Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Januar 2005 gelten nicht nur EUGrenzwerte für Feinstaub, seit Januar 2005 wird auch fast ohne Unterbrechung diskutiert, wer was zu tun hat, damit die Grenzwerte eingehalten werden. Auch der Landtag hat sich mit der Problematik frühzeitig und sehr intensiv beschäftigt - auch aufgrund Ihrer Anträge, die den Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger vor Feinstaub zum Thema gemacht haben.
Meine Damen und Herren, erst im März dieses Jahres, also vor nicht einmal zwei Monaten, hat es hier im Plenum eine ausführliche Debatte gegeben. Zuvor war in den betroffenen Ausschüssen eine sachliche Auseinandersetzung über mögliche Handlungsspielräume geführt worden. Allen Beteiligten sind von meinem Haus umfangreiche Informationen zur Verfügung gestellt worden. Ich hatte erwartet, dass damit der Kenntnisstand weit gediehen war und sich diese Dringliche Anfrage auf neue Fakten beziehen würde. Ich muss jedoch feststellen, dass hier erneut versucht wird, aus einem alten Thema politisches Kapital für den Kommunalwahlkampf zu schlagen. Wenn ich aber von einer Stadt konkret nur die versuchsweise Sperrung verlange - Sie können sich, wenn Sie an das letzte Jahr denken, an die Stadt Hannover und den Umweltdezernenten Mönninghoff erinnern, der diese Maßnahmen dann auch einmal in Angriff nehmen muss -, wird dies strikt abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wenn ich den Städten - wie in der letzten Woche - ein Maßnahmenbündel vorschlage, dann heißt es, ich wolle die Verantwortung abschieben, obwohl genau diese Vorgehensweise im März von Ihnen gefordert wurde.
Meine Damen und Herren, ebenso kann von erheblichen Lücken in der Erfassung der Luftschadstoffe nicht die Rede sein. Die Messnetzdichte erfüllt die Anforderungen der EU-Luftqualitätsrichtlinie in vollem Umfang.
Entgegen Ihren Vorstellungen wird die Luftqualität nicht ausschließlich durch Messungen beurteilt, sondern auch durch Modellierungen, Messwertübertragung auf vergleichbare andere Orte, Gemeinden und Städte. Letzteres Verfahren ermöglicht es uns, zuverlässige Aussagen über ganze Regionen zu treffen, ohne die Landschaft mit Messcontainern zuzustellen.
Bei der Diskussion wird völlig außer Acht gelassen, dass in Niedersachsen ca. 80 % der Belastungen von außen hineingetragen werden und diese damit nicht durch lokale Aktionspläne beeinflussbar sind. Meine Damen und Herren, lokale Aktionspläne können die Luftbelastung nur bedingt verringern, z. B. bei austauscharmen Wetterlagen oder durch Begrenzung der Fahrten mit dem Pkw auf das Nötigste. Eine spürbare Entlastung werden wir erst dann erreichen, wenn europaweit der Feinstaubausstoß aus allen Quellen verringert wird.
Zu Frage 1: Die Luftreinhalteplanung besteht nicht nur aus kurzfristigen Aktionsplänen mit geringer Wirksamkeit. Wir sind bereits seit 2004 mit den Städten Hannover und Braunschweig konkret im Gespräch zur Aufstellung von Luftreinhalte- und Aktionsplänen. Mit den übrigen Städten sind wir seit Anfang letzten Jahres im Gespräch, ohne dass wir mögliche Grenzwertüberschreitungen messtechnisch belegt haben. Von einer späten Initiative kann daher nicht die Rede sein. Meteorologische Besonderheiten haben im Januar und Februar dieses Jahres flächendeckend in Deutschland zu einer Serie von extrem hohen Feinstaubwerten und damit zu zahlreichen Grenzwertüberschreitungen geführt. Das war der Anlass dafür, dass wir die Gesamtaktionsplanung sogar noch vorgezogen haben.
Zu Frage 2: Das Land wird, wie bereits in der Vergangenheit, auch in den nächsten Jahren mit eigenem Fachpersonal und mit finanziellen Mitteln für externe Gutachter die Luftqualität in den niedersächsischen Städten beurteilen. In Zusammenarbeit mit den Kommunen werden wir die nötigenfalls erforderlichen Maßnahmen ermitteln und bewerten und die Luftreinhalte- und Aktionspläne fest- und auch fortschreiben.
