Protokoll der Sitzung vom 22.02.2006

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie hat es nicht verstanden)

18 Minuten Mehrarbeit je Tag entspricht 1,5 Stunden Mehrarbeit je Woche und 9 Tage Mehrarbeit im Jahr. Das macht eine 4-prozentige Lohnsenkung aus und entspricht 5 000 Arbeitsstellen weniger in Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Herr Möllring, Sie als Verhandler sagten: Dann müssen die Beschäftigten eben 18 Minuten früher aus dem Haus gehen.

(Oh! bei der CDU)

Das kann natürlich nur jemand sagen, der freie Arbeitszeiten hat oder über seine Arbeitszeit frei verfügen kann. Polemisch möchte ich darauf antworten: Herr Möllring, auch Sie, Herr Rolfes, halten Sie einmal für 18 Minuten die Luft an, und hören Sie ohne zynische Zwischentöne den streikenden Männern und Frauen und ihren Argumenten zu. Darauf kommt es doch an. Und wenn Sie behaupten, - -

Frau Rübke, Sie müssen zum Schluss kommen, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

- - - ver.di habe die Verhandlungsführung beendet, dann sage ich: Das würde eine Gewerkschaft meiner Meinung nach nie tun. Das hat Herr Bsirske in den letzten Tagen auch immer wieder gesagt.

Wenn jemand den Termin verschleppt - Herr Rolfes, auch zu Ihrer Kenntnis -, dann ist es nicht ver.di. Wir wären jeden Tag bereit.

(Heinz Rolfes [CDU]: Wer ist „wir“?)

Die Gewerkschaft ver.di wäre jeden Tag bereit, Verhandlungen zu führen, und nicht erst am 10. März, Herr Rolfes.

(Beifall bei der SPD)

Frau Rübke, Ihre Redezeit ist abgelaufen. - Minister Möllring hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss feststellen, ver.di hat die Verhandlungen mit uns im März letzten Jahres abgebrochen. Gott sei Dank habe ich sofort schriftlich erklärt, wir seien jederzeit verhandlungsbereit. Es hat bis zum November letzten Jahres, also fast ein halbes Jahr, gebraucht, bis ver.di wieder bereit war, mit uns zu verhandeln.

(Zuruf von den GRÜNEN)

- Natürlich, wenn man unterschiedlicher Meinung ist, muss man verhandeln, damit man zu deckungsgleichen Meinungen kommt. Wenn man sich einig ist, braucht man nicht zu verhandeln. Wir sind uns aber nicht einig, wie bekannt ist.

Wir haben dann Arbeitsgruppen eingesetzt. Bereits im Dezember letzten Jahres haben wir als Spitzenverhandlungstermin den 10. Februar dieses Jahres festgesetzt. Ver.di hat, obwohl dieser Verhandlungstermin feststand, trotzdem mit Streiks begonnen und hat die Arbeitsgruppen im Januar verlassen, sodass das Gespräch gar nicht vorbereitet werden konnte. Herr Bsirske hat bei mir sodann persönlich darum gebeten, den Termin vom 10. Februar zu verlegen. Herr Bsirske sagte, er sei in Straßburg wegen der europäischen Dienstleistungsrichtlinie unabkömmlich. Daraufhin haben Herr Bsirske und ich - wie Sekretäre - die Kalender nebeneinander gelegt und sind jeden Tag durchgegangen. Herr Bsirske hat gesagt, er sei bis zum 15. Februar in Straßburg. Ich habe daraufhin gleich den 16. Februar als Termin vorgeschlagen. Er sagte daraufhin, er brauche eine Vorbereitungszeit; nach Straßburg könne er nicht gleich am nächsten Tag verhandeln. Der 17. und 18. Februar kamen als Termine nicht infrage. Der 19. Februar war ein Sonntag. Diesen Tag haben wir ausgeklammert, weil ich an diesem Tag einen Termin hatte. Ich gebe zu, dass ich am Sonntag einmal einen Termin hatte. Bei Politikern kommt das ja gelegentlich vor. Wir haben uns dann auf Montag, den 20. Februar, als Termin geeinigt. Sagen Sie also bitte nicht, wir hätten die Verhandlungen verzögert.

