Niedersachsens Hochschulen können sich weder Rückschritt noch Stagnation leisten. Mit unserem Gesetzentwurf setzen wir den 2002 begonnenen Weg konsequent fort. Einige Punkte möchte ich konkret benennen. Wir stärken die Eigenverantwortung der Hochschule bei der Einrichtung von Studiengängen und den Berufungsverfahren. Wir stärken den Senat als Kontrollorgan und streichen konsequent Genehmigungsvorbehalte im Gesetz. Die Stiftungshochschulen bleiben für uns Motoren des Wandels und bekommen mehr wirtschaftliche Freiheit. Mit den neuen Hochschuldozenten werden wir den wachsenden Anforderungen an die Lehre gerecht und bieten eine klare Alternative zur Wiedereinführung des Akademischen Rates. Indem wir die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren ausschließen, verhindern wir, dass sich nur noch Kinder aus reichen Familien ein Studium leisten können.
Meine Damen und Herren, unser Gesetzentwurf setzt auf Vertrauen in die Hochschulen und deren Gestaltungskraft. Ihr Gesetzentwurf, Herr Minister Stratmann, basiert auf Misstrauen und will der Hochschule wieder Fesseln anlegen. Deshalb darf der Entwurf der Landesregierung so nicht Gesetzeswirklichkeit werden.
Ich bin da auch ganz zuversichtlich; denn erstens hat Herr Zielke für die FDP bereits erklärt, dass es sich nur um einen ersten Regierungsentwurf handele, der so nicht Gesetz werde, und zweitens wird die CDU, Herr McAllister, nur das beschließen wollen, was sie den Hochschulen mit ihrem 2002 eingebrachten Gesetzentwurf versprochen hat. Sollten Sie sich nicht mehr erinnern können: Wir werden wir ihn zu den Beratungen mitbringen. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, der Umgang dieser Landesregierung mit Hochschulgesetzen nimmt allmählich kafkaeske Züge an.
Noch vor wenigen Wochen, Herr Minister Stratmann, haben Sie mit der Einführung von Studiengebühren den wohl folgenschwersten und umstrittensten Eingriff in das Hochschulgesetz handstreichartig als Änderungsantrag der Mehrheitsfraktionen zum Haushaltsbegleitgesetz ohne Anhörung durchgepeitscht. Und den jetzt vorliegenden Entwurf für Gesetzesänderungen, dem außerhalb der Regierungsfraktionen wirklich niemand ernsthaft nachsagen wird, dass er die Hochschulen wegweisend nach vorne bringen wird, blähen Sie zur Novelle auf.
Zwischenzeitlich wurden auf Antrag der FDPFraktion sogar externe Rechtsgutachter für die Anhörung benannt. Dass die FDP Zweifel am juristischen Sachverstand des MWK hat, kann ich nach
den Schlappen bei der Einführung der Studiengebühren verstehen, trotzdem wäre die Anhörung von Verfassungsrechtlern der Bedeutung der Novelle nicht wirklich gerecht geworden.
Was heute als Novelle eingebracht wird, meine Damen und Herren, ist tatsächlich nur noch eine Art von Restpostensammlung von zumeist überflüssigen Detailregelungen; denn vieles von dem, was im ursprünglichen Referentenentwurf stand - ob es die Beschneidung der Rechte des Senats zugunsten des Hochschulrats war oder die Streichung des politischen Mandats für die Studierenden, um nur einige Beispiele zu nennen -, wurde nach einhelligem Protest der Hochschulen Gott sei Dank wieder einkassiert. Das, was jetzt noch im Gesetzentwurf übrig ist, ist Stückwerk und erfüllt bei weitem nicht das, was Minister Stratmann bei der Vorstellung der Novelle versprochen hat.
