Protokoll der Sitzung vom 22.03.2006

num zu laut ist. Ist es vielleicht möglich, dass Sie die Reden einstellen und dem Minister zuhören? Ansonsten können Sie hinausgehen. - Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ziel der Landesregierung ist es, eine zweite Wirtschaftsachse in Niedersachsen an der Küste zu schaffen, von Emden bis Hamburg. Dieses Ziel, die zweite Wirtschaftsachse neben dem Mittellandkanal, an dem zurzeit etwa 30 km südlich und nördlich über 50 % des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet werden, hat mit einzelnen Projekten zu tun, geht aber natürlich weit darüber hinaus, weil es die Küstenregionen insgesamt aus einer Subventionssituation in eine Aktivsituation für das Land Niedersachsen bringen muss. Das ist eine Zielvorstellung, die natürlich mit Investitionen zu tun hat; ich komme darauf zurück. Ich meine aber, dass es noch wichtiger ist, zu erkennen, dass man, wenn man die Küste entwickeln will und die Chancen, die insbesondere in der Globalisierung liegen, ergreifen will, zu einer anderen Mentalität im Lande kommen muss.

Küste, Schifffahrt und Handel bedeuten äußerste Flexibilität, Abschiednehmen von verkrusteten Strukturen, Orientierung darauf, wie die Dinge anderswo auf der Welt gehandhabt werden. Handel findet eben nicht mehr nur zwischen zwei Kirchtürmen statt, sondern der Partner sitzt am anderen Ende der Welt. Das muss am Ende zu Mentalitätsveränderungen im Lande führen.

Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr darüber, dass, wenn man sich einzelne Bekenntnissätze aller Redner in dieser Debatte vergegenwärtigt, prinzipiell eine Zustimmung zu dem Großprojekt JadeWeserPort vorhanden ist.

Meine Damen und Herren! Herr Haase, ich habe überhaupt keine Probleme damit, zu loben, dass die Entscheidung für Wilhelmshaven zusammen mit Bremen von der vorigen Landesregierung getroffen worden ist. Ich sage das auch überall.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Hans-Dieter Haase [SPD])

Meine Damen und Herren, ich erwarte aber im Gegenzug, dass Sie genauso uneingeschränkt die Landesregierung loben und nicht - sozusagen aus Versehen - wieder in eine bestimmte Nölerei zurückfallen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das stimmt gar nicht! Er hat das begrüßt!)

Es geht in der Tat darum, dass jetzt die Betreiberentscheidung getroffen worden ist, dass wir im Mai einen Erörterungstermin für das Großprojekt und hoffentlich im Sommer einen Planfeststellungsbeschluss haben und dass uns der Sofortvollzug für den Bau eingeräumt wird, sodass wir Ende dieses Jahres oder Anfang des nächsten Jahres mit dem Bau beginnen können, damit das Ziel realisiert wird, das lautet: Eröffnung des Hafens im Jahr 2009/2010. Auf den Monat genau kann man das nicht vorhersagen.

Aber, meine Damen und Herren, dazu gehört natürlich, dass das Land dort in die Infrastruktur investiert. Wenn Sie sich vergegenwärtigen, was wir in allen Häfen insgesamt investiert haben, und sich andererseits vor Augen führen, wie viel wir Jahr für Jahr im Bereich der Straßen - Bundesstraßen, Autobahnen, Landesstraßen investieren, dann bemerken Sie, dass daneben die Zahlen für die Hafeninfrastruktur an der Küste im Grunde genommen ein wenig zusammenschrumpfen. Denn das Land Niedersachsen hat im Unterschied zu Hamburg und Bremen, die seit tausend Jahren Welthandel betreiben, diese Aktivitäten unter großen Anstrengungen erst langsam entwickelt. Jetzt steht das große gemeinsame Ziel an der Küste bevor. Dieses Ziel ist erst erreicht, wenn in einer solchen Debatte nicht mehr nur Vertreter aus der Küstenregion sprechen, sondern wenn ein Vertreter aus Göttingen lobt, dass wir an der Küste etwas erreichen müssen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn ich von „Mentalitätswechsel“ spreche, dann bedeutet das auch, dass wir davon abkommen müssen, dass der größte Teil der Niedersachsen leider immer noch mit dem Rücken zur Küste sitzt und den Harz als die einzige alpengleiche Erhebung in Norddeutschland betrachtet.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es muss auch deshalb ein Mentalitätswechsel erfolgen, um die Weltlinien aufzunehmen. Dazu gehört natürlich nicht nur der eine Hafen Wilhelmshaven. Deswegen habe ich gesagt: Die Entwicklungsachse reicht von Emden über Wilhelmshaven. Nennen wir auch Brake, die Weserhäfen, Nordenham und Cuxhaven. Auch in StadeBützfleth wird sich etwas tun.

