Protokoll der Sitzung vom 22.03.2006

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen

empfiehlt Ihnen in der Drucksache 2741 einstimmig, den Gesetzentwurf mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Der mitberatende Ausschuss für Haushalt und Finanzen hat sich dieser Empfehlung angeschlossen.

Der Gesetzentwurf verfolgt im Schwerpunkt das Ziel, für einen Teil der Amtshandlungen in Notarangelegenheiten Gebühren zu erheben, um dadurch einen Teil der dort entstehenden Verwaltungskosten zu decken. Dies wird von allen Fraktionen begrüßt. Abweichend vom Entwurf schlägt der Ausschuss einhellig vor, die Gebühren für die regelmäßige Prüfung der Amtsführung der Notare nach der Anzahl der im Prüfungszeitraum angefallenen Beurkundungen zu staffeln, um so eine größere Gebührengerechtigkeit zu erzielen.

Unterschiedliche Auffassungen gab es bei der Auswahl unter den vom Justizministerium vorgeschlagenen Staffelungsmodellen. Die Fraktionen von SPD und Grünen sprachen sich für etwas höhere Gebühren aus, um so den Kostendeckungsgrad zu erhöhen. Demgegenüber bevorzugten die Regierungsfraktionen im Hinblick darauf, dass Niedersachsen als eines der ersten Länder überhaupt derartige Gebühren einführt, die empfohlene Fassung, um dadurch eine größere Akzeptanz bei den Betroffenen zu erzielen.

Der federführende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen bittet darum, entsprechend der vorliegenden Empfehlung zu beschließen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Güntzler. - Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass dieses Gesetz ohne allgemeine Aussprache verabschiedet werden soll. Ich höre keinen Widerspruch.

(Zuruf von Dieter Möhrmann [SPD])

Zur Geschäftsordnung?

(Dieter Möhrmann [SPD]: Eine kurze Stellungnahme!)

Kein Problem. Ich habe zwar keine Wortmeldung vorliegen,

(Susanne Grote [SPD]: Dann kriegen Sie die jetzt!)

bin aber doch so nett, dass ich sie jetzt entgegennehme und dann auch gleich Frau Kollegin Grote von der SPD-Fraktion das Wort erteile. Bitte schön!

(Zurufe von der CDU: Oh, nein!)

Danke, Frau Präsidentin! - Ich nehme dieses Stöhnen jetzt einmal als Zustimmung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf, über den wir heute abstimmen, stellt im Gegensatz zur bisherigen Praxis eine gewaltige Kursänderung dar. Erstmals werden in Niedersachsen unter anderem Notare an den Kosten der Revision beteiligt. Hier kann man zweifelsohne von einem Paradigmenwechsel sprechen, der - das ist ungewöhnlich bei der Materie in allen Landtagsfraktionen grundsätzlich befürwortet wird.

Aufgrund der sehr kurzen Redezeit möchte ich lediglich zwei Punkte erläutern, die für uns von der SPD-Fraktion in dem Gesetz über Kosten im Bereich der Justizverwaltung und anderer Gesetze von hervorgehobener Bedeutung sind. Beide Punkte beschäftigen sich mit der Notarrevision. Eine sachgerecht durchgeführte Revision dient nicht nur den Rechtsuchenden und dem Staat, sondern auch dem gesamten Notarstand sowie den einzelnen Notaren selbst. Die ordnungsgemäß und korrekt durchgeführte Revision dient somit der fachlichen Kompetenz des Berufsstandes. Darüber hinaus deckt die Revision Fehler auf und kann dadurch die einzelnen Notare vor Regressansprüchen schützen. Kurzum, die sachgerechte Revision nützt allen Beteiligten gleichermaßen, sowohl den Ratsuchenden und dem Staat als auch dem einzelnen Notar.

Genau aus diesem Grund hätten wir von der SPDFraktion uns gewünscht, dass ein Kostendeckungsgrad von 50 %, also eine Gleichverteilung auf beide Schultern, angestrebt wird. CDU und FDP haben mit ihrer Mehrheit aber einen niedrigeren Kostendeckungsgrad durchgesetzt. Wir können aus diesem Grund dem Artikel 1 nicht zustimmen.