Lassen Sie mich das an Beispielen erörtern. Die Novelle soll - Herr Minister Stratmann hat es eben wieder ausgeführt - Hochschulen familienfreundlicher machen und die Karriereaussichten von Frauen verbessern. Der größte Eingriff ins NHG mit Relevanz für Frauen besteht aber nun ausgerechnet darin, dass die Landesregierung nun auch an den Hochschulen die Kampfansage an die Gleichstellungsbeauftragten exekutiert, indem ihre Beteiligungsrechte konsequent beschnitten werden und wie schon bei den Kommunen ihre Hauptamtlichkeit nicht mehr zwingend vorgeschrieben wird. Das, meine Damen und Herren, ist pure Ideologie und ein echter Rückschritt,
ein Rückschritt, den ausdrücklich niemand an den Hochschulen will, auch die Präsidien nicht, und der den Gleichstellungsauftrag der Hochschulen zum Papiertiger verkommen lässt.
Fortschritte vermissen wir auch bei der dringend notwendigen Anpassung des NHG an die neuen gestuften Studiengänge. Wenn ein Universitätsund ein Fachhochschul-Bachelor gleichwertig sind, warum wird dann nicht beim Hochschulzugang konsequenterweise festgeschrieben, dass eine Fachhochschulreife mit der Allgemeinen Hoch
Ein weiteres Beispiel. Da die gestuften Studiengänge aufgrund der Verdichtung des Lehrplans eine Stärkung der Lehre erforderlich machen, muss sich die gewachsene Bedeutung der Lehre in der personellen Ausstattung widerspiegeln, keine Frage. Was Sie aber mit der Novelle installieren wollen, Herr Minister Stratmann, ist der Hochschullehrer light. Ihre Lehrkräfte sollen nur noch weisungsgebunden - also nicht wie Professoren selbstständig - lehren dürfen. Warum muss hier eigentlich eine Statusgruppenabstufung geschaffen werden? - Gute Lehre braucht qualifizierte und motivierte Kräfte, für die die Anstellung an der Hochschule attraktiv sein muss. An dieser Stelle zeigt der SPD-Entwurf mit den Dozenten, die unabhängig lehren dürfen, den eindeutig besseren Weg auf.
Mit der Anhebung der Altersgrenze für Professoren von 65 auf 68 Jahre lösen Sie auch kein einziges Problem an den Hochschulen. Einmal davon abgesehen, dass die Begründung dieser Maßnahme in der Novelle faktisch den Einstieg in eine generelle Arbeitszeitverlängerung für Beamte bedeutet, ändern Sie an den tatsächlichen Lehrbedingungen vor Ort nicht das Geringste.
Den Anforderungen der Hochschulen werden Sie auch nicht gerecht, wenn Sie - wie jetzt wieder geschehen - fortlaufend an neuen Stellen Gebühren einführen, diesmal für den Besuch von Studienkollegs oder für Prüfungen zum fachbezogenen Hochschulzugang. Sie legen die finanziellen Hürden für die Aufnahme eines Studiums immer höher, obwohl angesichts einer viel zu niedrigen Studierendenquote genau das Gegenteil nötig wäre.
Wir erwarten, dass der gesamte Komplex der Studiengebühren in die Beratung der vorliegenden Novelle mit aufgenommen wird. Die Anhörung zum Referentenentwurf hat nämlich gezeigt, dass die Hochschulen an vielen Punkten Einwände gegen die Studiengebührenregelungen haben. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom Januar, das bereits eine erste Reparatur nötig machte, hat außerdem
gezeigt, dass das Gesetz nicht nur inhaltlich, sondern auch handwerklich fehlerhaft ist. Um weiteren Schaden von den Hochschulen in Niedersachsen abzuwenden, müssen die Hochschulen und die Studierenden in der Anhörung selbst Gelegenheit bekommen, auch hierzu Stellung zu nehmen.
Wir sind gespannt, wie Sie sich hierzu in den Beratungen verhalten werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gut Ding will Weile haben. So ist es auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, den zu beschließen die Landesregierung den Landtag nunmehr bittet. Viele Anregungen aus der interessierten Öffentlichkeit, Vorschläge aus den Hochschulen und auch unerwartete konkrete Erfahrungen wie z. B. die mit dem bisher gültigen Verfahren zur Wahl von Hochschulpräsidenten sind in einen Entwurf eingeflossen, den ich in weiten Teilen als ausgesprochen gelungen ansehe.
