Protokoll der Sitzung vom 24.02.2006

(Dieter Möhrmann [SPD]: Genau!)

Sie hatte „Bildungsauftrag des Kindergartens stärken, letztes Kindergartenjahr beitragsfrei“ zum Thema. Zu jener Zeit war Herr Busemann noch in der Opposition und glaubte höchstwahrscheinlich nicht daran, dass er jemals in die Verlegenheit

kommen könnte, seinen Worten auch Taten folgen lassen zu müssen. Damals sagte Herr Busemann:

Wir möchten dahin kommen, dass wir die Eltern im dritten Kita-Jahrgang von den Beiträgen freistellen. Ich glaube, das ist eine wirksame, vernünftige und bezahlbare Maßnahme. Damit es gerecht und vernünftig läuft, muss meiner Ansicht nach ein Finanzierungskonzept vorgelegt werden, durch das wir insbesondere über verbesserte Personalkostenzuschüsse eine Befreiung der Eltern von den Beiträgen hinbekommen.

Damals gab es sogar ein konkretes Zeitversprechen:

Der erste Doppelhaushalt - das sage ich Ihnen ganz deutlich - wird sich sehr stark mit der Unterrichtsgarantie befassen. Im Haushalt der beiden Folgejahre 2005 und 2006 werden dann die Kindertagesstätten Thema sein. Der dritte Jahrgang wird frei von Elternbeiträgen sein. Sie werden sehen: Wir werden es machen!

Auch das war der Kollege Busemann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit seiner Unterrichtsgarantie ist der Kollege Busemann inzwischen mehr als gescheitert.

(Joachim Albrecht [CDU]: Stimmt ja gar nicht!)

Aber mit dem beitragsfreien Kindergartenjahr hat er es gar nicht erst versucht. Wo bleibt da die immer wieder von Ihnen beschworene Verlässlichkeit? Sie ist doch nichts anderes als heiße Luft.

Diese Landesregierung steht in der Verpflichtung, ihre selbst auferlegten Hausarbeiten zu erledigen. Kinder erwarten von ihren Eltern Verlässlichkeit. Nur so ist Vertrauen möglich. Herr Ministerpräsident Wulff als Landesvater, Ihre Landeskinder erwarten auch von Ihnen Verlässlichkeit. Ansonsten ist das Vertrauen futsch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Opposition könnte uns das eigentlich ziemlich egal sein, wenn Sie weiterhin Vertrauen verspielen. Aber im Interesse der Menschen mit Kindern

und der Kinder in Niedersachsen ist es uns nicht egal. Aus diesem Grunde fordern wir Sie hier und heute auf, endlich das Konzept für ein beitragsfreies Kita-Jahr zu entwickeln, das Sie bei der letzten Landtagswahl versprochen haben. Sie sollten damit bitte nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Legen Sie es bitte im Juni dieses Jahres vor! Sie müssen in Ihrem Haus genügend Vorarbeiten haben, wenn Sie sich, wie gesagt, seit 2002 mit diesem Thema beschäftigt haben.

Herr Busemann, wir erwarten, dass Sie hier auch den konkreten Finanzierungsbedarf für die Realisierung des beitragsfreien Kita-Jahres benennen. Ferner erwarten wir von Ihnen ein Konzept, aus dem hervorgeht, wie Sie diesen Finanzierungsbedarf aufbringen wollen, und wir erwarten einen konkreten und verlässlichen Zeitrahmen für die Umsetzung.

Wir haben Übereinstimmung, Herr Busemann, dass der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten gestärkt werden soll und dass dafür Qualitätsverbesserungen notwendig sind. Aber ein Schritt ist dabei auch die Abschaffung der Gebühren für Kindertagesstätten, zumindest als Einstieg die Gebührenfreiheit für das letzte Kita-Jahr. Dieser Schritt wäre auch geeignet, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, Familien zu entlasten und mehr Bildungsgerechtigkeit anstelle von noch mehr sozialer Selektion zu schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit könnte so einfach sein, wenn diese Landesregierung einmal damit anfangen würde. Sie wissen selbst, die gebührenfreien Kitas sind sinnvoll und gerecht, sogar gerechter als das, was sich Schwarz-Grün, nein, Schwarz-Rot in Berlin mit den geplanten Modellen zur steuerlichen Absetzbarkeit von Betreuungskosten ausgedacht hat.

(David McAllister [CDU]: So weit sind wir noch nicht, Meta!)

- Ihr seid noch nicht so weit? Aber eure Ministerin erzählt immer etwas anderes.

(David McAllister [CDU]: Nein, ich meinte Schwarz-Grün!)

