Protokoll der Sitzung vom 08.12.2005

Ich halte diesen Weg für falsch. Eine leistungsgerechte Arbeitsgerichtsbarkeit ist auch ein Standortfaktor für Niedersachsen. Denn die schnelle und fachkundige Erledigung von arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten liegt vor allem im Interesse des Mittelstandes, meine sehr verehrten Damen und Her

ren. Diesen Standortvorteil sollten wir nicht leichtfertig verspielen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Schwäche der Fachgerichtsbarkeiten hat bei dieser Landesregierung anscheinend Methode.

(Bernd Althusmann [CDU]: Skandal!)

Auch bei den Finanzgerichten gehen acht Stellen verloren. Ein ganzer Senat samt Nachbau wird wegrasiert. Hierfür habe ich keinerlei Verständnis; denn die Eingangszahlen bei den Finanzgerichten sind auch Spitzenwerte in der Bundesrepublik Deutschland.

(David McAllister [CDU]: Kommen Sie mal zum Schluss!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen: Das Resultat ist schockierend.

(Zuruf von der CDU: Skandal!)

Erlauben Sie mir eine abschließende Bemerkung: Ich wünsche mir, dass die Justizministerin die letzten zweieinhalb Jahre ihrer Amtszeit zu einer Kurskorrektur nutzt. Bislang haben wir von ihr nicht viel mehr gehört als Ankündigungen. Präventionsprojekte wurden zusammengestrichen, Stellen der Justiz wurden am Kabinettstisch geopfert, die Folgen der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens wurden durch geradezu groteske Zahlenspiele verschleiert. Es wird höchste Zeit, dass es in Niedersachsen wieder eine Justizministerin gibt, die sich für die Interessen der Justiz stark macht. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Bockmann. - Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Kollege Dr. Biester zu Wort gemeldet. Herr Kollege Dr. Biester, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir, die Mitglieder der Fraktionen der CDU und der FDP, haben im Bereich der Justiz deutliche Zeichen gesetzt. Wir haben 32 zusätzliche Richterstellen in der Sozialgerichtsbarkeit ermöglicht mit 17 zusätzlichen Stellen für Folgepersonal. Der Kollege Lennartz hat in seinem Beitrag zum Be

reich des Inneren gemeint, dass das völlig überzogen sei, dass das niemand gefordert habe. Herr Lennartz, das ist falsch. Das ist genau die Zahl, die der Verband der Sozialrichter gefordert hat. Das hat er nicht aus dem hohlen Bauch heraus gefordert, sondern anhand der bisherigen Zahl der Fälle, die bearbeitet werden mussten, der neuen Fallzahlen, die hinzugekommen sind; daraus hat er den Bedarf ermittelt. Das ist genau der Bedarf, den wir jetzt mit diesen zusätzlichen Stellen decken.

(Beifall bei der CDU)

Wir schaffen zwei weitere Stellen bei der Staatsanwaltschaft im Bereich der Bekämpfung der Internetkriminalität und im Bereich der Korruptionsbekämpfung. Wir haben diverse Stellenhebungen im Bereich des mittleren und gehobenen Dienstes vorgesehen. Wir wollen im IT-Bereich eine Straffung herbeiführen. Wir haben also - wenn ich das an dieser Stelle zusammenfassen darf - im Bereich der Justiz eine Vielzahl von Aktivitäten trotz knappster Finanzmittel geschaffen.

(Zustimmung bei der CDU)

Dann kommt Frau Bockmann mit der immer wieder von ihr zitierten Opulenz der Justiz.

(Heike Bockmann [SPD]: Ja! Aber das ist nicht meine Begrifflichkeit!)

Es gehört praktisch zum Ritual zwischen uns beiden, Frau Bockmann, dass ich Ihnen auch an dieser Stelle wieder einmal sage: Dieser Begriff der Opulenz der Justiz bezog sich weder auf die sächliche noch auf die personelle Ausstattung.

(Heike Bockmann [SPD]: Sondern?)

Dieser Satz bezog sich auf die Vielfalt von Verfahrensordnungen, auf die Vielfalt von höchst unterschiedlichen Rechtsmitteln und verband sich dann mit der Forderung - die die CDU-Fraktion ausdrücklich unterstützt -, hier zu einer Vereinheitlichung, zu einer Straffung zu kommen. Das war damit gemeint. Das wissen Sie auch. Das haben wir schon oft besprochen. Ich finde es nicht schön, dass Sie das hier immer wieder mit diesem falschen Zungenschlag in die Debatte einbringen.

(Zustimmung bei der CDU)

Nun haben wir uns natürlich gefragt: Was macht eigentlich die SPD bezüglich des Haushalts der Justiz?

(Vizepräsidentin Silva Seeler über- nimmt den Vorsitz)

Wir haben festgestellt: Sie hatten eine Klausurtagung. Dabei kann die Justiz nicht vorgekommen sein; denn sonst hätten Sie hierzu ja irgendetwas gesagt.

(Zuruf von der CDU: Das war eine Rolle rückwärts!)

Dann haben wir natürlich mit Spannung Ihre Beiträge zum Haushalt im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen erwartet. - Aber kein einziger Satz zur Justiz!

Dann haben die Haushälter gemeint, spätestens in der Sitzung des Haushaltsausschusses werde dann ja wohl etwas kommen. Aber auch in der Sitzung des Haushaltsausschusses kein einziger Satz von der SPD zur Justiz!

Dann kommen Sie mit Datum vom 6. Dezember - einen Tag vor der Plenartagung - mit Ihren Änderungsanträgen aus der Deckung. Wir haben uns Ihre Änderungsanträge angeschaut. Als erste Bewertung darf ich dazu Folgendes sagen:

Erstens. Sie haben bei uns abgeschrieben.

