Protokoll der Sitzung vom 16.05.2006

(Beifall bei der FDP)

Eine Erweiterung der gesetzlichen Bestimmungen und zusätzlicher definitiver Vorgaben ist aus unserer Sicht nicht erforderlich. Sie könnte sogar kontraproduktiv sein. Die Konsequenz kann daher nur Ablehnung sein.

Zum Schluss möchte ich noch einmal allgemein auf die Niedersächsische Bauordnung eingehen. Die FDP will nicht mehr, sondern weniger Bürokratie im Baubereich. Wir wollen die Möglichkeit der Musterbauordnung der Bauministerkonferenz zum Bürokratieabbau konsequent nutzen. Wir wollen Genehmigungsvorbehalte für Bürger, Handwerk und Unternehmen reduzieren. Daher streben wir eine grundlegende Novellierung der Bauordnung mit dem Ziel der Entbürokratisierung an.

Vor einer grundlegenden Novelle, die sicherlich einen gewissen Zeitvorlauf eine einige Diskussionen erfordern wird, wollen wir bereits in diesem Jahr einzelne Punkte zur Angleichung an die

Musterbauordnung umsetzen. Dazu zählt beispielsweise die Regelung über die Einstellplatzpflicht und über die Genehmigung von Werbeanlagen in Gewerbegebieten. Eine liberale Baupolitik bedeutet grundsätzlich weniger Vorschriften, weniger Genehmigungsverfahren und mehr Freiheit für die Bürger.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: „Wildwuchs“ nennt man das!)

Nächster Redner ist Herr Uwe Harden von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Harden!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Peters, es reizt eigentlich, auf die letzten Ausführungen einzugehen. Wenn Sie meinen, dass die Niedersächsische Bauordnung noch viele Regelungen beinhaltet, die man abschaffen könne, dann lade ich dazu ein, dass wir darüber diskutieren. Ich glaube aber, dass wir weiter sind als die Musterbauordnung.

Aber das ist nicht Gegenstand dieses Tagesordnungspunktes, sondern es geht hier um einen Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, durch den die Ziele des Klima- und Ressourcenschutzes durch eine Ergänzung der Niedersächsischen Bauordnung in den örtlichen Bauvorschriften verbessert werden sollen. Hier stellt sich einfach die Frage, ob das zulässig ist.

Ich glaube, die beiden Vorredner, Herr Janßen und Frau Peters, haben den schriftlichen Bericht nicht genau gelesen. Der GBD hat die Frage geprüft, ob man die Bauordnung so ergänzen kann, wie es die Grünen vorgeschlagen haben. Es stimmt, dass kann man machen. Aber es wird in dem Bericht ausgeführt - so hat es auch der GBD gesagt -: Der Landesgesetzgeber dürfe vorschreiben, dass bauliche Anlagen so zu errichten und zu nutzen sind, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung im vorliegenden Zusammenhang, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht bedroht werden. - Das ist also der einzige Grund, weshalb man das ergänzen kann.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Weiterlesen!)

Mir ist eigentlich nur ein einziger Fall eingefallen, Herr Janßen, bei dem man das sinnvollerweise einführen könnte. Das wäre in Hochwasserschutzgebieten, wenn eine Überflutung zu befürchten ist, keine neuen Ölheizungen einzubauen oder vorhandene zu entfernen und durch andere Energieversorgungssysteme, die potenziell unter dem Gesichtspunkt der Umweltverschmutzung nicht so gefährlich sind, zu ersetzen. Das ist das Einzige. Deswegen können wir dem nicht zustimmen, und deswegen haben wir dem vor drei oder vier Jahren nicht zugestimmt. Das war auch damals der Grund.

Wir sind uns einig, dass wir den Klima- und Ressourcenschutz verbessern wollen. Aber wir meinen, dass das nicht der richtige Weg ist, sondern wir sind der Ansicht, dass es andere Möglichkeiten gibt.

Der erste Weg ist der über den Preis. Das ist das, was wir derzeit erleben. Es ist eindeutig so, dass der Preis die beste Steuerungsmöglichkeit ist, um Klima- und Ressourcenschutz zu verbessern.

