Protokoll der Sitzung vom 22.03.2006

Verkauf der Rückflüsse aus Forderungen, die dem LTS-Fördervermögen für die nächsten 30 Jahre zugeflossen wären. Statt des Finanzministers hat 2004 allerdings die damalige Sozialministerin die Chance genutzt, Wohnungsbaufördermittel zur Haushaltssanierung einzusetzen. Der größte Teil der für 2004 vom Einzelplan 05 zu erbringenden globalen Minderausgabe - ein Betrag von mehr als 29 Millionen Euro - kam wieder einmal aus dem Bereich der Wohnungsbauförderung. Statt der planmäßig veranschlagten Haushaltsmittel wurden 2004 nur Rückflussmittel für die Bedienung der Wohnungsbauförderprogramme eingesetzt.

Meine Damen und Herren, an diesen Beispielen wird deutlich: Wohnungsbauförderung ist für diese Regierung immer nur dann ein Thema, wenn es darum geht, sich aus dem Fördervermögen oder aus den bereitgestellten Haushaltsmitteln zur Sanierung des Landeshaushaltes zu bedienen.

(Beifall bei der SPD)

Wohnungsbaupolitische Schwerpunktsetzungen, die bekanntlich auch positive arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Auswirkungen für Niedersachsen hätten haben können, erwartet man von dieser Landesregierung vergebens.

(Beifall bei der SPD)

Die im Rahmen des Haushalts 2006 beschlossene Veräußerung der für die nächsten 30 Jahre erwarteten Rückflüsse des Fördervermögens sollen neben der Verbesserung der Kapitalausstattung der NORD/LB in 2007 den Landeshaushalt 2006 in einer Größenordnung von 433 Millionen Euro einmalig entlasten. Der Niedersächsische Landesrechnungshof hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass man hier wieder einmal zugunsten eines Einmaleffekts auf Einnahmen verzichtet, die für 30 Jahre verlässlich zur Verfügung gestanden hätten.

Wie wenig die Frage der Wirtschaftlichkeit bei der Veranschlagung dieser Maßnahme im Haushaltsplan 2006 eine Rolle gespielt hat, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass im Rahmen der Beratung des Haushaltsbegleitgesetzes für 2006 zunächst der 1. Januar 2006 als Termin für die Aufhebung der Zweckbindung der Rückflussmittel genannt wurde. Kurze Zeit später wurde der Termin auf den 30. Dezember 2006 festgeschrieben, weil man davon ausging, dass Zinsen und Tilgung in 2006 noch für die Bedienung der Altprogramme benötigt werden. Weniger als drei Monate später soll die

Zweckbindung nun wieder zum 1. Januar aufgehoben werden. Angeblich soll im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung noch nicht erkennbar gewesen sein, dass in 2005 mehr außerordentliche Tilgungen als erwartet vorgenommen wurden. Damit soll es möglich sein, aus den Resten von 2005 nicht nur die Altprogramme im Haushalt 2006 zu bedienen, sondern auch noch einen Rest nach 2007 vorzutragen. Hier wird deutlich, dass die Einzelheiten der Vertragsgestaltung auch im Hinblick auf eventuelle Folgewirkungen für die kommenden Jahre bei der Entscheidung über den Verkauf nicht einmal geprüft worden sein können.

Die Frage, weshalb der gesamte Forderungsverkauf wirtschaftlich sein soll, obwohl dabei mit einem erheblichen Abschlag auf den Nennwert gerechnet werden muss, ist bis heute nicht beantwortet worden. Sie hat bei dieser Entscheidung wohl keine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt.

Meine Damen und Herren, Wohnungsbaufördermittel haben sich bei dieser Landesregierung ausschließlich gewünschten haushaltspolitischen Zwecken unterzuordnen. Wenn dieser Forderungsverkauf abgeschlossen ist, wird es im Lande Niedersachsen zukünftig nur noch Wohnungsbauförderung nach Kassenlage geben. Wie diese dann aussehen wird, kann sich jeder aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre denken.

Den Verkauf der Rückflüsse aus dem Fördervermögen für die kommenden 30 Jahre haben wir im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2006 nicht unterstützt, weil damit alle Möglichkeiten für zukünftige Wohnungsbauförderungen unmöglich gemacht werden. Als Konsequenz daraus werden wir natürlich auch den heutigen Gesetzentwurf ablehnen. - Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Jetzt erteile ich Herrn Rickert von der FDP-Fraktion das Wort.

(Zuruf von der SPD: Es ist doch schon alles gesagt worden!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das eine oder andere sollte doch

noch gesagt werden, um den Zahlensprudel von Frau Geuter etwas zu ordnen.