Der zweite Punkt stellt sich global betrachtet für meine Fraktion als wesentlich gewichtiger dar. Hier

handelt es sich um die Einführung des Stufenmodells. Die Landesregierung hat in ihrem Gesetzentwurf nicht zwischen kleineren und größeren Notariaten und dem dazugehörigen unterschiedlichen Revisionsaufwand unterschieden. Das halten wir für einen Fehler. Gerade im Hinblick auf die kleineren Notariate im ländlichen Raum war es uns von der SPD-Fraktion wichtig, diese Notariate finanziell nicht zu überlasten. Wir freuen uns, dass die Mehrheitsfraktionen wenigstens in diesem Punkt unserem Vorschlag zur Einführung eines Stufenmodells gefolgt sind.

Die SPD-Fraktion wird dem geänderten Gesetzesvorschlag mit Ausnahme des Artikels 1 zustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Grote. - Für die CDU-Fraktion Herr Kollege Dr. Noack. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat erschien es uns notwendig, und zwar einstimmig, auch die Notare bei der Revision zu einer Deckung des entstehenden Kostenaufwandes heranzuziehen. Das ist etwas, was wir in anderen Bereichen auch haben, sei es bei den Seelotsen, sei es bei den Schornsteinfegern, sei es bei den Vermessungsingenieuren. Wie ich höre, gibt es entsprechende Bestrebungen auch bei den Fahrlehrern.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ich bin mir darüber im Klaren, dass dies Neuland ist. Weil das so ist und weil man einem Notar nur sehr schwer vermitteln kann, dass eine solche Revision zu seinen Gunsten durchgeführt wird und dass man eine entsprechend gestufte und unter Berücksichtigung der entstehenden Kosten angemessene Beteiligung vom Notar verlangt, haben wir uns für die im Gesetzentwurf enthaltene Staffelung entschieden. Die Staffelung, die die SPD befürwortet, weicht davon nur geringfügig ab. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir mit diesem Gesetz Erfahrungen sammeln müssen und dass wir es zu einem späteren Zeitpunkt evaluieren müssen. Ich bitte Sie deshalb, diesem Gesetz zuzustimmen. Es ist eine sinnvolle Regelung. Wir haben die Bedenken der Praxis aufgenommen. Es

wäre gut, wenn wir dieses Gesetz einstimmig verabschieden könnten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat sich Frau Ministerin Heister-Neumann zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle schlicht und ergreifend allen Mitgliedern des Rechtsausschusses sehr herzlich für die eingehende und konstruktive Beratung dieser Gesetzesvorlage danken. Ich bin sicher, dass wir mit den unterbreiteten Vorschlägen gemeinsam einen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts, aber auch einen Beitrag zur Verfahrensvereinfachung leisten. Deshalb freue ich mich über das Ergebnis, das einstimmige Votum, und bitte um Zustimmung. - Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung, und wir kommen zur Einzelberatung.

Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer möchte dieser zustimmen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Änderungsempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Artikel 2. - Unverändert.

Artikel 3. - Unverändert.

Artikel 3/1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer möchte dieser zustimmen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsempfehlung gefolgt.

Artikel 4. - Auch hierzu gibt es eine Änderungsempfehlung des Ausschusses. Wer möchte zustimmen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist einstimmig auch dieser Änderungsempfehlung gefolgt.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Habe ich nicht gesehen. Dann ist das Gesetz einstimmig so verabschiedet worden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2730

Zur Einbringung erteile ich Herrn Professor Dr. Lennartz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Professor Dr. Hans-Albert Lennartz (GRÜNE) :