Herr Harden, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

(Uwe Harden [SPD]:Ja, ich lasse eine Zwischenfrage zu!)

Herr Janßen, bitte sehr!

Wie erklären Sie vor dem Hintergrund der Ausführungen, die Sie gerade gemacht haben - dass es nur aus Sicherheitsgründen und Ähnlichem geht -, die derzeitigen Bestimmungen des § 56 Abs. 1 NBauO, wonach u. a. die Versickerung, Verregnung oder Verrieselung von Niederschlagswässern auf dem Baugrundstück vorgeschrieben werden kann? Oder, wenn das aus Sicherheitsgründen erforderlich ist: Wie erklären Sie sich Regelungen wie z. B. zur Farbgebung des Daches?

Das ist ganz einfach: Das sind städtebauliche Dinge, die andere Sachen betreffen als das, was Sie hier möchten. Wenn Sie einmal in den schriftlichen Bericht geguckt hätten,

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Ja, der liegt mir vor!)

dann hätten Sie gesehen, dass dort doch steht, dass es möglich ist, örtliche Bauvorschriften mit ökologischer Zielsetzung aus städtebaulichen Gründen zu erlassen. Das ist das, was Sie eben vorgelesen haben - Teil I. Das andere sind örtliche Bauvorschriften. Da geht es sozusagen um den Anblick, um die Optik. Bei dem, was Sie hier beantragt haben, geht es um Gefahrenabwehr, aber Gefahrenabwehr ist hier nicht nötig. Ich denke, darin sind wir uns einig, auch wenn Sie es anders sehen. Ich möchte Ihnen auch sagen: Wenn Sie solche Regelungen herbeiführen, wird es wahrscheinlich nicht eine einzige Gemeinde geben, die davon Gebrauch machen wird. Ich weiß nicht, ob das in Hessen überhaupt jemals angewendet worden ist.

Ich will jetzt aber fortführen, wie wir dazu kommen können, Klima- und Ressourcenschutz zu verbessern. Die zweite Möglichkeit sind staatliche Anreize. Wir haben jahrzehntelang gute Erfahrungen mit Steuererleichterungen gemacht. Darauf waren wir geeicht.

(Zurufe von den GRÜNEN)

- Ja, ja, ich finde das gut. Wir sind damit sehr weit gekommen.

Die dritte Möglichkeit sind Zinsverbilligungen oder KfW-Programme zur Energieeinsparung, wie das derzeit mit gutem Erfolg gemacht wird.

Die vierte Möglichkeit wäre Klarheit über den Energieverbrauch. Wir haben lange über den Gebäudeenergiepass diskutiert, und es ist gut, dass die EU eine Richtlinie erlassen hat und das jetzt auch Gesetz werden muss. Es wäre ganz schön gewesen, wenn das zur rot-grünen Zeit noch funktioniert hätte, aber da war der Bundesrat vor.

Fünftens gibt es Vorschriften über Energieeinsparung, und es gibt die Energieeinsparverordnung, die dazu geführt hat, dass viele alte Heizungen, die Energieressourcen verschwenden und das Klima über die Maßen beeinträchtigen, ausgebaut und durch sparsamere Anlagen ersetzt werden müssen.

Sechstens gibt es die Möglichkeit von Forschung und Entwicklung. Wir reden eigentlich seit Jahrzehnten über das Passivhaus. Es gibt so etwas inzwischen. Das heißt, wir sind in Forschung und Entwicklung sehr viel weiter, und es ist anzustreben, dass das dann auch in die Wirklichkeit Eingang findet.

Mein kurzes Resümee: Die örtliche Bauvorschrift, wie Sie es vorgesehen haben, ist nur zur Gefahrenabwehr möglich. Das Ziel, das Sie in der Begründung formulieren, ist durch den Gesetzentwurf nicht zu erreichen. Es gibt andere, besser geeignete Wege; das haben ich Ihnen eben schon gesagt.

