Herr Kollege Meinhold, Herr Kollege Harden, die SPD hat noch eine Redezeit von 22 Minuten. Sie können sich gern zu Wort melden. Momentan hat das Wort Herr McAllister, und das allein.
Herr Meinhold, ich will eines zu der Landtagssitzung vor der Bundestagswahl sagen, mit allem gebotenen Ernst.
Wir haben damals eines erlebt: eine schlimme und nicht zu akzeptierende verbale Entgleisung des damaligen Landtagsabgeordneten und jetzigen Bundesumweltministers. Wir haben anschließend dazu eine Geschäftsordnungsdebatte geführt. Sie können sich sicherlich noch gut daran erinnern. Herr Möhrmann hat damals sehr kluge und gut abgewogene Worte gesprochen.
- Ja, das war in Ordnung. Aber eines sage ich Ihnen auch: Herr Gabriel hat es bis zum heutigen Tag nicht für nötig gehalten, sich bei den Christdemokraten in diesem Parlament für seinen völlig unpassenden Vergleich mit den Nationalsozialisten zu entschuldigen.
Jetzt zurück zur Haushaltsdebatte. Sie, Herr Jüttner, haben hier am 14. September erklärt, dass Ihre Partei eine Alternative zur Haushaltspolitik der Landesregierung formulieren wolle. Was wir beobachtet haben, ist, dass Sie in den ganzen Wochen der Haushaltsberatungen dem zuständigen Haushaltsausschuss nicht einen einzigen konkreten Änderungsantrag vorgelegt haben. Meine Damen und Herren, das ist halt wenig überzeugend, wenn man so etwas im zuständigen Fachausschuss ernsthaft beraten haben will.
Nun haben Sie gestern Ihre Änderungswünsche zu den Einzelplänen vorgelegt. Ich habe sie gegen 20 Uhr zum ersten Mal auf der Drucksachenseite im Internet gesehen. Jetzt haben wir halt die Möglichkeit, uns das, was Sie in Melle beschlossen haben, und dann Ihren Änderungsantrag im Einzelnen und konkret anzuschauen. Zum einen ist zu sagen, dass das, was Sie vorgelegt haben, sehr viel weniger umfangreich als das ist, was die CDU in ihren Oppositionszeiten vorgelegt hat.
(Lachen bei der SPD - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Ihr habt immer Milliarden mehr an Kosten produziert! Immer draufsatteln - das war euer Modell!)
Ich will Ihnen einmal eines sagen: Wir haben damals einen umfangreichen, sehr detaillierten Änderungsantrag zum Doppelhaushalt 2002/03 vorgelegt. Herr Althusmann hat ihn. Herr Aller, ich kann mich noch gut daran erinnern - ich war damals ein junger Abgeordneter und habe hinten gesessen und weiß noch genau, wie Sie hier in der Haushaltsdebatte den umfangreichen Änderungsantrag der CDU-Fraktion als „Fliegenschissantrag“ bezeichnet haben. Das war nicht meine Formulierung, das war Ihr Jargon: „Fliegenschissantrag“. Wenn ich einmal den Umfang unseres Haushaltsantrags mit dem Umfang des Haushaltsantrages, den Sie jetzt gestellt haben, vergleiche und dabei den Begriff „Fliegenschiss“ ins Spiel bringe, muss
ich sagen, dass man Ihren Haushaltsantrag als „MikrobenstoffwechselausscheidungsproduktAntrag“ bezeichnen muss.
Ich will auf einige Punkte eingehen. Sie behaupten, die Landesregierung, die Koalition habe in diesem Haushaltsentwurf nur um 15 Millionen Euro gekürzt. Wahr ist: CDU und FDP haben seit der Regierungsübernahme Einsparungen von 1,6 Milliarden Euro realisiert. Herr Jüttner, Sie machen nicht einen einzigen vernünftigen Vorschlag, um der Situation abzuhelfen, in der sich dieses Land befindet und die von der SPD-Vorgängerregierung zu verantworten ist.
