Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist für die CDU- und die FDP-Fraktion und ganz besonders auch für Sie, Herr Minister Ehlen, ein Armutszeugnis, weil man Sie wiederum auffordern muss, zu handeln. Sie tragen mit dazu bei, dass die Verbraucher und Verbraucherinnen zunehmend das Vertrauen verlieren. Vielleicht haben Sie aber auch gedacht, Sie könnten das Ganze aussitzen, indem Sie ein paar Wochen ins Land gehen lassen. Aber jeder neue Lebensmittelskandal holt Sie wieder ein.

Wir fordern Sie heute also noch einmal auf, zu handeln und niedersächsische Forderungen einzubringen. Dabei können Sie sehr gern auf den Gesetzentwurf der ehemaligen SPD-Landesregie

rung zurückgreifen. Sorgen Sie dafür, dass ein Verbraucherinformationsgesetz den Ansprüchen der Verbraucher und Verbraucherinnen nach mehr Transparenz gerecht wird! Nehmen Sie die Sorgen der Verbraucherinnen und Verbraucher ernst!

Gerade im heutigen Pressespiegel war ein Artikel mit der Überschrift „Minister Ehlen will in Berlin kämpfen - Politik teilt Sorgen der Obst- und Spargelbauern“. Ich hoffe, dass Sie demnächst folgende Überschrift haben: „Minister Ehlen will in Berlin kämpfen - Politik teilt Sorgen der Verbraucher und Verbraucherinnen“. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Philipps das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, in Niedersachsen, dem Agrarland Nummer eins in Deutschland, zu leben. Als Verbraucherin fühle ich mich gesund, sicher und sehr gut versorgt in unserem Land. Eine riesige Auswahl von hochwertigen Lebensmitteln und anderen Produkten, welche in unserem Land wachsen und produziert werden, trägt dazu bei. Die Kette von der Produktion über Verarbeitung und Handel ist gut gegliedert, schnell und nachverfolgbar. Auch das ist ein wichtiger Baustein im Verbraucherschutz.

Vielfältige Branchen sind hier angesiedelt. Eine davon ist ein Schwerpunkt unserer Wirtschaftskraft und unseres Arbeitsmarktes: unsere Nahrungsmittelwirtschaft. In modernen Betrieben wird mit kompetenten Fachkräften unter hygienischen Bedingungen ein großer Teil unserer Nahrung hergestellt. Sehr viele Produkte sind bekanntermaßen zertifiziert und rundherum von verlässlicher Qualität.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diese Produkte werden nicht nur in Deutschland gern gekauft. Unsere Betriebe erfüllen die hohen Anforderungen, die an sie gestellt werden. Sie beachten die Vorschriften, sind vielen Kontrollen unterworfen und zeigen sich verantwortlich, auch mit eigenverantwortlicher Selbstkontrolle. Ja, sie

tragen auch hohe Kosten zur Erfüllung der geforderten Sicherheitsstandards, und das ist gut so.

(Zuruf von Monika Wörmer-Zimmer- mann [SPD])

Leider, Frau Wörmer-Zimmermann, gelingt es aber doch einzelnen Personen und Betrieben, in unverantwortlicher Weise und in Gewinnsucht - -

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Entschuldigen Sie bitte, Frau Philipps. - Es ist sehr laut hier. Vielleicht sollten Sie Ihre Privatunterhaltung draußen fortsetzen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Finde ich auch!)

- Genau, Herr Rolfes, ich habe auch Sie gemeint!

(Heinz Rolfes [CDU]: Ich habe aber nichts gesagt!)

Leider gelingt es aber doch einzelnen Personen und Betrieben, in unverantwortlicher Weise und mit Gewinnsucht, ja auch mit krimineller Energie die Vorschriften zu umgehen und unsere Gesetze nicht einzuhalten. Solches Fehlverhalten löst viel aus. Wir haben es mehrfach erleben müssen. Die Verbraucher sind verschreckt; Unsicherheit und Ärger stellen sich ein. Die Käufer reagieren mit Kaufzurückhaltung. Ein großer Schaden für die Verbraucher und für unsere Betriebe ist die Folge.

Natürlich ist auf Landes- und Bundesebene sofort zum Schutz der Verbraucher und zur Beendigung dieser Machenschaften gehandelt worden. Informationen liefen zusammen, Behörden wurden aktiviert und die Menschen informiert. Für die Landes- und für die Bundesregierung ist der Schutz der Verbraucher eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Aber die Behörden können ohne handfest geprüfte Tatsachen nicht gleich alle sozusagen in Haft nehmen. Sie müssen auch mit einer gewissen Sensibilität vorgehen. Ehrlich wirtschaftende Betriebe müssen sie schützen und dürfen sie nicht verunglimpfen.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Die Regierung ist auch in der Verantwortung, keinen wirtschaftlichen Schaden für die Betriebe entstehen zu lassen. Ich erinnere nur an die Anhörung, die wir von der CDU beantragt haben, in der uns ein Unternehmer klar gemacht hat, was es bedeutet, wenn vorschnell falsche Meldungen hinausgehen. Eine leichtfertige Gefährdung von Tausenden von Arbeitsplätzen ist mit unserer Fraktion nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ist es gut und wir begrüßen es, dass unser neuer Bundesminister Seehofer mit Staatssekretär Lindemann durch das Zehnpunkteprogramm die richtige Antwort zur Lebensmittelsicherheit gegeben hat.