Zu Frage 3: Aus zahlreichen Untersuchungen ist bekannt, dass es in Niedersachsen keine besonderen Emissionsschwerpunkte mehr gibt. Bekannt sind die Kommunen, in denen kleinräumige Belastungsschwerpunkte auftreten können. Für die maßgeblichen Orte sind die Luftreinhalteplanungen bereits angelaufen. Die Möglichkeiten der Niedersächsischen Landesregierung sind sehr begrenzt, wenn es um die Verringerung der Hintergrundbelastung geht. Auch hier ist es geboten, durch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene eine Verbesserung anzustreben. Die Minderungspotenziale in Industrie und Gewerbe sind weitgehend ausgereizt. Im Kfz-Bereich ist die EU bzw. die Bundesregierung gefordert, anspruchsvollere Emissionswerte festzulegen. Bei den Feststofffeuerungen ist zu prüfen, inwieweit dort weitere Emissionsminderungen erreicht werden können.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Feinstaub ist ein ernsthaftes Gesundheitsproblem für die Bevölkerung und keine EUÜberregulierung. Wir stellen fest, dass auch Minister Sander das mehr und mehr anerkennt. Das ist immerhin ein Fortschritt im Vergleich zu den Debatten im letzten Jahr.
Schaut man sich aber die Situation in Niedersachsen an, dann ist damit zu rechnen, dass an noch viel mehr als an den bisher aufgefallenen sechs Orten, an denen Messstationen stehen, Grenzwertüberschreitungen zu beklagen sein dürften. Das LÜN-Netz für die Hintergrundbelastung gibt dazu eine Menge Hinweise. Burgdorf als recht kleine Stadt ohne besondere Belastungsschwerpunkte hat ja nur deswegen seinen Platz unter diesen sechs Standorten gefunden, weil die Stadtverwaltung darauf bestanden hat, eine eigene Messstation zu bekommen.
Ich frage die Landesregierung, was sie an den vielen anderen Orten, an denen ebenfalls mit Grenzwertüberschreitungen zu rechnen ist, tun will, um das notwendige Datenmaterial zu erfassen, damit auch dort mit echten Gegenmaßnah
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir prüfen das im Augenblick und sind im Gespräch mit insgesamt 15 Kommunen in Niedersachsen. Das sind die Kommunen Burgdorf, Bad Lauterberg mit den Ortsteilen Barbis und Osterhagen, Göttingen, Osnabrück, Rinteln, Celle, Waake, Bad Münder, Hameln, Peine, Langenhagen, Groß Ellershausen, Isernhagen, Meppen und Rotenburg/Wümme.
Sie haben speziell Burgdorf angesprochen: Sie wissen vielleicht auch, dass gerade dort die Belastung sehr stark verkehrsbedingt ist. Neben der Verminderung der Hintergrundbelastung könnte man in Burgdorf nach den Erfahrungen unserer Mitarbeiter und Fachleute die Problematik, zumindest in der jetzigen Größenordnung, durch verkehrsbedingte Maßnahmen sehr schnell in den Griff bekommen. Dazu haben wir in diesem Jahr zwei neue Messcontainer in Auftrag gegeben.
Ich habe aber bereits in meiner Antwort gesagt: Nicht das Messen ist das Problem - wir haben die Erkenntnisse darüber, wo diese Probleme bestehen -, sondern wir müssen jetzt insbesondere dafür sorgen, dass die Städte und Gemeinden in die Lage versetzt werden, diese Aktionspläne umzusetzen. Dazu sind wir bereit. Wir wollen den Gemeinden und Städten nichts überstülpen, sondern wir müssen es gemeinsam mit ihnen machen. Aus den Erfahrungen, die wir insbesondere mit dem grünen Umweltdezernenten Mönninghoff in diesem Bereich haben, wissen wir, dass wir sehr eng mit den Kommunen - und zwar nicht nur mit den Verwaltungen, sondern auch mit den Räten, die ebenfalls eine Verantwortung haben - zusammenarbeiten müssen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Gemeinden und Städte die Aktionspläne, also die Maßnahmen, die wir ihnen vorgeschlagen haben, auch umsetzen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ein Irrglaube, Herr Sander, wenn Sie meinen, das Thema sei durch die März-Debatte im Plenum erledigt. Ich glaube, die Feinstaubdebatte ist akuter denn je. Gerade die Messergebnisse in diesem Frühjahr zeigen, wie bedeutsam dieses Problem mittlerweile ist.