Es ist klar, dass die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf so nicht zustimmen wird. Er würde nur dazu dienen, dass Gesetz zu verlängern, und er würde es nicht verbessern.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der FDP)

Als Nächstem erteile ich Herrn Rainer Beckmann von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass der Umweltschutz in den letzten Jahrzehnten zusehends an Bedeutung gewonnen hat, ist überhaupt keine Frage. Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise sind wir nicht nur beim Neubau von Niedrigenergie- oder Passivhäusern, sondern in allen Lebensbereichen gefordert, intelligente Lösungen zu finden, die den Energieverbrauch minimieren und den Verbrauch so gestalten, dass er sich auch nicht gesundheitsschädigend auswirkt.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Wirtschaft hat diesen Trend - das ist in einer Marktwirtschaft ganz selbstverständlich - frühzeitig erkannt und sich auf diese Entwicklung eingestellt. In jedem größeren Betrieb, in allen Handwerks- oder Industrie- und Handelskammern gibt es Mitarbeiter, deren tägliches Brot das Thema Umweltschutz ist. Die Handwerkskammer Hannover schult beispielsweise in einem eigenen Zentrum für Umweltschutz. Landesweit finden regelmäßig in allen Bereichen Fachmessen, Ausstellungen zum Umweltschutz statt, wie z. B. in Hameln die SOLTEC, in Hannover dieses Wochenende die NiedrigenergiehausTagung. Eine Vielzahl von privaten Unternehmen, Architekten, Sanitärfirmen, Energieversorger, Schornsteinfeger und Planungsbüros bieten qualifizierte Beratung an.

Unübersehbar ist das Beratungsangebot im Internet. Auch die öffentliche Hand engagiert sich in Fragen des Umweltschutzes stärker und stärker. In Hannover macht das z. B. die Agentur proKlima, die in großen Kampagnen höheren Umweltschutz propagiert - dies auch messbar.

Bauherren und Interessierte befinden sich in einer komfortablen Situation. Der Markt funktioniert. Alle können sich umfassend informieren, und das immer besser und ohne dass irgendwer dazu gezwungen werden müsste.

Das, meine Damen und Herren von den Grünen, was Sie wollen, ist unserer Auffassung nach im Baugesetzbuch - § 9 Abs. 23 - hin- und ausreichend geregelt.

(Beifall bei der CDU)

Dort heißt es, dass im Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen Gebiete festgelegt werden können, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des BundesImmissionsschutzgesetzes bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen. Es heißt dort dann weiter bei der Errichtung von Gebäuden, dass bestimmte bauliche Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien, wie insbesondere Solarenergie, getroffen werden müssen.

Meine Damen und Herren, wir denken, das reicht. Ein Mehr an Vorschriften ist Gängelung, ist ein Zuviel an Bürokratie.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen es, aber ich will es gern wiederholen: Der Abbau von Vorschriften, Gesetzen und Verordnungen in Niedersachsen, den sich die Landesregierung mit Unterstützung der sie tragenden Fraktionen vorgenommen hat, ist kein Selbstzweck. Wir wollen den Paragrafendschungel lichten. Das Leben der Menschen muss nicht bis ins letzte Detail geregelt werden. Ich sage: Lassen Sie uns mehr Freiheit wagen im Interesse der Menschen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie mich jetzt noch einige wenige Sätze zur Begründung Ihres Antrages sagen. Die Behauptung, Niedersachsen habe einen Nachholbedarf bei der Förderung neuer Technologien, ist schlichtweg falsch. Diese Niedersächsische Landesregierung hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten

alles getan und tut es weiter, um Betriebe und Unternehmen bei der Entwicklung neuer Technologien optimal und wirkungsvoll zu unterstützen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das be- zweifeln wir in aller Deutlichkeit!)

- Dieser Zwischenruf ist hier leider nicht angekommen.

Wenn Sie weiterhin glauben den Kunden zwingen zu wollen, bestimmte Produkte abzunehmen,

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das wollen wir gar nicht! Wir wollen die Gemeinde in die Lage versetzen!)

so halten wir das, auch wenn Sie den Zwang mit einer wohlklingenden Begründung versehen - wie Sie es getan haben - ordnungspolitisch für falsch.