(Zuruf von Karin Stief-Kreihe [SPD])

Dieses Zehnpunkteprogramm wird eine noch schnellere und noch bessere Information über Ländergrenzen hinweg und auch eine tägliche Datenerfassung ermöglichen. Ein nationales Schnellwarnsystem wird installiert werden, und weitere Maßnahmen zur Qualitätssicherung kommen hinzu. Außerdem wird der Entwurf für ein Verbraucherinformationsgesetz vorgelegt werden. Dieses Gesetz wird u. a. den Verbraucherinformationsanspruch gegenüber den Behörden aufzeigen und die Verbraucherinformation verbessern. Bei Gefahr für die Gesundheit ist die Behörde natürlich schon jetzt verpflichtet, Informationen herauszugeben. Darauf legen wir auch großen Wert.

Gut und ehrlich wirtschaftende Betriebe dürfen in unserem Land nicht geschädigt werden. Es wird genau geprüft werden müssen, ob und wie die Betriebe, die gegen das Lebensmittel- und das Futtermittelrecht verstoßen haben, genannt werden können.

(Zuruf von Dorothea Steiner [GRÜ- NE])

Natürlich muss Fehlverhalten sanktioniert werden. Auch Unternehmer, denen unsichere Lebensmittel angeboten werden, stehen in der Pflicht, dies zu melden.

Meine Damen und Herren, es ist ein ganzer Strauß von Maßnahmen. Ich sehe die Wirtschaft nicht von vornherein als einen Partner, der keine Verantwortung trägt, und ich unterstelle auch nichts; denn jeder Unternehmer in unserem Land weiß, dass

sich seine Produkte auf Dauer nur am Markt halten, wenn sie die Ansprüche erfüllen. Nur dadurch hat die Produktion Erfolg.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen vom Bündnis 90/Die Grünen, Ihre Forderung auf unverzügliche Zugänglichkeit zu Information und Unterrichtung ist nicht so einfach zu realisieren, wie Sie das beschreiben. Diese Forderung ist wenig praktikabel. Wollen Sie schon bei einem eventuellen Verdacht alles öffentlich machen? Kriminelle Machenschaften - das wissen Sie auch - spielen sich hinter verschlossenen Türen ab.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Die in der Öffentlichkeit noch nicht einmal be- kannt sind!)

Auch das Einsetzen eines Bundesbeauftragten bei Streitfällen ist so mit uns nicht zu machen. Er würde auch nicht viel nützen, und er würde die Bürokratie vermehren und wieder eine zusätzliche Instanz bedeuten.

(Beifall bei der CDU - Dorothea Stei- ner [GRÜNE]:) Das ist eine völlig falsche Argumentation!)

Wir sehen diese Notwendigkeit nicht. Bei Streitigkeiten auf Bundesebene geht es meistens um die Auslegung von Gesetzen und Verordnungen. Das ist klar geregelt. Wenn man sich nicht einigen kann, haben wir dafür die Justiz!

(Lachen bei der SPD - Karin Stief- Kreihe [SPD]: Und wo bleibt der Verbraucher?)

Ich denke, es ist viel auf den Weg gebracht worden, sodass wir die Punkte, die Sie fordern, so nicht übernehmen können. Aber wir werden Ihren Antrag in den Ausschüssen noch diskutieren und auch darüber sprechen, wie wir die geplante Verbraucherinformation sehen.

Meine Damen und Herren, guter Verbraucherschutz ist auch Wirtschaftsschutz, und beides wird in unserem Bundesland durch unseren Landwirtschaftsminister Ehlen und sein Ministerium bestens geleistet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bei uns wird nicht von vornherein verdächtigt, angeprangert und ausgegrenzt. In Niedersachsen und in Deutschland wird eine realisierbare und realistische Politik zum Wohle unserer Verbraucher gemacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich jetzt Herrn Minister Ehlen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen soll die Landesregierung aufgefordert werden, den altbekannten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbraucherinformation im Rahmen des Bundesratsverfahrens so zu verbessern, dass erstens den Verbrauchern Informationen bei Behörden und Unternehmen leicht und ohne unzumutbare Hürden zugänglich gemacht werden, dass zweitens die Behörden ein Recht und eine Pflicht zur Aufklärung des Verbrauchers über marktrelevante Vorkommnisse erhalten, dass drittens - das wurde eben schon gesagt - für Streitfälle ein Bundesbeauftragter eingesetzt wird und dass viertens Ausschlussgründe angemessen zu formulieren sind, um den Informationsanspruch des Bürgers nicht zu unterlaufen.

(Werner Buß [SPD]: Dann ist ja alles in Ordnung!)

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang muss ich Ihnen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zunächst sagen, dass ein vom Kabinett beschlossener Gesetzentwurf oder auch ein von den Koalitionsfraktionen in den Bundestag eingebrachter Gesetzentwurf zur Verbraucherinformation bislang nicht vorliegt.

Zu den in Ihrem Antrag aufgeführten Forderungen muss ich sagen, dass eine Landesregierung - ich glaube, da sind wir uns alle einig - keine Traumtänzerei betreiben kann, sondern der harten Realität entgegensehen muss.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)