Protokoll der Sitzung vom 24.03.2006

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe große Hochachtung vor den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, die eine hervorragende Arbeit leisten, und wir sollten uns nicht gegenseitig die Ausschussarbeit durch ein solches Vortragen erschweren. Wenn man etwas in der Öffentlichkeit vorträgt, gibt es natürlich immer die gute Möglichkeit, aus dem Zusammenhang gerissen nur über Teilaspekte zu berichten und damit den Fall anders darzustellen. Ich erwarte als Ausschussvorsitzender - das sage hier ganz deutlich -, dass jeder, der hier zu einer Eingabe spricht, den Gesamtsachverhalt darstellt und sich nur nicht das heraussucht, was nach seiner Meinung und seinem Gusto wichtig ist.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen jetzt nicht mehr vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über die Eingabe 1509 betr. Abschiebepraxis der Bezirksregierung Braunschweig.

Zu dieser Eingabe liegt der schon diskutierte Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, die Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Wir kommen damit zur Ausschussempfehlung, die Eingabe mit „Sach- und Rechtslage“ zu bescheiden. Wer das tun möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Meine Damen und Herren, damit ist Tagesordnungspunkt 2 erledigt. Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 39: Erste Beratung: Ein langfristiges Energiekonzept muss Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz berücksichtigen! - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drs. 15/2731

Zur Einbringung dieses Antrages hat der Kollege Dr. Runkel das Wort. Bitte schön!

(Vizepräsident Ulrich Biel über- nimmt den Vorsitz)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! CDU und FDP und vermutlich auch die SPD begrüßen den im April 2006 stattfindenden Energiegipfel der Bundesregierung. Energie und die Fähigkeit, damit umzugehen, haben schon seit jeher die Entwicklung der Menschen und der Wirtschaft bestimmt.

(Unruhe)

Herr Abgeordneter, einen Augenblick bitte! Wir warten einen kleinen Augenblick. - Bitte schön!

Zu den wichtigen Schritten auf diesem Weg - vielleicht war es sogar einer der ersten Schritte, die die Menschheit tat - zählt die Nutzung des Feuers. Als unsere Vorfahren zum ersten Mal merkten, dass sie vor Feuer nicht weglaufen müssen, sondern sich daran wärmen und damit kochen können, taten sie wahrscheinlich den ersten Schritt zur Menschwerdung. So gab es im Verlauf der Evolution und der Geschichte sehr viele Schritte, die alle in irgendeiner Form mit Energie zusammenhingen. Ich erinnere an die Erfindung der Dampfmaschine und die damit ermöglichte Indust

rialisierung und nicht zuletzt auch an die Nutzung der Kernkraft und die damit verfügbaren großen Energiemengen, die sowohl für friedliche Zwecke, leider allerdings auch für militärische Zwecke genutzt werden können.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Und un- beherrschbar sind!)

In diesem Sinne ist die sichere und preisgünstige Verfügbarkeit von Energie der Motor der Wirtschaft, aber auch Voraussetzung für Wohlstand und Fortschritt. Deswegen ist Energie nicht nur ein entscheidender Wirtschafts- und Standortfaktor, insbesondere auch für Niedersachsen, sondern die Verfügbarkeit von Energie ist gewissermaßen ein Grundrecht der Menschen so wie das Recht auf Wasser und saubere Umwelt.

Vor dem Hintergrund der Endlichkeit aller fossilen, aber auch der nuklearen Energieträger, vor dem Hintergrund der CO2-Problematik und des Klimaschutzes, insbesondere aber auch vor dem Hintergrund der Abhängigkeit der Deutschen von Öl- und Gasimporten aus zum Teil politisch sehr instabilen Regionen und vor dem Hintergrund, dass wir in Deutschland in den nächsten Jahren einen enormen Bedarf haben, unsere Kraftwerkskapazitäten zu erneuern, und zwar unabhängig davon, ob wir nun aus der Kernenergie aussteigen oder nicht, muss eine erhebliche Zahl von Kraftwerken neu gebaut werden.

(Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Deswegen brauchen wir ein langfristig tragbares Energiekonzept. Wir brauchen langfristige Rahmenbedingungen, unter denen die Energiewirtschaft diese Kraftwerkskapazitäten aufbauen kann.

Wir brauchen in diesem Zusammenhang eine nachhaltige Energieversorgung. Eine nachhaltige Energieversorgung zeichnet sich nach meinem Dafürhalten dadurch aus, dass sie einerseits Versorgungssicherheit herstellt, andererseits dem Umweltschutz Rechnung trägt und - das ist eine ganz wichtige Sache, die in der Vergangenheit häufig vergessen wurde - auf Wirtschaftlichkeit achtet. Wir brauchen Rahmenbedingungen für ein vernünftiges Konzept, für einen vernünftigen Energiemix. Vernünftig ist ein Energiemix dann, wenn er jede verfügbare Art der Energiegewinnung auf ihre technische Realisierbarkeit, ihre Planbarkeit und ihre Vereinbarkeit mit den eben definierten Nachhaltigkeitsprinzipien untersucht, dann auch nutzt und entsprechend weiterentwickelt.

Niedersachsen hat ein besonderes Interesse am Energiegipfel, weil Niedersachsen in besonderem Maße ein Windenergieland ist. Bisher fehlt eine volkswirtschaftliche und technisch überzeugende Einbindung der Windenergie in ein deutschlandweites Energiekonzept.

(Zustimmung bei der CDU und von Christian Dürr [FDP])

Gerade deswegen besteht hier Handlungsbedarf in Bezug auf die Windenergie und andere regenerative Energieträger, die in Niedersachsen eine entscheidende Rolle spielen, ein langfristiges Konzept zu entwickeln, damit sie in Zukunft wirklich wirtschaftlich eingesetzt werden können.