Eines muss ich noch feststellen: Herr Bsirske war an jenem Tag nicht in Straßburg. Er war in Berlin und hat eine Pressekonferenz gegeben. Das konnte man auf Phoenix auch sehen. Es wird ja nicht zwei Bsirskes geben, den einen, der in Straßburg ist, und einen anderen, der in Berlin eine Pressekonferenz gibt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich hätte wenigstens erwartet, dass Herr Bsirske mich angerufen und gesagt hätte: Herr Möllring, ich muss wegen der Pressekonferenz Straßburg verlassen. Die Pressekonferenz in Berlin beginnt um 11 Uhr und dauert eine Stunde. Lassen Sie uns um 12 Uhr anfangen zu verhandeln. - Dann wären Herr Stegner, Herr Metz und ich sofort hingefahren. Das ist doch überhaupt kein Problem. Stattdessen haben wir bei Phoenix sehen können, wie Herr Bsirske uns auf der Pressekonferenz beschimpft hat.

Nun brauchen wir wieder die Arbeitsgruppen. Sie tagen seit Montag wieder. Wir haben gesagt: Wir werden einen Termin anbieten, der um den 10. März herum liegen wird. - Nun wird aber fleißig weiter gestreikt, obwohl wir mitten in Verhandlungen sind. Man muss einmal sehen, wie das ausgeht. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Wir haben immer Termine angeboten. Jetzt, ganz am Ende, nach eineinhalb Jahren, in denen ver.di sich verweigert hat, kommt Herr Bsirske plötzlich und sagt: Jetzt ist uns jeder Tag recht. - Wir werden als Arbeitgeber einen Termin anbieten. Wir sind dabei, einen Termin herauszufinden, den wir alle wahrnehmen können. Wir werden dann gemeinsam sehen, ob wir eine Einigung hinbekommen oder nicht.

Nun noch eine Anmerkung zu dem anderen von Ihnen angeführten Beispiel. Verehrte Frau Kollegin Rübke, natürlich weiß ich, dass es in einer Kindergartengruppe zwei Betreuerinnen geben muss. Wenn es dort mehrere Gruppen gibt, muss zusätzlich sogar noch eine Leiterin da sein. Auch wenn zwei Kindergärtnerinnen, zwei Erzieherinnen in einer Gruppe jeweils 18 Minuten, zusammen also 36 Minuten, am Tag länger arbeiten, können Sie, weil Sie ja zwei Erzieherinnen brauchen, deshalb nicht in einem anderen Kindergarten in einer Gruppe eine Erzieherin entlassen, sondern Sie brauchen auch diese Erzieherin dringend. Dieses Beispiel beweist, dass Ihre Argumentation mit den 5 000 Arbeitsplätzen schlicht falsch ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Hagenah hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herrn Möllrings Märchenstunden hier im Parlament dürfen nicht unwidersprochen bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Wenn er die bisherige Notdienstvereinbarung der MHH in dieser Art und Weise aufgreift und sie benutzt, um quasi die Herzlosigkeit und die Ungerechtfertigtheit des Vorgehens der Gewerkschaft in der Öffentlichkeit auszubreiten, müssen wir die Dinge ein bisschen richtig stellen.

Die bisherige Notdienstvereinbarung, die bis gestern galt, rechtfertigt in keinem Punkt die Veröffentlichungen, die von einigen Ärzten in die Presse gebracht worden sind, von der Streikleitung sei die Behandlung von Notfällen abgelehnt worden. Herr Möllring, dies kann auch in keinem Fall belegt werden. Es sind der Streikleitung keine Notfälle, wie sie in der Presse genannt wurden, vorgelegt worden, in denen eine Behandlung abgelehnt worden ist. Im Gegenteil: ver.di hat heute noch einmal erklärt, dass die Fälle, für die jetzt noch einmal eine Klarstellung von der MHH vorgenommen worden ist, das sind u. a. auch die Fälle der kranken Kinder, die unter die Notdienstvereinbarung fallen, bisher schon Bestandteil der Notdienstvereinbarung waren und somit überhaupt keine faktische Änderung eingetreten ist. Sie aber bauen hier einen Popanz auf, um Stimmung zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist vielleicht im Arbeitskampf legitim. Wir sind hier aber ein Parlament und müssen uns nicht etwas vorflunkern lassen, damit Sie für sich eine bessere Position aufbauen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens komme ich auf die Frage der Alternative von Privaten und öffentlichem Dienst zu sprechen. Wenn ver.di jetzt für vernünftige Arbeitsbedingungen und gegen eine Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst streikt, werde das Geschäft