In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage. Sie haben angekündigt, dass Sie den Kommunen bei der Ausarbeitung von Aktionsplänen helfen wollen. Mit welcher Manpower, mit welchem Personal innerhalb des MU wollen Sie das tun? Wie viele Leute stehen für diese Arbeit zur Verfügung, damit diese Aktionspläne gestaltet werden können und damit den Kommunen Hilfestellung geleistet werden kann?
In Ihrer Antwort auf die Frage 2 sagten Sie, dass Sie durchaus auch externe Gutachter beauftragen wollen. In diesem Zusammenhang stellt sich eine weitere Frage: Wie kann es eigentlich sein, dass im Rahmen der Auflösung des NLÖ z. B. die wesentlichen Klima- bzw. Luftreinhaltungsfachleute nach § 109 in den Ruhestand geschickt worden sind - sie führen heute zum Teil als Experten Auftragsarbeiten in der Türkei aus -, während wir jetzt Expertenkompetenz neu einkaufen sollen? Das müssen Sie mir erklären.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haase, für mich ist klar - das habe ich auch betont -, dass dieses Thema weiterhin auf der Agenda steht. Nur, ich habe gesagt: Nachdem wir schon im März, also vor zwei Monaten, über dieses Thema diskutiert haben, hätte ich in einer erneuten Diskussion neue Vorschläge von Ihnen erwartet. Ich kann doch nur das machen, was mir teilweise meine Fachleute sagen,
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sind Sie Minister, oder sind Sie nicht Minister? - Hans-Dieter Haase [SPD]: Haben Sie denn noch welche?)
und insbesondere dann, wenn der Landtag einen Entschließungsantrag beschließt, dafür sorgen, dass wir ihn auch dementsprechend umsetzen.
- Herr Kollege Haase, zur Fachkompetenz Folgendes: Im Umweltministerium sind fünf Personen dafür zuständig.
Aus dem Bereich des früheren NLÖ - dort sind ja Umstrukturierungen erfolgt; sie sind schwerpunktmäßig beim Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim sind es insgesamt noch einmal rund 15 Personen. Aus diesem Bereich ist, wie mir meine Fachleute versichern, niemand in den vorzeitigen Ruhestand geschickt worden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, die neue Lage, der Aufhänger für diese Dringliche Anfrage, ist Ihr Entwurf für den Maßnahmeplan vom Mai dieses Jahres. Jetzt ist Mai. Dieser Entwurf löst interessierte Fragen unsererseits aus. Nach der bestehenden Rechtslage ist das Land Niedersachsen für die Reduzierung der Feinstaubbelastung zuständig und verantwortlich. Was machen Sie? - Sie sind im Vergleich zu anderen Bundesländern, insbesondere im Vergleich zu Ihren politischen Partnerländern in Süddeutschland, zu spät dran. Sie sind darüber hinaus mit diesem Entwurf für den Maßnahmeplan wirklich sehr dünn unterwegs.
Es gibt eine Rechtsgrundlage im Umfang von zwei Seiten. Es gibt ferner eine Problembeschreibung, die vom Umweltbundesamt abgeschrieben ist. Dann gibt es einen Katalog - drei Seiten Spiegelstriche -, was man alles machen könnte, beispielsweise die Straßen nass abzuspritzen - eine sehr gute Idee -, beispielsweise Öfen nicht mehr - -
- - - bei Inversionswetterlagen zu betreiben. Das sind echt überzeugende Vorschläge, wie man das Problem lösen kann! Deswegen frage ich Sie: Halten Sie dieses Vorgehen, die Kommunen sozusagen auf der Grundlage ihrer Spiegelstrichliste selbst etwas abhaken zu lassen und das dann von Ihnen unterzeichnen zu lassen, für eine seriöse Umweltpolitik, die die Verantwortlichkeit des Landes und damit der Landesregierung ernst nimmt?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Professor Lennartz, die Landesregierung nimmt - im Gegensatz zur früheren Landesregierung die Kommunen sehr ernst. Deswegen werden wir nur Maßnahmen umsetzen, die wir mit den Kommunen, Herr Kollege Jüttner, auch dementsprechend erreichen können.