Ich sagte es bereits, Energie ist ein Standortfaktor, der umweltschonend und wirtschaftlich und damit international konkurrenzfähig weiterentwickelt werden muss. Darauf sollten wir beim Energiegipfel ganz entscheidend dringen. Wir bitten die Landesregierung in unserem Entschließungsantrag um verschiedene Maßnahmen, für die sie sich einsetzen soll. Zu nennen sind unter anderem die Stärkung des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt, die verstärkte Forschung im Bereich der erneuerbaren Energien, die verstärkte Forschung im Bereich von Speichertechnologien und im Bereich effizienter Energienutzung, aber auch in Bezug auf Kernfusionsreaktoren.

(Zustimmung von Anneliese Zachow [CDU])

Das ist eine Energie - Solarenergie, wenn Sie so wollen -, die in Zukunft möglicherweise viele unserer Probleme auf dem Energiesektor lösen wird. Ferner bitten wir die Landesregierung, sich für eine Verbesserung der marktwirtschaftlichen Nutzung, für eine Förderung der erneuerbaren Energien und insbesondere für einen Ausbau des Stromnetzes einzusetzen, und zwar Letzteres unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts im Hinblick auf neue und zugleich wirtschaftliche Übertragungstechniken. Auch hier hat der technische Fortschritt inzwischen neue Möglichkeiten der Stromübertragung gebracht.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Genau, und die verweigern Sie!)

Zu guter Letzt - Herr Dehde, hören Sie gut zu -, ist uns die Offenhaltung der Option der friedlichen Nutzung der Kernenergie ein besonderes Anliegen

und damit zusammenhängend natürlich auch die Bereitstellung geeigneter Endlager.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Wahr- scheinlich mit Filtertechnik!)

- Herr Dehde, Ihre unqualifizierten Bemerkungen passen nun wirklich nicht hier hin.

(Beifall bei der CDU - Klaus-Peter Dehde [SPD]: Wollen Sie keine Fil- tertechnik in Atomkraftwerken?)

Die Entwicklung neuer Techniken zur Nutzung der regenerativen Energien ist mit Blick auf die CO2Problematik natürlich sehr wichtig und richtig. Aber einen ganz wesentlichen und unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz und zugleich zur wirtschaftlichen Energieerzeugung leistet nun einmal die Kernenergie; das wird sie auch in Zukunft noch für lange Zeit leisten. International ist übrigens unstrittig, dass nicht einmal der zu erwartende Zuwachs an Energie durch die regenerativen Energien, jedenfalls mit der derzeitigen Technik, abzudecken ist. Die Kernenergie wird uns also, ob Sie es nun wollen oder nicht, nach wie vor begleiten müssen.

Unabhängig davon, ob wir nun aussteigen oder nicht, ist - ich sagte es schon - Deutschland verpflichtet, einen Entsorgungspfad offen zu legen. Daher bitten wir die Landesregierung in unserem Antrag ganz entschieden darum, sich dafür einzusetzen, dass die Bundesregierung das Moratorium für Gorleben aufheben möge, damit die Erkundung des Salzstockes zügig und ergebnisoffen, Herr Dehde, mit allen Vorkehrungen für Umweltschutz etc. abgeschlossen werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der Energiegipfel soll bereits im April dieses Jahres stattfinden. Es wird vorher keine weitere Landtagssitzung mehr geben. Deswegen beantragt die Fraktion der CDU sofortige Abstimmung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Dehde [SPD]: Jetzt ab- stimmen, Herr Präsident!)

Herr Abgeordneter Dehde, das geht nicht, da ich den Willen des Parlaments beachten muss. Es hat sich nämlich ein Redner ge

meldet. Das ist der Abgeordnete Janßen, dem ich jetzt das Wort erteile.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Der zieht vielleicht zurück, wenn wir jetzt ab- stimmen! - Unruhe - Zurufe)

- Jetzt hat der Abgeordnete Janßen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz so einfach wollen wir es denn hier doch nicht durchgehen lassen. Der für den 3. April geplante Energiegipfel der Bundesregierung soll nun also die Energiezukunft gestalten. Ausgerechnet die Chefs der vier großen Energiemonopolisten sollen im Büro der Bundeskanzlerin die Grundlagen für ein nachhaltiges Energiekonzept legen. Das glauben Sie doch wohl selbst nicht. Wenn es nach dem Willen der Vorstände von E.ON, RWE usw. gegangen wäre, würde noch kein einziges Windrad, kein Sonnenkollektor und keine Biogasanlage Strom in das öffentliche Netz einspeisen. Diese Herren sollen jetzt die Topberater der Bundesregierung für ein langfristiges Energiekonzept sein? Überzeugend und zukunftsfähig ist das wirklich nicht.

(Beifall bei der SPD)

Die Großen werden gestärkt, klein- und mittelständische Unternehmer vernachlässigt.

Meine Damen und Herren, letztlich aufschreiben soll dieses Konzept dann wohl Bundeswirtschaftsminister Glos. Das passt zu den Eingeladenen; denn bislang ist Herrn Glos zur Energiepolitik nichts anderes eingefallen, als die Forderungen der großen Energiekonzerne nachzureden. Einen solch zentralen Bereich der Zukunft unseres Landes darf man diesem Minister wirklich nicht anvertrauen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, aus ideologischen Gründen steht bei Ihnen natürlich wieder die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke als einer der wenigen konkreten Punkte im Antrag. 20 Jahre nach Tschernobyl haben Sie offensichtlich schon wieder vergessen, dass diese Risikotechnologie nicht beherrschbar ist, gestern nicht, heute nicht und morgen auch nicht.

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich endlich von dieser gestrigen Technologie verabschieden.

(Beifall bei den GRÜNEN)