Es geht aber nicht nur um die Häfen, es geht auch um die Industrie in der Küstenregion und natürlich um die Hinterlandanbindung. In einer Aktuellen Stunde können wir nicht über alle Einzelheiten sprechen. Aber es ist völlig klar, dass ein Hafen die Autobahn und die Eisenbahn braucht. Eigentlich brauchte er auch - aber das können wir im Augenblick noch in das Land der Illusionen tun - eine Binnenwasserstraßenanbindung. Das geht aber im Augenblick nicht, das ist nicht drin.

Ich hoffe sehr - das ist der einzige Punkt, an dem wir in neuen konstruktiven Gesprächen mit der jetzigen Bundesregierung sind -, dass sich der Bund vielleicht doch noch einmal überlegt, ob nicht die Häfen genauso wie die Autobahnen eine nationale Aufgabe sind.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Wer die Wirtschaftsstruktur in Norddeutschland entwickeln will, muss die Häfen nutzen; denn an der Küstenlinie können nur 50 % des Umkreispotenzials genutzt werden. Lassen Sie es mich besser sagen: Wir dürfen nicht nur 180 Grad nutzen, sondern wir müssen 360 Grad nutzen, um die Chancen wirklich zu ergreifen. Von daher sind wir mit den einzelnen Projekten auf einem sehr guten Weg. Es ist richtig, dass wir uns in den Haushalten der nächsten Jahre nicht nur ernsthaft um zusätzliche Investitionen bemühen, sondern dass wir sie in entsprechendem Umfang auch verwirklichen müssen.

Herr Minister, die fünf Minuten sind weit überschritten.

Aber wenn wir in diesem Bereich gemeinsam handeln, sind wir auf einem guten Wege.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich erteile nach § 71 Abs. 3 dem Abgeordneten Janßen zwei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank. - Ich habe ein paar Anmerkungen zu dem zu machen, was meine Vorredner zwischenzeitlich gesagt haben.

Herr Riese, die anderen Projekte, die sich in Wilhelmshaven ansiedeln, stehen in keinem direkten Zusammenhang mit dem JadeWeserPort. Das wissen Sie sehr genau. Dort siedeln sich im Moment Firmen an, die ganz klar nicht auf Containerdienstleistungen angewiesen sind.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Nein, eben nicht!)

Das ist der erste Punkt.

Zweitens müssen wir davon wegkommen, dass wir Hafenbereiche komplett subventionieren, ohne dass wir eine Refinanzierung darstellen können. Sie sagen hier, der JadeWeserPort sei privat nicht zu finanzieren. Er ist dann privat zu finanzieren, wenn man sich mit Wettbewerbern im Hafensektor, nämlich mit den ARA-Häfen und auch mit den deutschen Häfen entlang der Nordrange, abspricht und zu einer gemeinsame Konzeption kommt. Man könnte ja zumindest auf der nationalen Ebene einmal anfangen. Dazu haben wir einen Antrag gestellt, aber bislang habe ich von der FDP noch keine Zustimmung dazu gehört.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Zu dem Vor- schlag nicht!)

Herr Abgeordneter, der Abgeordnete Riese möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Nein, jetzt nicht. Er kann sich sicherlich noch einmal zu Wort melden. Er hat noch Redezeit, meine ist knapp.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Er hat Angst!)

- Nein, ich möchte das jetzt nicht.

(Bernd Althusmann [CDU]: Keine Aus- reden! Das wird nicht angerechnet!)