doch eigentlich nur in Richtung Privatisierung verlagert, wie es in Presseerklärungen von Herrn Bode ja auch immer wieder gefordert wird. Letztendlich ist es auch in Ihrer Rede, Herr Rösler, so vorgebracht worden.

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass im Dienstleistungsbereich außerhalb des öffentlichen Dienstes ver.di ebenfalls die tragende Gewerkschaft ist. Sie wechseln insofern nicht den Kombattanten, mit dem Sie sich über die Arbeitsbedingungen verständigen müssen. Insofern besteht also kein Unterschied.

Natürlich geht es bei dem von Herrn Möllring, der, wie wir alle wissen, zugegebenermaßen ein besonders inniges Verhältnis zu Herrn Hoffmann hat, herausgegriffenen Beispiel, dass dieser die KitaÖffnungszeiten verlängern will, um einen Fall, der im positiven Sinne dazu führen würde, dass eine Arbeitszeitverlängerung in diesem Bereich wirklich mehr Angebot bringen würde. Genau das hätte ja innerhalb des möglichen Verhandlungsrahmens für die Vereinbarung für den öffentlichen Dienst vom letzten Herbst gelegen. Für die vielen anderen Bereiche des öffentlichen Dienstes, wo es den Bürgerinnen und Bürgern überhaupt nichts bringt, dass die Ämter länger geöffnet sind oder in irgendeiner Weise mehr Leistung gebracht wird, bzw. wo es überhaupt keinen Markt dafür gibt, trifft das eben nicht zu. Für diese Bereiche ist die Aussage von ver.di, die wir nachvollziehen und auch mittragen, völlig richtig, dass die Arbeitszeitverlängerung letztlich zum Arbeitsplatzabbau führt. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht vor. Ich gebe jetzt bekannt, dass die SPD-Fraktion aus Zeitgründen ihren unter Tagesordnungspunkt 1 d) aufgeführten Antrag zurückgezogen hat.

(Heinz Rolfes [CDU]: Warum eigent- lich?)

Herr Althusmann hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich melde mich deshalb zur Geschäftsordnung, weil es

meines Erachtens für dieses Parlament und für das Land sehr gut gewesen wäre, wenn der Landesregierung zumindest die Möglichkeit gegeben worden wäre, hier einmal alles das darzustellen, was wir Gutes in Sachen Conti und VW, was wir für den Arbeitsstandort Niedersachsen getan haben. Es ist ein Dilettantismus Ihrer Fraktion, dass Sie noch nicht einmal in der Lage sind, sich für das von Ihnen selbst zur Behandlung in der Aktuellen Stunde angemeldete wichtige Thema angesichts dessen, dass Sie den Menschen im Lande überall Angst gemacht haben, die Landesregierung würde eventuell nicht genug tun, Redezeit aufzubewahren. Das ist kennzeichnend für Ihre Arbeit als Opposition.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das kann nicht überzeugen.

(David McAllister [CDU]: Ihr könnt es nicht!)

- Sie können es nicht, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Althusmann, würden Sie jetzt bitte Ihren Antrag zur Geschäftsordnung stellen.

Ich versuche, mein Bedauern zum Ausdruck zu bringen,

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

dass die SPD-Landtagsfraktion nicht einmal in der Lage ist, hier nach der Geschäftsordnung eine vernünftige Debatte über die wichtigsten Themen für unser Land zu gewährleisten. Wir hätten zum Thema VW, zum Thema Karmann und zum Thema Conti wirklich einmal darstellen können, was dieser Wirtschaftsminister und der Ministerpräsident für unser Land tun.

Herr Althusmann, das hat jetzt nichts mehr mit der Geschäftsordnung zu tun.