seit unserer Aufforderung, auch vor dem Parlament Stellung zu nehmen, in der Staatskanzlei erstmals mehr Zurückhaltung zum Thema VW geübt wird. Aber mehr Zurückhaltung im Unternehmensinteresse ist nur ein halbherziges Eingehen auf unsere Kritik. Was weiter fehlt, ist die Information der gewählten Vertreter hier im Landtag.
(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Hermann Eppers [CDU]: Sie sind doch im Ausschuss informiert wor- den!)
Herr Ministerpräsident, es sollte Ihre vornehmste Pflicht sein, den Abgeordneten zu erläutern, wie der Einstieg von Porsche aus der Sicht des Landes bewertet wird, wie und warum andere Beteiligungen, die die Landesregierung ja wollte - ich nenne da nur Daimler-Chrysler und Abu Dhabi - gescheitert sind und wie nach Auffassung der Landesregierung nun die Zukunft von VW aussehen und welche Rolle das Land dabei spielen soll.
Wenn der Ministerpräsident jetzt meint, zu den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nichts sagen zu können, so haben wir dafür Verständnis. Wenn er aber zu dem viel umfassenderen Gesamtthema VW nicht Stellung nimmt, ist das nicht akzeptabel.
Es bleibt aufgrund der bisherigen Berichterstattung der Eindruck einer unzulässigen Vermengung der Rolle als Ministerpräsident, als Aufsichtsratsmitglied, Anteilseigner und Parteipolitiker. Damit wird der Ministerpräsident - vielleicht unfreiwillig oder auch nicht - zum Kronzeugen der Anklage im EUVerfahren zum VW-Gesetz.
Der offenbar schon ins Persönliche abgeglittene Machtkampf mit Herrn Piëch ist zusätzlich ein Politikum, wenn es stimmt, dass Herr Wulff den Aufsichtsratvorsitz mit einem Mitglied aus dem CDU-Wahlkampfteam besetzt sehen wollte. Damit entsteht der Eindruck, dass einige im Land vielleicht davon träumen, die Nähe von VW zur SPD solle schlicht durch eine größere Nähe zur CDU ersetzt werden.
Hier sind Sie gefordert, Herr Wulff, mit klaren Worten Stellung zu beziehen und im Landtag Ihre Position offen zu legen. - Vielen Dank.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich die Restredezeiten der Fraktionen bekanntgeben. Die CDU hat noch eine Restredezeit von 6:15 Minuten, die SPD von 9:23 Minuten, die FDP von 10:33 Minuten und die Grünen - abzüglich dieser Redezeit noch eine Restredezeit von 7 Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hagenah, Sie haben ja mit politisch kraftvollen Sätzen - „Die Grünen fordern morgen die Regierung heraus" stand in der Bild-Zeitung; „wir fordern um
fassende Aufklärung aller VW-Affären der letzten Jahre” - lautstark und markig einen politischen Großangriff angekündigt. Da haben Sie aber mit dem Ministerpräsidenten nun wirklich den falschen Adressaten erwischt.
Wieso greifen Sie eigentlich völlig zu Unrecht den Ministerpräsidenten an, der in hervorragender Weise Landesinteressen im Aufsichtsrat wahrt und dieses Mandat auch so ausfüllt, wie es sich von der Aufgabe Aufsichtsrat her verpflichtend ergibt?
Nicht Herr Wulff, meine Damen und Herren, hat zu Unrecht Gehalt von VW bezogen. Nicht Herr Wulff hat Beraterverträge mit VW gehabt. Nicht Herr Wulff hat dubiose Reisen auf Kosten von VW unternommen.
Der Vorwurf, Ministerpräsident Wulff trenne seine Funktionen als Politiker und VW-Aufsichtsrat nicht sauber, ist angesichts der Verfehlung anderer geradezu ein Hohn.