Worum geht es eigentlich? - Das Land Niedersachsen muss 2007 insgesamt 700 Millionen Euro für die NORD/LB als haftendes Eigenkapital einbringen. Zur Finanzierung dieser Kapitalmaßnahme hat die Niedersächsische Landesregierung entschieden, das bei der LTS bestehende Fördervermögen in Form so genannter garantierter Rückflüsse zu verkaufen. Gleichzeitig sollte durch diese Transaktion für den laufenden Haushalt 2006 ein Konsolidierungsbeitrag von 433 Millionen Euro erzielt werden. Über diese Disposition, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2006 ausführlich und, ich meine, auch intensiv gesprochen.

Das Land nimmt nun in 2006 etwa 75 Millionen Euro mehr ein als geplant. Das heißt mit anderen Worten: Die Darlehensnehmer zahlen ihr Darlehen früher zurück, als ursprünglich angenommen. Dadurch entsteht natürlich Liquidität, die aufgrund der gesetzlichen Mittelbindung bis zum 31. Dezember 2006 nicht für die oben angegebenen Zwecke zur Verfügung steht. Mit anderen Worten: Wir erhalten mehr Geld, mehr Liquidität, das Geld kommt früher, und wir sparen Zinsen. Aufgrund der bestehenden Rechtslage dürfen Rückflüsse in diesem Jahr nur für den Wohnungsbau verwandt werden. Da wir aber keine neuen Projekte haben, ist für das laufende Jahr deutlich mehr Geld vorhanden, als wir benötigen. Es ist auch kein Bedarf an Wohnungsbau erkennbar. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass angesichts der demografischen Entwicklung und der sich in vielen Städten und Kommunen abzeichnenden Leerstände überhaupt kein Bedarf an Wohnungsbau mehr besteht.

Sehr verehrte Frau Geuter, aus dem Munde eines SPD-Fraktionsmitgliedes Klagen über die fehlende Eigenheimförderung zu hören erscheint mir angesichts dessen, dass man gerade in Berlin nichts Eiligeres zu tun hatte, als die Eigenheimzulage abzuschaffen, etwas verwegen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Rickert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Möhrmann?

Nein, ich bin gleich fertig. - Mit diesem Gesetz erreichen wir also, dass die Bindung bereits zum 1. Januar 2006 aufgehoben wird und die Mittel der Eigenkapitalausstattung der NORD/LB sowie der Haushaltskonsolidierung zugeführt werden können.

Es handelt sich insgesamt gesehen also um eine technische Änderung, die sich eigentlich nicht für sich wiederholende haushaltspolitische Debatten eignet. Gleichermaßen halten wir die Veräußerung der Rückflüsse aus herausgelegten Förderdarlehen der LTS für akzeptabel. Es macht wenig Sinn, angesichts von fehlender Liquidität auf der einen Seite Kredite aufzunehmen und auf der anderen Seite Darlehensforderungen zu halten. Ich habe das bereits in meiner Haushaltsrede im Dezember ausgeführt. In der Privatwirtschaft heißt in einer solchen Situation das gängige Mittel Factoring. Warum soll man diese Methode nicht auch beim Land einsetzen? Dagegen kann doch wohl nichts sprechen, vor allen Dingen wenn wir damit die Eigenkapitalausstattung der NORD/LB verbessern, die immerhin ein vorzügliches Institut mit vorzüglichem Ranking in Niedersachsen, aber auch in Europa ist.

Angesichts unserer dramatischen Verschuldung, über die wir heute Morgen gesprochen haben, ist ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung hier natürlich mehr als geboten. Wir wollen schließlich am Ende dieser Legislaturperiode einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen. Wir wollen den Schuldenzug spätestens in der Legislaturperiode danach zum Stillstand bringen, damit die Schuldenmacherei à la SPD ein Ende hat. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Herr Wenzel von Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Problem fehlerhafter Gesetze lässt sich immer besser eingrenzen. Nach der Rede von Herrn Zielke heute stellen wir fest: Die FDP wird bei vielen Gesetzen auch nicht beteiligt, sondern muss im Nachhinein Anmerkungen dazu machen, was schief gegangen ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf muss erneut ein Gesetz aus dem Bereich des Haushaltsbegleitgesetzes des letzten Jahres nachgebessert werden, diesmal allerdings nicht, weil ein Gericht juristische Mängel festgestellt hat, sondern deshalb, weil Einschätzungsfehler behoben werden sollen.

Warum das Ganze? - Offensichtlich wurde nicht richtig eingeschätzt, wie sich die außerordentlichen Tilgungen der Darlehen entwickelt haben.