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn es darum geht, die Befugnisse des Verfassungsschutzes und der Polizei auszudehnen, wenn es darum geht, dubiose Vorschläge zur Einführung elektronischer Fußfesseln für so genannte islamistische Gefährder oder für den Einsatz der Bundeswehr für polizeiliche Zwecke im Inneren zu machen, dann ist Herr Minister Schünemann immer sehr schnell. Wenn es aber darum geht, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen, dann wird er ganz, ganz langsam.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Auf die Verfassungsbeschwerde eines niedersächsischen Richters hin hat das Bundesverfassungsgericht im Juli 2005 den § 33 a des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung für nichtig erklärt. In dieser Entscheidung hat es seine Rechtsprechung zum so genannten großen Lauschangriff vom April 2004 fortentwickelt. Beide Urteile stellen Grundsätze auf, die Korrekturen über die Bestimmung des § 33 a des niedersächsischen Polizeigesetzes hinaus erfordern.

Auf unser fortwährendes Drängen hin hat der Innenminister vor kurzem immerhin angekündigt, im Frühjahr dieses Jahres einen Gesetzentwurf zur Änderung in die Verbandsanhörung geben zu wollen. Erst nach der parlamentarischen Beratung und Verabschiedung des von ihm avisierten Gesetzentwurfs solle dann eine Änderung des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes angegangen werden. Zugleich hat der Innenminister aber auch erklärt, aus seiner Sicht bleibe die Notwendigkeit bestehen, auch über eine vorbeugende Telefonüberwachung weiter verfügen zu können. Damit würde das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2005 nicht korrekt umgesetzt. Deshalb haben wir uns entschlossen, bereits jetzt einen eigenen verfassungsgemäßen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Auswirkungen der beiden Entscheidungen des Verfassungsgerichts für das Polizeigesetz und das Verfassungsschutzgesetz in Niedersachsen regeln soll.

Die Hauptkritik des Verfassungsgerichts in seiner Entscheidung zum Niedersächsischen SOG ist, dass wichtige Teile nicht dem Bestimmtheitsgebot genügen. Die Bestimmungen in den §§ 31 und 33 a zur Überwachung potenzieller Kontakt- und Begleitpersonen seien zu unbestimmt. Zur Unsicherheit, wer als potenzieller Täter in Betracht komme, trete die Unsicherheit hinzu, wer mit ihm so in Verbindung stehe, dass über ihn Hinweise über die vermutete Straftat gewonnen werden könnten. Die verdeckte Telekommunikationsüberwachung zur Vorbeugung von Straftaten ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichtig. Einschränkende Tatbestandsmerkmale, die einen derart schweren Grundrechtseingriff verfassungskonform regeln könnten, sind unseres Erachtens nicht ersichtlich. Die Informationsbeschaffung mit nachrichtendienstlichen Mitteln nach § 6 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes muss nach Maßgabe der Entscheidung des Verfassungsgerichts auf die Bereiche außerhalb des Schutzbereichs des Artikel 13 - das ist der Schutzbereich der Wohnung - beschränkt werden. Außerdem wird auch hier in den Fällen der verdeckten Datenerhebung bei einer länger andauernden Zurückstellung der Benachrichtigung eine regelmäßige Kontrolle entsprechend den Vorgaben aus dem Urteil zum Lauschangriff notwendig werden.

Bei Maßnahmen der verdeckten Observation im Bereich des Verfassungsschutzes und zum Teil auch der Polizei ist es inzwischen fast üblich, dass Benachrichtigungen unterbleiben oder zurückgestellt werden, weil die entsprechenden Sicher

heitsbehörden die Befürchtung vortragen, ihre VLeute oder ihre Ermittlungsmethoden, also technische Überwachungsmaßnahmen, würden gefährdet werden oder würden offen gelegt, wenn die Betroffenen benachrichtigt werden. Diese wohl nicht nur in Niedersachsen festzustellende Praxis hat das Verfassungsgericht zum Anlass genommen festzustellen, dass eine Zurückstellung der Benachrichtigung einen eigenen Grundrechtseingriff darstellt, der deshalb auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken sei. Bei einer länger andauernden Zurückstellung der Benachrichtigung bedürfe es außerdem einer wiederkehrenden gerichtlichen Überprüfung. Dem tragen die von uns vorgelegten Änderungen Rechnung.