- Am 7. und 8. Juli, Frau Merk - falls Sie dieses Datum noch nicht kennen sollten -, wird die Landesregierung in Klausur gehen, und wir werden dann Einsparvorschläge bekannt geben.
Die Zahlen, die Sie, Frau Helmhold, genannt haben, haben Sie der Presse entnommen. Die stammen lediglich aus einem alten Arbeitspapier, das wir mit den Kommunen und Verbänden diskutiert
haben. Dass diese Zahlen in die Öffentlichkeit kommen - natürlich gezielt -, zeigt, dass wir frühzeitig mit den Beteiligten reden, dass wir mit ihnen in einem engen Dialog sind.
Mir ist völlig klar, dass man, wenn man Transparenz herstellt, das Risiko eingeht, dass der eine oder andere Interessierte sie hintenherum auf seine Art einsetzt. Aber dieses Risiko gehen wir ein, und ich bleibe dabei: Wir haben frühzeitig mit den Beteiligten geredet und reden weiterhin mit ihnen.
Grundsätzlich gilt: Die Haushaltslage ist katastrophal. Dies haben unsere Vorgänger zu verantworten.
Uns unterscheidet von unseren Vorgängern, dass wir nicht mehr den Mantel des Schweigens darüber legen, sondern mit dieser Situation jetzt auch umgehen. Das heißt, wir müssen die Realität anerkennen. Und das wiederum heißt, unser Ziel muss sein: Sanierung und Rückgewinnung von Handlungsfähigkeit.
Ein weiterer Punkt, der mir immer wichtig ist: Die Finanzierung von Bildung und Arbeit ist letztendlich eine der entscheidenden Determinanten für das soziale Wohlergehen eines Landes. Auch das ist ein sozialer Beitrag.
Zur Rückgewinnung der Handlungsfähigkeit - im wahrsten Sinne des Wortes - gibt es zwei Handlungslinien: eine kurzfristige und eine längerfristige. Zur ersten, zur kurzfristigen Handlungslinie. Sie heißt, tatsächlich alles auf den Prüfstand zu stellen, sowohl bei freiwilligen Leistungen als auch bei Rechtsverpflichtungen. Denn es kann ja nicht sein, dass wir alles so belassen, wie es ist, denn für mich gilt das Motto: Stillstand ist Rückschritt.
Wir werden alles auf seine Wirkungen überprüfen, ohne soziale Strukturen flächendeckend zu zerschlagen. Es geht nämlich darum - auch darüber muss man eine Diskussion zulassen -, dass die verlässlichen Hilfen auch bei den wirklich Bedürf
Doppelförderungen müssen konsequent beseitigt werden. Das heißt dann auch, dass man nicht nur nach den Fördertöpfen schielen darf. Frau Trauernicht, Sie sind mit der Streubüchse durchs Land gegangen. Sie haben ein Kleinstförderprogramm nach dem nächsten ins Leben gerufen und gezielt eingesetzt und dadurch Begehrlichkeiten und Wünsche geweckt, die vorher gar nicht vorhanden waren. Sie haben dadurch mehr Schaden angerichtet, als dass Sie Verantwortung übernommen haben.
Ich erlebe inzwischen im Lande Situationen, in denen die Leute auf mich zukommen und sagen: Im letzten Jahr hat die Landesregierung angefangen, hier eine Sache zu fördern, zunächst für ein Jahr. Dann weiß ich natürlich sofort, was dahinter steht.
Mir wird nun gesagt: Das können Sie doch jetzt nicht wieder abbrechen. In der Zwischenzeit hat sich die Kommune aus der Verantwortung gezogen. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik mit der Streubüchse im Land.
Zweiter Punkt: Ineffektivitäten müssen abgebaut werden. Ich glaube, Frau Helmhold, es ist maßlos überspitzt, wenn Sie von Designermöbeln und dergleichen reden. Aber es muss doch wohl erlaubt sein, auch einmal nachzufragen, ob die Strukturen noch so schlank sind, dass das Geld nicht dazwischen in einer Sozialbürokratie versickert. Da das Geld knapp ist, haben wir die Pflicht, bei jedem Euro, den wir einsetzen, zu überprüfen, ob er auch unten bei der Hilfe ankommt und nicht in der Mitte hängen bleibt.
