Protokoll der Sitzung vom 22.03.2006

Nehmen wir den § 109 des Niedersächsischen Beamtengesetzes.

(Unruhe)

Frau Kollegin, eine Sekunde! - Meine Damen und Herren, dieser hohe Geräuschpegel ist inakzeptabel. Ich bitte Sie wirklich, nach draußen zu gehen, wenn Sie sich unterhalten wollen. Sie können sich unterhalten, aber nicht hier im Saal. - Bitte schön!

Nehmen wir den § 109 des Niedersächsischen Beamtengesetzes. Sie reden von Einsparungen in Höhe von 7 Millionen, die durch Maßnahmen auf dieser Rechtsgrundlage zustande kommen. Aber Sie verschweigen der Bevölkerung, dass 21 Millionen Euro jährlich gezahlt werden, damit hoch qualifizierte Beamtinnen und Beamte im Grunde genommen nichts tun. Das ist ein Skandal!

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Hört, hört! - Bernd Althus- mann [CDU]: Das haben Sie vorher ja nie gemacht!)

Das Nächste. Sie berücksichtigen bei Ihren Kostenberechnungen nicht die Folgewirkungen der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens. Das OVG in Lüneburg schafft trotz zusätzlicher Stellen die Arbeit schon jetzt nicht mehr. Diese zusätzlichen Stellen sind auch nicht wirksam veranschlagt worden.

Weiterhin: Wo sind denn die Kosten für die Umorganisation des Landesbetriebs für Straßenbau veranschlagt? Diese Kosten sind auch nicht veranschlagt. Das Gleiche gilt für die Kosten für die Verwaltungsmodernisierer und die Stabsstelle. Das sind jährlich gut 2 Millionen Euro. Dieser Betrag ist nicht veranschlagt. Sie behaupten trotzdem, das alles sei eine gute Sache.

Nun zur Job-Börse. Mithilfe dieser Börse sollen Mitarbeiter vermittelt werden, deren Arbeit infolge der Abschaffung der Bezirksregierung überflüssig geworden ist. Im Grunde genommen werden aber Neueinstellungen auch dann vorgenommen, wenn es dafür in der Job-Börse Mitarbeiter gibt. Die zur Job-Börse gemeldeten Mitarbeiter werden nicht vermittelt. Das ist ebenfalls ein Negativpunkt Ihrer Verwaltungsreform.

Jetzt gehe ich noch auf Ihre guten Vorschläge zur Neugliederung des Raumes Lüchow-Dannenberg ein. Wir haben erlebt, dass Ihr Gesetzentwurf mehrere Monate nach der Anhörung der Expertinnen und Experten zurückgezogen werden musste. Das ist ja eine schöne Blamage. Ich meine, dass das im Endeffekt für sich spricht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ihre Verwaltungsreform und Ihre Entscheidung sind auf der ganzen Linie gescheitert. Wenn man

sich schon für einen zweistufigen Verwaltungsaufbau in Niedersachsen entscheidet, dann hätte man dabei vernünftig vorgehen müssen, indem man eine Aufgabenkritik vorangestellt hätte,

(Bernd Althusmann [CDU]: Also doch!)

und die Beschäftigten im Grunde genommen an dieser Reform beteiligen müssen. Das haben Sie unterlassen, und das wird sich rächen.

(Beifall bei der SPD)

Wer, wie der Innenminister, Behauptungen wie „exorbitante Einsparungen“ und „eine Erfolgsstory“ in den Raum stellt, der muss schon ziemlich am Ende sein, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind ja am Ende!)

Herr Kollege Bode, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Leuschner, ich habe genau zugehört, als Sie hier Ihre Vorwürfe und Anschuldigungen vorgetragen haben. Ich habe nicht nur zugehört, sondern ich habe sogar zugesehen. Ich hatte das Gefühl, dass Sie dabei innerlich selbst ein wenig lachen mussten.

(Widerspruch bei der SPD)

Am Ende kamen Sie von der SPD zu dem Ergebnis, dass Sie doch den zweistufigen Verwaltungsaufbau haben wollen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Sigrid Leuschner [SPD]: Das habe ich nicht gesagt!)

Wenn Sie also schon versuchen, die Regierung zu stellen, dann sollten Sie an der Sache etwas intensiver arbeiten und nicht nur „Trümmerhaufen“ und andere Kampfbegriffe in den Raum stellen. Damit kommen Sie nicht weiter, das glaubt Ihnen niemand.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das ist aber Fakt!)