Meine Damen und Herren, ich würde mir wünschen, möglichst viele Aufsichtsratsmitglieder in deutschen Unternehmen würden ihre Aufgaben so ernst nehmen wie Vertreter der Landesregierung bei VW.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU] und Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr richtig!)
Diese Aufgabe hat Christian Wulff in der Vergangenheit bisher vorbildlich gemeistert. Wir sind der festen Überzeugung, dass er diese Aufgabe auch in Zukunft beeindruckend im Interesse des Landes erfüllen wird.
Die CDU-Landtagsfraktion fordert seit Bekanntwerden erster Verdachtsmomente eine lückenlose Aufklärung aller fraglichen Vorgänge. Nach Abschluss der laufenden Ermittlungen und Untersuchungen wird der Ministerpräsident sicherlich in der notwendigen Art und Weise vor dem Niedersächsischen Landtag auch Stellung beziehen. Bevor aber nicht die internen Prüfungsergebnisse vorliegen und auch die Ermittlungen der Staats
anwaltschaft nicht abgeschlossen sind bzw. erheblich weiter fortgeschritten sind, ist es für eine Bilanzierung aus politischer Sicht zu früh, und im Übrigen ist sie auch nicht zulässig. Es ist politisch dilettantisch, Herr Hagenah, und für das Unternehmen VW fahrlässig, vor dem niedersächsischen Parlament zum jetzigen Zeitpunkt eine politische Zwischenbilanz zugegeben vieler unerfreulicher, um nicht zu sagen: unvorstellbarer Vorgänge ziehen zu wollen. Nach meinem Rechtsverständnis kann es aber auch nicht sein, dass vor dem Abschluss der Untersuchungen möglicherweise Unschuldige politisch an den Pranger gestellt werden. Sie, Herr Hagenah, mögen das wollen, wir nicht.
An Spekulationen über bestimmte Vorgänge bei VW haben sich die CDU-Landtagsfraktion und die Landesregierung bislang nicht beteiligt und werden das auch künftig nicht tun. Wir bekennen uns zu VW und werden auch nach dem geplanten Einstieg von Porsche an der VW-Beteiligung des Landes festhalten. Wir stehen zu unserer Beteiligung an Volkswagen. Sie ist auch künftig für das Unternehmen wichtig, meine Damen und Herren.
Wir sollten aber auch in Zukunft alle gemeinsam daran mitwirken, VW in ein ruhigeres Fahrwasser zu bringen. An einer Schädigung des VW-Konzerns kann eigentlich niemand ein Interesse haben. Deshalb, Herr Hagenah, hat auch Ihre Fraktion Verantwortung für VW. Die besteht nicht darin, in der jetzigen Phase, in der vieles noch im Dunkeln ist, noch vieles unklar ist, einen zeitlich und inhaltlich völlig unpassenden Angriff gegen den Ministerpräsidenten zu starten.
Ich will Ihnen auch in aller Deutlichkeit sagen, was Sie selbst eigentlich wissen müssten. Circa 160 000 Mitarbeiter von VW in Deutschland und besonders auch in Niedersachsen haben einen sehnlichen Wunsch: dass das Elend mit den Negativschlagzeiten endlich ein Ende hat
und VW wieder Gelegenheit hat, sich auf seine Stärken zu besinnen, nämlich hervorragende Autos zu bauen.
Deshalb, Herr Hagenah, geht Ihr Angriff gegen den Ministerpräsidenten völlig ins Leere, nicht zuletzt auch, weil das Thema, mit dem Sie heute Morgen hier so glanzvoll politisch punkten wollten, auch zu
Herr Hagenah, ich habe eben Ihre Ausführungen gehört. Ich habe gehört, was Sie in der BildZeitung und in anderen Publikationen angekündigt haben. Man wird unwillkürlich an den römischen Dichter Horaz erinnert. Er hat schon zu früher Zeit gesagt: „Der Berg kreißte und gebar eine Maus”. Herzlichen Dank.