- Okay. Herr Riese, stellen Sie die Frage.

Herr Kollege Janßen, haben Sie eine ungefähre Vorstellung von den volkswirtschaftlichen Auswirkungen auch bezüglich der Steuereinnahmen, die sich durch die Güterströme und auch durch die Arbeitsplätze im JadeWeserPort darstellen werden?

Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen, Herr Riese, würden sich für Gesamtdeutschland auch dann darstellen, wenn man sich auf einen Hafen konzentrieren und nicht an drei Standorten innerhalb eines Gebietes von der Größe Rotterdams Kirchturmföderalismus betreiben und alle drei Standorte mit öffentlichen Mitteln fördern würde. Diese Größenordnung würde sich auch dann einstellen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zu- rufe von der CDU)

Herr Riese, im Moment ist es schon im Wettbewerb zwischen den Bundesländern so, dass der Hafen gewinnt, der die meisten öffentlichen Subventionen, unter anderem auch im Betrieb, eruieren kann. Denn nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in Bremen und in Hamburg sind die Hafengebühren nicht kostendeckend, sodass man daraus auch keine Refinanzierung erwarten kann. Von daher sind die Mittel, die hier aufgewandt werden, und zwar konzentriert auf einen Hafen, nicht optimal eingesetzt. Man hätte das besser machen können. Man bekämpft damit auch nicht die Strukturschwäche eines Raumes

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Man bekämpft damit nicht die Strukturschwäche einer Region. Sehen Sie sich zum Beispiel Bremerhaven an. Eine Alternative wäre zum Beispiel gewesen, in stärkerem Umfang die Mittel für die Förderung innovativer kleiner und mittelständischer Unternehmen und für eine exzellente Tourismuswirtschaft einzusetzen, um damit die Strukturschwäche der Region insgesamt zu bekämpfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat noch einmal Herr Minister Hirche das Wort.

Meine Damen und Herren, ich will nur eine Zahl nachtragen, weil immer gesagt wird, 650 Millionen für die Infrastruktur des JadeWeserPorts seien so ein Riesenbatzen. Für den Bau von Bundesstraßen in Niedersachsen gibt der Bund im Jahr 350 Millionen aus. Das heißt, dass im Straßenbereich in zwei Jahren schon die Summe erreicht ist, die wir im JadeWeserPort insgesamt investieren müssen.

Die Schaffung von Infrastruktur ist eine teure Aufgabe, aber ein Standortvorteil Deutschlands ist neben dem Rechtssystem und dem Eigentumssystem die vorhandene Infrastruktur auf der Straße und in den Bildungseinrichtungen. Das sind die Kernbereiche, die wir heute und auch in Zukunft pflegen müssen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auch die FDP-Fraktion bittet um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3. Ich erteile Herrn Riese zwei Minuten.

Vielen Danke, Herr Präsident. So viel Zeit werde ich gar nicht brauchen. - Nach diesem Statement des Kollegen Janßen möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass seine Vorstellungen, die er schon öfter verbreitet hat, planwirtschaftlichen Charakter haben und mit der wettbewerblichen Realität in den Häfen an der Nordseeküste nicht im Mindesten übereinstimmen. Es ist doch kein Zufall, dass sich gerade das Unternehmen, das im Hamburger Hafen so ganz besonders erfolgreich ist, um den Betrieb des JadeWeserPorts bemüht und auch den Zuschlag bekommen hat. Es ist ebenfalls kein Zufall, dass sich Bremen, das benachbarte Bundesland, zu fast 50 % an der Realisierungsgesellschaft beteiligt und entsprechende Investitionsmittel mitbringt. Das zeigt doch, dass der Druck in Richtung auf neue Containerflächen und neue Kajen riesengroß ist

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

und dass alle miteinander an diesem Ziel arbeiten. Wilhelmshaven ist der beste Standort, und deswegen wird das Geld von öffentlichen Stellen und von privaten Investoren dort ausgegeben.

(Beifall bei der FDP)

Auch die CDU-Fraktion hat nach § 71 Abs. 3 um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Dinkla, Sie haben das Wort.