Meine Damen und Herren, als wir angefangen haben, die Diskussion über Verwaltungsreform in Niedersachsen zu führen, hat man sich nicht nur in Niedersachsen gefragt, ob es sich Niedersachsen als Flächenland eigentlich leisten kann, auf eine Mittelinstanz als Verwaltungsebene zu verzichten. Ich kann feststellen: Nachdem wir die Mittelinstanz als Verwaltungsebene abgeschafft und einen zweistufigen Verwaltungsaufbau in unserem Flächenland haben, stellen sich alle die Frage, wie sich Niedersachsen diese Bezirksregierungen als Mittelinstanz die ganzen Jahre vorher leisten konnte. - Ein Blick auf den Schuldenberg - 50 Milliarden Euro - zeigt: Wir konnten sie uns nicht leisten. Das ist das Ergebnis der Verwaltungsreform.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wie sind wir denn vorgegangen? - Wir haben nicht, wie es in der Vergangenheit üblich war, teure Gutachter geholt, die uns gesagt haben, wie man sich den Umbau vorstellen könne. Wir haben auf die Mitarbeiter, auf die Kraft der Beschäftigten vertraut und sie im Rahmen einer Aufgabenkritik nach knallharten Vorgaben selbst überlegen lassen, wie die Abläufe besser organisiert werden können: Erstens. Ist die Aufgabe nötig ,oder kann sie, wenn sie nicht nötig ist, abgeschafft werden? Zweitens. Kann ein Privater die Aufgaben vielleicht besser wahrnehmen als der Staat? Drittens. Können die Aufgaben, wenn auch das nicht zählt, vor Ort bürgerfreundlicher erledigt werden? - Dieses abgestufte Verfahren führte zu hervorragenden Ergebnissen. Ich möchte nur die Leuchttürme nennen: Das sind die Zusammenfassung der Wirtschaftsförderung in der NBank, die Privatisierung im Zusammenhang mit NPorts und die neue Gewerbeaufsicht in Niedersachsen. Ein Mann, ein Betrieb! So ist moderne Verwaltung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Frau Leuschner, das Ganze muss sich auch an den Finanzen messen lassen. Ich warte immer noch darauf, dass Sie oder Herr Bartling endlich einmal vorrechnen, wo das finanzielle Desaster sein soll. Ich kann Ihre Behauptung nicht nachvollziehen.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Das habe ich doch gesagt! - Unruhe bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Einsparungen in Höhe von 55 Millionen Euro allein im Personalbereich. Der Landesrechnungshof hat uns alle Einsparungen bescheinigt und gesagt,

dass wir am Ende Einsparungen von fast 300 Millionen erzielen. Wenn der Landesrechnungshof das sagt, dann sollten Sie das auch glauben.

Die Verwaltungsreform ist ein Paradestück, ein Musterbeispiel für gute Politik in Niedersachsen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Professor Lennartz hat das Wort. Bitte sehr!

Professor Dr. Hans-Albert Lennartz (GRÜNE) :

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr McAllister, Sie haben die Aktuelle Stunde beantragt und für Ihre Fraktion gesprochen. Ich muss Ihnen sagen, dass ich davon mit Ausnahme der Schlusssequenz in puncto Thomas Oppermann enttäuscht war. Das war eine Blabla-Rede.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Im Übrigen weiß ich nicht, warum Sie zu diesem Zeitpunkt eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragen. Die Wahrheit liegt für meine Begriffe zwischen dem, was Sie und Herr Bode einerseits und was Frau Leuschner andererseits gesagt hat.

(David McAllister [CDU]: Die Wahrheit liegt bei Ihnen!)

Wir sind jedenfalls noch nicht so weit. Wir wissen nicht, dass das ein totaler Erfolg war - Sie behaupten das ja -, wir wissen aber auch nicht, dass es ein totaler Flop war.

(David McAllister [CDU]: Sie wissen gar nichts!)

Deswegen haben wir eine Große Anfrage eingereicht, von der wir ein Stück weit mehr Aufklärung über die Realität - Erfolg oder Misserfolg? - erwarten. Ich kann mir nur vorstellen, dass Sie die Aktuelle Stunde beantragt haben, weil Herr Schünemann und Herr Meyerding am 14. März eine Pressekonferenz - -

(Bernd Althusmann [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Althusmann?

Professor Dr. Hans-Albert Lennartz (GRÜNE) :

Nein.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

- - - gegeben haben, in der sie ihre Verwaltungsreform - Phase I - insbesondere unter Kosteneinsparungsgesichtspunkten zu einem sehr großen Erfolg erklärt haben. Es ist natürlich schön, dass Ihre Fraktion Sie dabei unterstützen will; denn Sie hatten in letzter Zeit wenig Erfolg, und von daher muss auch wieder einmal an Ihrem Image des Erfolgreichen poliert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Rechnung, die Sie in dieser Pressekonferenz aufgemacht haben, ist aber eine Reihe von Fragen offen geblieben. Sie haben bei der Vorstellung der Einsparungschancen der Verwaltungsreform schon einmal gepatzt. Sie erinnern sich sicherlich noch. 2004 sind Sie ins Trudeln gekommen, weil Sie nur die günstigste Variante der Berechnung vorgestellt haben, aber nicht die daneben gestellte ungünstigere Variante.