Sie kritisieren erstens, dass wir nicht kürzen. Sie kritisieren, wir kürzten zu wenig. Zweitens fordern Sie, die von uns vorgenommenen Kürzungen beim Weihnachtsgeld, beim Urlaubsgeld, beim Blindengeld und bei der Lernmittelfreiheit zurückzunehmen. Sie fordern drittens, zusätzliche Ausgaben in den Haushalt einzustellen. Als Viertes fordern Sie, auch noch die Nettokreditaufnahme um zusätzlich 250 Millionen Euro zu kürzen. Herr Jüttner, das ist total gaga, das passt überhaupt nicht.
Erstens. Sie wollen 30 Millionen Euro durch eine Absenkung der Beihilfezahlungen an Beamtinnen und Beamte auf das in der gesetzlichen Krankenversicherung festgeschriebene Niveau einsparen.
Sie wissen, dass Ihr Änderungsvorschlag eine Änderung der bundesrechtlich geregelten Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte erfordert. Wir wissen, dass die Etatreife für eine Absenkung des
Beihilfeansatzes von daher gar nicht gegeben ist. Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, Sie müssten wissen, so ein Antrag ist unsolide und im übrigen rechtswidrig.
Zweitens. Sie schlagen vor, 13 Millionen Euro durch ein einjähriges Moratorium bei der EDVBeschaffung und -Schulung für die Landesverwaltung einzusparen. Ein Drittel der Ansätze aller Ressorts für Investitionen im IuK-Bereich im Haushaltsjahr 2006 inklusive der Aus- und Fortbildungskosten soll also gestrichen werden. Das bedeutet für die Landesbediensteten - wir wollen es einmal beim Namen nennen -: Geräte fallen ersatzlos aus, kein Techniker kommt mehr. Ihr Zukunftsentwurf für die Landesregierung kann also nur lauten: Umstellung vom Computer auf die Karteikarte! Das ist die Zukunftspolitik der SPD für Niedersachsen.
Drittens. Einerseits wollen Sie Stellenhebungen durchführen, andererseits fordern Sie einen allgemeinen, für das gesamte Jahr 2006 andauernden Beförderungsstopp. Damit wollen Sie 4,1 Millionen Euro einsparen. Das müssen Sie der Öffentlichkeit erklären: auf der einen Seite Stellenhebungen, auf der anderen Seite Beförderungsstopp. Da beißt sich die Katze nun wirklich in den Allerwertesten. Ich will damit deutlich machen: Das, was die Sozialdemokraten bisher präsentiert haben, ist halt sehr widersprüchlich.
Herr Kollege Jüttner, Ihre zumindest in Ansätzen vorhandene politische Orientierungslosigkeit wird auch in der Frage der angekündigten Verfassungsklage deutlich. Am 14. September haben Sie im Parlament eine Verfassungsklage gegen den Haushalt zumindest angedeutet. Einen Monat später gab es dann einen Kurswechsel. Es hieß, die SPD prüfe lieber gründlich und wäge ab. Heute gab es mehr oder weniger die klassische Wende: Sie wollen keine Klage erheben. - Ich finde es in Ordnung, dass Sie Ihren Fehler erkannt und gesagt haben, dass eine Klage vielleicht doch nicht der richtige Weg ist. Das ist zu akzeptieren. Insofern sind wir einer Meinung.
Übrigens stehen wir mit unserer Kritik auch nicht allein. Stefan Wenzel, der Fraktionsvorsitzende der Grünen, schreibt in seinem Antrag zum Landeshaushalt: Die von der SPD angekündigte Verfassungsklage gegen den Etat ist jedoch hilflos, da die Klägerin nicht zugleich Vorschläge hin zu einem verfassungsmäßigen Etat vorlegt. - Meine
Damen und Herren, wo die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen Recht haben, haben sie Recht.
Noch widersprüchlicher wird es aber, wenn Sie auf der einen Seite eine Verfassungsklage vor dem Staatsgerichtshof erwägen, auf der anderen Seite aber landauf, landab erklären, Sie wollten die Kommunen bei Ihren angekündigten Klagen gegen den kommunalen Finanzausgleich unterstützen. Die SPD erwägt also auf der einen Seite, eine Verfassungsklage in Bückeburg zu erheben, und sie will auf der anderen Seite die Kommunen in ihrer Haltung gegenüber einer Konsolidierungsmaßnahme unterstützen, die wir bereits vor dem Hintergrund beschlossen haben, dass Sie weitere Konsolidierungsmaßnahmen von uns einfordern.