Warum passiert so etwas, meine Damen und Herren? - Natürlich kann man sagen, dass solche Einschätzungsfehler eben vorkommen, weil schwer vorauszusehen ist, wie hoch die außerordentlichen Tilgungen bei solchen Darlehensprogrammen ausfallen werden. Solche Fehler sind aber natürlich umso wahrscheinlicher, je gedrängter und je schneller die Gesetzgebungsverfahren durchgezogen werden. Der Verkauf der Darlehensrückflüsse zur Haushaltsdeckung und die damit verbundenen Gesetzesänderungen sind ja kein Tagesgeschäft, sondern ausgesprochen komplexe Vorgänge. Umso entscheidender ist es, dass die Gesetzgebung sorgfältig erfolgt. Dazu gehört natürlich auch die ausführliche Einschätzung der finanziellen Folgewirkungen. War Anfang Dezember letzten Jahres tatsächlich nicht abzusehen, wie sich die vorzeitigen Tilgungen bis zum Jahresende entwickeln werden?

Meine Damen und Herren, mit dem Haushaltsbegleitgesetz haben Sie wiederum die Gemeinsame Geschäftsordnung der Ministerien umgangen. Damit wird in der Staatskanzlei die Arbeitsgruppe „Rechtsvereinfachung“ umgangen, der drei versierte Juristen angehören, die sich diesem Thema eigentlich widmen müssten. Damit wird die Gesetzesfolgenabschätzung umgangen, die einmal auf der Grundlage eines Landtagsbeschlusses verbindlich eingeführt wurde, jedenfalls für Gesetze, die von der Landesregierung eingebracht werden. Damit wird in der Regel die interne Ressortabstimmung umgangen. Damit wird auch die öffentliche Anhörung zwischen der ersten und zweiten Kabinettsberatung umgangen. Das alles liegt in der Verantwortung der Staatskanzlei.

Meine Damen und Herren von der CDU- und der FDP-Fraktion, trauen Sie Ihrer eigenen Staatskanzlei keine solide und schnelle Arbeit zu? Wir verlangen von der Landesregierung und von der

CDU- und der FDP-Fraktion jedenfalls grundsätzlich mehr Sorgfalt bei der Gesetzgebung und stimmen auch von daher einem weiteren Reparaturbetrieb nicht zu. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Rickert hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Herr Rickert, Sie haben eineinhalb Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Herr Wenzel, ich kann wirklich nicht erkennen, inwieweit sich die FDP-Fraktion in irgendeiner Weise helfend für die CDU-Fraktion einschalten sollte. Es ist im Gegenteil so, dass wir gerade im Ausschuss für Haushalt und Finanzen - das sollten Sie von Ihren gelegentlichen Teilnahmen an diesen Ausschusssitzungen auch wissen - sehr konstruktiv und immer gemeinsam an einem Ziel orientiert zusammenarbeiten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Wenzel, möchten Sie antworten?

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Nein, dan- ke!)

Dann erteile ich jetzt Herrn Minister Möllring das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zwei kurze Anmerkungen machen. Erstens haben wir natürlich bei dem Gesetzentwurf, den wir dem Landtag vorgeworfen haben - -

(Heiterkeit)

- Entschuldigung: vorgelegt haben. Entschuldigen Sie den Ausdruck „vorgeworfen“. Natürlich haben wir den Gesetzentwurf dem Landtag ordnungsgemäß zur Beratung und Beschlussfassung zugeleitet.

(Zuruf von der SPD: Das war eine freudsche Fehlleistung!)

- Das ist klar, das gebe ich zu. - Wir haben natürlich genau überprüft, wie das läuft. Die Rückzahlung ist weit besser gelaufen, als wir es vorher erahnen konnten. Deshalb ist das hier keine Pfuscherei. Wir treffen vielmehr nur Regelungen für das, was im Laufe des Jahres zurückgekommen ist.

Frau Geuter, Sie haben mir vorgeworfen, wenn man 125 Millionen Euro aus diesem Fördervermögen entnimmt, dann sei das eine Störung der Wohnungsbauförderung und eigentlich nicht in Ordnung. Frau Geuter, der Beschluss, diese 125 Millionen Euro zu entnehmen, ist von diesem Hause am 14. Dezember 2001 für den Haushaltsplan 2003 gefasst worden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Geuter, ich kann Ihnen auch sagen - da das in Cloppenburg vielleicht nicht bekannt ist, weil die SPD dort sozusagen kaum vorkommt -, dass die SPD damals hier noch allein regiert hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.