Lassen Sie mich einige Punkte hervorheben. Zunächst einmal gibt es endlich wieder jenen Berufsweg zum Professor, der bis vor einigen Jahren die Regel war, nämlich die Habilitation. Vor einigen Jahren hat die damalige Bundesbildungsministerin Frau Bulmahn, die lange Jahre auch Vorsitzende der SPD Niedersachsen war, versucht, diesen bewährten Qualifizierungsweg schlicht und komplett zu verbieten. Sie hat das allerdings, wie ihr das Bundesverfassungsgericht 2004 bescheinigt hat, in verfassungswidriger Weise getan; denn sie hat damit in unzulässiger Weise in die Kompetenz der Länder in Fragen der Bildung eingegriffen. Damit hat sie selbst dem Zentralismus in der Bil
dungspolitik das Grab geschaufelt. Wir, die wir die Föderalismusreform gerade im Bildungsbereich begrüßen, können Frau Bulmahn im Nachhinein für ihre überzogene Aktion nur dankbar sein.
Bei der Habilitation drehte sich der Streit aber nur vordergründig um Zuständigkeiten. Im Kern ging es darum, dass einige Alt-68er, nach dem langen Marsch durch die Institutionen an den Hebeln der Macht angelangt, endlich die alten Strukturen beseitigen wollten, den Muff unter den Talaren, wie sie es einst genannt hatten.
Es ging weniger um sachgerechte Lösungen als darum, einer missliebigen, weil vermeintlich erzkonservativen Berufsgruppe ein Stück ihrer Identität zu nehmen.
Neben der Habilitation sind mittlerweile auch andere Typen von Berufslaufbahnen zum Professor - etwa im Bereich der Naturwissenschaften - entstanden und haben sich zu Recht etabliert. Ich als Naturwissenschaftler bin der Letzte, der dagegen Einwände hat.
Aber wie bei den meisten vernünftigen Änderungen der Fall ist auch dies von unten nach oben gewachsen und nicht aufgrund des Dekrets einer zentralen, außerwissenschaftlich gesteuerten politischen Bildungsplanung zustande gekommen. Habilitation und Juniorprofessur existieren jetzt nicht als Gegensätze, sondern in friedlichem Nebeneinander. Die bessere Lösung wird sich durchsetzen, wo sie die bessere ist.
Ähnlich verhält es sich mit einem anderen Punkt, bei dem Reformer früherer Jahre, wenn auch in bester Absicht, über das Ziel hinausgeschossen sind. Für die Abschaffung der Berufsgruppe der Akademischen Räte hat es seinerzeit durchaus gute Gründe gegeben. Man wollte z. B. der Tendenz entgegenwirken, dass Assistentenstellen zunehmend in gleich bezahlte Lebenszeitstellen für Akademische Räte umgewandelt wurden. Kurzfristig empfanden manche das als soziale Tat.
Der Effekt war aber eben, dass am Ende immer weniger Stellen für die nächste Wissenschaftlergeneration da waren. Also wurde die Kategorie der Akademischen Räte abgeschafft. Mit Zeitverzögerung hat man dann aber allmählich gemerkt, dass es durchaus Daueraufgaben an Hochschulen geben kann, die am sinnvollsten von hoch qualifizierten, aber nicht unbedingt in Forschung und Lehre tätigen Personen erfüllt werden. Dem tragen wir Rechnung und führen das Amt des Akademischen Rates wieder ein, allerdings modifiziert, um die geschilderten Nebenwirkungen der vorvorigen Regelung zu vermeiden.
Ein dritter Punkt erscheint mir sehr wichtig. Der Zugang zum Hochschulstudium wird in vernünftiger Weise verbreitert. Die Studienmöglichkeiten für Absolventen von Fachhochschulen werden denen von Abiturienten angenähert. Damit kommen wir auf dem Weg zu unserem Ziel, immer mehr jungen Menschen eine akademische Ausbildung zu ermöglichen, einen wesentlichen Schritt weiter. Das ist auch deshalb vernünftig, weil - unser niedersächsisches Hochschulzulassungsgesetz von 2004 war dabei ein Meilenstein - die Hochschulen sich ihre Studenten zunehmend selbst auswählen werden und dadurch die Gefahr abnimmt, dass jemand ein für sie oder ihn ungeeignetes Studium beginnt und womöglich scheitert. Viele andere Verbesserungen sind von Herrn Minister Stratmann schon dargestellt worden.