Zweitens. Sie nehmen die Wirklichkeit nicht wahr. Ich will das einmal ganz deutlich sagen: Sie skandalisieren etwas, was es nicht zu skandalisieren gibt.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Wenn Sie Ihren Redebeitrag noch einmal nachverfolgen, wie oft Sie das Wort „Skandal“ verwendet haben, dann müssen Sie selber nachdenklich werden. Sie nehmen die Wirklichkeit nicht wahr und kommen dadurch zu falschen Weichenstellungen. Dort, wo Sie Erhöhungen vorsehen, machen Sie Deckungsvorschläge, die schlicht und ergreifend abwegig sind.

Ich will das auch begründen. Erstens. Sie schreiben bei uns ab, Sie übernehmen eins zu eins unsere Position bei den Sozialgerichten und den Folgediensten, Sie übernehmen eins zu eins unsere Position bei den Stellenhebungen. Sie haben das bei uns abgeschrieben. Sie hätten auch selber darauf kommen können.

Zweitens. Sie nehmen die Wirklichkeit nicht wahr. Deshalb will ich Ihnen jetzt noch einmal sagen, wie

sich das mit den Sozialgerichten und Verwaltungsgerichten darstellt. Wir haben bei den Verwaltungsgerichten dadurch Entlastungen, dass durch die Gesetzgebung Aufgaben auf die Sozialgerichte übertragen worden sind. Das korrespondierte mit einem Anstieg bei den Sozialgerichten. Dem konnte man zu Beginn noch dadurch Herr werden, dass Richter freiwillig aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit in die Sozialgerichtsbarkeit abgeordnet wurden. Das war aber eine vorübergehende Lösung; sie konnte auf Dauer so nicht gut gehen.

Jetzt haben wir die Situation, dass wir bei den Sozialgerichten deutlich mit Richterstellen nachsteuern. Die Richter, die bisher dorthin zeitlich befristet abgeordnet waren, kehren an die Verwaltungsgerichte zurück und werden bei den Verwaltungsgerichten ihre Arbeit wieder aufnehmen. Damit werden die Verwaltungsgerichte im Grunde genommen auch wieder den Stand haben - trotz eines gewissen Anstiegs der Fälle durch den Wegfall des Widerspruchsverfahrens -, dass die Arbeit dort beherrscht werden kann.

Davon zu sprechen - ich glaube, Sie haben es so formuliert -, dass bei den Verwaltungsgerichten ein explosionsartiger Anstieg zu verzeichnen sei, ist schlicht und ergreifend falsch.

(Heike Bockmann [SPD]: 50 %!)

Das ist schlicht und ergreifend falsch. Wenn Sie das im Saldo sehen, findet dort kein explosionsartiger Anstieg statt. Die Verwaltungsgerichte werden mit dem Personal, das sie haben, diese Aufgaben auch zukünftig erfüllen können.

(Zustimmung bei der CDU)

Drittens. Sie haben offensichtlich aus Klugheit heraus nichts über Ihre Deckungsvorschläge gesagt. Aber man sollte sich Ihre Deckungsvorschläge doch einmal angucken. Wir haben im Zusammenhang mit den 32 neuen Richterstellen gesagt: Wir brauchen dann auch einen entsprechend erhöhten Ansatz für den Geschäftsbedarf; denn wenn dort mehr gearbeitet wird und mehr Richter vorhanden sind, brauchen sie auch mehr sächliche Mittel, also setzen wir weitere 130 000 Euro in den Haushalt ein.

Sie wollen 44 Richter neu einstellen und wollen die Mittel für den Geschäftsbedarf nicht nur nicht erhöhen, sondern Sie wollen sie auf den Istbestand 2004 herunterfahren. Es ist absolut abwegig, so etwas zu tun. Das ist völlig unrealistisch.

(Zuruf von der CDU: Mehr Richter, die weniger arbeiten!)

Wir von der CDU-Fraktion wissen, dass die Betreuungskosten bedauerlicherweise immer wieder steigen werden - leider. Diese Tendenz haben wir über die Jahre hinweg. Sie kommen zu einem völlig anderen Schluss. Sie sagen, die Betreuungskosten werden zurückgehen, und Sie wollen bei den Betreuungskosten insgesamt 732 000 Euro einsparen. Dieser Deckungsvorschlag ist schlicht und ergreifend abwegig. Das ist eine Luftbuchung. Das ist durch nichts belegt.

Sie kommen zu der Auffassung, dass für Gutachten bei den Sozialgerichten zukünftig 45 000 Euro weniger gebraucht werden. Das bieten Sie als Deckungsvorschlag an. Woher nehmen Sie eigentlich diese Erkenntnis? Es gibt eine steigende Zahl von Verfahren bei den Sozialgerichten, und Sie kommen zu dem Ergebnis, die Gutachterkosten werden sinken, und nehmen das als Deckungsvorschlag. Das zeigt, meine Damen und Herren, dass Sie die Realität nicht wahrnehmen. So kann man den Justizhaushalt nicht zur Deckung bringen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Aus unserer Sicht setzt die SPD völlig falsche Schwerpunkte. Sie wollen Geld an Stellen ausgeben, wo das Geld gar nicht ausgegeben werden muss. Vor allen Dingen wollen Sie Geld ausgeben, das gar nicht vorhanden ist.

Ich stellte für uns fest, dass wir die Justiz mit den Mitteln ausstatten, die sie benötigt, um weiterhin - bei zugegeben hoher Belastung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz - ihre Aufgaben mit so hoher Qualität erfüllen zu können, wie dies in der Vergangenheit der Fall war und wie dies auch zukünftig gewährleistet ist.

(Beifall bei der CDU)