Wir werden freiwillige Leistungen reduzieren. Ich habe darüber mit allen Betroffenen geredet und bin weiterhin im engen Dialog. Ich bin auf Verständnis
und Bereitschaft zur konstruktiven Mitwirkung getroffen, denn alle Beteiligten wissen, dass es so wie bisher nicht mehr weiter gehen kann.
Weiterhin müssen wir konsequent entbürokratisieren. Das Landespflegegesetz ist ein Beispiel dafür. Die Eckpunkte haben wir vorgelegt. Die Mittel werden nicht reduziert, sondern dort, wo eine Aufgabe richtigerweise auf die Kommune übergeht, folgt der Aufgabe das Geld. Beim Landesblindengeld erkennen wir an, dass es ein Nachteilsausgleich für blinde Menschen ist. Aber auch in schweren Zeiten kommen wir nicht umhin, einkommensunabhängige Leistungen in ihrer absoluten Höhe zu überdenken. Das geschieht auch in anderen Ländern.
Frau Ministerin, Sie müssen zum Schluss kommen. Sie können sich später gern noch einmal zu Wort melden.
Die zweite Handlungslinie: Der Haushalt des Sozialministeriums wird zu großen Teilen von der Bundesgesetzgebung bestimmt. Wir sind quasi Zahlmeister des Bundes. Diese Situation ist in den anderen Ländern vergleichbar. Ich bin deshalb erfreut, dass es gelungen ist, endlich - es wurde höchste Zeit - eine Strukturdebatte zu beginnen. Wir haben seit Jahren lineare Kostensteigerungen bei den an Bundesgesetze gebundenen Ausgaben und wegbrechende Einnahmen. Da kann man doch nicht so tun, als sei das in Ordnung. Man muss an diese Themen ran. Niedersachsen wird hier initiativ werden, und zwar mit den A- und den BLändern.
Mein letzter Satz: Sozial total egal? Das mag Ihre Diktion und Ihre Form der Auseinandersetzung sein. Meine ist es nicht, dazu ist die Lage zu ernst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist Ihr gutes Recht, Frau Ministerin, vieles mit Erblast entschuldigen zu wollen. Aber das Ankündigungschaos der vergangenen Tage geht ganz allein auf Ihre Kappe; das können Sie keinem anderen in die Schuhe schieben.
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Wendigkeit fast täglich die Positionen gewechselt worden sind. Sie haben allein im Zusammenhang mit Einsparungen im Sozialetat zwischenzeitlich Zahlen unters Volks geworfen, die bei 46 Millionen anfingen, sich auf 56 Millionen steigerten und zum Schluss bei 156 Millionen landeten, die Sie zu zwei Dritteln über Bundesgesetze korrigieren wollten. Ich finde, unseriöser geht es nicht.
Und drei Tage, nachdem der Finanzminister Sie zum Rapport bestellt hat, erklären Sie nun, Sie bringen die 156 Millionen Euro angeblich selber auf. Das ist nicht nur blankes Chaos, sondern das ist sogar noch viel schlimmer. Sie verunsichern Einrichtungsträger von Altenheimen, Sozialstationen, Behinderteneinrichtungen, bei Familienverbänden, der Suchthilfe, bei Blinden. Aber Sie verunsichern nicht nur die Träger der Einrichtungen massiv, Sie spielen auch mit der Angst der über 10 000 in diesen Einrichtungen Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz.
Die Luft muss schon verdammt dünn sein, wenn man auf die Art und Weise, wie Sie es hier eben getan haben, die Vorgängerin im Amt angreift. Das war bisher parlamentarisch unüblich.
Die Strukturen Ihres Haushalts sind übrigens nicht neu, die sind bekannt. Ich habe naiverweise vermutet, wenn man 13 Jahre in der Opposition gewesen ist, hat man sich auf eine Regierungsübernahme vorbereitet. Das ist bei Ihnen anscheinend nicht der Fall gewesen.