- Das war nur ein Versprecher. - Von Ihren Modellen, Herr McAllister, profitieren doch nur diejenigen, die schon jetzt genug Geld in der Tasche

haben. Auch nach den Korrekturen sieht das nicht anders aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dabei fallen doch die notwendige Bildungsarbeit und die Qualitätsverbesserung hinten herunter. Auf Bundesebene sind wir mit der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten wieder an dem Punkt: Hauptsache, jemand passt auf die Kinder auf, schön, dass wir das auch noch steuerlich absetzen können. Früher nannte man das „Aufbewahrung von Kindern“.

Was Sie auf Bundesebene machen, ist nicht unsere Politik. Ihre und unsere Politik sollte eine andere sein. Wir sind gemeinsam angetreten, die Beitragsfreiheit der Kindertagesstätten auf den Weg zu bringen. Dabei haben wir, Herr Busemann, in dieser Woche Unterstützung vom Bildungsexperten der UN-Menschenrechtskommission, Herrn

Vernor Muñoz, bekommen, der nach seiner Inspektion der Kindertagesstätten ebenfalls die Empfehlung gegeben hat, dass der Besuch der Kindertagesstätten nicht zuletzt im Hinblick auf die Integration und auf Sprachkenntnisse kostenfrei sein sollte.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es ist nämlich eindeutig nicht mehr hinnehmbar, dass soziale Unterschiede in unserem Bildungssystem eine so große Rolle spielen. Zu unserem Bildungssystem - dies wiederhole ich hier - gehören auch die Kindertagesstätten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, noch im November forderte Herr Busemann das kostenfreie dritte KitaJahr, um schon Kindergartenkinder besser fördern zu können. Hinsichtlich der Finanzierung blieb er etwas vage. Als Frau von der Leyen, die jetzige Familienministerin, vorpreschte, wurde er leicht patzig und behauptete, wenn der Bund meine, er müsse es ganz aggressiv forcieren, dann solle er uns auch das Geld geben. Aber hier ist die schwarz-gelbe Landesregierung in der Verpflichtung.

(David McAllister [CDU]: Ihr regiert ja nirgendwo mehr! Ihr habt nichts mehr zu melden!)

Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag müssten Sie jetzt eigentlich alle zufrieden sein,

einschließlich Herrn McAllister und seiner Fraktion, denn auch sie fordert seit langem ein beitragsfreies Kita-Jahr.

(Joachim Albrecht [CDU]: Aber wir wollen es auch finanzieren können! - David McAllister [CDU]: Haben Sie ei- nen Finanzierungsvorschlag?)

Darum lassen Sie uns doch heute Nägel mit Köpfen machen, diesen Antrag sofort beschließen und Ihren Minister an die Arbeit schicken, damit er nicht zum Ankündigungsminister verkommt und damit die Familien in Niedersachsen endlich wissen, woran sie sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was den Finanzierungsvorschlag angeht, Herr McAllister: Sie sind an der Regierung. Wir haben Sie aufgefordert, diesen Finanzierungsvorschlag vorzulegen.

(David McAllister [CDU]: Opposition bedeutet nicht, das Denken einzu- stellen! Im Himmel ist Jahrmarkt!)

An die Arbeit, meine Damen und Herren! - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn sich noch weitere Fraktionen an der Debatte beteiligen wollen, dann bitte ich um Wortmeldungen. Im Moment liegt mir nur die Wortmeldung der Abgeordneten Vockert von der CDU-Fraktion vor. Frau Vockert, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass ich einiges richtig stellen kann.

(David McAllister [CDU]: Das ist auch dringend notwendig!)

Eigentlich bräuchte ich dazu noch mehr Redezeit, weil Frau Janssen-Kucz die Tatsachen ohne Ende verdreht hat. Es war unbeschreiblich; darauf komme ich gleich noch zurück.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, eines möchte ich aber vorweg bemerken: Ihr Antrag geht inhaltlich ganz und gar in die richtige Richtung. Dies

kann aber auch nicht verwundern, denn Sie zitieren aus dem CDU-Landtagswahlprogramm 2003 bis 2008, in dem wir darlegen, dass wir für die Beitragsfreiheit der Eltern im letzten Kita-Jahr sorgen werden.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Irgendwer muss es ja umsetzen!)

Dass Sie es nicht abwarten können und die Landesregierung auffordern, bereits bis zum Juni 2006 eine Regelung auf den Tisch zu legen, die auch ein Finanzierungskonzept beinhaltet, kann ich voll und ganz verstehen, weil ich mich daran erinnere, wie häufig ich zu der Zeit, als ich noch in der Opposition war, die damalige Landesregierung aufgefordert habe, ihr damaliges Wahlversprechen, die Personalkosen im Kita-Bereich zu 100 % zu übernehmen, endlich umzusetzen.