Der amerikanische Schriftsteller und Journalist Ambrose Bierce hat einmal gesagt: „Absurdität ist die Meinungsäußerung, die der eigenen Ansicht offenkundig widerspricht.“ Herr Jüttner, Ihre Politik ist in diesem Punkt einfach nicht widerspruchsfrei. Weil sie nicht widerspruchsfrei ist, droht ihr, möglicherweise als „absurd“ bezeichnet zu werden.
Ich will die Zeit nutzen, um an dieser Stelle noch etwas zum kommunalen Finanzausgleich und zum Finanzverteilungsgesetz zu sagen. Damit will ich zugleich auf die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände vom 27. Oktober eingehen. Wir gehen unter Würdigung des Urteils des Staatsgerichtshofes vom 16. Mai 2001 und nach sorgfältiger Analyse des Berichtes zur Entwicklung der Finanzund Haushaltslage des Landes Niedersachsen und der niedersächsischen Kommunen davon aus, dass sich im letzten Jahr die Finanzsituation der Kommunen besonders aufgrund stabilisierter Ausgaben und erhöhter Einnahmen leicht positiv entwickelt hat. Deshalb ist die so genannte Verteilungssymmetrie zwischen Land und Kommunen gewahrt.
Meine Damen und Herren, das Jahr 2004 war das erste Jahr nach dem Jahrtausendwechsel, in dem in Niedersachsen sowohl für die Kommunen als auch für das Land positive Wachstumsraten bei den Steuereinnahmen zu verzeichnen waren. Bei
den ansteigenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer greift ganz eindeutig die von dieser Landesregierung maßgeblich vorangetriebene Initiative mit der Ende 2003 durchgesetzten Senkung der Gewerbesteuerumlage von 28 auf 20 %. Das Land Niedersachsen finanziert diese Absenkung im Übrigen mit einem Betrag von ca. 100 Millionen Euro jährlich. Ausgabenseitig machen sich bei den Kommunen auch die Kürzungen, die Reformen bei der Beihilfe der Beamten und beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld mit 70 Millionen Euro bemerkbar. Die November-Steuerschätzung bedeutet für die Kommunen Mehreinnahmen in Höhe von 14 Millionen Euro für den kommunalen Finanzausgleich 2006.
Wir haben über dieses Thema lange hin und her diskutiert. Wir haben sehr sorgfältig abgewogen. Im Ergebnis halten wir die Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände aber nicht für zutreffend. Wir halten die Festsetzung der Steuerverbundquote sowohl für das Jahr 2005 als auch für das Jahr 2006 seitens der Landesregierung vielmehr für sorgfältig begründet, hinreichend abgewogen, sehen sie mit Daten und zutreffenden Einschätzungen abgestützt und werden als Landesgesetzgeber dies weiterhin mittragen.
Meine Damen und Herren, abschließend noch zwei Anmerkungen zu den Grünen. Die Grünen schlagen zum einen vor, den Landesanteil an der Salzgitter AG für 400 Millionen Euro zu verkaufen. Doch ein Verkauf des Landesanteils hat unter Umständen schon kurzfristig einen erheblichen Arbeitsplatzabbau im Konzern zur Folge, mit allen negativen Folgen für den Arbeitsmarkt in dieser strukturschwachen Region und für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Er kommt deshalb für uns nicht infrage.
Des Weiteren sollen nach Ansicht von Bündnis 90/Die Grünen 10 % des Liegenschaftsbestandes des Landes zu einem Preis von 400 Millionen Euro veräußert und danach wieder zurückgemietet werden. Auch wenn ein solches Verfahren aktuell in Hessen Anwendung gefunden hat: Um hier nicht unwirtschaftlich vorzugehen, sollten wir uns Zeit für eine sorgfältige Prüfung dieses Modells nehmen. Für 2006 ist das jedenfalls keineswegs etatreif.