Protokoll der Sitzung vom 24.03.2006

(Beifall bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus fordern Sie, die Forschung in Bezug auf Kernfusionsreaktoren voranzutreiben. Sie begehen damit den gleichen Fehler, den CDU, FDP und SPD auch schon bei der Kernspaltung gemacht haben. Einmal mehr setzen Sie auf eine Dinosauriertechnologie, die nicht zielführend ist.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Bitte, die Fusion?)

Die Strahlung in einem Fusionsreaktor ist ungefähr zehnmal energiereicher als in einem Schnellen Brüter. Es gibt bisher kein Material, das dieser Strahlung und den hohen Temperaturen, die dazu erforderlich sind, dauerhaft standhalten könnte. Auch die Kernfusion erzeugt große Mengen radioaktiver Abfälle. Das ist eine Extremtechnologie, die zu einer Reduktion der CO2-Problematik, die wir derzeit haben, nicht beitragen wird. Sie ist extrem teuer, extrem kompliziert, extrem langwierig und nicht zuletzt extrem gefährlich.

(Zustimmung von Andreas Meihsies [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, in einigen Punkten können wir Ihrem Antrag allerdings durchaus zustimmen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Zachow?

(Anneliese Zachow [CDU]: Das geht nicht auf Ihre Redezeit!)

Wenn Sie einen Ausbau der Nutzung regenerativer Energien fordern oder die Forschung im Bereich der Speichertechnologien vorantreiben wollen, dann sind wir an Ihrer Seite. Ich fürchte nur, dass genau das in der Großen Koalition in Berlin kaum eine Rolle spielen wird.

(Annette Schwarz [CDU]: Warten Sie doch einmal ab!)

Meine Damen und Herren, bis zum Jahre 2020 hat der Bundesverband erneuerbarer Energien Investitionen von 200 Milliarden Euro in Deutschland angekündigt.

(Hans-Christian Schack [SPD]: Ge- nau!)

Die Zahlen sind hoffentlich auch zu Ihnen durchgedrungen. Ihre Politik, Herr Dürr, führt Deutschland zurück in die Steinzeit der Energiepolitik. Sie stehen damit nicht vorne, sondern ganz hinten in der Schlange.

(Beifall bei den GRÜNEN - Andreas Meihsies [GRÜNE]: Das Schlusslicht!)

Das ist die Erfolgsgeschichte der deutschen Energiepolitik, die mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verlässliche Rahmenbedingungen gesetzt hat. Genau dadurch ist Deutschland weltweit führend in diesem Bereich. Was die Branche der erneuerbaren Energien jetzt allerdings braucht, ist Verlässlichkeit. Was sie nicht braucht, ist Ihre Forderung nach Überprüfung der Fördersysteme mit dem Ziel einer verstärkten Einbeziehung marktwirtschaftlicher Instrumente. Das ist nämlich eine wahre Giftspritze für die Konjunktur in diesem Bereich; denn Sie wollen nichts anderes, als auf diesem Umweg das Quotenmodell einführen, das Frau Merkel schon beim letzten Bundestagswahlkampf favorisiert hat. Das passt übrigens auch zu den eingeladenen Gipfelteilnehmern. Genau die Herren haben es nämlich kreiert, um die kleinen und mittelständischen Unternehmen aus dem Bereich der Windund Solarenergie endlich einzuschränken, damit die großen Vier den Markt auch weiterhin allein unter sich aufteilen können. Deshalb lehnen sie das EEG ab und haben das Quotenmodell entwickelt, was Sie hier wieder aufgreifen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann Sie nur warnen, am EEG aus ideologischen Gründen herumzufummeln. Sie gefährden Milliarden-Investitionen und letztlich den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Meine Damen und Herren, kommen wir noch einmal kurz zurück zur Ökosteuer. Auch die haben Sie im Antrag erwähnt. Jetzt heißt es bei Ihnen plötzlich: Mittelfristiger Abbau der sinnentfremdeten Ökosteuer. - Nanu! Plötzlich so vorsichtig? Sonst haben Sie doch immer die sofortige Abschaffung der Ökosteuer gefordert.

(Christian Dürr [FDP]: Sie haben den Bundeshaushalt davon abhängig ge- macht! Das ist das Problem!)

Jetzt heißt es statt „sofort“ nur noch „mittelfristig“ und statt „Abschaffung“ nur noch „Abbau“.

(Wolfgang Ontijd [CDU]: Das muss Sie doch freuen!)

Offenbar haben Sie in der Zwischenzeit gelernt. Ohne die Einnahmen aus der Ökosteuer müssten Sie die Beiträge zur Rentenversicherung massiv anheben.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist ein gro- ßes Problem! Diesen schrecklichen Zusammenhang haben Sie herge- stellt!)

Meine Damen und Herren, leider haben Sie immer noch nicht verstanden, worum es bei der Ökosteuer geht: Mit einer Reduzierung der Lohnnebenkosten Arbeit billiger machen und die notwendigen Finanzmittel zur Finanzierung der Rentenleistungen durch eine stärkere Besteuerung des Energieverbrauchs hereinholen. Das hat den Effekt, dass zusätzliche Anreize zum Energiesparen und damit zur geringeren Belastung der Umwelt gesetzt werden. Deshalb ist die Ökosteuer nach wie vor richtig und wird ihrem Namen auch im vollen Umfang gerecht. Sie ist ökologisch, weil sie zur Entlastung der Umwelt beiträgt, und sie steuert, weil sie ein erwünschtes Verhalten - nämlich Energie sparen belohnt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn das beim Energiegipfel der Bundesregierung herauskommt, was ich befürchte, dann wird es vor allem zulasten Niedersachsens gehen. Hier in Niedersachsen sind wir Spitze im Bereich der Wasserkraft und an vorderster Front im Bereich der Biomasse. Hier haben wir in Niedersachsen besondere Kompetenzen. Die Energieversorgung auf Grundlage auch regenerativer Energien funktioniert. Das hat Ihnen die Enquete-Kommission der Bundesregierung bereits im Jahr 2002 vorgerechnet.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss. - Bis 2050 sind die konsequente Weiterentwicklung der Energieeffizienz, die Nutzung von Energieeinspartechnologien und der konsequente Ausbau regenerativer Energien ein zielführender Weg. Wir müssen das als natio

nale Aufgabe begreifen. Wirtschaftliche Gründe und Klimaschutzgründe lassen uns dabei keine andere Wahl. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Der Abgeordnete Runkel hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich brauche Sie auf die Regularien nicht mehr hinzuweisen. Eineinhalb Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Janßen, ich stelle mit Freude fest, dass wir uns in vielen Dingen in der Tat einig sind. Aber immer wenn das Wort „Atom“ fällt - ob nun Spaltung oder Fusion -, kriegen die Grünen einen großen Schrecken. Sie haben heute über den Fusionsreaktor gesprochen. Ich weiß aber nicht, wo Sie Ihre Kenntnisse darüber erlangt haben; denn das, was Sie hier erzählt haben, war Unsinn.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Er hat die Unternehmen in seinem Wahlkreis gefragt!)

In der Tat ist es gut, Herr Dehde, wenn man hin und wieder jemanden fragt, der sich damit auskennt. Deshalb, Herr Janßen, habe ich Ihnen einmal ein Blatt mitgebracht, auf dem der Fusionsreaktor ITER - ein Forschungsprojekt, das derzeit unter internationaler Beteiligung in Südfrankreich durchgeführt wird - beschrieben wird. Da heißt es in Bezug auf die Strahlung u. a.: Die dort entstehende Strahlungsmenge entspricht in etwa der in der gesamten Kohleasche eines Kohlekraftwerkes, das die gleiche Strommenge wie das Fusionskraftwerk produziert. - Ich gebe Ihnen das einmal zum Lesen. Sie können dann einmal nachgucken, wie das genau funktioniert. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Dürr gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Dürr hat das Wort, und kein anderer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für den 3. April hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Energiegipfel geladen. Ich möchte vorweg eines klarstellen: Wir begrüßen diesen Energiegipfel ausdrücklich. Er ist nötiger denn je. Die Energieversorgung ist eines der zentralen Felder, auf denen bereits heute erheblicher Handlungsbedarf besteht. Die alte Bundesregierung, meine Damen und Herren, hat sich in Fantastereien verheddert und außer einer immer stärkeren Belastung für die Menschen in Deutschland schlicht und einfach nichts zustande gebracht.

Der Kernpunkt der Energieversorgung muss ein technologieoffener Energiemix sein. Dabei soll jeder Energieträger eine Chance erhalten. Er muss sich an drei Kriterien messen lassen: Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Wir müssen leider feststellen, dass Deutschland dieses Dreieck der Energieversorgung in den vergangenen acht Jahren rot-grüner Bundesregierung verlassen hat. Es ist einseitig vermeintlich zugunsten der Umweltverträglichkeit eine Politik der ideologischen Scheuklappen betrieben worden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Die Einführung der Ökosteuer war und ist ein historischer Fehler. Sie hat bereits heute tausende von Arbeitsplätzen gekostet, und anstatt die gesetzliche Rentenversicherung gründlich zu reformieren, ist sie auch noch von den Einnahmen aus der Ökosteuer abhängig gemacht worden. Damit haben SPD und Grüne der jungen Generation gleich doppelt geschadet.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben die Energiewelt in Gut und Böse unterteilt, ohne jede Rücksicht auf die Realität. Mit dem Beschluss, aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie auszusteigen, hat man sowohl den Klimaschutzanstrengungen Deutschlands - das sollte für Grüne besonders interessant sein - als auch den Menschen in unserem Lande einen Bärendienst erwiesen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Meihsies?

Meihsies? - Aber gern, Herr Kollege Meihsies.

Herr Kollege Dürr, können Sie belegen, in welchen Bereichen die Ökosteuer Arbeitsplätze gekostet hat, und ist Ihnen bekannt, dass energieintensive Betriebe von der Ökosteuer befreit sind?

Das ist mir sehr wohl bekannt, Herr Kollege Meihsies. Es wäre schön, wenn sich die Grünen nicht immer nur um die Großindustrie kümmern würden, sondern auch um den Mittelstand in Deutschland. Dort sind die Arbeitsplätze verloren gegangen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)